Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

DOI article:
Morawe, Christian Ferdinand: Die Darmstädter Spiele 1901
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0197

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
182

leicht sehr schöne Gegenstände zur Schau zu stellen
gehabt — eine erlösende, befreiende That wäre das
nicht geworden.

So aber stehen wir heut vor einer kleinen Stadt,
welche einen Sommer lang eine Ausstellung bildet,
dann nicht niedergerissen , sondern bewohnt wird, und
einen öffentlichen Teil des Gemeinwesens Darmstadt
bildet. Da mit einer Ausstellung und deren Besuch ge-
rechnet werden muss, lag der Gedanke nahe, dem
Publikum eine spezielle Abendunterhaltung zu schaffen.
Und daraus ergab sich wiederum der Plan, eine kleine
Bühne zu errichten. Nicht um einerseits abendfüllende
Dreiakter aufzuführen oder andererseits ein Programm
ä la Variete abzuhaspeln, sondern um auf der Basis der
Vielheit der Künste wirklich lebendige Kunst als harmo-
nisches Ganzes darzubieten. Und dazu gehört vor allem
das Haus, der Theaterbau.

Wer im Stande ist, die praktischen und ästhetischen
Mängel der Konzertsäle zu empfinden, dem wird es
nicht schwer fallen, gewichtige Einwendungen gegen den
heut üblichen Theaterbau zu machen nach der prak-
tischen , ganz besonders aber nach der ästhetischen
Seite. Nicht nur gegen das Theater, auch gegen das
Variete. Im allgemeinen sind es Höhlen oder mit
falschem Prunk protzig überladene Prachtbauten, ganz
selten trifft man ein Haus, welches als solches, als
Rahmen der Spiele, die darinnen vor sich gehen, so
auf den Besucher wirkt, dass er sich besonders seelisch
eins fühlt mit allem , was er als Zuschauer und Hörer
während einiger Stunden erlebt. Auch in dieser Be-
ziehung heisst es heute einen ganzen Schritt ins Neue
th-un, es genügt nicht, die feinsinnigsten Dichtungen
bestens zu interpretieren, während der durchaus nicht
unwesentlichste Teilnehmer am Spiel, das Publikum in
seinem körperlich-ästhetischen Wohlbefinden so grausam
vernachlässigt bleibt. Alles drängt heut auf die Schaff-
ung des neuen Hauses hin, und auch über diesen
Punkt ist allmählich so arg viel Tinte verschrieben
 
Annotationen