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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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rnan von der Weichsel rufen, als um der Wiederanknüp-
fung diplomatischer Beziehungen willen von Rom Kon-
Zessionen auf dem tnnerkirchlichen Gebiet an die russische
Regierung gemacht wurden, welche das religiöse Gefühl
der Polen empörten.

Jn Deutschland hatte der Knlturkampf der ultramon-
tanen Partei Organisation, Mittel, Technik geschafsen, ge-
eignet, um auch nach dem Erlöschen jenes einen neuen
Kampf aufzunehmen, der nichts anderes ist als die Er-
strebung einer Vorherrschaft im politischen Leben auf
Grund des demokratischen Prinzips und des Gegensatzes
gegsn die ganze moderne Staatsidee. Den grotzen Massen
war es gewitz nie ins Bewutztsein getreten, was den Hin-
tergrund dieser Agitation bildete. Die H'dee des Reiches
sollte, wenn nicht zerstört, so doch Völlig geschwächt, Las
Werk Wilhelms I. und Bismarcks zerrüttet und ein parti-
kularisttsches Föderativsystsm erstrebt werden, in welchem
die ultramontane Partei vermöge des allgemeinen Stimm-
rechts und ihrer internattonalen Verbindungen den aus-
fchlaggebenden Faktor spielen konnte.

Die Mehrzahl unsrer deutschen Bischöfe, verständig
und gewissenhaft, sah diesem Treiben kopfschüttelnd, be-
Lngsttgt, aber ohnmächtig zu. Sie war zur llntätigkeit
verdammt, weil Kne Aktionspartsi fich in Rom geschützt
wußte. Das Ergebnis war die hoffnungslose Zsrrüttung
der religiösen Verhältnisse in der Mehrzahl der deutschen
Staaten.

Jn Jtalien hatte die Tätigkeit der antinationalen
Mtionspartei nachgerade den Charakter eines Kampfes auf
Lsben und Pod angenommen, vornehmlich, seit das Schreü
ben Sr. Heiligkeit an Rampolla vom Oktober 1896 die
Unvereinbarkeit des geeinten KLnigreichs mit den Rechten
und Pflichten des Pontisikats ausgesprochen hatte.

Mit einem Wort: die zweite Phase dieses Pontifikats
Leo's XIII. stellt die denkbar vollkommenste Umwandlung
der Kirchein,eine p o l i t i s ch e I n st i t u t i o n dar.
Dieser Jdee wurden alle Gesichtspunkte und Jnteressen
dep inneren kirchlichen Verwaltung geopfert. Die religiös-
sittlichen Zustände, der religiöse Unterricht, das theolo-
gische Studium zeigen vorab in Jtalien einen Verfall, der
auch dem Blindesten auffallen muß. F-ür die Hebung der
historischen Studien tat Leo XIII. ein Erhebliches durch
die Erleichterungen, welche in der Benutzung des päpst-
lichen Archivs und der vatikanischen Bibliothek sintraten;
uicht ininder durch die Berufung so gsrsgLzeiMetMlAe-
amter für diese Sammlungen, wie der'MttEnMstriheute
in dem Dominikaner P. Denifle und dem vsrGrungs-
würdigen Jesuitsn P. Ehrle besitzt. Den Dante-Studien
wandte Leo, selbst ein ausgezeichneter Kenner der Divina
Commedia, seine wärmste Protekttott zu; in allen Fragen,
in welchen seine persönliche Jntervention in unsern deut-
schen wissenschaftlichen Jnstituten erforderlich war, erwies
er sich hilfreich und liberal. Für all' das sei sein An-
denken gesegnet. Er selbst, ganz in dem Jdeenkreis der
Scholastik erzogen, war ohne irgendwelche Fühlung mit
der historischen Schule, uttd seine Encykliken über das
Studium der Philosophie und Eregese zeigen, wie weit er
entfernt war, den Gesetzen der modernen Forschung Ge-
fchmack abzugewinnen: quas metuere satius est. Der ab-
solutisttsche Grundzug seines Geistes drängte auch hier
auf die vollkommenste Beherrschung des Gedankens. Die
Wissenschaft konnte sich ihm nur als Mittel der Regierung
darstellen.. Jn einer Zeit, in welcher der richtige Ausgleich
der geisttgen Kräfte zu suchen und die Bedingungen zu ge-
winnen waren, unter welchen der Katholizismus als
Faktor des geistigen Lebsns in der Zukunft seinen Platz
finden könne, mußte diese Eutwicklung als eine überaus
berhängnisvolle erscheinen. Gerade die allerletzten Jähre
des Pontifikats Leos XIII. häben nach dieser Richtung
die peinlichsten Erinnerungen hinterlassen.

