'Gewürm züchtigt, muß offenbar verurteilt werden. Denn
er hätte eben korrekter gehandelt, wenn er ruhig und höf-
lich den Herrn Verbrecher darauf aufmerksam gemächt
hätte, daß sein Beginnen den Gesetzen der Moral, deZ
Staates und der MediziN nicht ganz entfprechs.
Badeu.
Ettlingen, 291 Juli. Jm „Landsmann" teilen
„mehrere Wähler" mit, daß Herr Wackernichtmehr
kandidieren will, und ste schlagen vor, als Kan-
didaten einen einsachen schlichten Männ, womöglich aus
Ler Stadt Ettlingen selbst, aufzustbllen. Die Redaktion
des „Landsmann" bemerkt dazu, daß es noch nicht pres-
siere, die Kandidatenfrage zu besprechen. Sie bestätigt
damit indirekt, daß Wacker in Ettlingen nicht mehr kan-
didieren wird. Bekanntlich ist das Zentrumsmandat dort
von der Sozialdemokratie stark bedroht. Es scheint, daß
Wacker stch dem Durchfallen nicht aussetzen will. Anderer-
seits hat er sich so oft über die Wanderkandidaturen frü-
herer liberaler Führer lustig gemacht, daß er mit seiner
Kandidatur nicht wohl aüf die Wanderschaft gehen kann.
Aus der KarZsruher l^ciruug.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
Len Landgerichtsrat Karl Nusser in Offenburg in glcicher
Eigenschaft nach Heidelberg und den Oberamtsrichter Dr. Georg
Schuberg in Kenzingen in gleicher Eigenschaft nach Karls-
rühe versetzt; den Oberamtsrichter Hermann Kirsch in
Karlsruhe zum Landgerichtsrat in Offenburg, den Sekretär
lbeim Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Ernst
D e i m ling zum Amtsrichter in Kenzingen und den Finanz-
assessor Leo Zeiser in Karlsruhe zum Steuerinspektor bei
der Steuerdirektion ernannt; den Oberbetriebsinspektor Wilh.
Mals ch in Waldshut nach Offenburg versetzt, dem Zentral-
inspektor, Betriebsinspektor Berthold Schmider in Karlrs-
ruhe, die Amtsstelle des Betriebsinspektors in Waldshut über-
tragen, den Stationskontrolleur Karl L i t t e r st in Leopolds-
höhe zum Bähnverwalter und den Stationsverwalter Friedrich
Renz in Grötzingen zum Stationskontrolleur ernannt.
— Bahnverwalter, Bahnhofinspektor Theodor Fuchs -
kocherin Basel wurde nach Karlsruhe versetzt und der Großh.
Generaldirektion der Staatseisenbahnen zugeteilt, Bahnver-
walter Arnold Straub in Appenweier nach Basel, Bahn-
verwalter Theodor Dumm in Säckingen nach Appenweier
versetzt; dsm Bahnverwalter Karl Litter wurde das Sta-
tionsamt Säckingen und dem Stationskontrolleur Friedrich
Renz das Stationsamt Grötzingen übertragen.
— Revisionsgehilfe Franz Seelig bei der Landesver-
stcherungsanstalt Baden wurde zum Revidenten ernannt.
AusLaNd.
England.
London, 29. Juli. Der „Manchester Guardin" und
Lie „Liverpool Post" stellen heute deu Rücktritt
C h a m b e r l a i n s als möglich hin. Sie meinen, B a l-
four müsse der öffentlichen Meinung nachgeben und sich
jetzt auf die Seite der Freihändler stellen. Die Schutzzöll-
ner müßten dann aus dem Kabinett ausscheiden. Bei die-
ser Kombination ist aber nicht in Betracht gezogen, daß
Chamberlain zäh an seinem Amte hängt. Chamberlain
wird wahrscheinlich von seiner Schutzzoll-Politik zu retten
suchen, was zu retten ist und sich und die Welt damit ver-
ckrösten, daß der Rest später zur Annahme kommt. Am
l.'Oktober wird Balfour vor der National conservative
union in Sheffield sprechen; man erwartet, daß er dann
in bestimmter Weise für oder wider Chamberlain Stellnng
nehmen, u^d daß das Kabinett bis dahin zu einer be-
stimmten Ansicht gekommen sein wird.
Ilnd in Nr. 139 vom 18. 6. 1811:
„Heidelberg, 16. Juni. Je größer die Befürchtungen wa-
ren, daß die Witterung der Feier des diesjährigen Musikfeftes
besonders ungünstig sein werde, desto allgemeiner war die
Freude, daß die Ausführung der Cantate in der Schloßruine
selbst stattfinden könnte. Es wäre in jeder Hinsicht zu be-
dauern gewesen, wenn gerade diesmal die Kirche dazu hätte
öenutzt werden müssen, obgleich sie zur Abhaltung der beiden
Generalproben sehr geeignet und es schon deshalb erfreulich
war, daß die Hindernisse beseitigt wurden, die sich ihrem Ge-
brauche entgegenstellten. Die Musik hätte sich nach Stoff Und
Haltung kaum für die Kirche geeignet. Sie hat die Geschichte
des Schlosses zum Gegenstande und ist ganz darauf berechnet,
innerhalb der großartigen Ruine ausgeführt zu werden.
.Zudem waren die Räume trefflich herzerichtet, das Orchester
aufs geschmackvollste dekoriert und diesmal auch oben gedeckt,
was man in früheren Jähren vielfach vermißte. Da hierdurch
verhindert wurde, daß so vieles von der Musik verloren ging,
so zetvann nicht nur das Auge durch die schönere Verzierung,
sondern auch das Ohr durch den volleren Genuß der Musik,
und es stimmen gewiß Alle, welche dem Feste anwohnten, bei,
daß nicht leicht ein schönerer Raum zu einem derartigen Zwecke
gefunden werden möchte. Trotz der ungünstigen Witterung
an den vorhergehenden Tagen strömten dennoch von allen Sei-
ten und besonders auf der durch neunmalige Fahrten in An-
spruch genommenen Eisenbahn viele Fremden herzu, sodaß
das Aüditorium immerhin so zahlreich war, als bei irgend
einem der früheren Feste.
