Der 2lssistenL Lrat zum BeLL und beLrachLeLe den Liegenden, dessen Mund wie
in einem Lächeln von hinkerlistiger Lusl erstarrt schien. Oder — in über-
Lrdischem Glück? dachte der ArzL.
„Er haLLe also gar keine Freunde, sagen Sie?" sragte er die WirLin
nochmals.
„Nein, nicht daß ich wüßte," wiederholte sie. „VLelleichL auswärts — aber zu
ihm kam niemals jemand — er lebte ganz für sich und ging nur zum Esseu fort,
ausgenommen gestern und vorgestern, wo er wegen ErkälLung liegen blieb."
„Danke, es ist gut," sagte der Assistent. — Die WirLin zog sich zurück.
„Ia, da ist wohl kein Grund anzunehmen, daß...," meinte der ÄssistenL.
„Nein, nein," sagte der Arzt, „das sieht ganz so aus, als wäre es von selbst
geschehen — aber wenn Sie wünschen, können wir ja aufmachen —"
Der AssistenL schüLLelte deu Kopf.
Der LlrzL bückte sich und hob ein BlaLt Papier auf, das unter dem BeLL
lag. „Nein, dieser 2llLe!" brummelte er.
„Was gibt's?" fragte der AssistenL.
Der ArzL reichte ihm das BlaLL.
Es war ein vergilbtes Blatt aus einem alten KolleghesL — die SchrifL darauf
indessen nur wenige Tage alt.
„Menschenaugen sind von Glas," stand da geschrieben, und darunter:
„Die Liebe ist ein Geschwätze
llnd jede Iungfrau eine NleHe.
Iens Lldolf Steensen."
„Das scheint sein geistliches TestamenL zu sein," sagte der ArzL. „Der AlLe
ist mit einer liederlichen HalluzinaLion in das ewige Heil eingegangen." —
Llbends gegen sieben llhr begegnete der PolizeiassistenL seinem Freunde, dem
jungen Maler Wilhelm Skov.
„Du gehst wohl bummeln?" fragLe der Maler den LlssistenLen.
„Ia, ich flaniere so ein bißchen nach dem Essen. Ilnd du? Schaust nach den
Mädeln, was?"
„Nlein — ich muß zum Bahnhof und hol mir eins — sie kommt von
Berlin."
„NkaLürlich, du mußt eine von da unten haben...!?"
„Es iß eine Dänin," sagte der Maler, und sein vergnügtes GesichL wurde auf
einmal ernst. Das sah wunderlich aus — so als ob dieser Ernst gewisser-
maßen bloß auf Besuch in seinem heiteren GesichL sei.
„Ich lernte sie in Berlin kennen," sagte er. „llnd du kennst sie übrigens auch
gut," fügte er hinzu. „Kannst du dich an ,Liescherck erinnern? Du hast sie
ja in meinem Skizzenbuch gesehen."
„S i e?" unterbrach ihn der AssistenL. „Ia, sie kenne ich unleugbar gut. Sie
ist schon wert, abgeholt zu werden."
„Sie war mörderlich lieb zu mir, als ich da unten war," sagte der Maler.
„Sie haLLe damals einen kleinen Buben. Der ist jeHL LoL, schrieb sie, llnter-
ernährung — wohlverstanden — und da kann sie es da unten nichL längec
aushalten. Ich bin ja so froh, daß sie kommL. Ich hab sie so ofL gezeichnet.
Llber ich kann einfach nicht miL ihr fertig werden. Ich habe solche Lust, sie
zu malen — ich weiß nichL, ich hab so das Gefühl, wenn ich sie richtig
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in einem Lächeln von hinkerlistiger Lusl erstarrt schien. Oder — in über-
Lrdischem Glück? dachte der ArzL.
„Er haLLe also gar keine Freunde, sagen Sie?" sragte er die WirLin
nochmals.
„Nein, nicht daß ich wüßte," wiederholte sie. „VLelleichL auswärts — aber zu
ihm kam niemals jemand — er lebte ganz für sich und ging nur zum Esseu fort,
ausgenommen gestern und vorgestern, wo er wegen ErkälLung liegen blieb."
„Danke, es ist gut," sagte der Assistent. — Die WirLin zog sich zurück.
„Ia, da ist wohl kein Grund anzunehmen, daß...," meinte der ÄssistenL.
„Nein, nein," sagte der Arzt, „das sieht ganz so aus, als wäre es von selbst
geschehen — aber wenn Sie wünschen, können wir ja aufmachen —"
Der AssistenL schüLLelte deu Kopf.
Der LlrzL bückte sich und hob ein BlaLt Papier auf, das unter dem BeLL
lag. „Nein, dieser 2llLe!" brummelte er.
„Was gibt's?" fragte der AssistenL.
Der ArzL reichte ihm das BlaLL.
Es war ein vergilbtes Blatt aus einem alten KolleghesL — die SchrifL darauf
indessen nur wenige Tage alt.
„Menschenaugen sind von Glas," stand da geschrieben, und darunter:
„Die Liebe ist ein Geschwätze
llnd jede Iungfrau eine NleHe.
Iens Lldolf Steensen."
„Das scheint sein geistliches TestamenL zu sein," sagte der ArzL. „Der AlLe
ist mit einer liederlichen HalluzinaLion in das ewige Heil eingegangen." —
Llbends gegen sieben llhr begegnete der PolizeiassistenL seinem Freunde, dem
jungen Maler Wilhelm Skov.
„Du gehst wohl bummeln?" fragLe der Maler den LlssistenLen.
„Ia, ich flaniere so ein bißchen nach dem Essen. Ilnd du? Schaust nach den
Mädeln, was?"
„Nlein — ich muß zum Bahnhof und hol mir eins — sie kommt von
Berlin."
„NkaLürlich, du mußt eine von da unten haben...!?"
„Es iß eine Dänin," sagte der Maler, und sein vergnügtes GesichL wurde auf
einmal ernst. Das sah wunderlich aus — so als ob dieser Ernst gewisser-
maßen bloß auf Besuch in seinem heiteren GesichL sei.
„Ich lernte sie in Berlin kennen," sagte er. „llnd du kennst sie übrigens auch
gut," fügte er hinzu. „Kannst du dich an ,Liescherck erinnern? Du hast sie
ja in meinem Skizzenbuch gesehen."
„S i e?" unterbrach ihn der AssistenL. „Ia, sie kenne ich unleugbar gut. Sie
ist schon wert, abgeholt zu werden."
„Sie war mörderlich lieb zu mir, als ich da unten war," sagte der Maler.
„Sie haLLe damals einen kleinen Buben. Der ist jeHL LoL, schrieb sie, llnter-
ernährung — wohlverstanden — und da kann sie es da unten nichL längec
aushalten. Ich bin ja so froh, daß sie kommL. Ich hab sie so ofL gezeichnet.
Llber ich kann einfach nicht miL ihr fertig werden. Ich habe solche Lust, sie
zu malen — ich weiß nichL, ich hab so das Gefühl, wenn ich sie richtig
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