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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI Heft:
Heft 11 (Augustheft 1931)
DOI Artikel:
Martin, Kurt: Hermann Burte als Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0789

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wie sie ist, soll die Landschast aus dem Bilde sehen, dann ist sie gesckaut und
empfangen. Es gelingt, daß das Deutsche in diesen Landschasten deutlich wird,
ein Schimmer jener dentschen Nomantik, die hinter der wörtlichen Treue
der Schilderung Unendlichkeiten öfsnen konnte. Burte vermeidet das Lieb-
liche, das ihm fremd ist. Wenn er einen Steinbruch malt, so sucht er nicht
ein Jdyll, sondern große, naturhaft geschichtete Formen; er liebt die Farben
des Steines, auf dem die Sonne in allen Tönen spielt. Oder es ist ein Blick
über den See mit fernen Usern, die sich ins Land verlieren; es ist die schwere
und gedrängte Lust, die vor Sturm und Gewitter von den Höhen ins Tal
dringt und aus den Farben lastet; es ist der Fluß und die Wiese, der Berg
nnd der Wald, der Baum und der Fels.

Mit breiten Strichen wird die „Kiesgrnbe" sestgehalten, als sei sie unmittel-
bar ans dem Eindruck gewonnen. Doch dieser Eindruck ist nur Anlaß, aus
sich selbst eine Waturstimnmng zu entwickeln, die sich über das Bild breitet,
eigentümlich gehalten und ernst. So sind anch die Farben schwer, ohne
dumyf zu seiu, bestimmt, ohne zu leuchten. Es entsteht die Wirkung, daß
dem Betrachter die Landschast bekannt vorkommt, daß er glaubt, sie gesehen
zu haben, und so sich selbst im Bilde begegnet. Das Deutsche in Burtes
Landschasten liegt in dieser Wirkung begründet, weil seine Bilder einen all-
gemeinen Besih des deutschen Menschen berühren. Sie können es, da Burte
selbst gerade dieses Deutsche stark und allgemein erlebt, denn hinter der
Stimmung steht eine krastvolle menschliche Haltnng, die sich intensiv und
selbstverständlich mitteilt. Der volkhaste Unterton klingt deshalb in seiner
Malerei, nicht als „Heimatkunst", als künstliches Gebilde, sondern als
Heimat. 2lus der werthasten Beziehung, welche die Landschast nicht als
Motiv, sondern als Gehalt empsängt, als Prägnng, von der man selber ge-
prägt wurde, entsteht das Verbnndene und Ursyrüngliche, das Hermann Burtcs
Dichtungen und Bilder ersüllt.

Hinzn kommt ein hestiges Temperament, das zum Dramatischen drängt und
rasche Verwirklichung sucht. Wenn das Metall flüssig Lst, mnß der Guß
erfolgen, denn die geistige Formung ist vor ihrer Darstellung sertig. Über-
ständiges nnd Beschaulich-Erbauliches liegen solchem Temyerament nicht, ebenso
wenig nachträgliches Ausziselieren, das die große Form meistens schwächt
und der Gefahr des Kunstgewerblichen leicht unterliegt. Größe der An-
schauung äußert sich unmittelbar und verwirklicht sich wie in einem Zug.
Iß allzuviel Nncharbeit nötig, so bedentet das, daß ein Fehler im Material
zu verdecken und ein neuer Gnß am Platze ist. Burtes Bilder sind in der
Regel erste Wiederschrist vor der Nkatur, seine Bildnisse entstehen in wenigen
Sitznngen, in einem Zugrifs. Er ergreift das Charakteristische des Men-
schen, aber er sieht es wie in der Landschast in den Bindungen an die Boden-
ständigkeit des Wesens. Auch hier bricht etwas Deutsches durch, ein Mmt,
die Form um der geistigen Tat willen zu ersassen, die geistige Tat nicht als
Rausch, Msion oder Ekstase, sondern als osfene, sichere Arbeit. Jn dieser
nngekünstelten Geradheit liegt das Echte seiner Knnst zutage. Wie es ge-
meint ist, sagte der ungestüme Wiltfeber-Burte als junger Mensch selbst,
als er vor schönen, alten, schmiedeisernen Friedhoskreuzen von einer Betrach-
tung getrossen wird, die sein eigenes Wesen berührt:

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