Was die Musik selbst betrifft, so hat sie im Ganzen durch
thren gefälligen Charakter sehr befriedigt. Mehrere Chöre
des ersten Teils und viele Partien des zweiten Teils, in wel-
chen die Gliederung der verschiedenen Stimmen bestimmter
chervortrat, haben zwar am meisten angesprochen, aber auch
die zahlreichen Rezitative und Arien nahm man, da sie meistens
gut vorgetragen wurden, mit Beifall auf und das allgemeine
Urteil sprach sich dähin aus, daß sowohl der von Herrn Pfar-
rer Grüneisen in Stuttgart gedichtete Text, als auch die Kom-
position unseres rühmlich bekannten Musikdirektors Hetfch, so-
wie dje Ausführung durch Gesang und Jnstrumentalbegleitung
als gelungen bezeichnet zu werden verdienen. Besonders er-
freute sich der 2. Teil, da auch der Himmcl immer heiterer
ward, einer gesteigerten Teilnähme. Das Lied vom Heidel-
berger Fässe wurde mit stürmischem Applaus aufgenommcn
und auf allgemeines Verlangen der jovialen Zuhörer teilweise
wiederholt. Dem Herrn Musikdirektor Hetsch wurde nicht nur
won dem zählreichen Auditorium, sondern auch von deu mit-
wirkeuden Künstlern dcr größte Beifall gezollt, und es freut
uns, daß er für die große Mühe auch die verdiente Anerken-
nung gefunden hat. Er verdient unseren herzlichen Dank
mnd mit ihm die wackeren Männer, welche sich die Anordnung
des Festes so sehr angelegen sein ließen, hauptsächlich aber
auch die Sänger, Sängerinnen und Musiker aus Darmstadt,
Mannhcim, Karlsruhe, Heilbronn u. a. O., welche so freund-
lich zur Ausführung der Cantate mitwirkten. Möge in dem
über alles Erwarten guten Gelingen der diesjährigen Feier
eine neue Aufmunterung zur alljährlichen Wiederholung ge-
funden werden."
Aus Stadr uud Land.
Heidelb-rg. 30. Juli.
T>ie Grotzherzoglichen und die Erbgrotzherzoglichen
Herrschaften werden während der Universitätsfeier in dem
hiesigen Großh. Palais residieren. Das Gebäude, das leider
so selten seinem eigentlichen Zwecke dient, wird gegenwärtig
für die Aufnahme der höchsten Herrschaften instand gesetzt.
Seit Wochen schon sind Tüncher und andere Handwerker da-
mit beschäftigt, sowohl das Aeuhere des Gebäudes zu ver-
schönen, wie auch im Jnnern alles für die Aufnahme des
hohen Besuches herzurichten. Uebrigens sind die Räume in
dem Palais ziemlich beschränkt, und die Herrschaften müssen
sich behelfen, so gut es eben geht. Ein Teil des Gefolges,
bezw. der Dienerschaft muß außerhalb des Palais in Gast-
hösen einquartiert werden. Für den Aufenthalt der höchsten
Herrschaften wird auch ein Teil der Hofküche hierher verlegt
und ebenso kommt ein entsprechender Teil des Großh. Mar-
stalls hierher. Man würde sich hier sehr freuen, wenn die
Renovierung des Großh. Palais den Anlatz böte, daß dasselbe
von Mitgliedern des Herrscherhauses häufiger und länger
zum Aufenthalt benützt würde.
-st Zum Nniversitätsjubiläum wird uns geschrieben: Pro-
rektorat und akademischer Senat, sowie Grotzh. Ministerium
des Kultus haben den Wunsch ausgesprochen, daß autzer dem
offiziellen Festgottesdienste in der Universitätskirche auch Ge-
meindegottesdienste der einzelnen Konfessionen abgehalten
werden. Seitens der a l t k a t h o I i s ch e n Gemeinde wird
Donnerstag, den 6. August, morgens 9 Uhr in der Heiliggeist-
kirche feierliches Pontifikalamt mit Predigt durch Bischof Dr.
Weber aus Bonn unter Assistenz mehrerer Geistlicher gehalten
werden.
-s Das Konzert des Opcrusüngers giich. von Schenk wird
heute Abend im großen Harmoniesaale stattfinden. Wir machen
nochmals darauf aufmerksam.
^ Mitteilungen des Heidelberger Schlotzvereins. Von den
Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, heraus-
gegeben vom Heidelberger Schloßverein, ist soeben Heft 3—4
des vierten Bandes erschienen. (Verlag von Karl Groos,
Preis 6 Mk., für Mitglieder des Schloßvereins 3 Mk.) Dieses
Doppelheft der Mitteilungen des Schloßvereins ist ausschließ-
lich der Geschichte des Streits um die Erhaltung des Otthein-
richbaues gewidmet. Der Schloßverein hat etwas sehr Nütz-
liches getan, indem er eine Zusammenstellung sämtlicher Mei-
nungsäutzerungen über die Wiederherstellung des Ottheinrich-
baues wie über die Möglichkeit seiner Erhaltung im gegen-
wärtigen Zustand veranlaßte. Aber darüber hinaus und außer
den technischen Gutachten und den Aeußerunzen von Fachleuten
und Laien zu dem gegenwärtigen Streitfall haben auch alle die
völlig tendenzlosen Beiträge zur Geschichte des Baues und die
Urteile über seinen Stilcharakter Aufnahme gefunden. Die
ursprüngliche Anregung zu diesem Unternehmen hat den,
Schloßverein Herr Baurat Seitz gegeben. Jn gemeinsamer
Beratung haben dann Herr Baurat Seitz, Herr Prof. Buhl
und Herr Prof. Karl Neumann die Grundsätze der sachlichen
und formellen Behandlung aufgestellt. Man wünfchte unpar-
teiisch zu sein, moglichste Vollständigkeit des Stoffes zu ge-
winnen, dagegen die Spuren versönlich. Streites auszuscheiden.
Die so bezeichnete, auf den Ottheinrichbau bezügliche Literatur,
einschließlich der zählreichen Artikel, die in neuerer Zeit in den
Tageszeitungen über die Schloßbaufrage erschienen sind, hat
Herr Valentiner, Assistent am kunsthistorischen Jnstitut der
hiesigen Universität, durchgearbeitet, geordnet und in Auszüge
gebracht. So liegt nun ein Bändchen von 238 Seitcn vor,
das alles enthält, was zur Frage des Ottheinrichbaues Bemer-
kenswertes bisher irgendwo erschienen ist. Wir können Denje-
nigen, die sich für die wichtige Schlotzbaufrage interessieren,
diese neuste Publikation des SchloßvereinZ nur aufs angele-
gentlichste empfehlen.
