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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI issue:
Heft 11 (Augustheft 1931)
DOI article:
Burckhardt, Jakob: Briefe Jacob Burckhardts an seinen Schüler Albert Brenner
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0818

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Teil). Fausi Lsi nämlich ein echker und gerechter Mychus, d. h. ein großes,
urtümliches Bild, in welchem jeder sein Wesen und Schicksal auf seine
Weise wieder zu ahnen hak. Erlanben Sie mir eine Vergleichung: Was
häLLen wohl die alLen Griechen gesagL, wenn zwischen sie und die Qedipussage
sich ein CommenLaLor hingeyflanzL häLLe? — Zu der Oedipussage lag in jedem
Griechen eine Oedipnsfiber, welche unmiLLelbar berührt zu werden und
auf ihre Weise nachzuziLLern verlangte. Und so isi es mit der deutfchen
NaLion und dem Fausi. — Wenn nun von dem überreichen Werke auch
ganze große ParLien dem einzelnen verloren gehen, so isi dafür das Wenige,
was ihn wirklich und unmiLLelbar berührL, von so viel mächtigerem Eindruck
und gehört dann wesentlich mit in sein Leben.

Der zweite Teil hat mich nie anders als angenehm-fabelhaft berührt. Der
spekulative Gedanke isi mir dunkel geblieben. Das Mchthifche isi mit einer gewissen
großarLigen Anmut behandelt, als sähe man Rafael die Gefchichten der Psyche
malen. Was aber LoLal über meinen Versiand gehL, isi die siLLliche Abrechnung, die
zuleHL miL Fausi gehalten wird. Wer so lange miL Allegorien verkehrL haL,
wic er, der wird am Ende notwendig selber allegorifch und kann nichL mehr
als menfchliches Individuum interessieren. In dem ganzen zweiten Teil
sind aber eine Menge von sublimen Sachen zersirenL, und das Her-
aufbannen der Helena haL in der ganzen Poesie aller Zeiten wenig seines-
gleichen.

Endlich isi es ganz in der Ordnung, daß Fansi anch Sie zn irgend einer 2lrt
ReyrodukLion zwingL. 2luch zu unserer grünen ZeiL kam dergleichen vor. Man
yflegL solche SkriyLuren später im Hinblick auf den ungeheuren 2lbsiand
zwifchen Wollen und Vollbringen zu verbrennen — miL UnrechL; denn auch
in den Fehlern eines solchen symbolifchen GedichLes drückL sich die Signatur
des Schreibenden merkwürdig aus, so daß man syäter dergleichen als Ur-
knnde über das eigene Selbsi fchähen lernL.

Schreiben Sie mir ein kurzes Canevas; ich will es gewissenhafL durchgehen
nnd Bedenken wie 2lufmunLerung nichL syaren; ich vermute etliches sehr
EigenLümliches darin, was Ihnen allein angehörL. — Lesen Sie Immer-
manns Merlin. Es isi die wichtigsie und unabhängigsie Parallele, um nichL
zu sagen Ergänzung zum Fausi.

2. Dezember 1855.

2llso inskünftige: Adelberg, nicht Rkadelberg. Da diese Disiinction Sie
osienbar glücklich machL, so möge Ihr Wille gefchehen.

ZweiLens: Ihre HandfchrifL isi Leilweise entsetzlich. Indessen 'bringe ich es
nichL mehr übers Herz, deshalb den PedanLen zu machen; es soll (wo irgend
möglich) mein leHLes WorL darüber sein. Der InhalL Ihres Briefes haL
mich zu sehr gefesselL. Wenn Sie in GoLLes lbkamen nur sndelnd Ihre Ge-
danken so rechL unmiLLelbar hingeben können, so will ich mich drein finden, ob-
fchon ich mich yflichtgemäß emyören sollte. Sie werden also Ihre Strafe
nichL durch mich, sondern vielleichL hunderL Meilen von uns, vielleichL unter
ganz fremden BerhälLnissen finden. 2lber Sie werden sie finden. — Nmn zu
Ihrem FansiyrojekL. Bor allem weg miL dem Prolog! wozu in aller WelL
dem Ehren Publico sagen: sehL, das und das habe ich mir aus dem Leib
hasyeln wollen, und der und der bin ich eigentlich in Person? 2lnsiaLL

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