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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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Abstammung und Geburt nach, seiner geistigcn Ausbildung
und srühesten wissenschaftlichen Lehrtätigkeit dcn unscrn nen-
nen dürfen. Mit gleichem Stolz blicken wir hin aus die zahl-
reichen hervorragendcn Söhne unseres Landes, die in dcn vcr-
schiedensten Gebieten der Wissenschaft hier in Heidelberg wie
auch zahlreicher andercr Universitäten Dcutschlands und dcr
Schweiz erfolgreiche und ruhmvolle Tätigkeit entfaltet haben.
So ungern und schwcrcn Hcrzens wir diese Männcr von uns
ziehen sahcn, so liefert doch gerade die rcichliche Abgabe unserer
heimischen wissenschaftlichen Lehrkräfte an die deutschen und
Schweizer Hochschulcn den besten Beweis — und mtr als ge-
borenen Norddentschen wird man erlanbcn, dics auszusprechcn
—> für die ungemein vielseitige, hochgeistige Befähigung, wie
auch für die starke ausdauernde Arbeitskraft, die mit reicher
Begabung dem deutsch-österreichischen Volksstamm innewohnt,
und die Aufgäbe der wissenschaftlichen! Heranbildung un-
serer studierenden Jugend zu einer ungemein dankbaren und
crfreulichen macht. So streben wir alle in den verschiedenen
Ländern deutscher Zunge mit vereinter Kraft zu immcr grö-
ßerer geistiger Veredelung und Vermehrung der Wohlfahrt
der Menschheit. Wann und wo immer eine unserer deutschen
Hochschulen rmch einem längeren Zeitraum Anlatz hat, einen
Rückblick zu tun, da scharen stch um sie die Schwesterunivcr-
sitätcn in freudiger Teilnahme, gern gedenkend, woran jcde
ihren besonderen Nnteil hat an wissenschaftlicher Arbeit. Nkit
solchen Gefühlen sind die Vertretcr der dcutsch-österrcichischen
Universitäten auch heute hier crschicnen, um dcr Heidelbergcr
Hochschule ihre Glück- und Segenswünsche darzubringen.

Wir wünschen und hoffen zuversichtlich, daß diese, um die
Förderung der Wissenschaft zu allen Seiten so hochverdiente
Universität, die beschirmt und tatkräftig gefördert wird von
einem hochsinnigen Fürstcn, und die auf' einc so ruhmvolle
Vcrgangenheit zurückblickcn kann, auch in den kommcnden
Jahrhunderten die glcichc segcnsrcichc Tätigkeit entfalten
wcrde zu Ehrcn dcr deutschen Wissenschaft, zum Segen und
Heil für die Menschhcit bis in die fernsten Zeiten.

Rcde des Bertreters der deutsch-schweizerischen Universitäten,
des Rektors Prof. Kocher aus Bern.

Erlauchter Rektor Magnificentissimus! Namens der dcutsch-
schwcizerischcn Universitätcn Basel, Zürich und Bern der Uni-
versität Heidelberg zu ihrem Ehrentag der Erneuerung
vor 100 Jahren unsere herzlichsten Glückwünsche darzubringen,
ist mir doppelte Frcudc. Nicht nur bcsteht zwischen Heidel-
berg und der Schweiz seit vielen Jahrhunderten, bevor unsere
jüngeren Universitäten gegründet worden waren, ein reger
Gcdankenaustausch und persönlichcr Verkehr, iädem Lchrcr,
die hier gcwirkt und ihre Ausbildung genosscn habcn, spätcr
zum Wohl unseres Landes sich bei nns festgesctzt haben, und
indeni es den Schweizern vergönnt ist, hier an dieser Stätte
der Anregung zu wirken; nicht nur habe ich das besondcre
Glück dem Mann, der zur Zeit als Prorektor der Univer-
sität vorsteht, und dessen wisscnschaftliche Leistungen und un-
verwüstliche Liebenswürdigkcit seinen Namcn und den Heidcl-
berger Namen auf dem ganzen Erdenrund berühmt und be-
liebt gemacht haben, in persönlicher Freundschaft nahe zu ste-
hen, sondern es gereicht mir zu besonderer Freude, vor Jhrem
fürstlichcn Rektor Magnificentissimus es aussprechen zu dür-
fen, welch' segensreiche Folgen es gehäbt hat, daß ein echter
deutscher Fürst, Karl Friedrich, im Bewußtsein eigener Stärke
es gewagt hat, die Jnstitution der Hei'belberger Universität
ganz und voll auf dem Boden der Freiheit zu stellen.