— Polizeibericht. Verhaftet wurde ein Taglöhner
wegen Zechbetrugs, ein Metzger und ein Schieferdecker wegen
Bettelns, ein Hafner, welcher wegen Unterschlagung ausgeschrie-
ben ist, und ein Frauenzimmer wegen Umherziehens. Zur
Anzeige kamen 6 Perfonen wegen Ruhestörung bezw. Un-
fugs und ein Kellner wegen Körpcrvcrletzung.
Mannhcim, 29. Juli. (Zum Schmiedestreik be.
Lanz.) Gestern Abend fand eine Besprechung einer Abord-
nung von ca. 30 Arbeitern mit den Direktoren statt. Die
Besprechung ist, wie die „Volksstimme" hört, resultatlos
verlaufen. Den Schmieden wurde erklärt, die Fabrikleitung
könne sich bei der gegenwärtigen Sachlage nicht auf Verhand-
lunzen einlassen, vorerst müsse eine Wiederaufnahme der Ar-
beit erfolgen.
Freiburg, 29. Juli. (Von dcr Universität.) Herr
Dr. van Calker, der sich vor einigen Semestern bei der jurist.
Fakultät unserer Universität als Privatdozent habilitierte, hat
cinen Nuf auf den Lehrstuhl für öffentliches Necht (Staats-
Berwaltungs- und Völkerrecht) an der Universität Gießen er-
halten und angenommen. Herr Dr. van Calker wird der Be-
rufung zum kommenden Winter-Semester Folge leisten.
Lahr, 29. Juli. (S e l b st m o r d v e r s u ch.) Der
Reichsbankvorstand Stolz hier hat sich infolge eines schweren
Leidens zu erschießen versucht. Er lebt noch, wird aber kaum
aufkommen. Die Geschäftsführung ist jedenfalls in tadelloser
Ordnung. Nach späterer Meldung ist Stolz gestorben.
Villingen, 29. Juli. (M o r d.) Ein vor wenigen Tagen
in Erdmansweiler verübter M o r d versetzt die Ein-
wohner des Dorfes und der Umgegend in begreifliche Auf-
regung. Der ledige Landwirt Jakob Kammerer wurde etwa
50 Schritte von seiner Wohnung entfernt als Leiche aufgefun-
den. Der Tod des Mannes fcheint durch Schläge auf den
Kopf mittels eines Prügels oder einer Hacke herbeizeführt
worden zu seiu. Der Kopf des Ermordeten war ganz in den
Boden eingedrückt und war mit Blut überströmt. Auch das
Messer scheint bei der Ermordung verwendet worden zu sein.
Man vermutet, daß der Mörder dem Kammerer auf seinem
Heimwege von Burgberg in einem an der Straße befindlichen
Gebüsch auflauerte u. ihn überfiel. Mehrere Verhaftungen sind
bereits vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft setzt mit dem
Amtsgericht die Untersuchung an Ort und Stelle eifrigst fort.
Konstanz, 29: Juli. (Mordprozeß Brenner.) Die
Zeugenvernehmung wird fortgesetzt. Zur Marie Eggli sagt der
Angeklagte, Agathe sei faul und Friedle sei mit seiner Schwe-
ster gut gewesen. Nach dem Verschwinden der Agathe ist Bren-
ner zu ihr gekommen und hat Geld verlangt, um seine Tochter
zu suchen. Joh. Stolz, Wirt zum „Meerfräulein" in Groß-
Laufenburg (Schweiz), sagt aus, daß Brenner zu ihm gekom-
men sei und die Vermutung geäußert habe, seine Tochter
Agathe sei in der Schweiz. Er habe Brenner den Rat gegeben,
zum Landjäger-Wachtmeister zu gehen und Anzeige zu machen.
Brenner habe das aber nicht getan, obwohl er es versprochen
habe. Zu Engelbert Brenner und Martin Brenner, Söhnen
des Gottfried, hat dieser den Verdacht geäußert, Friedel wisse,
wo die Agathe fei. „Die hätten es gut miteinander gekönnt".
Gottfried Brenner, der gestern von dem Verhör Friedles in
seiner Gegenwart kein Wort verstanden haben will, erzählt
heute ausführlich über dieses Verhör, nur behauptet der Ange-
klagte, der Untersuchungsrichter habe dem Friedle jeden Satz
vorgesagt und Friedle habe mit heiserer Stimme immer Ja
gesagt. Der Angeklagte ergeht sich in Schmähungen gegen den
Untersuchungsrichter. Dem Alois Baumgartner, Schreibgehilfe
beim Notariat Säckingen, hat der Angeklagte weinend erzählt.
die Agathe sei in Amerika an einem guten Platze, könne aber
nicht schreiben. Andreas Elleüsohn, Gefangenwärter in Walds-
hut, hat dem Brenner die Anklageschrift vorgelesen, diescr be-
merkte, das sei verlogeües Zeüg. Er beaüftrazte den Zeugen,
von seinen Kindern 2 Mark ;u veriangen, um „vör dem Ab-
kratzen noch en Stumpen Bier ckrinken zu können". Aüf Be-
fragen, ob hie Sache mit dem-Bier richtig sei, erklärt Brenner:
»ei». Er habe das Geld verlangt, damit er auch in Konstanz
Konstänzer Bier versuchen könnö. Ms jetzt wisse er jedoch nicht,
schmöWösstüß oder sauer.
X Konilnnz, 29. Juli. Käs S ch w u r g e r i ch t verur-
teilte heute, spät abends, näch dreitägiger Verhandlung den
Seidenbandweber Gottfried Brenner von Rippolingen wegen
Ermordung seiner 15 j ä h x. T o ch t e r zum Tode
und seinem Sohn, den Schuhmacherlehrling Fridolin Brenner,
wegen Beihilfe zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrver-
lust.
Aus Baden. Der württembsrgische Ministerpräsident von
Breitling ist nebst Gemahlin zu längerem Kurgebrauch auf
Kurhaus Schweigmatt bei Schopfheim eingetroffen.
Der preußische Justizminister Dr. Schönstedt ist, der „Freib.
