Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0425
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Heft 6 (Märzheft 1931)
DOI Artikel:Martin, Kurt: Oskar Kokoschka: anläßlich der Ausstellung des gesammelten Werkes in der Mannheimer Kunsthalle
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Oskar Kokoschka: SitzendeS Nlädchen
Erleben, wo allen und allem, was daran AnLeil nimmk, ein beslimmender
Einfluß gegeben ward." Der Blick in die Tiefen der Wirklichkeit isl schöpfe-
rische Eingebung, die DarsLellung des Gesichkes wird künstlerische Tat.
Das Bildnis Angust Forel ist unter den frühen Arbeiten am tiefsten ge-
sehen; es ist ein Leitbild des Expressionismus, denn Kokoschka geht von Llnfang
an so weit vor, daß er die dekorativen Mittel der Anderen nicht mehr be-
nötigt. Das geht nur, weil die Pforte der Realität wirklich gesprengt ist, weil
sich die Mgründe dahinter andeutend und gestaltbildend auftaten. Und ob-
wohl die geöstnete Tür das einzig Sichere ist, zeigt doch der AnsschniLL die
seelische Landschaft mit Gebirgen und Weiten, mit dem Vorbei und Dahin,
und dieses Gesicht hat die Gewähr der Existenz. Für sich existiert das, vor-
weggenommen in ein Allgemeines, das vor der Türe nicht wächst. Das
bestimmt die künstlerischen Mittel: sie sind erregt und konzentriert. Die
Form muß sich östnen, weil sie die heftige 9?ähe des Gesichtes aushaltend
umschreibt, sie wird irreal und flackernd vergeistigt, weil sie die Bewegtheit
tieferer Existenz umfängt. So auch die Farbe, die sich zergliedert, denn nur
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Erleben, wo allen und allem, was daran AnLeil nimmk, ein beslimmender
Einfluß gegeben ward." Der Blick in die Tiefen der Wirklichkeit isl schöpfe-
rische Eingebung, die DarsLellung des Gesichkes wird künstlerische Tat.
Das Bildnis Angust Forel ist unter den frühen Arbeiten am tiefsten ge-
sehen; es ist ein Leitbild des Expressionismus, denn Kokoschka geht von Llnfang
an so weit vor, daß er die dekorativen Mittel der Anderen nicht mehr be-
nötigt. Das geht nur, weil die Pforte der Realität wirklich gesprengt ist, weil
sich die Mgründe dahinter andeutend und gestaltbildend auftaten. Und ob-
wohl die geöstnete Tür das einzig Sichere ist, zeigt doch der AnsschniLL die
seelische Landschaft mit Gebirgen und Weiten, mit dem Vorbei und Dahin,
und dieses Gesicht hat die Gewähr der Existenz. Für sich existiert das, vor-
weggenommen in ein Allgemeines, das vor der Türe nicht wächst. Das
bestimmt die künstlerischen Mittel: sie sind erregt und konzentriert. Die
Form muß sich östnen, weil sie die heftige 9?ähe des Gesichtes aushaltend
umschreibt, sie wird irreal und flackernd vergeistigt, weil sie die Bewegtheit
tieferer Existenz umfängt. So auch die Farbe, die sich zergliedert, denn nur
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