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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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rmch dem Westen geringer geworden. Tie Folge davon
tst. dvst in weiten Kreisen des Ostens in diesem v?ahre
aui ein Zurückgreisen ans den Zuzug polnischer Hilfskräfte
aus Rußland vollständig verzichtet werden kann.

Baden.

— Zn der Nachricht der „Berliner Zeituiig", daß von
der Regierung eine Vorlage in Betreff des direkten
Wahlrechts zu erwarten sei, bemerkt die „Bad. Corresp.":
Jn der letztcn Tagung waren bekanntlich Regiernng und
Zweite Kammer noch sehr weit entfernt von einer Ver-
ständignng in der Wahlrechtsfrage und auch innerhalb der
Parteienherrschten noch Meinnngsverschiedenheiten insbesondere
hinsichtlich des Wahlverfahrens und der Kreiseinteilung, wenn
anch bezüglich der Hauptfrage eine Einignng erzielt war.
Von der Beschaffenheit der zu erwartenden Vorlage wird es
abhängen, ob die Beratungen rasch vor sich gehen oder nicht.
Giebt die Regiernng in der Kardinalfrage, der direkten Wahl
ohne sog. Kautelen, nicht nach, dann dürfte die Vorlage
bald ohne Sang und Klang im Orkus verschwinden; bietet
sie aber einen Entwurf, über den sich diskutieren läßt, so
werden sich die Landboten mit gewohnter Gründlichkeit ans
Werk machen nnd es werden zahlreiche Kommissions- und
Plenarsitzungen abgehalten werden müssen, bis die Vorlage
die erforderlichc Zweidrittelmajorität des Hauses ftndet.

Konstanz, 4. Augnst. Die Ankunft des Groß-
herzogspaares auf der Mainau dürfte vorausfichtlich am
II. oder 12. erfolgen.

Konstanz, 4. August. Die Mitgliederversllinmlung
des sozi aldemokrati schen Vereins beschloß cinstimmig,
die demokratische Kandidatur Venedey zu unterstützen.

Karlsruhe, 3. August. Auf günsftge Erfolge ver-
umg auch trotz ihres erst sehr kurzen Bestehens die Qrga-
uisation des g e n o s s e n s ch a f t I i ch e n Getreid e-
verkaufsin Baden zurückblicken. Seit 2 Jahren haben
außer den 7 Getreideabsatzgenossenschaften 39 landwirt-
schaftliche Konsum- und Äbsatzvereine unter der zentralen
Wermittlung des Getreideverkaufsbureaus in Mannheim
den gemeinsamen Getreideverkauf aufgenommen. Von den-
selben wurden im Jahre 1902 insgesamt 91 400 Zentner
Getreide gegen 53 400 Zentner im Vorjahr gemeinsam
verwertet. Wie der Rechenschaftsbericht des Verbandes
der badischen landwirtschaftlichen Konsumvereine für 1902
bemer'kt, haben „die Lagerhäuser im Hinterland, besonders
im Kreise Mosbach nftt seinem bedeutenden Getreidebau
die größten Umsätze erzielt und, weil weit entsernt vom
Absatzabiet, den worteilhaftesten Einfluß ausgeübt". Dis
vier oberbadischen Lagerhänser haben stch wohl gehalten,
doch war der EMenzkampf teilweise recht schwierig gegen
die feindliche Stellung des Handels, der Müller und Bier-
brauer. Die Preise haben dort bedeutende Erhöhung er-
reicht gegenüber den Preisen der Fruchtmärkte, die außer-
halb des Einflusses der Lagerhäuser gelegen sind. Die
Schrannenpreise besonders in Stockach, aber auch in Ra-
dolfzell, Singen und Hilzingen bewegten sich bei Kernen,
Wcizen, Hafer und Gerstc um 60 Pfeimig bis 1 Mark
vxr 100 Kilo niedriger wic die an die Mitglieder gezahlten
Preise der Getreidelagerhäuser. Nur die Pfullendorfer
Schrannenpreise, die seit Zahren am höchsten lvaren^
näherten sich den von den Lagerhäusern bezahlten Preisen.
Durch die Korikurrenz der Lagerhauser sind die Händler
gezwungen, ebeiifalls hö'here Preise anzulegm, wenn sie
überhsupt nöch Getreide in den betreffenden Gegenden
erlaNgett wollen. Toch nicht die Preise allein zeigen
den Wert der Getreidelagerhäuser. Mel wichtiger sind die
anderen Vorteile, jederzeit einen sicheren Abnehmer zn
haben, der das Getreide nach seinein Wert bezahlt und
durch eine gute Reinigung erzieherisch dahin wirkt, daß die
Landwirte eine richtige Reinigung kennen lernen und
künftig nur gut gereinigte, den örtlichen Verhältnissen
angepaßte Saatfrucht verwenden. Die Zentralisation des
Verkaufes durch das Getreideverkaufsbureau in Mann-
heim hat sich bestens bewährt. Tie meisten Lagerhäuser
wären einfach neben 'dem Einkauf und Lagerhausbetrieb
nicht im Stande gewesen, auch noch für einen lohnenden
Verkauf zu sorgen, der immerhin ein bedeutendes Risiko
nftt sich bringt, wenn nicht bei Ablieferung Barzahlung
erfolgt. Dazu sind un'bedingt gut geschulte Kaufleute
notwendig, welche die einzelnen Lagerhäuser nicht be-
zahlen können. 'Verkanft wurde die Gerste an Brauereien,
Händler, Mülzer in Baden, in der Pfalz, uach Frankfurt
und besonders ins Rheinland, Hafer an die Proviant-
ämter, dann an Händler, Private, landwirtschaftliche
Konsumvereine, in wenigen Fällen in die Schweiz. Roggen,
Weizen, Spelz ging fast ausnahmslos an Müller in Baden
un'd Württemberg, einige Waggons auch in die Schweiz.
ONit Recht darf daher der Rechenschaftsbericht erklären,
daß in der kurzen Zeit fleißig gearbeitet und viel erreicht
wurde.