Ztg." zufolze, mit Familie in Frci v u r g eingetrossen unv
im „Zähringer Hof" abgesticgen.
Eingesandt.
Mauer, 23. Juli.
Am 26. d. M. brachte der „Pfälzer Bote" einen Artikel
etwa folgenden Jnhalts:
„Ein evangelisches Mädchen von 15 Jahren kam in eine
Wirtschaft und sah die Todesanzeige vom Papst an der Aand
hängen, riß sie herunter und vertrat sie mit den Füßen und
machte sich noch über solche lustiz."
Diese Angabe im „Pfälzer Bote" wird als unwahr erklärt.
Handel nnd Verkehr.
Mannheim, 29. Juli. Oberrheinische Bank 96.00 G.,
—B. Rhein. Crcditbank 139.25 B„ 139.00 G. Rhein. Hpp.-
Bank 190.50 B. 190.25 G-, Brauerei Kleinlein, Heidelberg —B.,
178.— G. Schroedl'sche Branerei Heidelberg — — B., 190.— G.
Portland-Zement Heidelberg —B„ 105.— G.
Wafferftaudsnachrichten.
N e ck a r.
Heidelberg, 30., 1.22 gef. 0,04 m
Seilbronn 29.. 0.60, gef. 0.09 m
Mannheim. 29,4.78, gef.0.15m
R h e i n.
Sauterburg 29., 5.08, gef. 0.04w
Maxau. 29.. 5.18, gef. 0.04m
Nannheim, 29., 4.93, gef. 0.16m
Neueste Nachrichten.
Tarmstadt, 29. Juli. Nach einer Msldung aus dem
Jagdschloß EWuchiist heutMort Prinz Albrecht Stolberg-
Stolberg geft-ost'Ven.
St. Goar, 29. Jüli, Heute früh ist der nach der
Bebernheimer -^traße lstu gclegeue Tcil der Burg
R h einfeIs bei St. Goar e inge st ü r z t. Menschen
sind nicht verletzt worden. Dte Strecke ist gesperrt. (Die
Burg liegt 118 Meter über Wrn Rhein; ihre Fundamente
stammen aus dem Jahre 1218. Jm Jahre 1797 wurde
sie von den Franzosen zerstörtx 1812 als Ruine verkauft.
Jm Jahre 1843 ging sie in den Besttz des nachmaligen
Kaisers Wilhelm I. über.)
München, 29. Juli. Der „Bsyerische Kurier", das
führende Münchener Zentritmsörstän, erklärt zu des so-
zialdemokratischen Abgeordneten v.^V-o l! m a r Redör
das Zentrum sei mit der Ueberlasstmg eines Vtze -
präsidiums im Reichstage an d-ie Sozia-
l i st e n einverstanden.
Berlin, 29. Juli. Die ngfional-soziale Wochenschrift
„Hilfe" veröffentlicht den Briestvechsel zwischen Friedrich
Naumann und dem AbgeordnetM Schradec über Ver-
schmelzung der nation al sozialen Partei
mit der frersinntge n- V e r e i n i g u n g. Das
„Tageblatt" sagt, der national-soziale Parteitag, der aM
29. und 30. August in Göttivgen tage, wevde die Ver-
schmelzung zweifellos gurbeißen.
V Berlin, 29. Juli. Heute konstituierten sich unter dem
Borsitz des Staatssekretärs dG-Fnnern, Posadowskv, etwa 80
Herren aus Berlin und Umgebung als Reichshilfskomitee za
Gunsten der durch HochwasserlGeschädigten. Der Kronprinz hat
das Protektorat über die Tätigkeit des Komitee's übernommen-
Es sind sofort 25 000 Mark nach Schlesien, 10 000 Mark nach
Posen und 5000 Mark nach der Provinz Brandenburg über-
wiesen worden.
Londvn, 29. Inli. Heute Abend wurde eine Massen-
versamnilung der Bürger abgehalten, um gegen die Be -
steuerung der Na h r u n g s m i t t e I Einspruch zü
erheben. Asquith trat als Hauptredner auf. Es wnrde
eine Resolution vorgelegt, in der erklärt wird, daß ChaM^
berlains Politik einen folgenschweren Wechsel der HaN-
delspolitik bedeute, der die Besteuerung der Nahrungs^
mittel und der Röhmaterialen notwettdig mache und die
ernsteste Gefahr fiir den Handel des Königreichs nnd fiw
die Wohlfahrt der Volksmassen bilde. Die VersammelteN
würden daher alle Anstrengungen machen, um die Vc>r-
schläge zu bekämpfen. Asquikh begründete die Resolu-
tion und griff dabei Chamberlain hestig an.
17 Dresden, 29. Juli. Der Geh. Kommerzienrat
Victor Hahn von der Firma Eduard Rocksch ist heute we-
gen Vergehens gegen das Depotgesetz verhaftet wor-
den.
L Rom, 29. Juli. Die 62 Kardinä'Ie, welche aM
Konklave teilnehmen, sind jetzt sämtlich in Rom anwesend-
? Pest, 29. Juli. (A b g e o r Kjche t e n h a u s.)
1 Uhr erhebt sich Ministerpräsident--Mraf Khuen HedervarY-
um zu beantragen, die Eröetevüng Lber sein Prograrnw
zu unterbrechen und zur Verhcmdlung dcr Jdemnitätsvorlagli
überzugehen. Nach den ersten Hprteri erhebt die ObstruktioN
ein ohrcnbetäubcndes Geschrci, däs eine Viertelstunde währt-
Ter Vizepräsident Tallian ist genötigt, die Sitzung zu unter-'
brechen. Nach Wiedereröffnung erhebt sich der Ministerpra-
sident wiederum, worauf der tobende Lärm von neuem beginnV
Graf Khuen steht 10 Minuten lang aufrecht, ohne zum Wort
zu kommen. Er lätzt sodann dem.Schxiftführer den schriftlichr"
Antrag überrcichen, daß das Haus in die Verhandlung über dn'
Jdcmnitätsvorlage eintrcte. Als dies die Obstruktionisten b-'
merktcn, stürzten die Abgcordstctei^chatkay und Fay nach brm
Präsidcntentisch und versuchtcn, dcin Schriftsiihrer den Antrag
zu cntrcißen. Dieser wehrte sich init Gewalt gegen die aus
eindringcnden Obstrnktionistcn und nimnit das Blatt. aui
er hätte eben korrekter gehandelt, wenn er ruhig und höf-
lich den Herrn Verbrecher darauf aufmerksam gemächt
hätte, daß sein Beginnen den Gesetzen der Moral, deZ
Staates und der MediziN nicht ganz entfprechs.