Auf diesem Bodcn konnten die gcistigen Heroen heran-
wachsen, welche sich erhoben haben zn den höchsten Spitzen der
Welt, wo sie dem geheimnisvollen Walten, dem göttlichen Wal-
ten nähe standen, und von wo sie unermeßlich wirken konnten
bis an ihr Lebensende. Dank dieser Freiheit und getragen
von dcr hohen Gesinnung und dcm herzlichen Wohlwollcn, wel-
ches dieses Fürstenhaus stets gezeigt hat, bist auch Du Heidel-
berg eine Magnificcnz geworden unter den deutschen Univer-
sitäten, welche Großes geleistet hat für die Wissenschaft und
Mcnschheit. Nimm auch unsern Tank für alles, was Du füi
die deutsche Kultur gctan hast.

Nede des Vertieters der deutschen Tcchnischen Hochschulen,
Hofrat Prof. Dr. Oechelhäuser, Rektor Magnificcnz der Tech-
nischen Hochschule zu Karlsruhe.

KÜnigliche Hoheiten! Hochansehnliche Festversammlung!

Jni Ramen der Technischen Hochschulen des deutschen Rei-
ches und im Namen der freundnachbarlichen Hochschule zu
Karlsruhe habe ich die Ehre, der Ruperto Carola aus Anlaß
Les heutigen Festes die aufrichtigsten Glückwünsche auszu-
sprcchen.

Zu Beginn des Zeitraumes, als Grotzhcrzog Karl Friedrich
das Studium zu ncuem Leben erweckte, war noch keine Lehr-
anstalt vorhandcn, welche als Technische Hochschule Llühte und
sich mit den andern Hochschulcn dcr akademischen Jugend härte
vergleichen können. Kaum daß damals der Anfang gemacht
war. Ein halbes Jahrhundert sollte noch vergehen, ehe aus
den damaligen polytechnischen Schulen, dcn Akademien die Um-
wandlung erfolgen sollte, der wir die Technischen Hochschulen
vcrdanken. Das Vorbild der Technischen Hochschulen wurde die
Universität nicht nur in der innern und äußern Organisation,
nicht nur in der Lehr- und Lernfreiheit, der Freizügigkeit,
in den Promotionen, in der Habilitation, sondern in der wun-
derbaren Vereinigung von Lehren und Forschung, welches die
Grundpfeiler unserer Hochschulen gewesen sind. Die Universi-
tät ist überall unser Lehrmeister gcwesen, und wenn es den
Technischen Hochschulen möglich geworden ist, im Laufe weni-
ger Jahrzehnte die heutige Höhe zu erreichcn, so liegcn hierbci
die Erfahrungcn und Errnngenschaften zu Grunde, dic sich die
Ruperto Carola in einem halben Jahrtausend zu eigen gemacht
hat. Dankbar dies auszusprechen, ist unsere Ehrenpflicht am
heutigen Tag. Wohl mag es befremdlich klingen, daß wir die
Einrichtung von der ältern Schwesteranstalt übernommen ha-
ben, auch könnte die Frage gerechtfertigt scheinen, ob nicht neue
Einrichtungen für die Technischen Anstalten hätten gefunden
werden sollen. Da liegt doch die Prüfung nahe, ob es sich
nicht hierbei um etwas cmderes als Aeußerlichkeiten gehandelt
hat, ob nicht die Uebereinstimmung zwischen beiden Anstalten
begründet ist. Die Universitäten, die Ruperto Carola an der
Spitze, zeigen in ihrem Gefühle, in den Naturwissenschaften
beispielsweise, nach vielen Richtungen hin eine so mannigfal-
tge Verwandtschaft mit den Zielen der Technischen Hochschule,
daß es erklärlich erschcint, daß wir die altcn Einrichtungen und
Formen von selbst als die naturgemäßen crgänzt haben. Mit
dem ganzen Schwergewicht ihrer Vergangenheit und mit den
Erfolgen hat die Universität auf die jung gebildeten Stätten
eingowirkt und Geist von ihrem Geist und Form von ihrer
Form auf sie übertragen. Nichts ist aber gefährlicher, als auf
Grund dicser Tatsachc der Vcrwandtschaft die Forderung
auf Bereinigung zu stcllen. So erstrebenswert auch eine Er-
weiterung der Lehrgebiete nach der einen oder anderen Rich-
tung erscheinen könnte, so vorteilhaft sich die Universität allen
technischen Studien erweist, die Selbständigkeit bleibt das Fun-
dament ihrer Weiterentwicklung. Mag das Jahrhundert der
technischen Wissenschaft noch von einem Jahrhundert oder einer
Zeit dcs Ausgleichs bcider Richtungen gefolgt werden, die
dcutschcn Hochschulcn werden die Führung nur dann behalten,
wenn einer jcden frcicr Spielraum zu selbständiger Kraftcnt-
faltung erhalten bleibt. Keinc Verschmelzung, sondern Ergän-
zung, das ist unsere gemeinsame Parole, und so schauen wir
heute ungeblendet von den Erfolgen der Technik voll dankbarer
Bewunderung zur Hcidelberger Alma matcr, der ältestcn Unl-