K a r I s r u h e, 3. August. Auf 'dem Verbands-
tag der Windthor st bunde Deutschlands in
Stuttgart hat die Zentrumsjugend neben der Zu-
lassung der Jesuiten besonders den Kampf um die Schule
zum Hauptprogrammpunkt gemacht. Wie unsere 'Kinder
erzogen werden, meinte der Parteisekretär I ö r g, da-
rüber hat nicht ein omnipotenter Staat, sondern lediglich
Vater und Mutter zu befiuden (diesen äber schreibt, wenn
sie katholisch sind, die Kirche das Nötige vor). Jörg
will also das Recht der Kindererziehung im weitesten Sinn,
nicht bloß das religiöse Erziehungsrecht, welches bekannt-
lich der freien Bestimmung der Eltern insofern unterliegt,
als dem Vater bezw. der Mutter oder dem Vormund ge-
stattet ist, irgensi eine der vom Staate zugelassenen Reli-
gionen sür das Kind zu wählen, ausschließlich 'den Eltern
zuweisen, sodaß der Staat gar nichts mehr in die Er-
ziehung der Jugend, fpeziell in den Unterricht, dreinzu-
reden hätte. Die Jung-Ultramontanen gestehen also
offen ein, was ihre Väter bisber nur verickiämt durckiblicken

ließen: sie fordern die Ä u f h ebung dec ko n -
fessionell gemischten S t a a t s s ch u l e n. Hof-
fentlich werden jetzt auch jene sentimentalen Politiker im
liberalen Lager, die für die „Wegräumung des letzten
'Restes der Kulturkampfgesetzge>bimg" schwärmeu und der
Zulassung von Klöstern und Jesuiten das Wort redm,
damit endlich der konsessionelle Friede einkehre, zu der
Einstcht kommen, daß der unersättliche Ultramontanismus
in letzter Linie die Herrschaft über den Staat anstrebt.