Badeu.
Ettlingen, 291 Juli. Jm „Landsmann" teilen
„mehrere Wähler" mit, daß Herr Wackernichtmehr
kandidieren will, und ste schlagen vor, als Kan-
didaten einen einsachen schlichten Männ, womöglich aus
Ler Stadt Ettlingen selbst, aufzustbllen. Die Redaktion
des „Landsmann" bemerkt dazu, daß es noch nicht pres-
siere, die Kandidatenfrage zu besprechen. Sie bestätigt
damit indirekt, daß Wacker in Ettlingen nicht mehr kan-
didieren wird. Bekanntlich ist das Zentrumsmandat dort
von der Sozialdemokratie stark bedroht. Es scheint, daß
Wacker stch dem Durchfallen nicht aussetzen will. Anderer-
seits hat er sich so oft über die Wanderkandidaturen frü-
herer liberaler Führer lustig gemacht, daß er mit seiner
Kandidatur nicht wohl aüf die Wanderschaft gehen kann.
Aus der KarZsruher l^ciruug.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
Len Landgerichtsrat Karl Nusser in Offenburg in glcicher
Eigenschaft nach Heidelberg und den Oberamtsrichter Dr. Georg
Schuberg in Kenzingen in gleicher Eigenschaft nach Karls-
rühe versetzt; den Oberamtsrichter Hermann Kirsch in
Karlsruhe zum Landgerichtsrat in Offenburg, den Sekretär
lbeim Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Ernst
D e i m ling zum Amtsrichter in Kenzingen und den Finanz-
assessor Leo Zeiser in Karlsruhe zum Steuerinspektor bei
der Steuerdirektion ernannt; den Oberbetriebsinspektor Wilh.
Mals ch in Waldshut nach Offenburg versetzt, dem Zentral-
inspektor, Betriebsinspektor Berthold Schmider in Karlrs-
ruhe, die Amtsstelle des Betriebsinspektors in Waldshut über-
tragen, den Stationskontrolleur Karl L i t t e r st in Leopolds-
höhe zum Bähnverwalter und den Stationsverwalter Friedrich
Renz in Grötzingen zum Stationskontrolleur ernannt.
— Bahnverwalter, Bahnhofinspektor Theodor Fuchs -
kocherin Basel wurde nach Karlsruhe versetzt und der Großh.
Generaldirektion der Staatseisenbahnen zugeteilt, Bahnver-
walter Arnold Straub in Appenweier nach Basel, Bahn-
verwalter Theodor Dumm in Säckingen nach Appenweier
versetzt; dsm Bahnverwalter Karl Litter wurde das Sta-
tionsamt Säckingen und dem Stationskontrolleur Friedrich
Renz das Stationsamt Grötzingen übertragen.
— Revisionsgehilfe Franz Seelig bei der Landesver-
stcherungsanstalt Baden wurde zum Revidenten ernannt.
AusLaNd.
England.
London, 29. Juli. Der „Manchester Guardin" und
Lie „Liverpool Post" stellen heute deu Rücktritt
C h a m b e r l a i n s als möglich hin. Sie meinen, B a l-
four müsse der öffentlichen Meinung nachgeben und sich
jetzt auf die Seite der Freihändler stellen. Die Schutzzöll-
ner müßten dann aus dem Kabinett ausscheiden. Bei die-
ser Kombination ist aber nicht in Betracht gezogen, daß
Chamberlain zäh an seinem Amte hängt. Chamberlain
wird wahrscheinlich von seiner Schutzzoll-Politik zu retten
suchen, was zu retten ist und sich und die Welt damit ver-
ckrösten, daß der Rest später zur Annahme kommt. Am
l.'Oktober wird Balfour vor der National conservative
union in Sheffield sprechen; man erwartet, daß er dann
in bestimmter Weise für oder wider Chamberlain Stellnng
nehmen, u^d daß das Kabinett bis dahin zu einer be-
stimmten Ansicht gekommen sein wird.
Ilnd in Nr. 139 vom 18. 6. 1811:
„Heidelberg, 16. Juni. Je größer die Befürchtungen wa-
ren, daß die Witterung der Feier des diesjährigen Musikfeftes
besonders ungünstig sein werde, desto allgemeiner war die
Freude, daß die Ausführung der Cantate in der Schloßruine
selbst stattfinden könnte. Es wäre in jeder Hinsicht zu be-
dauern gewesen, wenn gerade diesmal die Kirche dazu hätte
öenutzt werden müssen, obgleich sie zur Abhaltung der beiden
Generalproben sehr geeignet und es schon deshalb erfreulich
war, daß die Hindernisse beseitigt wurden, die sich ihrem Ge-
brauche entgegenstellten. Die Musik hätte sich nach Stoff Und
Haltung kaum für die Kirche geeignet. Sie hat die Geschichte
des Schlosses zum Gegenstande und ist ganz darauf berechnet,
innerhalb der großartigen Ruine ausgeführt zu werden.
.Zudem waren die Räume trefflich herzerichtet, das Orchester
aufs geschmackvollste dekoriert und diesmal auch oben gedeckt,
was man in früheren Jähren vielfach vermißte. Da hierdurch
verhindert wurde, daß so vieles von der Musik verloren ging,
so zetvann nicht nur das Auge durch die schönere Verzierung,
sondern auch das Ohr durch den volleren Genuß der Musik,
und es stimmen gewiß Alle, welche dem Feste anwohnten, bei,
daß nicht leicht ein schönerer Raum zu einem derartigen Zwecke
gefunden werden möchte. Trotz der ungünstigen Witterung
an den vorhergehenden Tagen strömten dennoch von allen Sei-
ten und besonders auf der durch neunmalige Fahrten in An-
spruch genommenen Eisenbahn viele Fremden herzu, sodaß
das Aüditorium immerhin so zahlreich war, als bei irgend
einem der früheren Feste.