bersität, dcr klassischen Bildungsstätte der deutschen Jugcnd,
ver Leuchte deutscher Forschung.

Möge ihr, dcr ewig jungcn, unter dcm Schutz ihrcs Ncktor
Magnificentissimus noch manche Segnung gedeihlichen Wir-
kens, wachsender Erfolge beschieden sein. Möge ihr Stern uns
voranleuchten auf der gemeinsamen Bahn zu den höchsten Zie-
len menfchlichcr Erkenntnis und Tütigkeit, ihr selber zum
Ruhm, zur Ehre der deutschen Wissenschaft, zum Segen Ler
Menschheit!

Redc Sr. Exzellcnz dcs Oberkirchcnrats Wiclandt.

Ter Evangelische Oberkirchcnrat überbringt durch mich der
Rupcrto Carola zum heutigcn Jubelfcst herzliche Grüße unü
Glückwünsche. Daß ich der Vertreter sein darf, ist mir eine
ganz besondere Freude, da ich vor mehr als einem halben Jahr-
hundert als akadem. Bürger auf dieser Alma mater meine
Studien habe machen dürfen. Die Evangelische Landeskirche
Badens hat Veranlassung, des heutigen Festes sich mit zu
freuen. Licgt cs schon in der alten Art des Protestantismus,
jedem echten wisscnschaftlichen forschenden Strebcn und Leh-
ren sich gleichgestcllt zu fühlcn, so hat die Evangelischc Lan-
deskirche Badcns noch cngere, ich möchte sagen, verwandtschast-
liche Beziehungcn zur Ruperto Carola. Der näniliche Fürst,
Großherzog Karl Friedrich gesegneten Andenkens, der der Neu-
begründer der Ruperto Carola geworden ist, hat wenig Jahre
zuvor dcr Evangelischcn Kirche seines Landes eine Lehr- und
Kirchenordnung gegcbcn, die in ihrcr hohen Wcisheit in allen
Hauptpunktcn noch jetzt in Geltung steht, und es ist der näm-
liche Geist, der diesen beiden wichtigen Rcgierungsakten zu
Grunde liegt, es ist der Geist ciner schlichten und erhabenen
Frömmigkeit, der Geist einer evangelischen Weitherzigkeit, die
es für möglich erachtet haben, die katholische, die evangelisch-
lutherische und die evangelisch-reformierte konfessionelle Wis-
scnfchaft in einer Fakultät zufammenzufassen, eine ideale An-
fchauung, auf die wir heute in der Zeit des geschärften Kon-
fessionalismus nur mit wehmütiger Sehnsucht zurückblicken.
Diese Fakultät ist heute nach der neuzeitlichen Entwicklung
ein Verbindungsglied zwischen der Landeskirche und der Nu-
perto Carola, nicht als ob diese Verbindung gerade durch Ge-
setze oder Unterordnungen besonders festgelegt wäre, die theo-
logische Fakultät der Universität Heidelberg ist von der evan-
gelischen Kirchenregierung vollständig unabhängig. Ja, wir
hindern diejenigen Söhne unseres Landes, die dem schönen Be-
ruf eines evangelischen Geistlichen sich widmen wollen, nicht,
ihre Studigen auf auswärtigen Universitäten zu machen. Wir
gebieten ihnen nicht einmal nach den heutigen Einrichtungen,
daß sie ihre theologisch-praktischen Studien und Uebungen ge-
rade an den hier in Heidelberg dazu bestimmten Einrichtungen
durchmachen, so wünschenswert das wäre. Aber die Tatsache
allein schon, daß durch die Bestellung einer theologischen Fakul-
tät den Söhnen unseres Landes Gelegenheit gegeben ist, tn
der Heimat selbst ihre theologische Ausbildung zu suchen und
unter der Führung von Männern, die mit den speziellen Be-
dürfnissen und Gewohnheiten des Landes bertraut sind, diese
Tatsache allein schon ist von der größten Bedeutung. Und welch
reicher Gewinn ist nicht schon seither der Wechselwirkung zwi-
schen theologischer Wissenschaft und Kirche entflossen und ent-
fließt fortwährend noch und ebenso aus den heutigen persön-
lichen Beziehungen, die sich zwischen der Universität und un-
seren Geistlichen durch das Bestehen der theologischen Fakultät
herausgebildet haben. Wollte ich den Segen all dieser Wirkun-
gen ausführen, wollte ich auch die Ramen derjenigen Glieder
der theologischen Fakultät, wenn auch nur mit kurzer Charak-
teristik nennen, denen die evangelische Kirche und so viele Die-
ner derselben zu grotzem Dank verpflichtet worden sind, so
mußte ich auf die Entwicklung der theologischen Fakultät näher
emgehen, auf ein Gebiet, welches von einem viel berufeneren
Mann, und zwar in diesen Räumen so trefflich geschildert
wordcn ist.

