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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 3 (Dezemberheft 1930)
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Carossa, Hans: Alfred Kubin: Einführungsworte zur Eröffnung der Ausstellung im Graphischen Kabinett Günther Franke, München
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Brehm, Bruno: Das Herbst- und das Frühlingsspiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0187

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bewahrenden Raum von UngesLörtheit nnd Sorglosigkeit um ihn schnf, er
fand die Lebensweise, die ihm dienlich war, er sand die Freunde, die ihn auf
seinem Wege förderten, und wie alle ganz Lies beschäftigten Menschen hatte
er immer Zeit für sie.

Nun aber genug der Worte. Hier in diesen schönen Räumen wartet auf
uns das Werk, das eindringlicher als jede Rede Zeugnis gibt von den Erschüt--
terungen, den Kämpfen, den Träumen und dem vorbildlichen Fleiß eines ein-
sam-großen, zu jeder Stunde sich selber Lreuen Daseins!

Das Herbsi- und das Frühlmgss^iel

Von Bruno Brehm

^slso, was spielen wir, wenn die Haberl kommt?" fragte Heinz, die
„^^Hände in den Hosentaschen, breitspnrig vor Susi aufgepflanzt. Susr
hockte unglücklich, mit untergeschlagenen Beinen auf dem Diwan und wußte
sich keinen Rat. Was konnte sie denn diesem Mädchen bieten?

„Sollen wir Handsland machen, Susi?"

„Das isl kein Spiel."

Heinz Lrommelte gelangweilt ans Fensier. „Seit du in die Schnle gehsl, Snsi,
isl mit dir nichts mehr anzufangen. Aber halt! Weißt du was? Spielen
wir Herbsl."

„Spielen wir Herbsl!" Snsi klatschte in die Hände. „Bis die Haberl kommt,
kann der Herbsl fertig sein."

„Susi, glanbsl du, daß sie es verslehen wird?"

„Beruhige dich, sie wird es verslehen."

„In deinem oder in meinem Zimmer?" fragte Heinz.

„Die Haberl kommt doch zu mir! In meinem Zimmer."

„Iknd wer wird der Herbsl sein?"

„Laß mich den Herbsl spielen, Heinz."

„Gut! Aber dann bin ich der Stnrm. Fangen wir an?"

„Du sollsl der Wind sein und nicht der Sturm. Mit dem Stnrm isl oas
Spiel nicht luslig, weil du dann alles umwirfsl."

„Ich werde ein Wirbelwind sein. Bloß als Wind spiel ich nicht mit, das
isl mehr für Mädchen."

„Gut! Aber du darfsl nicht wieder alles zerslören. Ietzt beginnen wir. Sause-
wind, Brausewind, Wirbelwind, fahr hin, saus her und bring mir die
schönslen Blätter mit."

„Hui—iii! Hui—iii!" fauchte Heinz mit znm Berslen ausgeblasenen Backen,
gebückt durch das Zimmer tobend. „Tür auf, sonsl slürzt alles zusammen, der
Wirbelwind will hinaus!"

Kaum war Heinz draußen, sperrte Susi ihren sorglich gehüteten Kaslen auf
und holte eine dreireihige Kaslanienkette hervor: die Herbslkrone. Sich den
braunen Kranz aufs lichte Haar sehend, ging sie im seierlichen Tanzschritt
durch das Zimmer.

„Hui—iii! Hui—iii!" brausle der Wirbelwind herein und schüttete mitten
im Zimmer ein Kaffeetuch voll gelber Ahorn-, roter Wein- und brauner
Kaslanienblätter ans, nm dann noch dreimal im Kreise zu toben und mit dem

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