Was die Musik selbst betrifft, so hat sie im Ganzen durch
thren gefälligen Charakter sehr befriedigt. Mehrere Chöre
des ersten Teils und viele Partien des zweiten Teils, in wel-
chen die Gliederung der verschiedenen Stimmen bestimmter
chervortrat, haben zwar am meisten angesprochen, aber auch
die zahlreichen Rezitative und Arien nahm man, da sie meistens
gut vorgetragen wurden, mit Beifall auf und das allgemeine
Urteil sprach sich dähin aus, daß sowohl der von Herrn Pfar-
rer Grüneisen in Stuttgart gedichtete Text, als auch die Kom-
position unseres rühmlich bekannten Musikdirektors Hetfch, so-
wie dje Ausführung durch Gesang und Jnstrumentalbegleitung
als gelungen bezeichnet zu werden verdienen. Besonders er-
freute sich der 2. Teil, da auch der Himmcl immer heiterer
ward, einer gesteigerten Teilnähme. Das Lied vom Heidel-
berger Fässe wurde mit stürmischem Applaus aufgenommcn
und auf allgemeines Verlangen der jovialen Zuhörer teilweise
wiederholt. Dem Herrn Musikdirektor Hetsch wurde nicht nur
won dem zählreichen Auditorium, sondern auch von deu mit-
wirkeuden Künstlern dcr größte Beifall gezollt, und es freut
uns, daß er für die große Mühe auch die verdiente Anerken-
nung gefunden hat. Er verdient unseren herzlichen Dank
mnd mit ihm die wackeren Männer, welche sich die Anordnung
des Festes so sehr angelegen sein ließen, hauptsächlich aber
auch die Sänger, Sängerinnen und Musiker aus Darmstadt,
Mannhcim, Karlsruhe, Heilbronn u. a. O., welche so freund-
lich zur Ausführung der Cantate mitwirkten. Möge in dem
über alles Erwarten guten Gelingen der diesjährigen Feier
eine neue Aufmunterung zur alljährlichen Wiederholung ge-
funden werden."
Aus Stadr uud Land.
Heidelb-rg. 30. Juli.
T>ie Grotzherzoglichen und die Erbgrotzherzoglichen
Herrschaften werden während der Universitätsfeier in dem
hiesigen Großh. Palais residieren. Das Gebäude, das leider
so selten seinem eigentlichen Zwecke dient, wird gegenwärtig
für die Aufnahme der höchsten Herrschaften instand gesetzt.
Seit Wochen schon sind Tüncher und andere Handwerker da-
mit beschäftigt, sowohl das Aeuhere des Gebäudes zu ver-
schönen, wie auch im Jnnern alles für die Aufnahme des
hohen Besuches herzurichten. Uebrigens sind die Räume in
dem Palais ziemlich beschränkt, und die Herrschaften müssen
sich behelfen, so gut es eben geht. Ein Teil des Gefolges,
bezw. der Dienerschaft muß außerhalb des Palais in Gast-
hösen einquartiert werden. Für den Aufenthalt der höchsten
Herrschaften wird auch ein Teil der Hofküche hierher verlegt
und ebenso kommt ein entsprechender Teil des Großh. Mar-
stalls hierher. Man würde sich hier sehr freuen, wenn die
Renovierung des Großh. Palais den Anlatz böte, daß dasselbe
von Mitgliedern des Herrscherhauses häufiger und länger
zum Aufenthalt benützt würde.
-st Zum Nniversitätsjubiläum wird uns geschrieben: Pro-
rektorat und akademischer Senat, sowie Grotzh. Ministerium
des Kultus haben den Wunsch ausgesprochen, daß autzer dem
offiziellen Festgottesdienste in der Universitätskirche auch Ge-
meindegottesdienste der einzelnen Konfessionen abgehalten
werden. Seitens der a l t k a t h o I i s ch e n Gemeinde wird
Donnerstag, den 6. August, morgens 9 Uhr in der Heiliggeist-
kirche feierliches Pontifikalamt mit Predigt durch Bischof Dr.
Weber aus Bonn unter Assistenz mehrerer Geistlicher gehalten
werden.
-s Das Konzert des Opcrusüngers giich. von Schenk wird
heute Abend im großen Harmoniesaale stattfinden. Wir machen
nochmals darauf aufmerksam.
^ Mitteilungen des Heidelberger Schlotzvereins. Von den
Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, heraus-
gegeben vom Heidelberger Schloßverein, ist soeben Heft 3—4
des vierten Bandes erschienen. (Verlag von Karl Groos,
Preis 6 Mk., für Mitglieder des Schloßvereins 3 Mk.) Dieses
Doppelheft der Mitteilungen des Schloßvereins ist ausschließ-
lich der Geschichte des Streits um die Erhaltung des Otthein-
richbaues gewidmet. Der Schloßverein hat etwas sehr Nütz-
liches getan, indem er eine Zusammenstellung sämtlicher Mei-
nungsäutzerungen über die Wiederherstellung des Ottheinrich-
baues wie über die Möglichkeit seiner Erhaltung im gegen-
wärtigen Zustand veranlaßte. Aber darüber hinaus und außer
den technischen Gutachten und den Aeußerunzen von Fachleuten
und Laien zu dem gegenwärtigen Streitfall haben auch alle die
völlig tendenzlosen Beiträge zur Geschichte des Baues und die
Urteile über seinen Stilcharakter Aufnahme gefunden. Die
ursprüngliche Anregung zu diesem Unternehmen hat den,
Schloßverein Herr Baurat Seitz gegeben. Jn gemeinsamer
Beratung haben dann Herr Baurat Seitz, Herr Prof. Buhl
und Herr Prof. Karl Neumann die Grundsätze der sachlichen
und formellen Behandlung aufgestellt. Man wünfchte unpar-
teiisch zu sein, moglichste Vollständigkeit des Stoffes zu ge-
winnen, dagegen die Spuren versönlich. Streites auszuscheiden.
Die so bezeichnete, auf den Ottheinrichbau bezügliche Literatur,
einschließlich der zählreichen Artikel, die in neuerer Zeit in den
Tageszeitungen über die Schloßbaufrage erschienen sind, hat
Herr Valentiner, Assistent am kunsthistorischen Jnstitut der
hiesigen Universität, durchgearbeitet, geordnet und in Auszüge
gebracht. So liegt nun ein Bändchen von 238 Seitcn vor,
das alles enthält, was zur Frage des Ottheinrichbaues Bemer-
kenswertes bisher irgendwo erschienen ist. Wir können Denje-
nigen, die sich für die wichtige Schlotzbaufrage interessieren,
diese neuste Publikation des SchloßvereinZ nur aufs angele-
gentlichste empfehlen.