Schwetzingen, 3.- August. Die national-
IibecaIe Partei hat, wie die „Schw. Ztg." meldet,
die Vertrauensmänner des Wahlbezirks auf gestern Nach-
mittag in den Wilden Mann nach Schwetzingen einge-
laden zwecks Besprechung der kommenden Landtags-
wahI und Aufstellung des Kandidaten der Partei. Es
wurde beschlossen, nunmehr energisch in die Agitation
einzutreten. Zur definitiven Ausstellung eines Kandi-
daten konnte man sich jedoch noch nicht entschließen, viel-
mehr soll dies, nach Erörterungen in den einzelnen Or-
ganisationen des Bezirks, in einer domnächst stattfindenden
weiteren Versammlung endgültig erfolgen.

Aus ver Karisruher .^eitung.

—- Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
den nachgenannten Personen die folgenden Auszeichnungen
verliehen: 1. vom Orden Berthold des Ersten: die Kette zum
Großkreuz: dem Professor, Geheimen Rat 1. Klasse Dr. Kuno
F i s ch e r an der tlniversität Heidelberg; das Kommandeur-
kreuz 1. Klasse: dem Direktor des Oberschulrats, Geheimen
Rat 2. Klasse Dr. Ludwig Arnsperger in Karlsruhe und
dem Professor, Geheimen Rat 2. Klasse Dr. Julius Arnold
an der llniversität Hcidclberg; das Nitterkrcuz: den Profes-
soren, Geheimen Hofräten Dr. Franz Knauff und Dr. Fritz
Schöll an der tlniversität Heidelberg; 2. vom Orden vom
Zähringer Löwen: das Kommandeurkreuz 1. Klasse: den Pro-
fessoren, Geheimen Räten 2. Klasse Dr. Leo Königsber-
ger und Dr. Theodor Leber an der Universität Heidelberg;
das Kommandeurkreuz 2. Klasse: den Professoren, Geheimen
Räten 2. Klasse Dr. Richard Schröder und Dr. Theodor
Curtius daselbst; das Ritterkreuz 1. Klasse mit Eichenlaub:
dem Ministerialrat im Ministerium der Justiz, des Kultus u.
Unterrichts Dr. Franz Bähm; den Professoren, Geheimen
Hofräten Dr. Max Fürbringer und Dr. Erich Marcks
an der Universität Heidelberg, dem Professor und akademischen
Musikdirektor Dr. Philipp Wolfrum daselbst, sowie dem
Vorstand dcr Bezirksbauinspektion Heidelberg, Baurat Julius
Koch; das Ritterkreuz 1. Klasse: den Professoren Hofrat Dr.
Max Wolf, Dr. Karl Rathgen, Dr. Max Weber und
Dr. Albrecht Kossel an ber Universität Heidelberg, dem
Vorstand der Universitäts - Kasse Heidelberg, Ober-
rechnungsrat Anton Hund, dem Stadtrat Konrad Ludwig
Ammann, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Stadtver-
ordnctenvorstandes Max Klingel, und dem Architckten
Friedrich Ebert in Heidelberg; das Ritterkreuz 2. Klasse:
dem Revisionsvorstande im Ministerium der Justiz, des Kul-
tus und Unterrichts, Rechnungsrat Adolf B o s s e r t in Karls-
ruhe und dem Stadtrat Adam CllmLr in Heidelberg; 3.
Medaillen: die kleme goldene Verdienstmedaille: dem Verwal-
tungsassistenten Philipp Riegler beim atademischen Kran-
tenhaus in Heidelberg, dem Präparalor Karl Englert beim
zoologischen Jnstitut und dem Hausmeister Lorenz Bernatz
beim physiologischen Jnstitut in Heidelberg; die silberne Ver-
dienstmedaille: dem Hausmeister Balthasar Schäfer und
dem Heizer Philipp Spath beim akademischen Krankenhaus
in Heidelberg, dem Hausmeister Heinrich Pflug beim phy-
sikalischen Jnstitut daselbst, den Dienern der Universitätsbiblio-
thek Gottlicb Ottenbnchcr und Joses Maycr, sowie
dem Diener Karl Greiner beim archäologischen Jnstitut in
Heibclberg.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben zu
Geheimen Räten 1. Klasse: den Prorektor der Universität Hei-
delberg, Geheimen Rat 2. Klasse Dr. Vinzenz Czerny und
den Geheimen Rat 2. Klasse, Professor Dr. Ernst Jmmanuel
Bekker, zu Geheimen Räten 2. Klasse: den Geheimen Hof-
rat, Professor Dr. Otto Karlowa und den Geheimen Ober-
bergrat, Professor Dr. Heinrich Rosenbusch, zu Geheimen
Kirchenräten: den Kirchenrat Professor Dr. Ludwig Lemme
und den Kirchenrat Professor Dr. Heinrich Bassermann,
zum Gehcimen Hofrat: den Hofrat Profcssor Dr. Hermann
Osthoff, sowie zum Kanzleirat: ben Universitätssekretär
Kanzleisckretär Anton Holl, sämtlich an dcr Universität
Heidelberg.

