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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0146

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lediglich der Sozialdemokratie Vors-chub geleistet werde,
ist einerlei — die Hauptsache ist, datz der gemätzigttz Teil
'der Partei, der hauptsächlich den positiv-orthodoxM Teil
der evangelischen Geistlichkeit des Wundes ümfaßt und
Ledauerlicherweise auch die Schwenkung nach der Seite
des politischen Radikalismus ohne Widerspruch mitge-
macht hatte^stsich neuerdings do-ch eines Besseren besinnt
und sich aus der innigen Umarmung des Bundes loszu-
ringen sucht. Jn der gestern abgehaltenen Vorstands-
sitzung der konservativen Partei verzichtete man auf eine
Wiederwahl des bisherigen Agitators des Bundes, des
gräflich Douglasschen Domänendirektors Peter Hof-
mann, und wählte an seine Stelle den begabten Fiihrer
der evangelischen Orthodoxie in Baden, Psarrer v. Rein-
muthin Knielingen zum 2. Worsitzenden der Partei. Es
muß rühmend anerkannt werden, daß sich gerade Pfarrer
Reinmuth in den letzten Monaten im 10. Reichstagswahl-
kreis von Anfang an und mit aller Entschiedenheit für
ein Zusammengehen der Konservativen mit der national-
liberalen Partei ausgesprochen hat, ohne freilich mit dieser
Ansicht bei den extremen Bündlern durchzudringen, und
Latz er sich bei der Stichwahl für die Kandidatur Basser-
mann persönlich eingesetzt hat. Bei dem grotzm Einfluß,
den der nunmehrige 2. Vorsitzende der konservativen Partei
unter seinen Standesgenossen und auch in weiteren Krei-
sen genietzt, steht zu erwarten, daß die tlmkehr zu der ge-
mäßigten Richtung anhält und auch die Erinnerung an
das bisherige Verhältnis zum. Bund der Landwirte dau-
ernd ausgelöscht wird. Es etsiheint uns das um so wich-
tiger, als der einzige und letzte^Landiagssitz, den die Partei
bei der bevorstehenden Landtagswahl im Bezirk Karlsruhe-
Land zu verteidigen hat, durch die Sozialdemokraten in
hohem Matze bedroht ist. Die Erhaltung dieses Mandats
und damit der auch uns wünschmswert erscheinenden
und notwendigen parlamentarischen Vertretung der kon-
servativen Partei ist aber nur dann möglich, wenn sie
sich entschließt, unter Verzicht aus jeden extremagrarischen
Radikalismus Anschluß an den rechten Flügel der libe-
ralen Partei zu suchen und mit deren Unterstützung in
Len Wahlkampf zu zichen.

L6. Blankenloch, 21. Juli. Ein Verein
zur Bekämpfung der Sozialdemokratie
wurde von einer großen Zahl hidsiger Bürger hier ge-
gründet. Matzs hbfft, daß der neue Verein, dem Mit-
glieder aller büraerlicben Parteien beigetreten sind, bei der
bevorstehenden Landtagswahl die gute Absicht in die Tat
umsetzt ünd es erreicht, daß nur Wahlmänner aus den
bürgerlichen Parteien hier aufgestellt und gewählt werden.

Aus der Karlsruher t^eitung

-— Bezirksgeometer Ferdinand Blank in Bruchsal ist
uach Staufcn versetzt worden.

Aus SLadt uud Land.

Hcidelberg, 22. Juli.

