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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 12 (Septemberheft 1931)
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Böhm, Hans: Neue Lyrik, [4]
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0917

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Wo heiß und ohne Schande
Sein Herz zusammenbricht.

Der Mond im Bergesherde
Schwält ihm durch BlaLtgelapp.

Er spendet Wein zur Erde:

„Ruft ab den Schmerz, rust ab!"

Es faßt ihn bei den Knien,

Sein Opfer trocknet ein,

Verborgne Munde ziehen
Den Schmerz in sich wie Wein.

Die Hekatomben Münchhausenfcher Auflagen sind für diesen Dichter ja weder zu
erwarten noch anch nur zu wünschen; aber hosfen möchte man doch, daß mehr als
ein kleiner Kreis von Wissenden sich die tiefe nnd echte Kunst LoerkeS aneigne. Diese
Kunst und den geistig-seelischen Neichtum des Dichters zeigt „Atem der Erde" in
solcher Vollendung, daß mir die Sammlung zu den seltenen Werken zu gehören
scheint, die neue Forderungen zugleich aufstellen und erfüllen und die damit Bresche
schlagen in den Wald künstlerischer Möglichkeiten. HanS Böhm

Umschau

Irrstations- oder Deflationskrijrs?

ie schweren Wochen der leßten Zeit,
in denen es um Sein oder Nichtsein
der deutschen Volkswirtschaft gegangen
ist, osfenbarten eine erschütternde Verwir-
rung wirtschaftlicher Vorstellungen.
Phantastische Wirtschaftsbegriffe, utopi-
sche Pläne und parteipolitische Schlag-
worte schienen Presse, Diskussionen und
Versammlllngen zu beherrschen, theoreti-
sche wissenschaftliche Meinungsstreitigkei-
Len waren an der Tagesordnung. Ver-
sucht man sich durch dieses Gestrüpp von
Ansichten einen Weg zu bahnen, so muß
man beginnen, so einfach wie möglich zu
denken, man muß sich freimachen von
jeder Art überkommener und eingelernter
Bindung und von dem suggestiven Ein-
fluß der jeweiligen Presse.

Ein Wirtschaftsexperiment größten Stils
spielte sich vor unseren Augen ab, ein
Geldexperiment, das auf die Formel ge-
bracht werden kann: zu viel oder zu wenig
Geld, Jnflation oder Deflation. Aber
schon bei dem Wort „Geld" müssen wir
uns Klarheit verschafsen, was darunter
zu verstehen ist; denn ein gut Teil der
Schwierigkeit der Verständigung liegt
in der Verschwommenheit wirtschaftli-
cher Begrifsbildungen. Jn verwirrender
Vieldeutigkeit wird das Wort Geld ge-
braucht. Wir wollen an dieser Stelle
darunter im weitesten Sinne Anweisun-

gen auf Güter verstehen, die in der Form
von Metallgeld, Papiergeld und von
Buch- oder Giralgeld erscheinen und für
die man zweckmäßig zusammen das Wort
„klmlaufsmittel" gebraucht. Ob nun zu
viel oder zu wenig Umlaufsmittel vor-
handen sind, läßt sich nur aus dem Ver-
hältnis derselben zu einem in der Volks-
wirtschaft vorhandenen Warenvorrat er-
kennen. Dabei müssen wir freilich dar-
auf verzichten, dieses Verhältnis in
irgend welchen positiven Zahlen auözu-
drücken, ja nicht einmal die genaue
Menge der Umlaufsmittel können wir
zahlenmäßig erfassen. Dagegen steht uns
ein Hilfsmittel zur Verfügung, das uns
die Veränderung dieseS Verhältnisses an-
zeigen kann, nämlich das gesamte Preis-
niveau der Waren. Denn eine ungewöhn-
lich starke Vermehrung des ZahlungSmit-
telumlaufs hat eine Steigerung deS Preis-
niveaus zur Folge, so wie bei einer
Schrumpfung des Umlaufes ein Fallen
der Preise eintritt.

Wenn man im allgemeinen von einer Jn-
flation spricht, so meint man die No -
Leninflation. Daneben steht die
Kreditinflation auf dem Wege
über das Wechselportefeuille der Reichs-
bank; sie entsteht, wenn das Noteninstitut
in übermäßigem klmfange auf Grund von
Warenwechseln Noten ausgibt. Seltener
ist die Goldinflation, wie sie Frank-
reich erlebt hat. Em starker und schnel-

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