Die Allianz des P a p st t u m s mit dem vierten
Stand und der Versuch, auf diesem Weg von neuem die
Herrschaft über diese Welt zu begründen, war ein Traum
von seltener Kühnheit. Man könnte ihn grotz nennen,
wenn er nicht den Untergang unsrer modernen Knltur nnd
Freihsit, die Niederlage des germanischen Geistes gegen-
Wer dem innerlich ausgeleibten guelfischen Latinismus,

sein Geheimnis zu entlocken. Auf jeden Fall sind wir Bundes-
gcnosscn, Fräulein Helbing." Er hielt thr die Hand hin.
Ohne Bcsinnen schlug sie ein, aber ihr Herz krampfte sich doch
zusammen. Gegen wen hatte sie sich mit ihm verbündet?
Gcgen den Vater des Mannes, den sic liebtc, mit dcm sie sich
socben verlobt hatte!

„Was kann Edgar für seinen Vatcr?" fragte sie sich,
während sie an Hellmuths Arm cinherschritt, der es sich nicht
nchmen lietz, sie durch den jetzt in Tunkel und Schwcigen sich
hüllenden Wald zu geleiten. Sie war sehr schweigsam ge-
worden und blicb es auch, als Edgar ihnen entgegenkam und
ihr bisheriger Beglciter sich cmpfahl.

Edgar war zartfühlend genug, sie nicht nach dem Jnhalt
ihrer Unierredung mit Erbach zu fragen, und sie mutzte da-
rüber schwcigen Wic gern hätte sie sich gegen ihn ausge-
sprochen, ihn zum Bundesgenoffen geworben, aber was ge-
plant war, richtete sich gegen seinen Vater. Der Schlag, der
jenen treffen würde, konnte auch mit auf sein unschuldigcs,
scin gcliebtes Haupt fallen.

Aber sie konnte, sie durfte nicht davon abstehen! Lang-
fähriges, schweres Unrecht mußte gut gemacht, die Schuldigcn
mußten bcstraft, Aliee in ihre Rechte eingesetzt werden; sie
durfte nicht an sich denken.

Als sie sich von Edgar trennte, war der Kuß, dcn ste ihm
-gab, heitz und innig, aber sie kam sich dabei wie eine Ver-
räterin und gleichzeitig wie ein Opfer vor.

18. K a p i t e l.

Fast zu derselben Zeit, während welcher im Walde die
bcdeutsame Unterredung zwischcn Leonie Helbing und Hcll-
muth von Erbach stattgefunden, hatte der -Oberverwalter Har-
tung mit dem Förster Menhold in dcsien Behausung cin crnstes
Zwiegespräch gehabt.

Auch Hartung hatte von dcm Auftritt in der Waldschänke
erfahren, und sein Vorsatz, mit Mcnhold ein crnstes Wort zu
rcden, war dadurch öestürkt worden. Er hatte zuerst die Ab-
sicht, den Färster auf seinen Waldgängen aufzusuchcn, wollte

schließlich dcis Versinken des rsttgiösen Prinzips in einer
gänzlich Politisierenüen'Genossensck-ast bedentet hätte.

Herodöt Hat uns die Geschichte jenes kleinasiatischen
Königs aufbewahrt, .welcher, der Verheitznng folgend,
auszog, nm jenseits 'des Flussss ein großes Reich zn zer-
stören. Wie dies Reich hietz, hatte das Orakel im un-
gemissen gelassen. Auch Leo XIII. überschritt einen
,Strom, um ein mächtiges Reich,zu zerstören. Welchen
Namen dies Reich trägt, das durch ihn zertrümmert worden
ist, das ist das Geheimnis ,des 20. Jahrhunderts.

Deutsches Reich.