Ausland.

Frankreich.

Lorient, 4. August. Sehr ernsteZwi s ch e n -
fälle ereigneten sich hier gestern Abend. Der Prokura-
tor, mclcher es unterlassen hattc, Truppen heranzuziehen,
ist in ein? schwierige Lage geraten. Der Gerichts'hof hatte
verschiedene Ausständige aus der Umgegend von Henne-
bont abzuurteilen. Iin Gerichtssaal waren Angehörige
der Streikenden versammelt. Dieselben protesfterten be-
reits bei Beginn der Verhandlung, sodaß der Saal gs-
räumt werden mußte. Als die draußen stehende Menge
das U'rteil, durch das die Angeklagten zu je 2 Monaien
Gefängnis verurteilt wurden, ersahren hatte, nahm sie
eine drohende Haltung ein. Sie versuchte das Gerichts-
gebände zu stürmen nnd schließlich mußten sich Richter
und Genöarmen verbarrikadieren, da die Demonstranten
durch weitere Streikende Verstärkung erhielten. Es begann
eine förmliche Belagerung, nachdem sämtliche Fenster des
Gerichtsgebäudes eingeworsen worden waren. Zweimal
stürmten die Ausständigen mit roten Fahnen an der
Spitze das Gebäude und suchten die Türen einzurennen.
Schließlich gelang es dcm Prokurator, welck>er ebenfalls
in dem Gerichtsgebäude anwesend war, ein Telegramm
an den Präsekten zu senden. Um 8 U'hr abends waren
die Richter immer noch eingeschlossen. Auf der Straße
fanden verschiedene Zusammenstöße unter der Menge statt.
Fortwährend hörte man Todesrnse gegen Polizei und
Gmdarmen ausstoßen. Um 9 Uhr abends trasen endlich
2 Kompagnien Jnfanterie ein, aber auch diese waren
ohnmächtig, die nach Tausenden zählende Menge zu zer-
streuen. U,m halb 10 Uhr traf eine Abteilung reitende
Artillerie ein, welche Geschütze anfsuhr. Um 10 Uhr
konnten die Richter aus ihrer schlimmen Lage befreit
nnd die Temonstranten zerstreut werden. Die öffent-
liche Meinung ist über die Nachläffigkeit der Behörden fehr
ansgebracht. Tie Unruhen dauerten noch die ganze
Ncickt sort.

England.

— Das britische A rbeits a m t hat eben eine Zw
saniiiienstellnng übec die Lohnsch w a n t u n g e n G
dem Jahrzehnt 1893—1902 verösfentlicht. Es ergib-.
'sich hieraus, daß der dnrchschiftttliche Lohn eines Arbeiters
im vorigen Fahre nur um 7 Pence (60 Pfg.) in dcr Wochs
höher war als vor 10 Iahren. An dieser ungünsligsll
Erscheinung trägt der Umstand schuld, daß in den Iahrett
1901 untz 1902 die Lohnherabsetzungen infolge des schlcch°
ten Geschäftsganges besonders umfangretche waren. Tas
Jahr 1900 zeigte den höchsten Stand des durchschnittlichen
Arbeitslohnes während der ganzen Periode.

Scrbien.

