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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 2 (Novemberheft 1930)
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Strauß, Emil: Baptist
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Endres, Fritz: Emil Strauß
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0128

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2lber es war wemgsiens etwas HerzhafLes, und damik kann man weiter-
leben.

Iahre späier Lraf ich die Frau im Basler Badischen Bahnhof, als wir auf
den Anschluß warLeLen. Wir fpeisien miteinander, und da fragie fie mii
einem Blick auf meinen Ringfinger:

„Sinn Sie denn allewil no leddig, Herr Riedlinger?"

„Immer noch!" enLgegneLe ich.

Sie blickLe vor sich nieder, dann ernsi und Ladelnd mir ins 2lnge, und fprach
langsam nickend:

„Sie häLLeL halL mi solle hiroLe, Herr Riedlinger!"

Ich fühlLe mich alien Kerl roL werden, verseHLe aber Lrohdem ganz ernsi:
„Sie häLLen mir's nur bei Zeii sagen sollen!"

„Welleweg — jo —" sagie sie vor sich hin; „aber mr isch halL jnng — und
dumm — un heL 's Herz iL."

„Es haL hali wieder einrnal nichL sollen sein!" wollie ich schließen.

„Saget Se das iL!" rief sie erschrocken; „'s heL solle si! grad heL 's solle si!

's heL solle si! un suschL ninL! —" Langsam und nickend seHLe sie hinzu:

„I wär en andere Kerle wore! — — Sie aber au!" und ihr Blick fuhr

mir wie ein blauer BliH übers GesichL.

Das wär's."

Er guckte eLwas befangen im GarLen herum, winkLe der Kellnerin, die unter
der HausLür siand und an ihrem Schürzenzipfel wickelLe, und fragte sie:
„Fräulein Marie, wie siehL's miL den KuLLeln?"

(Aus dem neuen Nooellenband „Der Schleier". Georg Müller Verlag, München)

Emil Strauß

Bon FriH Endres, Lübeck

er sich über Emil Sirauß aus LiLeraLurgeschichLen unLerrichLen wollLe,

^-^-^der würde die ersiaunliche Enideckung machen, daß namhafLe deuLsche
GelehrLe über eiuen urwüchsigen alemannischen Dichier so guL wie nichLs zu
sagen haben. So heißL es eiwa bei Qskar Walzel „Die deuische DichLung seii
GoeLhss Tod" (2. Auflage 1920) auf S. ZZZ: „Emil SLrauß verweilL ber
seiner BaLersiadL Pforzheim" und auf S. Z71: „Emil Sirauß in ,Freund
Hein^ (1902) und Hermann Hesse in ,Unierm Rad^ (1905) machen Schule
und Haus schon veranLworLlich für das freiwillige Ende Heranwachsender."
Welcher Leser kann sich ein Bild von Emil SLrauß machen, wenn ihm wie
hier eigenLlich nur ein Name gegeben wird! Und was soll eine LiLeraLur-
geschichLsschreibung, die aus Namen und immer neuen Nlamen große Rich-
Lungen aufzubauen glaubL; sobald ein Name sich in eineu lebendigen Men-
schen verwandelL, hören diese RichLungen auf, „richLig" zu sein.

Oskar Walzel haL Emil Strauß in die Richtung „HeimaLkunst" verwiesen.
Doch das WorL „HeimaLkunst" führL in die Irre. Denn es gibL keine deutsche
DichLung, die nichL HeimaLkunst wäre. GoeLhe ist Franke, Kleist ist Preuße,
GoLLfried Keller ist Schweizer: ihre HerkunfL bestimmt InhalL und Form
ihres Dichtens; der „Faust" konnte ebensowenig auf oßpreußischem Boden
wachsen wie der „Prinz von Homburg" auf österreichischem oder der „Grüne

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