— Die „Deutsch-evangelische Korrespondenz" berichtet
über neue klerikale Umtriebe auf d-em Gebiete
der S ch u l e, aus denen sie folgert, daß der Vorstoß des
Bischofs Kornin in Trier durchaus nicht als ein verein-
zelter Vorfall anzusehen ist, sondern daß es sich um einen
systematisch geführten Feldzug gegen die Schule handls.
Jn ähnlicher Weise wird nämlich nach der genannten
Korrespondenz auch im Herrschaftsgebiet des Fürst-
bischofs KoPP, in S ch I e s i e n, nnd dort insbesondere
in Breslau an der Klerikalisierung des Unterrichts ge-
arbeitet. Auf höheren Befehl forderten, so wird berichtet,
die katholischen Pfarrämter hier in diesem Frühjahr von
den Eltern derjenigen Mädchen, die nach Ostern in den
Beichtunterricht aufgenommen werden sollten, und bis
dahin eine evangelische hezw. paritätische höhere
TöchterschuIe besucht hatten, ihre Töchter aus jenen
Schulen herauszunehmen und sie in katho-
lische TöchterschuIen üb e r z u f ü h r e n. Wi-
d-rigenfalls wllrden dieselben mit den VolksschUIerinnen
und nicht mit den anderen höheren Töchtern unterrichtet.
Auch müßten sie dann zur Ergänzung des bisher in ihrer
höheren Töchterschule erhaltensn katholischen Unterrichts
wöchentlich eine Stnnde besonderen Religionsunterricht
besuchen. Jn einer Reihe von Fällen haben die Priester
ihren Zweck anch schon erreicht. Wenn das zutrifft, so
hat es sich hei der Korumschen Herausforderung also kei-
neswegs bloß um Ungeschicklichkeiten eines besonders sa-
natischen Bischofs, sondern um einen auf der ganzen
Linie gegen unsere Töchterschulen planmäßig begonnenen
klerikalen Vorstoß, die Einleitung des großen Kampfes
um die Schule überhaupt gehandelt. Es ist ein gefähr-
liches Spiel, was da von den Klerikalen gewagt wird.
Man blicke auf Frankreich, wo die Regierung entschlossen
den Weg der Trennung von Schule und Kirche geht. Auch
in Deutschland wird man diesen Weg betreten, wenn die
katholische Kirche einen Schulkampf beginnt. Schon heute
würden Millionen von Wählern — auch ein sehr großer
Teil der Anhänger gemäßigter Parteien — für die Tren-
nung zu ha-ben sein.

— Jm Wahlkreis Dessau hat d!e freifinnige
Vereinigung den früheren Reichstagsabg. Schrade r
aufgestellt und giebt der Zuver'sicht Ausdruck, daß es
Herrn Schrader gelingen werde, den Wahlkreis zu be-
haupten. Wir hegen allerdings starke Zweifel, ob Herr
Schrader gleich im ersken Wahlgang so viele Stimmen
auf sich vereinigt, wie der verstorbene Abgeordnete Roesicke:
11 416. Geschieht dies nicht, so ist der Ausgang einer
etwaigen Stichwahl sehr zweifelhaft.

Elsaß-Lothringcn.

— Aus Elsaß-Lothringen wird der „Kölnischen Ztg."
geschrieben: „Die letzte V o l k s z ä h I u n g hat bekannt-
lich ergeben, daß das Deutsche in den Französisch
redenden Landesteilen seit 1870 e r f r e u I i ch e F o r t-
schritte gemacht hat. Jn allen größeren Gemeinden
im französischen Sprachgebiet ^äben sich durch Einwande-
rung starke Leutsche Minderheiten gebildet. Jn Metz und
Umgebung hat das Deutsche sogar nach und nach das
Uebergewicht erlangt. Die Fortschritte des Deutschen
machen 'sich auch dadurch bemerkbar, daß die Zahl der vom
Gebrauch dex deutschen 'Geschäftssprache befreiten Ge-
meinden von 378 auf 284 zurückgegangen ist, eine Ziffer,
die in den nächsten Jahren eine weitere Verminderung
erfahren dürfte. Von günsttger Wirkung ist es, daß die
Zahl der Bürgermeister und Beigeordn-eten, die des Deut-

ihn dann wie zu einer geschäftlichen Besprechung in sein
Bureau nach Wiesenbcrg bescheiden lassen, erachtete es aber
zuleht als das Beste und Unauffälligste, wenn er ihn in seinem
Waldhause und zwar zur Abendzeit aufsuchte.