— Polizeibericht. Verhaftet wurde ein Taglöhner
wegen Zechbetrugs, ein Metzger und ein Schieferdecker wegen
Bettelns, ein Hafner, welcher wegen Unterschlagung ausgeschrie-
ben ist, und ein Frauenzimmer wegen Umherziehens. Zur
Anzeige kamen 6 Perfonen wegen Ruhestörung bezw. Un-
fugs und ein Kellner wegen Körpcrvcrletzung.
Mannhcim, 29. Juli. (Zum Schmiedestreik be.
Lanz.) Gestern Abend fand eine Besprechung einer Abord-
nung von ca. 30 Arbeitern mit den Direktoren statt. Die
Besprechung ist, wie die „Volksstimme" hört, resultatlos
verlaufen. Den Schmieden wurde erklärt, die Fabrikleitung
könne sich bei der gegenwärtigen Sachlage nicht auf Verhand-
lunzen einlassen, vorerst müsse eine Wiederaufnahme der Ar-
beit erfolgen.
Freiburg, 29. Juli. (Von dcr Universität.) Herr
Dr. van Calker, der sich vor einigen Semestern bei der jurist.
Fakultät unserer Universität als Privatdozent habilitierte, hat
cinen Nuf auf den Lehrstuhl für öffentliches Necht (Staats-
Berwaltungs- und Völkerrecht) an der Universität Gießen er-
halten und angenommen. Herr Dr. van Calker wird der Be-
rufung zum kommenden Winter-Semester Folge leisten.
Lahr, 29. Juli. (S e l b st m o r d v e r s u ch.) Der
Reichsbankvorstand Stolz hier hat sich infolge eines schweren
Leidens zu erschießen versucht. Er lebt noch, wird aber kaum
aufkommen. Die Geschäftsführung ist jedenfalls in tadelloser
Ordnung. Nach späterer Meldung ist Stolz gestorben.
Villingen, 29. Juli. (M o r d.) Ein vor wenigen Tagen
in Erdmansweiler verübter M o r d versetzt die Ein-
wohner des Dorfes und der Umgegend in begreifliche Auf-
regung. Der ledige Landwirt Jakob Kammerer wurde etwa
50 Schritte von seiner Wohnung entfernt als Leiche aufgefun-
den. Der Tod des Mannes fcheint durch Schläge auf den
Kopf mittels eines Prügels oder einer Hacke herbeizeführt
worden zu seiu. Der Kopf des Ermordeten war ganz in den
Boden eingedrückt und war mit Blut überströmt. Auch das
Messer scheint bei der Ermordung verwendet worden zu sein.
Man vermutet, daß der Mörder dem Kammerer auf seinem
Heimwege von Burgberg in einem an der Straße befindlichen
Gebüsch auflauerte u. ihn überfiel. Mehrere Verhaftungen sind
bereits vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft setzt mit dem
Amtsgericht die Untersuchung an Ort und Stelle eifrigst fort.
Konstanz, 29: Juli. (Mordprozeß Brenner.) Die
Zeugenvernehmung wird fortgesetzt. Zur Marie Eggli sagt der
Angeklagte, Agathe sei faul und Friedle sei mit seiner Schwe-
ster gut gewesen. Nach dem Verschwinden der Agathe ist Bren-
ner zu ihr gekommen und hat Geld verlangt, um seine Tochter
zu suchen. Joh. Stolz, Wirt zum „Meerfräulein" in Groß-
Laufenburg (Schweiz), sagt aus, daß Brenner zu ihm gekom-
men sei und die Vermutung geäußert habe, seine Tochter
Agathe sei in der Schweiz. Er habe Brenner den Rat gegeben,
zum Landjäger-Wachtmeister zu gehen und Anzeige zu machen.
Brenner habe das aber nicht getan, obwohl er es versprochen
habe. Zu Engelbert Brenner und Martin Brenner, Söhnen
des Gottfried, hat dieser den Verdacht geäußert, Friedel wisse,
wo die Agathe fei. „Die hätten es gut miteinander gekönnt".
Gottfried Brenner, der gestern von dem Verhör Friedles in
seiner Gegenwart kein Wort verstanden haben will, erzählt
heute ausführlich über dieses Verhör, nur behauptet der Ange-
klagte, der Untersuchungsrichter habe dem Friedle jeden Satz
vorgesagt und Friedle habe mit heiserer Stimme immer Ja
gesagt. Der Angeklagte ergeht sich in Schmähungen gegen den
Untersuchungsrichter. Dem Alois Baumgartner, Schreibgehilfe
beim Notariat Säckingen, hat der Angeklagte weinend erzählt.
die Agathe sei in Amerika an einem guten Platze, könne aber
nicht schreiben. Andreas Elleüsohn, Gefangenwärter in Walds-
hut, hat dem Brenner die Anklageschrift vorgelesen, diescr be-
merkte, das sei verlogeües Zeüg. Er beaüftrazte den Zeugen,
von seinen Kindern 2 Mark ;u veriangen, um „vör dem Ab-
kratzen noch en Stumpen Bier ckrinken zu können". Aüf Be-
fragen, ob hie Sache mit dem-Bier richtig sei, erklärt Brenner:
»ei». Er habe das Geld verlangt, damit er auch in Konstanz
Konstänzer Bier versuchen könnö. Ms jetzt wisse er jedoch nicht,
schmöWösstüß oder sauer.
X Konilnnz, 29. Juli. Käs S ch w u r g e r i ch t verur-
teilte heute, spät abends, näch dreitägiger Verhandlung den
Seidenbandweber Gottfried Brenner von Rippolingen wegen
Ermordung seiner 15 j ä h x. T o ch t e r zum Tode
und seinem Sohn, den Schuhmacherlehrling Fridolin Brenner,
wegen Beihilfe zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrver-
lust.
Aus Baden. Der württembsrgische Ministerpräsident von
Breitling ist nebst Gemahlin zu längerem Kurgebrauch auf
Kurhaus Schweigmatt bei Schopfheim eingetroffen.
Der preußische Justizminister Dr. Schönstedt ist, der „Freib.
