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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 5 (Februarheft 1931)
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Green, Julius: Überfahrt
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André, Hans: Die Abstammungslehre im Lichte der Gegenwartskrisis und der heutigen Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0373

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ein Ruf vom VorderLeil des Schiffes: „Land!" Mik einem Sah sprang
der KapiLän empor und warf einen raschen Blick duvch eine Luke.

„Land!" rref nun auch er.

Und setzte hinzu:

„Danke! Ich sah es bereits vor zehn Minuteu."

Und mit wichtiger Miene verließ er den Naum.

SLieg die kleine Treppe zum Vorderdeck nieder und erLeilLe den LeuLen
Befehle. MiL wildem Geschrei gaukelLen Vögel rings um die Schornsteine.
Fern am HorizonL wies eine dunkle Linie Amerika.

Da wandLe der KapiLäu sich dem Speiseraum zu, dessen sechs Luken er
sehen konnLe. Wie einen SchallLrichLer legLe er die Hände vor das GesichL
und ries sröhlich:

„He! Passagier! Wir sind am Ziel!"

Der Passagier aber war bereiLs seiL einigen MinuLen LoL.

Die WsLammungslehre im Lichke der Gegenwartskrisis und
der heutigen Forschung

Vou Hans Andre

/^>s ist merkwürdig, wie miL der Wandlung dessen, was der Mensch im
^'eigeneu Leben als das Schöpferische erkennL, auch seiu Bild von
der NaLur sich wandelL. Wenn man von den IrrLümern des Panlogismus
absiehL, so haL kein Denker das Grundwesen des Schöpferischen so deuLlich
gesehen wie Hegel. „Die WelLgeschichLe," sagL Hegel, „ist nichL der Boden
des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere BläLLer in ihr; denn sie sind
die Perioden des sehlenden Gegensahes." Das wahrhasL Schöpserische in der
GeschichLe bestehL also in einer immer höher gesiafselLen EinheiL der
Gegensähe. Es wird bezeichneL durch die geisiige Spirale, auf der
die EnLwicklung an ihr selbsi in sich zurückkehrL zu einem neuen „posiLiven
TodespunkL", zu einer „schöpferischen Indifseren z", in der die
BerabsoluLierung der StandpunkLe in den Tod gegeben uud ein ueuer 2lus-
gleich der GegensäHe eintriLL, der durch die inzwischen gesammelten Ersah-
rungen und Erlebnisse an äußerer Fülle und iunerem Reichtum um eineu
Grad höher liegL als der vorausgehende. Dieser Liese Hegelsche Gedanke von
der dialekLisch-schöpferischen Synthese wurde von K. Chr. Planck, dem
größten deutschen RkaLurphilosophen, auch in der MeLamorphose der N^atur-
sormen aufzuzeigen versuchL*. In Anlehnung an die Hegelsche Aussassung,

* Vgl. besonders sein reises Werk „Seele und Geist", Leipzig 1871. Durch die beiden
großen Srhwaben Hegel und Planck ist eine Höherstasselung des platonischen ArisioteliS-
mus der genuinen Scholastik möglirh geworden, insosern in deren Ontologie durch das
dialektische Prinzip und die bildhafte Anschauung eine neue schöpfe-
rische Selbsibesinnung hineingetragen werden kann. Der Altthornismus ist dasür durchaus
osfen. Und so ist es wohl auch kein Zusall, daß Albertus Magnus ein Schwabe und die
Großmutter seines Schülers Tbomas von Aquin die Schwester Friedrich BarbarossaS war.
Formalistisch entleerte, d. h. schlechte Scholasiik, war ersi diejenige, die in sich selber kein
Gegensatzprinzip mehr trug, die den Begriss vom „konkret-Allgemeinen" zum „absirakt-
Allgemeinen" verwässerte. Es ist bezeichnend, daß der höchsie Vertreter einer dialektisch-
bildhaften Scholasiik: Paul Claudel von den Franzosen nicht verstanden wird.
 
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