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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI Heft:
Heft 5 (Februarheft 1931)
DOI Artikel:
Lagerlöf, Selma: Aus meinen Kindertagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0353

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„Ia, aber da im Konsistormm fiel es Onkel Unger vielleicht gar nichL so
schwer. Nachher wurde es viel schlimmer. Die LeuLe in Gunnarskog waren
ja durchaus überzengL gewesen, daß Onkel Alsred sich um die SLelle bewerben
würde, und so haLLen sie selbst nichLs in der Sache geLan. 2lls sie nun aber
hörken, wie es stand, kamen soforL Briefe mit Klagen nnd Wehklagen. Und
in der leHLen Woche kam sogar eine ganze DepuLation von Gunnarskog. Es
waren die vornehmsten Bauern, staLLliche, prächLige Männer, Onkel Alfred
kannLe sie alle und wußLe, was sie werL waren. Und diese LeilLen ihm miL,
daß die Gemeinde ihn als vierten ProbekandidaLen berufen wolle. Wenn er
die Aufforderung annehme, werde er ohne Ausnahme jede Stimme bekom-
men, dafür bürgLen sie ihm. Ich habe felbst gehörL, wie sie ihn baLen und zu
überreden suchLen. Es war geradezu herzbewegend. 2luf den Knien haben sie
allerdings nichL vor ihm gelegen, aber sie flehten wie um ihr Leben. Sie sag-
Len, sie brauchLen so noLwendig einen LüchLigen Pfarrer. Ihr leHLer habe so
lange krank gelegen, daß die Gemeinde gleichsam in der Irre gegangen sei.
Und man kann ja verstehen, wie das Onkel 2llfred ans Herz grist. Schon
allein die bekannLen GesichLer erinnerLen ihn an all das 2llLe, das ihm so
Leuer ist, und nuu zu hören, daß sie jemand brauchLen, der chnen helfen solle,
auf rechten Wegen zu gehen... 2lch, ich verstehe uichL, wie er uein sagen
konnLe!"

„Und das haL er alles nur für diesen Hilfsgeistlichen geLan?" warf Eliu ein.
„3a, der haLLe sich ja gemeldeL; er stand auf der Liste, und Onkel 2llfred
dachLe sich, wenn er nur den Ruf nichL annehme, dann könnLe der andere viel-
leichL gewählL werden. Die Gunnarskoger Bauern suchLen zwar Onkel
2llfred davon zu überzeugen, daß sie den Hilfsgeistlichen nichL haben wollten,
aber Onkel sagte, er hoste, sie würden ihre AnsichL darüber uoch ändern.
Rkein, das käme gar nichL in Frage. Sie häLLen jehL lange genug eiuen kränk-
lichen Propst gehabL. Der Hilfsgeistliche sei alL und ebenfalls kränklich. Wenn
Onkel seineLwegen nein sage, so wäre das ganz und gar unnöLig."

„Aber blieb er dabei?" fragL BaLer, und jeHt sehe ich, wie es in den kleinen
FälLchen unter BaLers Augen zuckt und ziLLerL, wie immer, wenn er kaum
die Tränen zurückhalten kann.

„Ia, das LaL er. Aber in der NüchL darauf, nachdem die Bauern von Gun-
narskog bei ihm gewesen waren, schlief er nichL eine MinuLe. Ich hörte ihn in
seinem AmLszimmer hin und her gehen, immerfort hin und her."

„So ein Teufelskerl!" rufL VaLer.

„Meiner AnsichL nach müßten sie ihn zum Bischof ernennen!" sagL TcmLe
Lovisa. Darauf fangen wir alle an zu lachen und rusen, ja, ja, sie habe
ganz rechL.

Wir sind sehr glücklich, weil jemand, den wir kennen, etwas so GroßarLiges
getan haL, und wir wollen gar nichL zu BeLL gehen.

Und ich bin nichL ein bißchen betrübt über das, was Aline am NachmiLLag,
als wir miteinander spazieren gingen, zu mir gesagL haL. Ich haLLe es mir
ja überhaupL nichL sehr zu Herzen genommen, und nun ist es vollständig
vergessen. Wenn ich etwas Ahnliches wie Pastor Unger Lun könnte, ja, das
würde ich für viel mehr halten, als wenn ich das allerschönste Buch der
WelL schriebe.

ZOI
 
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