BeIgrad, 4. Aiigust. Ter Nachlaß des ermor-'
deten serbischen Königspaares ist nunmehr genan sestge°
stellt worden. K ö n i g A l e x a n d e r hinterläßt 260 000
Franks bares Geld und Staatspapiere ini Nennwerte voN
160 000 Franks, alles Privateigentum, ferner das ge°
samie Mobiliar des Palastes und das kostbare Silbergerät.
Es sind jedoch 500 000 Franks Schulden vorhcinden.
Königin Draga hinterläßt einen Schmuck von
160 000 Franks Wert, sowie ein Vermögen von 260 000
Franks, welches den Schwestern zusällt.

Die Centenarfeier der Ruperto-Carola.

Heidelbcrg, 5. Aug.

Der Großherzog und die Großherzogin reisen
hcutc Nachmittag 2 Uhr 15 Minuten mit dcn Erbgroßhcrzog-
lichcn Herrschaftcn von Karlsruhe ab u. treffen um 3.09 Uhc
hier ein, um an dcr Centenarfcicr der Erncuerung der Uni-
versität teilzunehinen. Jm Gcfolgc der Großherzoglichen Herr-
schaften besindcn sich die Hofdamen Freiin von Adelsheim unl>
Freiin von Rotberg, Oberhofmarschall Graf von Andlaw, Ge-
heimerat Dr. Freiherr von Babo, Flügeladiutant Generalma-
jor Graf von Sponeck, Schloßhanptmann von Stabel, Flügei-
adjutant Major Freiherr Seuttcr von Lötzen und Ordonnanz^
offizicr Lcntnant Graf von Hcnnin.

Die heutige „Karlsruher Zeitung" teilt die Rangerhöhun-
gcn nnd Ordensauszeichnungen mit, die anläßlich der Univer-
sitätsfeier erfolgt sind. Die Zahl der Exzellenzen unter dcn
Hochschullehrcrn hat sich um zwei vermehrt, indem Geh. Rat
Czerny, der derzeitige Prorektor, und der Senior der juristi-
schen Fakultät, Geh. Rat Bekker, zu Räten Erster Klasse cr-
nannt worden sind. Diese hohcn Auszcichnungen dürfen nicht
nur als eine Ehrung der Ausgezeichneten, sondern auch alS'
eine solche der Universität angesehen werden und werden so auch'
überall da, wo man unsere Universität liebt und auf sie stolz
ist, empfnndcn wcrdcn.

Schon prangt die Stadt in reichem Schmuck und immcr
neues Grün, immer reicherer Flaggenschmuck in den badischem
deutschen und den Farben der studentischen Verbindungen wird'
von fleißigcn Händen zur Ehrnng unscrer Rupcrto Carola an
den Häusern angebracht. Zahlrciche Gäste und Festteilnehmer
sind bereits eingetroffen. Ueberall in den Straßen zeigt siH
rcges Lebcn. Die Universität selbst hat eine reiche Tekoration
erhalten. Jn der Mitte der Hauptfassade strahlt eine grotze
Sonne als Symbol des Lichtes, das von dieser Stätte der Wis-
senschaft ausgeht. Jn der Mitte der Sonne befinden sich die
Jnitialen der Universität „U. L.", während sich um dieselben
ein grüner Kranz, mit elektrischcn Glühlichtern windet. Ueber
den Portalen sind links ein Medaillon Karl Friedxich's, rechtS-
ein solchcs unseres jetzigen Landcsherrn, umrahmt von schwc-
rcn goldencn Lorbeerkränzen angcbracht. Neben densclben cr-
glänzen in großen römischen Ziffern die Jahreszahlen 1803
und 1903. Dic Grenzen des Gebäudes sind durch schwere gol-
dene Ketten, welche drei mächtige Bogenlampen halten, mar-
kiert. Lorbeerbäume und hellrote Geranien umsäumen ven
nnteren Stockwerk und markieren sich schön von dem goldenctt
Hintergrund. Die Ausschmückung hat Regicrungsbaumeister
Dr. Hirsch selbst entworfen und geleitet.