Er fand den Förster, der soeben aus seinem Revier heim--
gekommen war, vor seiner Haustür auf der Bank sitzen, im
bequemen Hausrock, mit Pantoffeln an den Fützen, die Pfeise
im Munde und einen Krug Dornburger Bier vor stch. Zwei
grotze Doggen lagen neben ihm lang ausgestreckt.

Noch ehe Menhold den Nahenden wahrgenommen, witter-
ten die Hunde, daß etwas Fremdes im Anzuge sei und schlugen
an. Der Förster tvurde aufmerksam, schaute um sich, gewahrtc
dcn Oberverwalter und ging ihm entgegcn, nicht unähnlich
einem seiner Hunde, der sich bewutzt, datz er etwas Unrechtes
getan hat und seinem Herrn in der Furcht dor Strafe naht.
Er hatte erfahren, was er in der Trunkenheit geredet hatte.

Der Oberverwalter lietz ihn denn auch nicht im Zweifel
darüber, was der Anlaß seines Kommens war, denn statt deZ
Grußes rief er ihm zu: „Man hört ja erbauliche Dinge von
Euch, Menhold! Was habt Jhr für ZLug in der Waldschänke
geschwatzt?"

Menhold schob die Mütze auf ein Ohr, kratzte sich den Kopf,
nahm die Pfeife aus dem Munde und sagte, während er ber-
legen von einem Futz auf den anderen trat: „Ach, du lieber
Gott, Herr Oberverwalter, das haben Sie auch schon gehört?"

„Man spricht in der ganzen Umgegend davon, und es soll
mich gar nicht wundern, wenn die Leute sich ihr Teil denken",
erwiderte Hartung unwirsch. „Möchte wohl wissen, wie Jhr
so grenzenlos unvorsichtig sein konntet. Doch nicht hier ist der
Ort, darüber zu reden, wo jeden Augenblick Leute vorübergehen
könncn", unterbrach er sich und schritt der Haustür zu.

Mcnhold folgte ihm.

„Seid Jhr allein?" fragte Hartung in dem langen halb-
dunklen Flur, der das einstöckige Haus der Länge nach durch-
schnitt, stehen bleibend und um .sich schaucnd.

„Mutterscelen allein. Der Bursche ist noch im Revicr und

schen nicht mächtig-sittd, immer mehr zurückgAt.
den von Dr. von Böüries'auf Gruud amtlicher ErmiK-
luugen usuerdiugs angestellten Ilntersuchuugen haben zui
Zeit von den 762-.Gememden Lothringens bereits 497
oder 66 Prozent des Deutscheii mächtige Bürgermeisier
uud Beigeordnete; jm 128 Gemeiuden beherrjcht wenig-
stens einer der beiden Gemeindeteiier das Deutsche, und
nur in 117 gleich 17 Prozent sind weder Bürgermeister
noch Beigeordnete des Deutschen mächtig. Tie betrefsen-
den Gemeindeleiter hadöii anßer der Schule ihre deutschen
Sprachkenntnisse meist dem Aiiiemhall in altdeutschen
Garnisonen bei Ableistung der Militärpflicht zu verdan-
ken, der es überhaupt ziiznschpeiben ist, daß der jungi
männliche Nachwnchs im Deüischen weit mehr als der
weibliche gefördert ist. SMitredLnd ist das Lehrpersonal
in sämtlichen Gemeinden,deH^Dtzutschen mächtig, nachdeM
das aus 'ranzöiücher- Zeit nbernommene Personal fast
vollständig entfernt wstd-ett--M-1üDagegen hat unter der
jungen Geistlichkeit die Kenntnis der deutschen
Sprache noch n i cht in wüinchen-nverler Weise Fortschritte
gemacht. Man trifft nämlich noch vielfach Geistliche,
welche in den 80er Fahren .nisgebildel wurden und das
Deutsche entweder nicht ötdenÜiH- gelernt oder später
wieder vergessen häben. Diese Herrsn erteilen den Reli-
gionsunterricht auch in solchenstSchuIen ausschließlich auf
Französisch, in denen die Kinder der deutschen Sprache
ausreichend mächtig sind. Man darf Mohl anne'hmen,
daß Bischof Benzler nach dieser Richtung hin eine Wand-
lung anbahnen wird."

Ausland.

Jtalien.