Aber besondere Beziehungen darf ich noch erwähnen, ich
darf erinnern an den Anteil, der bei der Gründung unserer
so segensreich gewordenen Union der Universität zugekommen
ist, ich darf die Namen Daub und Schwarz nennen. Zu gro-
ßem Dank sind wir den Mitgliedern der Universität verpflich-
tet für ihre Teilnahme an der Mitwirkung an den theologischen
Prüfungen, auch den Mitgliedern der theologischeii Fakultät,
nicht bloß für ihre Mitwirkung an der Kirchenregierung und
deren Vertretung, sondern auch für die innigen Beziehungen
zwischen ihncn und der evangelischen Geistlichkeit. Solch' innige
Beziehungen können meines Erachtens nicht hoch genug gewer-
tet und gepflegt werden. Der Wechselwirkung dieser Faktoren
wird nur reicher Gewinn entspringen. Sie müssen um so rei-
cher gepflegt werden, als sie ein unentbehrliches Rüstzeug sind
für unsere evangelischen Geistlichen, als auch auf der anderen
Seite für die Männer Ler theologischen Wissenschaft.

Mögen diese engen Beziehungen immer bleiben und mäch-
tiger sich gestalten. Je mehr Theologie und Kirche sich gegen-
seitig ergänzen in ihren Vorzügen, desto größerer Gewinn
wird für beide entstehen, und wenn ein solcher Gewinn, wie
ich hoffe, aus solchen Wechselbeziehungen für die theologische
Fakultät hervorgeht, wird er auch auf die Gesamtheit über-
strömen.

Jn diesem Sinne bringe ich meinen Gruß und Dank und
die herzlichsten Wünsche nicht der theologischen Fakultät allein,
sondern der ganzen ehrwürdigen Ruperto Carola.

Ansprache des Oberbürgermcister Dr. Wilckcns in der Univer-
sitäts-Aula namens dcr Stadt Hcidelbcrg.