V Ter evangel. Kirchenchor der Altstadt feierte am Ictzten
Sonntag das Fest seines 2Sjährigen Bestehens mit Festgottes-
dienst in der Heiliggeistkirche und Familienabend in der Har-
monie. Beide Veranstaltungcn legten Zeugnis davon ab, wie
sehr man in weiteren Kreisen der hiesigen Gemeinde die stille
und doch ersprießliche Tätigkeit des Kirchcnchors zu schätzen
weiß. Jm Gottesdienst, der natürlich durch mehrere Chor-
gesänge besonders feierlich ausgestaltet worden war, hielt Herr
Stadtpfarrer Schmitthenner auf Grund der Worte Malth. 10
Vers 32 die Festpredigt. Bei dem Familienabend in der
Harmonie begrüßte gleichfalls Herr Stadtpfarer Schmitihenner
in warmen Wortcn die Gäste aus der Gemeinde und legte die
Ziele dar, die der Chor bisher verfolgt hat und auch in Zn-
kunft verfolgen werde. Jm Namen ves Vorstandes des Lan-
desverbandes evang. Kirchengesangvereine begrützte und be-
glückwünschte dcn feiernden Vercin Herr Kirchenrat Basser-
mann, im Namcn dcr evang. Gemcinde Herr Dekan v. Hönig.
Beide Redner erzählten bon den recht kleinen Ansängen, die
Ler, Verein einst gehabt, bon der mißlichen Lage, in der er sich
zeitweilig befunden, aber auch von der Zähigkeit und Ausdauer,
mit der älle Hindernisfe jedesmal überwunden wurden. Ge-
radc dic gesunde Entwicklung des Chors bürge für eine gute
Zukunft. Herr Oberlehrer Maher überreichte im Namen des
Kirchenchors dcr Christnskirche dem Brudervercin ein sinniges
Geschenk, nämlich eine bildliche Darstellung der Geschichic voni
reichcn Jüngling und knüpfte an die Uebergabe dic herzlichstcn
Wünsche. Chorgesänge, Sololieder, Duettc und Quartette
wechselten mit einander ab. Wir können nicht älles ansühren.
'Hervorgehoben sei nur das Tenorsolo des Herrn Müller, das
Sopransolo des Frl. Fommer, die Duette der Frl. Haas, Som-
mer, Rohrmann und Wagner, sowie der Herren Crumnienerl
und Schmeißcr, sowie die loiedcrholte, ganz vorzügliche Lei-
stung des Männerquartetts. Ter früheren Dirigenten deS
Vereins wurde von den verschiedenen Rednern mehrmals ge-
dacht, auf den jetzigen Dirigenten, Herrn Hauptlehrer Zach-
rnann, sowie auf dcn Vorstand, Herrn Stadtpfarrer Schmitt--

lediglich den vom Kronprinzen die Treppe Hinabgestoße-
wen auffangen. Der großen Aufregung, die 'sich d-es Publi-
kumsbemä-chtigt hatte, inachte der Prinz dadurch ein Ende,
Laß er seinen Platz an der Seite seiner Gemahlin wieder
wnnahm und durch eine Geste die Menge einlud, ihr Jn-
teresse den Vorgängen ans der Bühne von neuern zuzu-
wenden. Die Vorstellung wurde sortgesetzt; d-as prinzliche
Paar wohnte ihr bis zn Ende bei. Der verhaftete An-
greifer der Kronprinzessin wurde inzwischen zur Polizei-
wache gebracht. Dort wurde erkannt, daß man es mit
einem Trunkenen tun hatte, dem der griechische Land-
wein zu Kopse gestiegen war. Man behielt ihn in Haft.
Als er am andern Morgen Anskunft über sein Tun geben
sollte, konnte er sich an das Vorgefällene in keiner Weise
-erinnern. Entsetzt beteuerte, er, es könne ihm nicht einge-
fallen sein, der Prinzessin Böses antun zn wollen, liebe
sr sie doch mehr als seine Schwester und seine Kinder.
Das kronprinzliche Paar wurde von diesem Ergebnis der
Vernehmung des Missetäters, eines Schlossers Kavalaris
aus Athen, in Kenntnis gesetzt und ließ darauf den Polizei-
Lirektor bitten, den Arrestanten, ohne dem Vorfall wei-
tere Folgen zn geben, aus freien Fuß zu setzen. Diesem
Wnnsche wnrde Rechnnng getragen.

henner, wurde schließlich durch Herrn Hausmeister Götzetmanu
cin begeistert aufgenommenes Hoch ausgebracht. Dem Dank
an die verschiedenen Gratulanten, insbesondere auch an den
Chor der Christuskirche für seine wertvolle Gabe, gab Herr
Stadtpfarrer Schnntthenner in freudigen Worten beredten
Ausdruck. Wir wünschen dem 25jährigen Kirchenchor auch
für die Zukunft glückliches Gedeihen.

