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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

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Schmitz, Oscar A. H.: Der Trauzeuge
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https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0535

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$urd)tinger'fcf)er Iteberfeftbarfett lag. 3mmerf)ttt mürbe bem 23ucf)-
galtet eme§ flar: biefe beiben DJleitfefjen mürben ftd) niemals firdjlicb,
trauen taffett.

SJcait fam auf ben folgenben Sag §u fpredjen unb beriet,
mo mau ftd) treffen mürbe, ©in alter Cfjeim ber SBraut, ber
jroeite Sraugeuge — (ein boppelnä£)enbe3 ©efetj ertjeifcijt ifjn) —
bjatte ©frupeln, ob er im chapeau claque fommen tonne. S)er
mitbe $ucf)f)alter etttfd)ieb bejaljenb, er jmar roürbe einen raaf)rf)aftett
©ntinber tragen. @r mar nicrjt obtte ©rofjmut, roie alle Seute,
bie fefbft reine Sföäfdie tragen.

„Hber machen Sie fid) nicrjt folcfje iiitbequemlicf)feiteu'' meinte
ber Bräutigam l)öflid), „fommen 'Sie nur raie fte finb, in raeid)em
^•il^ut ober fonftroie."

- 2Biff)etm ^urcrjtinger traute feinen DJjren nid)t. 9iote ^ünftcfjen
auf grünem ©runb tankten cor feinen 2fugett. Unb nun fam
folgenbes fjeraus: biefer Bräutigam fjatte feinen anbern 2ln§ug
bei fid), als* jenen fo fnapp anliegenben engtifdjen; fo foüte er mit
feiner Staut oor bem befrachten Stanbesmeamten erfcf)einen. 3) er
93ud)b,alfer marf einen fragenben 33licf auf bie SUhttter ber 53raut,
aber ber alten SJame festen ba§ fo gan§ reerjt 51t fein. 2fd), fte
rjatte fd)on 2 Södjter »erheiratet mit beut fcfyroeren bürgerlichen
$ßrunf ber Srautroagen, s$flicr)tjungferit mit Stangen ober roenigften§
©träumen, ber ^3otterabenbe unb 23rauteffen int „£>oteI S>eutfcf)er
$aifer" ober „@ermania" mit oielen ^eben unb Seiegrammen oon
außerhalb. Sd)on fyatte if)r gemeint oor bem Sag gegraut, an bem
fte ftd) aud) bem jüngften §u Siebe oor Sonnenaufgang in ein
fcf)roar§e§ Seibefleib preffen, ungeroofjnte fcfjtoere 9Beine trinfen
mürbe unb ba§ Smtjenb SSermanbte unb ba§ Sdjocf ^Mannte
eine§ brüten Sd)miegerfol)ne§ in ifjren alten Sagen roillfommen
fyeifjen müffe. ®a mar i£)r ein Stein 00m .öerjen gefallen, al§
ifjr bie Socfjter fd)üd)tern mitteilte, baf? ber Bräutigam alles? biefe§
oerabfcfjeue, baf} er einfad) fommen möchte, um fte §u b,olen. SBilrjelm
$urcf)ttnger mar burcf)au3 anber§ geftnnt, als> bie alte S)ame. @r
liebte bie projefftonsartigen £)od)5ett§begängttiffe unb bie Stturgie
ber Safeltoafte. ©r, ber gan^ fernftefienbe fjatte ba§ |)aar gefärbt
unb geträufelt, unb ber Bräutigam, ben bod) bie Sad)e am meiften
anging, trug nicrjt einmal einen fcf)margen 9^ocf.

„$ft es benn nid)t beffer fo" fragte er aud) noef) ben be-
flommenen Q3ud)f)alter, „fMn ^olterabenb, feine Sieben . .?"

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