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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 7 (Aprilheft 1931)
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Weber, Leopold; Trentini, Albert von; Bartels, Adolf: Georg Dietrich Wilhelm Callwey zum Gedenken
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0483

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XXXXIV. mr n 6

Georg DieLrich Wilhelm Callwey zum Gebenken

krbeit war ihm das Leben: so hat er als Lreuer VerwalLer
^^MiL den GüLern geschaffL, die ihm das Schicksal beschert.

Als ein Säemann schritt er segnend über die Erde,

Bis ihm die Iahre den Leib, aber den GeisL nichL, gebeugt.

Ferne lag seinem schlichten Sinne, Aelten zu wollen,

HinLer das eigene Werk LraL er am liebsten zurück.

Trauer ersüllt unsre Seele: ein Vater ist uns gestorben.

Dank bewegt unser Herz: denn er hat uns gelebt!

Leopold W eber

i ^s fällt inir schwer, über ihn zu schreiben. Etwas Unumreißbares fesselte
^--^mich an diesen Mann. ITun er LoL ist, überfallen nn'ch die Erinnerungen.
Sein GesichL, mir vom ersten Anblick an lieb gewesen — in aberhundert Ge-
sichten erscheint es mir jeHk. Ich sehe die verLraute GestalL in ihrem Sessel
vor dem SchreibLisch im KonLor sitzen, die braune Holztreppe zur Wohnung
hinaufsteigen, in dies Zimmer hier einLreten, worin ich jeHL schreibe, oder die
buckelige Wiese zum Häuschen emporeilen, in dem ich ihn Sommers erwarten
durfte. Ich höre seine Stimme ertönen; geschäfLlich, unbeirrbar, von genaue-
stem Vorziel diktiert, paragraphal; oder — das Geschäftliche ist crledigt —
verbindlich-höflich, von leicht ironischer Skepsis durchklungen, sehr distant; oder
— die Distanz ist unter dem Einfluß von irgendetwas plöHlich versunken —
sonnig, humorvoll, halb VaLer, halb Freund, aus einer Liefen, aber fast mäd-
chenhaft keufchen InnigkeiL geboren; auf einmal aber bricht selbst diese Mauer
zusammen, und die Stimme schwingt wie das Herz selber. In solchen Angen-
blicken liebte ich ihn am meisten. Er errötete dann. „Ist sonst noch was zu
besprechen?" lenkte er, hilflos verlegen, ab. Aber das nüHLe jeHL nichts mehr.
Er selbst sah das ein. Ein nnsicheres Lächeln, sogar seine Skimme errötete nun,
die Hand — besonders diese grundredliche, bliHsaubere Hand sehe ich jeHL im-
mer wieder — fährt in den schüLLeren silberblonden KinnbarL; indes das Auge
sich bereits ergeben hat. Aus schattenloser ReinheiL, ohne allen Rest entblößt,
strahlt es einem in den eigenen Grund herein: lauterster Spiegel eines laukeren
Menschen.

Allein selbst diesen innersten und cigenklichsten Menschen umschwebte noch ein
Geheimnis. Und nmschwebte ihn anmutig. Denn es war Ilnschuld. Die Un-
schuld eines Kindes, das selbst die absichtlichste RküchLernheiL des „reineu TaL-
sachenmenschen", als der er sich wußke, — und für den er auch gehalken werden
wollte — nie zu versehen imstande war. OfL, mit all feinem Rüstzeug, focht der
„illusionslose Realist" wider dies Kind. Umsonst. Es blieb unverwüßlich. Ebenso

Aprilheft ig^i (XXXXIV, 7)

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