X Zur Schiffbarmachung des Neckars. Die Antwort. ber
badischen Regierung zur Frage der Schiffbarmachung des Ne-
ckars, die Minister Schenkel ursprünglich schon für April zu-
gesagt hatte, ist jetzt in Stuttgart eingetroffen. Sie ist, wie der
„Schwäb. Merk." eriährt, nicht sehr günstig ausgefallen; Ba-
den lehnt jeden Beitrag zu den auf 40 Millionen
Mark veranschlagten Kosten a b , und will für ein sich etwa
herausstellendes Defizit nur bis zu einem noch festzusetzenüen
Höchstbetrag die Mithaftung übernehmen. Die Antwort der
badischen Regierung entspricht durchaus den Wünschen Heidel -
bergs.

X Karzerzug. Jm bunten Zuge zog gestern die Burschen-
schaft „Frankoma" durch die Stadt, um eine Couleurbruder
nach dem Karzer zu begleiten. Dem Publikum machte Ler
Aufzug viel Spaß, doch den Jüngern der heiligen Hermandad
nicht, denn flugs waren einige zur Stelle und schrieben die
Stubenten zur Meldung auf.

— Unfall. Jn der Blumenstraße fiel gestern einem 62
Jahre alten Maurer, welcher an einem Neubau befchäftigt
war, eine Bohle auf den Kopf und verletzte ihn bedeutend. Er
wurde im Akad. Krankenhaus verbunden.

— Polizeibericht. Verhaftet wurde ein Färber und
ein Schlosser wegen Bettelns, ein Schlosser wegen Diebstahls
und Vergehens. gegen § 176 R.-St.-G.-B. Zur Anzeige
kamen ein Taglöhner wegen Zechbetrugs, ein Dienstknecht we-
gen Tierquälerei, ein Schreiner wegcn Betrugsversuchs, ein
Frauenzimmer wegen Diebstähls und die Verbindung „Fran-
konia" wegen unerlaubten Straßenaufzuges.

-st Wieblingen, 31. Juli. (F l e i s ch a b s ch l a g.)
Die hiesigen Metzgermeister lietzen heute durch Ortsschelle be
kannt machen, daß sie von jetzt ab das Pfund Schmeinefleisch
für 48 Pfg. verkaufen. Bor einem Bierteljahr kostete dasselbe
noch 80 Pfg., vor ungefähr 8—10 Wochen ist es auf 65 Pfg.
herabgesetzt worden. Dieser Preisabschlag ist von der Bevöl-
kcrnng mit großer Freude begrüßt worden.

Karlsruhe, 21. Juli. (Zurückgewiesene Revi-
sion.) Bekanntlich wurden s. Zt. eine Reihe hiesiger Ge-
schäftsleute wegen Verkaufs von Feuerwerkskörpern zu Shl-
vester zum Teil empfindlich bestraft, ein Borgehen, das viele
Erbitterung unter den Veteiligten hervorries. Da gegen die
vom Bezirksamt verhängten Strafen Einspruch erhoben worden
war, beschäftigte sich zunächst das Schöffengericht, späier auch
das Landgericht mit diesen Prozessen. Gegen die landgericht-
lichen Urteile, welche in Uebereinstinnmmg mit dem Schöffen-
gericht sämtliche Angeklagten freisprachen, hatte die Großh.
Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht eingelegt.
Der Großh. Oberstaaisanwalt Geiler begründete dieselbe in
der heutigen Sitzung u. a. hauptsächlich damit, daß das Land-
gericht den Begriff der „Spielware" und des Mitzbrauchens
derselben rechtsirrtümlich ausgelegt habe, mindestens indem es
auch Schwärmer und Frösche als Spielwaren belrachtet habe.
Rechtsanwalt Max Oppenheimer, welcher die Verteidigung der
Angeklagten auch in den Vorinstanzen geführt hatte, trai der
Anklage mit einigen Rechtsausführungen entgegen. Diese
erachtete der Gerichtshof im wesentlichen für begründer; deni
Antrag der Berteidigung entsprechend, verwarf er die Revision
der Großh. Staatsanwaltschaft und verurteilte die Großh.
Staatskasse auch zum Ersatz der Verteidigungskosten.