Wenn ich mir erlaübe, der Universttät zur Zentenarfeier
ihrer Erneuerung durch Karl Friedrich, zn dessen Ehren sich
hoffentlich bald ein seiner würdiges Denkmal in Heidelberg er-
heben wird, im Namen der Stadt die wärmsten Glückwünsche
darzubringen, so geschieht dies in dem Ge'danken, daß beide
Korporationen zusammengehören und ihre Schicksale aufs engste
miteinandcr verknüpft sind. Der gewaltigc Aufschwung, welchcn
die Hochschule unter badischer Herrschaft genommen hat, war
auch für die Stadt von größter Wedeutung. Von dieser alten,
durch Karl Friedrich neu bclcbtcn Pflanzstätte dcutscher Wissen-
schaft aus' drang ganz besonders im letzten Jahrhundert der
Geist der Bildung nicht nur in die Kreise der Studierenden,
sondern auch in jene der Bürgerschaft. Hervorragende Ge-
lehrte der Universität verschmähten es nicht, den reichen Jnhalt
ihres Wissens und ihrer Erfahrungen auch der nicht akade-
mischen Bevölkerung zugänglich zu machen, am öffentlichen Leben
der Stadt sich zu beteiligen und in 'dasfelbe jenen Zug der
Frische und Freiheit hereinzutragen, der glücklicherweise eine
Spezialitat Heidelbergs gsworden ist. Auch haben breite
Schichten unserer Einwohnerschaft aus den >Schätzen der wissen-
schaftlichen Jnstitute 'der Hochschule Belehvung schöpfen und
an den Wohltaten Teil nehmcn dürfen, die namcntlich von dcn
grohen akademischen Kliniken ausgehen. Die vielcn Tausende
von Studenteu aber, die hier zu den Fützen 'der olmo moter
gesessen sind, haben nicht nur den Ruhm der Universität, son-
dern auch jenen der Stadt weithin verbreitet. Sie haben
überall davon geredet und geschrieben, wie einzig schön 'dies
Hei'delberg sei, wie hier Natur und Kunst ein Bild von wunder-
barer Harmonie geschaffen hätten, wie gut und behaglich es sich
unter den gastlichen Pfälzern lebe und wclchc Fülle von Anre-
gung und Erfrischung in unserer Stadt und ihrer Umgebung
zu finden sei. Gerade in letzterer Hinsicht ist kein Geringerer,
als Helmholtz, einer der bcgeistertsten Lobrcdner HeideDergs
gewesen, und Vielen von uns sind noch die herrlichen Worte
in Erinnerung, mit denen er bei der 500jährigen Jübelfeier
der Ruperto-Carola die Reize unserer waldbödeckten Höhen
vries un'd des anreaenden Einilusses aedacbte. welcben das

Vcrweilen in solcher Umgcbung auf die Arbeit des Forschers
ansübe. So hat denn die Sradt alle Veranlassung, für die
manchfache Förderung ihrcr kulturcllen wie ihrer marcricllcn
Jnteresscn durch die Universität dankbar zu sein. Sie har
seither ihren Dank dadurch zu betürigen gesucht, datz sie, inso-
weit dies in ihrer Macht stand, auch die Jnteressen der Hoch-
chule zu fördcrn, die äutzcren Vcrhältnisse, in dercn RahmeN
stch die wissenschaftliche Tätigkeit vollzieht, möglichst günstig zu
geftalten und den Dozenten wie den Studenten eine ihren Nei-
gungen entsprechende Heimstärte zu bicten suchte. Auch in der
Folge wird unser Bestreben darauf gerichtct sein, zu unserer
geliebten Hochschule in den besten Beziehungen zu bleiben, iü
allcn grotzen Fragcn mit ihr Hand in Hand zn gehen und durch
die Tat zu beweiscn, datz die Stadt cs anfs dankbarste zu wür-
digen und zu schätzcn weitz, datz in ihren Mauern die ültcste
universitas literarum des heutigen Deutschen Reiches' ihren
Wohnsitz anfgeschlagen hat. Möge die Ruperto-Carola in alle
Znkunft wachsen, blühen und gedeihcn! Moge sie den Wechsel
dcr Jahrhnnderte überdauera, sere perennius!

Auf alle diese Ansprachen dankte der Prorektor Geheimrat
Czcrny in angemessencn Wortcn.

Zum Schlutz des Festatkes wnrdc vom städtischen Orcheiter
untcr der Leitung des Musikdircktors Prof. Wolfrum Franz
Liszts symphonische Dichtung „Orvhcus" vorgetragen. Um halb
2 Uhr war 'der Festakt Zu Ende.

Das Festmahl.

