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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 8 (Maiheft 1931)
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Krauss, Werner: Calderon als religiöser Dichter: Betrachtungen zu seinem 250. Todestag
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Brock, Erich: Jeanne d'Arc: zum 500. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0574

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jenige zu Lreffen erlaubt sein soll, die den geringeren Grad der moralischen
„ProbabiliLät" für sich haL). Im WiderstreiL zwischen Ehre und Barm-
herzigkeiL zum Beispiel mag sich der BeLroffene immerhin für die welLliche
PflichL enLscheiden, solange die verzeihende Liebe Lhm zngleich als Schwäche
oder FeigheiL ausgelegL werden könnLe. Die charakLerliche FestigkeiL war
gerade vom SLandpunkL einer straffen GlaubensorganisaLion aus nichL hoch
genug zu veranschlagen. Die Schwankungen der Seele im Aufbruch zu GoLL
dürfen nichL aus dem mangelnden GleichgewichL einer ungefestigLen Berfas-
sung hervorgehen — sie dürfen nichL psychologisch begründbar sein. Ihr
GlaubenswerL liegL eben darin, daß sie einem beharrlichen Lebensrhythmus
enLgegenlausen.

Wer seine Ehre reinhälL, wird auch sonst ein anverLrauLes GuL verLeidigen.

GuL und Blut fur meinen König

Meine Ehre für die Seele

Und die Seele fur Gott allein. —

(„Der Alkalde von Zalamea")

Das blanke Schild der Ehre läßL sich dem in die lLkacht gehobenen, von allen
seelischen Eindrnckssynren gereinigLen Bewußtsein der Mystiker vergleichen,
welches — nach der Lehre der Heiligen Teresa und das San Iuan de la
Cruz — eine wahrhafL religiöse ErkennLniskriLik erst ermöglichen soll, das
heißt eine Scheidung der göLLlichen Ostenbarungen von den bloß durch den
Hunger der Seele wachgerufenen Erscheinungen.

Jearme d'Are

Zum üoo. TodeStag

Bon Erich Brock

i.

l' m zu der eigentlichen Problematik der Ieanne d'Arc vorzudringen, mußte
^^die GeschichLsbeLrachtnng erst das 19. IahrhunderL überwinden, welches
hier wie fast überall durch seine ysychologisch-evcluLionistische Methode sozu-
sagen kataplastisch haLLe wirken wollen: nämlich die hihige Zusammenziehung
von PersönlichkeiL, Sendung, BeranLworLung, Berdienst und Schuld auf
einen konkreLen Punkt durch WeiLerschiebung auf lLkachbarinstanzen zu ver-
hindern suchte, etwa wie die Polizei eine sich anf einen Platz zusammen-
ballende Menge in die dahin führenden und davon ausstrahlenden Straßen
abdrängL nnd zerteilt und so ungefährlich machL. Es waren die IrrenärzLe
und die AnLiklerikalen, welche sich dieser Aufgabe unterzogen — einerseits
Iohanna für hysterisch zu erklären, für dauernd halluzinierend, für krankhafL
suggestibel; andrerseiLs das PosiLive an ihr, die innere ErleuchLnng durch Ein-
ordnung in eine große Schar von ähnlich schwärmerischen Männern und
Frauen der Zeit, welche keine Erfolge aufzuweisen haLten, zu enLwerten;
und entsyrechend diese Erfolge dadurch zu erklären, daß eine dauernde Ver-
schwörung von Priestern und„el6re8" sie gelenkL habe wie eine MarioneLLe.
Es heißt, ihren ZeiLgenossen wenig zutrauen (unglanblich, welche Idiotismen
das 19. IahrhunderL dem miLLelalLerlichen Menschen zumuLete), wenn sie
die Fäden dieser MarioneLte nicht bemerkL haben sollten. Wenn jene DrahL-
 
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