Säckingen, 21. Juli. (G e st ä n d n i s.) Wie verlautet,
hat der wegen Mordes angeklagte Gottfried Brenner alt von
Rippolingen ein Geständnis abgelegt.

Gaggenau, 21. Juli. (W o l k e n b r u ch.) Gestern Vor-
mittag ging in Michelbach ein sürchterlicher Wolkenbruch nie-
der, der grotzen Schaden anrichtete. Gestern Nachmittag stürzte
dcr 4 Jahre alte Knabe des Friseurs Kohlbecker von hicr in den
sogenannten Hammergrabcn und ertrank. Die durch das Wet-
ter von gestern früh ganz trübe Murg machte es» dem „Rast.
Tgbl." zufolge, unmöglich, die Leiche bis jetzt aufzufinden.

Nappenau, 21. Juli. (D i e Enthüllung des Kai -
ser- und Krieger-Denkmals), das der hiestge Mi-
litärverein errichtet hat, ging gestern unter Teilnahme von
Tausenden von Festgästcn vor sich. Als Vertrctcr des Groß-
herzogs und des Bad. Militärvereinsverbandes war General-
major Anheuser erschienen, der auch an der Sitzung des gleich-
zeitig hier abgehaltenen Abgeordnetentages des Elsenz-Gaues
tcilnahm. Um 2 Uhr bewegte sich der Festzug zum Denkmal,
wo Herr Pfarrer Holl die Festrede hielt. Auf dem Festplatze
spielte sich später unter den Klängen der Karlsruher Artillerie-
kapelle der gemütliche Teil des Festes ab, das einen sehr schö-
ncn Verlaus nähm.

Handel und Verkehr.

Mannbeim, 21. Juli. Oberrheinische Bank 96.00 G.,
—.— B. Rhein. Creditbank —G., 139.25 B. Nhein. Hyp.-
Bank —B., 190.00 G. Brauerei Kleinlein, Heidelberq —B.,
178.— G. Schroedl'sche Branerei Heidelberg —.— B., 190.— G.
Portland-Zement Heidelberg —.— B., 105.— G.

Wasserstandsnachrichten.

Neckar. I Rhein.

Heidelberg 22., 1.19, gef. 0,02 m I Lanterbura 21., 4 81, gest, 0,32m
HeUbron« 21., 0,56, gest, 0,04 m Maxau 21., 4.92, gest. 0.80w

Manuheim. 21.. 4.19, gest. 0.19 m I Monnheim, 21., 4.35, gest. 0.25m

Sport.

-p Sport. Das Wettrudern am Dienstag gcwann
Heidelberg-College gegen die Ruder-Gesell-
schaft mit 3lh Längen. Vom Start weg führte die R.-G.
mit einer halben Länge, die von der College-Mannschaft aber
schon nach der neuen Brücke aufgeholt wurde. H.-C. nahm
nun die Führung und dehnte den Abstand zwischen den beiden
Booten bis zu den Schwimmschulen auf 4 Längen aus. Die
R.-G. ruderte sehr unruhig und zeigte garnicht die leichte
Arbeit, die man sonst von ihr gewohnt ist, während die Eng-
länder in langem, aber flottem Schlag und guter Zuiammen-
arbeit davonzogen, Die Zeit war um 2 Sekunden besser als
die vom Samstag, obwohl kein Mitwind vorhanden uno auch
der Wasserstand ein höherer war. Durch seine beidcn Siege
hat Heidelberg-College bewiesen, daß es in diesem Jahre übcr
1 Kilometer jedenfolls in Heidelberg die beste Vierermann-
schaft ist.

Neueste Nachrichten.