Von dem Bahnhof zieht sich ein Triurnphweg bis nach der
Festhalle. Aller Voraussicht nach werden die Allerhöchsten Herr-
schaften auf dem Bahnhof einige Zeit Cercle halten und sich
dann ins Palais und von dort zur Festhalle begeben, woselbst
die Feier der Einwcihung der Halle um 4 Uhr beginnt.

Das offizielle Festzeichen für dic Ehrengäste der Univcrsität
stellt cinen Zwcig dcs Gingovnums dar. Exemplare diescs
japanischen Baumes befindcn sich vereinzelt in Deutschlaiid
in botanischen Gürten vor, so auch im hiesigen Schloßgarten-
Als Goethe 1815 hier weilte, sandte cr ein Blatt dieses Ban-
mes an Marianne Willemer (Sulcika).

Aus Sradt und Land.

Heidelbccg, 5. Angust.

— Aus dem Stadtrat. Jn der Stadtratssitzung vom 4-
ds. wurden u. a. folgende Gegenstände zur Kenntnis bezw. Er-
ledigung gebracht:

1. Mit der Aufnahme einzelner 2 chülerinnen in die
obersten Klassen der Oberrealschule erklärt sich der
Stadrat grundsätzlich e i n v e r st a n d e n.

2. Jm Einverständnis mit der Theaterdirektion soll in dcr
Folge die erste Sitzrcihe im Parterre des Theaters mit 13'
Plätzen numeriert werdcn. Für diese numerierten
Parterreplähe, für die eine Preiserhöhung nicht eintreten wird,
sollcn aber Tutzendbillets nicht in Zahlung genommcn wcr-
den.

3. Rach dem Geschäftsausweis der Verrcchnung der städt-
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monat 2157 Einla-
gen mit zusammen 498 496 Mark 10 Pfg. gemacht, dagegen in
1162 Einzelbeträgcn zusammen 405 115 Mark 49 Pfg. an dic
betreffenden Einleger zurückbezahlt und hat die Gesamtzahl
der letzteren seit dem 1. Jcmuar d. I. um 389 zugenommcn-

4. Jm Hinblick auf die öffentliche Erklärung des Wein-
händlers A. Reubert in Nr. 171 des Heidelberger TageblattT
vom 25. vor. Mts. war der Stadtrat vor die Frage gestellt,-
ob nicht gegen den Genannten wegen Beleidigung des Stadt-
rates Strafantrag zu stellen sei. Von einem solchen Antrag
wird aber abgesehen, nachdem Herr Reubert durch VermittlunS -
der Großh. Staatsanwaltschaft sich dahin hat vernehmen las°
sen, daß er die erwähnte Erklärung bedauere nnd dieselbe mn
dem Bemerkcn zurücknehme, dah ihm die Absicht, den Stadt-
rat oder dessen Mitglieder beleidigen zu wollen, durchaus fern-
gelegen habe.

Bruchsal, 3. Aug. (Eine interessante Statssi
st i k) wird soeben veröffcntlicht, dcr wir folgendcs hinsichtlml
der 3 Städte, welche nach der letzten Volkszählung zwischcff
13 000 und 14^000 Einwohner hatten, entnehmen. Jn OÜ
fenburg bestehen bei 13 664 Einwohnern nur 1047 Gebäud^
währcnd Lahr bei 13 577 Einwohncrn dercn 1305 und Brucksi
sal bei 13 555 Einwohnern 1317 Gebäude zählen. GeradczN
auffallend ist der Unterschicd in der Zahl der Wirtschaften dc-
3 Städte. Währcnd Bruchsal 73 Wirtschaftcn, daruntcr
Gast-, 37 Schankwirtschaftcn aufweist, Lahr 63, daruntcr
Gast-, 40 Schankwirtschaften bcsitzt, hat Offenburg im GaEsi
nur 39 Wirtschaften und zwar 20 Gast- und 19 Schankwir^l
schaftcn. Es kommt hiernach eine Wirtschast in Bruchsal MO
je 185, in Lahr auf je 215, in Ossenburg aus je 350 E>m
 
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