Am Nachmittag versammelteir sich dic Festreilnehmer nach
den Anstrengungen des Morgens zu srohem Male im grotzen
Saale der Stadthalle. Eine Ehrenrasel quer vor der Bühne,
von deren Hintergrund die Fahnen der studenrischen Korpo-
rationen herabgrützten, und sechs grotze Tafeln waren durch
Hoflicfcrant W. Scheurer mit Blunicn prächtig verziert. Die'
Ehrentafcl prangte im Schmuck von ChrysanthemensträußeiW
vcrbunden durch Lorbeergewinde.

Gegcn Uhr erschien Seine Königliche Hoheit der Groß-
herzog mit dem Erbgrotzherzog und dcm Prinzen Max. Tcr
Grotzherzog nahm den Mittelplatz der Ehrenrafel ern,
schlosscn sich rcchts an der Prorcklor, Geheimerat Czerny, Erz.>
der Erbgrohherzvg, Geh. Kirchenrat Bassermann, Minister o.
Dusch, ObciLürgerineistcr Dr. WUckens, kinks vom Grotzhcrzoa,
satzen Gchciinrar Kuno Fischcr Erielleiii: Prin-, Mar, Geh.
Bofrat Marks, Gey. Rat Bekker, Erzell. Dann folgten dir
anderen Ehrengäste. An den übrigcn Tafeln ließ iiäi dcr ge-
samte Lehrkörper nnserer Höchschüle niever, MMrk»' oer
Staats-, städtischen, Schul-, Kirchen- und Militärbehörden, im
ganzcn gegen 400 Pcrsonen. Die Galcrie schmückte ein rcicher
Kranz Damen in duftigen Gewändern. Die Kapelle des bad.
Leibgrenadierrcgimcnts unter Leitung von Musikdircktor
Bocttge stellte die Tafelnuisik.

Das Essen selbst wie^folgende Speisefolge auf: Wirkliche
Schildkrötensuppc, Heidelberger Forcllcn, frische Butter, neuc
Kartoffcln, Lendenstück auf dcutsche Art, Madaira-TunkcV
Gctrüffelter Kapaun, Kopfsalai, Tunstobsü Artischockcu-Böden
nach BHarnaiser Art, Gefrorencs, Waffeln, Mandelberg,
Dessert, Früchtc, verschiedene Käsc und Butter, Kaffcc. Tazu
wurden folgcnde Weine gereicht: 1898er Meursault (weitzcr
Burgnnder), 1897er Markgräfler Edelweiri', 1899er Bordeaux
Chateau Parempyre, 1897er Bernkastclcr Doktor, 1897er RL-
desheimer Schlotzberg (Originalabzug dcr Domünc), 1893er
Ntzmaunshäuser Cabinet, 1900er Forster Ziegler Auslese
„Perle der Pfalz", Schaumwein „Rheiugold".

Deu erstcn Trinkspruch brachte Scine Königlichc Hoh.
dcr Grotzherzog aus auf Seine Maj. Kaiser Wilhelm II. Er
erinnertc bcim Gedenken des Kaiscrs an das Strebcn nach
Einigung in Deutschland vor hundcrt Jahren und verlas im
Wortlaut eine Stelle aus den Werken des Schriftstellers Fried-
rich von Gentz, der im Jahre 1806 dic Frage der Einigung der
deutschen Stämme angeregt. Er pries die deutschen Hochschulen
als Pflanzstätte dicses Einheits'gedankens. Als Scnior der
Univcrsität sprach Geheimrat Kuno Fischer Exzellenz namcns
der Universität dem Grotzherzog Dank aus für alles, was er
zum Gedeihen der Rnperto-Carola gctan und bracküe ein drci-
faches Hoch auf den Rektor magnificentissimus und serenissi-
mus aus. (Die Rede des Geheimrats Fifcher war leider für die
Vertreter der Presse, die man auf der Galerie trocken gesetzt
hatte, zum grötzten Teil unverständlich).