Berlin, 21. Juli. Der bekaunte sreisinnige Reichs-
tagsäbgeordnete Brauereidirektor Rösicke - Dessau ist
heute Abend plötzlich infolge eines Schlaganfalles ge-
storben. Seit 1890 war Rösicke als Vertreter von
Dessau Mitglied des deutschen Reichstags; bei der dies-
jährigen Wahl kam er mit dem Sozialdemokraten Käppler
in die Stichwahl, in d-er er mit 3000 Stimmen Mehrheit
geivählt wurde. Der Verstorbene ist 68 Jahre alt ge-
worden.

R Wiesbadcn, 21. Juli. Jm Beisein des Reichskom-

missars für Lie Weltanssielluiig in St. Louis, Geh. Rat
Lewald, fand heute eine aus alleii Teilen des deutschen
Reiches beschickte Konferenz von Weinproduzenten nnd
Weinhändlern statt, um ül'er hje Art und Weise der Be-
schickung der deutschen Weinausstellung in St. Lours einen
Beschluß zu fassen. An der; Konserenz nahmen 60 Zn-
teressenten teil. Nach längerer Beratung wurden ent-
sprechende Bestimmungen festgssetzt..

Hamburg, 21. Juli. (Franks. Ztg.) Die polizeilichen
Ermittelungen lassen vermutm, daß bei dem Bankier
Schindler nicht Selbsiinord-, suisdern Mord vorliegt.
Die 'Lage der Leiche und andere Umstände lafsen anf eine
Tötung durch fremdeHand schließen.

München, 21. Juli. Das Schöffengericht ver-
urteilte den ultr. Abgeordneten Heim zu 10 Mk. Geld-
strafe, weil er in einer Genossenschaftsversammlung, als
Bauern klagten, daß das Proviantaint bei LiesernngeN
ihnen Händler vorziehe, dazwischen rief: „Rollender
Rubel". Die Beweisaufnahme ergab keine Bevorzngun-
gen von Händlern.

Nürnberg, 20. Juli. Dom 10. d e u t s ch e n T u r n-
f e st. Der Festplatz war, nach der „F-rankf. Ztzll',
heute wieder massenhaft besu-cht; auch in turnerifcher Be-
ziehung war der Dienstag der arbeitsreickiste Lag des
Festes, obwohl ein um 9 Uhr abends eingetretener Regen
das Turnprogramm störte. Der Sechskampf wurde schlietz-
lich nur oon 1458 Turnern dnrchgeführt und abends
beendet. Die Festteilnehmer sind teilweise schon abge-
reist. Das Fest schließt voraussichtlich trotz der ungün-
stigen Witterung ohne Defizit ab.

Wicn, 21. Juli. (Frankf. Ztg.) Viel bemerkt wird es,
daß der hiesige italienische Botschaster Graf Nigra in
der Nuntiatur erschien, um sein Beileid anläßlich des
Todes des Papstes auszudrücken. Man glanbt, daß er
im Auftrage seiner Regierung handelte.

I, Brüsscl, 21. Juli. General Brialmont
ist heute Vormittag hier gestorben.

II Paris, 21. Juli. Die Schiedsgerichtsgruppe des
französischen Parlaments, welcher 86 Deputierte und
Senatoren angehören, i-st heute Vormittag nach London
abgereist, urn an der französtsch-englischen Schiedsgerichts-
konferenz teilzunehmen.

' K Kopcnhngcn, 21. Juli. Der Erbgroßherzog
nd ,die E r b g r o ß h e r z o-L-i n von Baden haben
heüte Mittag dte H e i m r e t-sx: won hier über Kiel an-
getreten. Der Kronprinz von Dänemark hat sich aus denr
Bahnhof zur Verabschiedung eingesunden.

