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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI Heft:
Heft 4 (Januarheft 1931)
DOI Artikel:
Weippert, Georg: Die Ständeordnung und die Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0261

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XXXXIV. Ixskoxno

Die Ständeordnung und die Stufen der gesellschafLlichen

EnLwicklung

Von Georg WeipperL

'ehr oder weniger befällk uns alle heuke eine rasch wachsende Skepsis

^^^gegen die liberalistischen EinrichLungen. Und se mehr uns der WerL
des LLberalismus, der DemokraLie, des ParlamenLarismus zweifelhafL wird,
desto mehr erinnern wir uns jener gesellschafLlichen Ordnungen, die von der
liberalistischen Bewegung zum alLen Eisen geworfen wurden. Die „Selbstver-
ständlichkeiL", miL der dies geschah, machL nns heuke vor allem stutzig. Zu den
wiederenLdeckLen EinrichLungen zählL auch dre SLände-Qrdnung. Die
Frage, die sich uns aufdrängL, lauLet: was haL es eigenLlich miL dieser so-
zialen Form, die ihre BlüLezeiL in „MiLLelalLer" und „FrühzeiL" der Völker
haL, auf sich? Und je mehr uns der SinngehalL der ständischen Ordnung
ostenbar wird, desto deuLlicher wird es uns, daß der Bestand der Lebensgemein-
schafL einzig und allein durch diese InstiLuLion gesicherk ist. Die GesellschafL
beraubL sich ihrer Existenz, sie stößL sich selbst das Messer in den Leib, wenn
sie diese „gewachsene", diese „nakürliche" Ordnung gering achkeL nnd beseikigk.
Die Skände-Ordnung ist eine „nakürliche", eine gewachsene Ordnung im Ber-
gleich zu den „künstlichen", zu den „gemachken", zn den konstruierLen Ordnnn-
gen des Liberalismus und der DemokraLie. Alle nakürlichen Ordnungen inner-
halb der GesellschafL können wir als „JnstiLuLionen" bezeichnen, während alle
künstlichen Ordnungen nur „OrganisaLionen" sind. Der „HeiligkeiL" der nakür-
lichen Ordnung stehL die bloße „NmtzlichkeiL" der Organisation gegenüber.

Die Skände-Ordnung ist eine „innere" Ordnung, eine Ordnung nach Wesens-
und SinngehalLen, und der Wert, der dem einzelnen Stand zukommL, bestimmL
seinen Rang. Die OrganisaLion hingegen ist nur Summierung, Zusammenfas-
sung und insofern „Scheinordnung". Zum Gedanken der Ordnung gehörL die
„Hierarchie", das Aufeinander-Abgestimmtsein der einzelnen Teile, das WerL-
gefüge. Gerade das aber wird im Liberalismus außer achL gelassen; die
OrganisaLionen denken nur an sich, sie sind ganz und gar „ParLei".

Den Ausschlag innerhalb einer hierarchischen Ordnung gibL nichL die Zahl,
nichL die QuanLiLäL und damik nichL die „Masse", sondern der „Rang" und
damiL die QualiLäL. Alle ständische Ordnung ist Ordnung nach QualiLäLen,
und an der Spitze stehL die höchste QualiLäL.

BeseiLigung der ständischen Ordnung bedeutet immer auch ein Zerschlagen der
WerLLafel, ein Zersprengen des WerLgefüges und also eine VernichLung der
Ordnung überhaupL, denn wahre Ordnung ist hierarchisch, d. h. die Rangord-
nung der QualiLäLen ist keine beliebige, sondern eine festbestimmte. MiL der Be-

Januacheft 1931 (XXXXIV, 4)

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