Weitere Trinksprüche brachten ans: Minister v. Dusch aus
die alte u. doch ewig junge Ruperto Carola, Geheimrat Czerny'
Exzellenz, der Telegramme des Prinzen Karl aus Marienbad
nnd dcs Prinzcn Gcorg Wilhclm von Cumberland verlas, aus
die Ehrcngäste, der Rektor dcr Univcrsität Leipzig, Gcheimrat
Wach, auf Alt-Hcidelbcrg, Oberbürgcrmeister Dr. Wilckens aus
daS deiitsibe jsieer inid als' Vertre-er des kommandierendcn Gc-
nerals des 14. Armeekorps Divisionskommandeur v. Pfuel auf
die akademische Jugend. Damit hatte gegen 7 Uhr das schön
vcrlanfene Fcstmahl sein Ende crreicht.

Das Schlosifest.

Eine hcrrliche Sommernacht folgte dcm sonnigcn Tage-
Scharcn auf Scharcn zu Futz und zn Wagen zogcn den Schlotz-
berg hinan, das Wunder zu schauen, das die Stadt ihren Gästen
durch sorgfältigste Vorbereitungen hervorgezaubert hatte-
Ließ uns beim Eintritt in den Schloßgarten das uns über den
Torbogen grüßende in farbigen Flammen erstrahlende röini-
sche U. si. ahncn, was unscrcr iin Jnnern harre, so warcn wir
bcim Eintritt in dcn Schloßhof ob der Märchcnpracht schicv
sprachlos. Männlein und Weiblcin, Alt und Jung, in Uni-
form, Coleur und Zivil, wogtcn durchcinander. Hier das
Rauschen eines farbig beleuchteten Springbrunnens, dort die -
Klängc der Kapclle dcr Lcibgrenadierc. Die Feder versagt uns
aber, wenn wir die herrliche gcradezu cntzückende Beleuchtung
des Schloßhofes und seiner herrlichen Bauten beschrcibcn sol-
lcn. Elektrizität, Gas, bengalischcs Pulver, PapierlampioiiS
in allen Farben, Parafin und Pech warcn angewandt und ric-
fcn cine Wirkung hervor, die man sclbst erfahren muß. MaN
miiß selbst schen und schauen. Am Eingang des Brückcntores
war aus Gasflammen ein mächtiges U. L., slankiert von den
Zahlen 1808 und 1903, angebracht. Vor dem Otto Heinrichs-
bau erstrahlte ein mächtiger Zähringer Löwe, ebenfalls aus
Gasflammen. Sterne und zahlrcichc andere Figuren vcr-
vollständigtcn das glänzende Bild. Wirtschaften waren in
Bandhaus, Faß- und 'Otto Heinrichsbau unlergebracht. Ans
dem großen Fasse sprudeltc edlcs- Naß dcr Firma „Ueberlc
und Ritzhaupt". Jm Bandhaus konzertierte die Drag.-Ka-
pcllc aus Bruchsal, während im Faßbau dcr hiesige Orchcster-
vcrcin lustigc Weisen, bcsonders Studcntenlieder, ertönen ließ-
Gegcn 9 Uhr crdrönten Böllerschüsse und verkündcten das Na-
hen des Hofes. Jn Jnterimsuniform mit Mütze betraten
Großherzog und Erbgroßherzog mit ihren Gemahlinnen ^ dcn
Schloßhos, aus tausend Kehlen crschollcn unaufhörlichc Hoch-
rufe und das Tücherschwenken wolltc kein Ende nchmcn. Ue-
bcrall flammten bcngalische Flammcn aus und belcuchteten iN
malerischem Glanze, das Jnnere grün, das Aeußcre rot, dw
herrlichen Ruincn. Unser erhabcner Landesherr bcsand 9")
mittcn unter seinem Volke. Langsam bewcgte sich der Zlß3
durch den Schloßhof, hier und dort wurden einzelne Herren
und Damen durch Ansprachcn ausgezeichnet. Lange blicbcn
die hohen Hcrrschaften in der Mitte des Schloßhofes stchcl
und bewunderten das herrliche Schauspicl, wobei die Herrcn
Bürgcrmeistcr die Erklärungen gabcn. So erreichtcn sie cim
mählich den Eingang zum Bandhaus, dessen Kapelle zn eincn
Khr behaglichcn Aufenthaltsort umgcwandelt war. Tanncn-
grün bedcckte die Wünde und schwerc Tcppiche den Bodc'l -
Ein eleaantes rotes Vlüschmöblement batte die Firma Brer -
 
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