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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI Heft:
Heft 4 (Januarheft 1931)
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Simmel, Gertrud: Normen des Handels
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0284

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aus der der „rLchkige" Inhalt unseres Handelns hervorgehe; denn nach
InhalLen fragen wir. WLr fragen, was wir HLer in diesem Falle handgreiflich
machen sollen, vom ObjekLiven her geurteilL.

Zugleich gehL der große Erdstoß von ErschüLLerung durch die WelL: ob es
HalL und kUorm für das menschliche Handeln überhaupL geben könne —
„wenn einmal miL dem religiösen Aberglauben gebrochen ist"; und wir fragen,
wo ILormen denn überhaupL herkommen, daß sie uns innerlich binden sollen,
wir fragen auf das Forderndste nach ihrer LegiLimaLion.

Dennoch: wir LheoreLisieren, wir suchen.

— 2lber es enLgehL uns vielleichL, daß wir nichL fragen und forschen können, wo
die Nvrmen herkommen; sondern daß wir das sein müssen, wo sie her-
kommen. —

NmHen für die GesamtheiL; das ösfenLliche Wohl; die sozialen kbkotwendig-
keiten; die Idee der FreiheiL; die Idee der GerechLigkeiL; — solche erscheinen
als sichere konstruktive SaHungen vor uns, die herrschen mögen — können —
über unsere EinrichLungen und über unser Handeln.

Nun haben Ideen — um hier die Überlegung zu beginnen — miL dem NaLio-
nalen und miL dem Reiche der Logik wenig zu Lun; sie sind nichL aus dem
Denken geboren. Geboren sind die alten patheLischen HerrlichkeiLen: Ge-
rechtigkeit, SchönheiL, Freiheik, Wahrheit, Würde, das Gute, und weiter
wie sie heißen mögen, daraus, daß der Mensch sich als eines haL, das wachsen
und sich heben will; aus einem Willen zum Sein, nichL aus einem Willen
zur Logik; und eigentlich sind sie unfähig, deren GebieL überhaupt zu be-
rühren. Etwa: sie parodieren sich, wenn die Logik über sie herfällL und sie in
Beschlag nimmL. Sie bedeuten, daß der Mensch ein gültiges Sein vorfaßt,
vorfassen will; darin leben sie; sie sind InLuiLives, Ausdruck eines Span-
nungszustandes im Menschen, Beweger und Ausdruck des sich regenden Lebens,
postulierte Form des inneren Wesens, das nach seiner Form sucht und — das
ist es, worauf hinzusehen ist — metaphysischer HerkunfL, metaphysischer
ArLung, wie dieses Wesen und wie dieses Suchen. Die Ideen sind nichL
etwas bloß GedachLes, logisch ErzeugLes und logisch zu Fassendes, abgezogen
aus Einzelnem wie die älllgemeinbegriffe. Die Ideen sind immer mehr, sind
immer anderes — das bloß GedachLe ist nichL Idee; und das drückL sich
darin aus, daß ihnen ein Hauch anhaftet in den GemüLern der Menschen wie
Vvn metaphysischer göLLlicher Nealität. Sie sind nichL abtrennbar von dem
PaLhos bewegter MenschlichkeiL — die Idee ist immer die Idee Mensch.
WahrheiL ist die klare Übereinstimmung des Erkennenden miL einer göLLlichen
WelL. FreiheiL ist die FreiheiL der GestalL Mensch zu sich selber, der ideelle
Raum, in dem diese sich auswächst und darstellt, zu ihren Maßen gewachsen,
unverkümmerL; die UnbeengLheiL zu uns selber, des in sich streng Gebundeuen.
SchönheiL ist die freie SchönheiL dieses Menschen, die metaphysisch ist; der
Mensch, der ist, der sein Sein haL, haL diese SchönheiL. GoLL ist der Ge-
rechte, weil wir in dem WorLe Gerechtigkeit das fühlen, was dem GoLLe zu-
kommen soll, den wir verherrlichen. In ihm ist die Idee vollendeL. GoLL ist
die große klare Seele, die gerechte Seele in göLLlichen Ausmaßen, das Gleich-
gewichL eines reichen großmütigen Zustandes, der Zustand GerechLigkeiL eines
welLweiten gewaltigen Herzens, das geglaubL wird als ein solches, das kein

2^so
 
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