Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0866
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Heft 12 (Septemberheft 1931)
DOI article:Unus, Walther: Schinkel
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C- F. Schinkel; Ansicht von Rom vom Monte Pincio auö
licher Erfassung der einzelnen Elemenke und Weite der almosphärischen
Wirkung zu den schönsLen LandschasLsphantasien, die wir in der deutschen
Kunst haben. Fasi immer spielen, allen kosmischen Empsindungen zum
TroH, Ansiedlungen, Gebäude, menschliche Gestalten eine wichtige, ja ent-
scheidende Rolle.
„Reine Landschasten", meint er, „lassen Sehnsucht und Unbefriedigung
in der Seele zurück. . . LandschasLliche AussichLen gewähren ein beson-
deres InLeresse, wenn man Spuren menschlichen Daseins darinnen wahr-
nimmt. Der Überblick eines Landes, in welchem noch kein menschliches
Wesen Fuß gesaßt hat, kann GroßarLiges und Schönes haben, der Be-
schauer wird aber unbestimmL, unruhig und Lraurig, weil der Mensch das
am liebsten ersahren will, wie sich seinesgleichen der NüLur bemächtigt,
darinnen gelebt und ihre SchönheiL genossen haben; er bleibt deshalb dort
unbesriedigL... Noch hat er die Empfindung des Unheimlichen." Gelten
verrät der Künstler seine Liesste Einstellnng zur WelL so klar; anch sür den
Baumeister ist diese leidenschastliche und zielbewnßte Vermenschlichung aller
Ziele von maßgebender BedeuLnng. Schinkel ist der reinste Ausdruck jener
humanistischen KuÜur, die sür nns Nachgeborene die Perioden der Klassik
und der RomanLik unter einem Bogen znsammensaßt, so daß der StreiL/
welcher von beiden Schinkel angehört, ein Streit um WorLe ist. Für beide
Kreise lassen sich Belege in seinen SchrisLen und Werken sinden; sie be-
weisen im Grunde nur, daß griechische wie gotische Formen nur dem Zweck
dienen, Empsundenes auszndrücken, sie sind ihm MnLerial, Rohstoss wie
Stein oder Farbe. Sind nicht seine TheaLerdekoraLionen die allerdeuLlichsten
Zeugnisse; muß ihm nichL jeder Stil, jeder Stoss zu Willen sein, von der
naturalistischen Schneelandschast bis zum kristallgiLLerartigen Himmel der
Königin der NachL in Lapislazuli mit Goldsternen, der nicht errechnete, son-
dern beseelte Mathematik ist?
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licher Erfassung der einzelnen Elemenke und Weite der almosphärischen
Wirkung zu den schönsLen LandschasLsphantasien, die wir in der deutschen
Kunst haben. Fasi immer spielen, allen kosmischen Empsindungen zum
TroH, Ansiedlungen, Gebäude, menschliche Gestalten eine wichtige, ja ent-
scheidende Rolle.
„Reine Landschasten", meint er, „lassen Sehnsucht und Unbefriedigung
in der Seele zurück. . . LandschasLliche AussichLen gewähren ein beson-
deres InLeresse, wenn man Spuren menschlichen Daseins darinnen wahr-
nimmt. Der Überblick eines Landes, in welchem noch kein menschliches
Wesen Fuß gesaßt hat, kann GroßarLiges und Schönes haben, der Be-
schauer wird aber unbestimmL, unruhig und Lraurig, weil der Mensch das
am liebsten ersahren will, wie sich seinesgleichen der NüLur bemächtigt,
darinnen gelebt und ihre SchönheiL genossen haben; er bleibt deshalb dort
unbesriedigL... Noch hat er die Empfindung des Unheimlichen." Gelten
verrät der Künstler seine Liesste Einstellnng zur WelL so klar; anch sür den
Baumeister ist diese leidenschastliche und zielbewnßte Vermenschlichung aller
Ziele von maßgebender BedeuLnng. Schinkel ist der reinste Ausdruck jener
humanistischen KuÜur, die sür nns Nachgeborene die Perioden der Klassik
und der RomanLik unter einem Bogen znsammensaßt, so daß der StreiL/
welcher von beiden Schinkel angehört, ein Streit um WorLe ist. Für beide
Kreise lassen sich Belege in seinen SchrisLen und Werken sinden; sie be-
weisen im Grunde nur, daß griechische wie gotische Formen nur dem Zweck
dienen, Empsundenes auszndrücken, sie sind ihm MnLerial, Rohstoss wie
Stein oder Farbe. Sind nicht seine TheaLerdekoraLionen die allerdeuLlichsten
Zeugnisse; muß ihm nichL jeder Stil, jeder Stoss zu Willen sein, von der
naturalistischen Schneelandschast bis zum kristallgiLLerartigen Himmel der
Königin der NachL in Lapislazuli mit Goldsternen, der nicht errechnete, son-
dern beseelte Mathematik ist?
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