6 Stockhotm, 21. Juli. König Q skar ist von seiner
Nordlandsreise heute Nächmiuag hierber zurückgekehrt.

L London, 21. Juli. Unter dem Vorsitz des Herzogd
von Sutherland tagte heute Nachmrttag eine Versammlung
von hervorragenden konservatioen nnd liberalen Mitglie-
dern des O'berhauses und des Unterhauses, welche für
eine Vorzugsbehandlung der Kolonien eintraten. Dte Ver-
sammlung beschloß die Gründung einer TarifreformligW
deren Hauptziel es sein soll, eine Prüfung des Zolltariss
zum Schutz der Jndustrien des vereinigten Königreichs
herbeizuführen und die Hilfsauellen Les Landes zu sichern
und weiter zu entwickeln. Es wurde ein Arbsitsaus'schuß
gebildet und der Herzog von Sutherland zum Vor-
sitzenden desselben gewählt. Tie Liga beabsichtigt eine
Propaganda durch ganz England.

Ncwyork, 21. Zuli. (Frantf. Ztg.) Der Chicagoer
Polizeichef O'Neill erklärt, vier A n archi st e n seien ab-
gereist, um den d e n t s ch e n K aiser zu ermorden.
Sie sollen inzwischen in Schw-eden verhaftet worden
sein. _

Zum Hirrscheiden des Papstes.

Rom, 21. Zuli. Von allen Seiten treffen Bei-
leidsdepeschen anläßlich des Ablöbens des PaP -

st e s ein. Vom deutschen K aiser ist nachstehendes
Telegramm an den Kardinal Oreglia aus M olde
eingetroffen: S-chmerzlich bewegt durch die soeben erhal-
tene Trauernachricht sende ich Lem hohen Kardinalkolle-
gium den Ausdruck meiner aufrichtigen Anteilnahme an
dem schweren Verlust, welchen die römisch-katholische K'irche
durch den Heimgang des Papstes Leo XIII. erlitten hat-
Jch werde dcm erhabenen Greise, welcher mir ein pe^
sönlicher Frennd war, und dessen so außerordentliche Ga-
ben des Herzens und- des Geistes ich noch bei meiner letz-
ten Anwesenheit in Rom vor wenigen Wochen erneut b^
wnndern mußte, ein treues Andenken bemahren.

Wilhelm l. R- .

Rom, 21. Zuli. Dem Kardinal-Kämmerer Oreglia
ist aus Norderney vom Reichs'kanzler Grafen B ü l o w
ein in warmen Worten gehaltenes Beileidstelegramm »u-
gegangen.

C Nom, 21. Juli. Heute Vormittag traten die m Rom
locilendcu und die aus Jtalien herbeigeeilten Kardinäle, aU-;
zum Zeichen der Trauer in veilchenfarbenem Gewande, in de
Sala del consistorio des Vatikans zur crstcn Persammlung 3»^
Vorbereitung dcS Konklaies zusammen. Tie Bcraiungcn wa-
ren geheim, doch verlautet, daß mit großer Mehrheit besch-(m
scn wordcn sei, das Konklave in Rom abznhalten. An diewi
werden voranssichtlich alle Kardinäle teilnehmen mit Atw--
nahme des Erzbischoss von Sidney, des Kardinals
der durch die weite Entfernung daran verhindert ist. ^dca ^
der Vcrsammlung enipfingen die Kardinüle im glcichen -äaa --
die Botschafter von Oestcrreich-Ungarn, Frankreich, Spann-
und Portugal, die dcm Beileid ihrer Regicrnngen Ausdr»
gabcn. Jm Baiikan ist eme großc Zalst.pon Bcileidstclegran
men von Souveränen, Staatsoberhstnpkern, anderen F»r! -
lichkeiten, geistlichen Würdenträgern, (atholischen Vereincn
Jnstitutcn ans allcn Tcilen der Wclt'cingegangen.

8 Nom, 21. Juli. Mit den Boröereitungcn für dic^A»^
stellung des Lcichnams dcs Papstcs. in der Äapclle del
mento in der Petcrskirche ist begonnen worden. Ter Kaidini
kämmerer genehmigte die Maßnahme. welchc der Polizvv'U ^
in zwci Teile getcilt werden, woüci der eine (ür ^
beipassierens der Volksmenge gctrofsen hat. Die Kirche t»
 
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