Ztg." zufolze, mit Familie in Frci v u r g eingetrossen unv
im „Zähringer Hof" abgesticgen.
Eingesandt.
Mauer, 23. Juli.
Am 26. d. M. brachte der „Pfälzer Bote" einen Artikel
etwa folgenden Jnhalts:
„Ein evangelisches Mädchen von 15 Jahren kam in eine
Wirtschaft und sah die Todesanzeige vom Papst an der Aand
hängen, riß sie herunter und vertrat sie mit den Füßen und
machte sich noch über solche lustiz."
Diese Angabe im „Pfälzer Bote" wird als unwahr erklärt.
Handel nnd Verkehr.
Mannheim, 29. Juli. Oberrheinische Bank 96.00 G.,
—B. Rhein. Crcditbank 139.25 B„ 139.00 G. Rhein. Hpp.-
Bank 190.50 B. 190.25 G-, Brauerei Kleinlein, Heidelberg —B.,
178.— G. Schroedl'sche Branerei Heidelberg — — B., 190.— G.
Portland-Zement Heidelberg —B„ 105.— G.
Wafferftaudsnachrichten.
N e ck a r.
Heidelberg, 30., 1.22 gef. 0,04 m
Seilbronn 29.. 0.60, gef. 0.09 m
Mannheim. 29,4.78, gef.0.15m
R h e i n.
Sauterburg 29., 5.08, gef. 0.04w
Maxau. 29.. 5.18, gef. 0.04m
Nannheim, 29., 4.93, gef. 0.16m
Neueste Nachrichten.
Tarmstadt, 29. Juli. Nach einer Msldung aus dem
Jagdschloß EWuchiist heutMort Prinz Albrecht Stolberg-
Stolberg geft-ost'Ven.
St. Goar, 29. Jüli, Heute früh ist der nach der
Bebernheimer -^traße lstu gclegeue Tcil der Burg
R h einfeIs bei St. Goar e inge st ü r z t. Menschen
sind nicht verletzt worden. Dte Strecke ist gesperrt. (Die
Burg liegt 118 Meter über Wrn Rhein; ihre Fundamente
stammen aus dem Jahre 1218. Jm Jahre 1797 wurde
sie von den Franzosen zerstörtx 1812 als Ruine verkauft.
Jm Jahre 1843 ging sie in den Besttz des nachmaligen
Kaisers Wilhelm I. über.)
München, 29. Juli. Der „Bsyerische Kurier", das
führende Münchener Zentritmsörstän, erklärt zu des so-
zialdemokratischen Abgeordneten v.^V-o l! m a r Redör
das Zentrum sei mit der Ueberlasstmg eines Vtze -
präsidiums im Reichstage an d-ie Sozia-
l i st e n einverstanden.
Berlin, 29. Juli. Die ngfional-soziale Wochenschrift
„Hilfe" veröffentlicht den Briestvechsel zwischen Friedrich
Naumann und dem AbgeordnetM Schradec über Ver-
schmelzung der nation al sozialen Partei
mit der frersinntge n- V e r e i n i g u n g. Das
„Tageblatt" sagt, der national-soziale Parteitag, der aM
29. und 30. August in Göttivgen tage, wevde die Ver-
schmelzung zweifellos gurbeißen.
V Berlin, 29. Juli. Heute konstituierten sich unter dem
Borsitz des Staatssekretärs dG-Fnnern, Posadowskv, etwa 80
Herren aus Berlin und Umgebung als Reichshilfskomitee za
Gunsten der durch HochwasserlGeschädigten. Der Kronprinz hat
das Protektorat über die Tätigkeit des Komitee's übernommen-
Es sind sofort 25 000 Mark nach Schlesien, 10 000 Mark nach
Posen und 5000 Mark nach der Provinz Brandenburg über-
wiesen worden.
Londvn, 29. Inli. Heute Abend wurde eine Massen-
versamnilung der Bürger abgehalten, um gegen die Be -
steuerung der Na h r u n g s m i t t e I Einspruch zü
erheben. Asquith trat als Hauptredner auf. Es wnrde
eine Resolution vorgelegt, in der erklärt wird, daß ChaM^
berlains Politik einen folgenschweren Wechsel der HaN-
delspolitik bedeute, der die Besteuerung der Nahrungs^
mittel und der Röhmaterialen notwettdig mache und die
ernsteste Gefahr fiir den Handel des Königreichs nnd fiw
die Wohlfahrt der Volksmassen bilde. Die VersammelteN
würden daher alle Anstrengungen machen, um die Vc>r-
schläge zu bekämpfen. Asquikh begründete die Resolu-
tion und griff dabei Chamberlain hestig an.
17 Dresden, 29. Juli. Der Geh. Kommerzienrat
Victor Hahn von der Firma Eduard Rocksch ist heute we-
gen Vergehens gegen das Depotgesetz verhaftet wor-
den.
L Rom, 29. Juli. Die 62 Kardinä'Ie, welche aM
Konklave teilnehmen, sind jetzt sämtlich in Rom anwesend-
? Pest, 29. Juli. (A b g e o r Kjche t e n h a u s.)
1 Uhr erhebt sich Ministerpräsident--Mraf Khuen HedervarY-
um zu beantragen, die Eröetevüng Lber sein Prograrnw
zu unterbrechen und zur Verhcmdlung dcr Jdemnitätsvorlagli
überzugehen. Nach den ersten Hprteri erhebt die ObstruktioN
ein ohrcnbetäubcndes Geschrci, däs eine Viertelstunde währt-
Ter Vizepräsident Tallian ist genötigt, die Sitzung zu unter-'
brechen. Nach Wiedereröffnung erhebt sich der Ministerpra-
sident wiederum, worauf der tobende Lärm von neuem beginnV
Graf Khuen steht 10 Minuten lang aufrecht, ohne zum Wort
zu kommen. Er lätzt sodann dem.Schxiftführer den schriftlichr"
Antrag überrcichen, daß das Haus in die Verhandlung über dn'
Jdcmnitätsvorlage eintrcte. Als dies die Obstruktionisten b-'
merktcn, stürzten die Abgcordstctei^chatkay und Fay nach brm
Präsidcntentisch und versuchtcn, dcin Schriftsiihrer den Antrag
zu cntrcißen. Dieser wehrte sich init Gewalt gegen die aus
eindringcnden Obstrnktionistcn und nimnit das Blatt. aui