— Die schwere Bürde des päpstlichen Amtes wirkt,
wis d-er „Daily Mail" aus Rom, berichtet wird, nach-
teilig auf die Gesundheit des Pa p st e s. Seit der Krö-
nung sei der Papst immer übermüdet und im allgemeinen
nicht wohl. Däher änch der Ohnmachtsanfall. Wie ver-
lautet, fühle sich Pius X. sehr unglücklich. Er weine ost
anhaltend und habs geänßert, er würde sich nur glücklich
fühlen, wenn er wieder nach Denedig zurückkshren könne.
Der Leibarzt Dr. Lapponi erklärte Has Herz des Papstes
für gesund. -.-6 s ' --

Rnsiland.

— Die Wiener Ärbelttzr-.Zeitnng veröffentlicht einen
Brief eines in einem Pe t e r s b Nrger Gefängnis
inhaftierten Stndenten, Dersslbe berichtet über haar-
sträubende Martern, wclche die iGefangenen anszu-
stehen haben.

Aus Stadt und Land.

V Der Protest der Frauen, Man berichtet uns: Die unter
dem 12. Juli bei dem Bezirksamt Ängereichte, von 288 Heidel-
berger Frauen unterschriebene Eingabe — Protest gegen die
Wiedererrichtung der öfferttlichen- Häuser — hat nachträglich
hicr noch 322 Unterschriften erhalten, welche an die genannte
Behörde eingcsandt worden sind.

Schnellzugsverbindung Würzburg-Heidelberg. Die Han-
dels- und Gewerbekammer von Unterfranken richtete an die
Gencraldirektion der grotzherzoglich badischen Staatseiscnbah-
nen folgendc Eingabc: „Die Zugverbindungen auf der Streckc
Würzburg-Heidelberg haben in diesem Sommer eine wesent-
liche Verbcfferung dadurch erfahren, datz die Züge Nr. 32
Bcrlin-Würzburg und Nr. 106 Hof-Würzburg von Würz-
burg nach Heidelberg im Zutz .Nr. 32 vereinigt -wurden, ferner
daß die Züge 110 Ho» Würzbnrg. 63 Wien-Nürnberg-Würz-
burg und 87 München-Würzburg an Schncllzug Nr. 30
Würzburg-Heidelberg Änschlutz erreicht haben. Wir glauben
wohl mit der Annahme nicht fehl zu gehen, daß nicht bloß un-
ser Platz Würzburg, sondern üuch die badische Linie Würz-
bnrg-Heidelberg durch die, Verkefferung der Verbindungen nach
Baden, der Pfalz, dem Elsatz und der Schweiz über Basel emcn
Vcrkehrszuwachs crhalten haben. Tieser Verkchr würde nocki
weiter ausgestaltet werden und könnten namentlich von der
Route aus Sachsen über Thüringen cin nennenswerter Bruch-
teil des Vcrkehrs auf die Strecke Würzburg-Heidclbcrg über-
geleitet werden, wenn dje vormittazs in Würzburg eintreffen-
den Nachtzügc, nämlich -Schncllzug 116 Dresden-Hof-Bam-
berg und Schncllzug 81 Wien-Rürnberg, -direktcn Nnschlutz
nach Heidelberg, sowic, wenn die abcnds hicr abgehcnden
Schnellzüge 118 Bamberg-Hof-Dresden, 66 Nürnberg-Wien
und 94 Würzburg-München von Heidelbcrg rcsp. von Basel
Anschlußzüge erhalten würden. Es wäre also dic Einlage eines

mcine Frau ist nach Dornburg gegangen, sie wird erst spüt zu-
rückkommen", antwortete dcr Förster und öffncte die Tür cines
niedrigen, aber grotzen, dreifenstrigen Zimmers, das ländlich
eingerichtet war. Ein mit großblumigem, buntem Stoff über-
zogenes Sopha und cin Spiegcl mit Goldrähmcn mochten wohl
erst in jüngster Zeit für die junge Frau angeschafft sein.

Menhold bot dcm Oberverwalter einen Platz auf dem Sopha
an, der lehnte aber ab, setzte sich auf den ihm nächst stehenden
Stühl und befahl: „Nun erzählt ei-nmal, was hat's denn in dcr
Waldschänke eigentlich gegeben?" '

„Ach, Herr Oberverwaltcr, ich weiß es ja sclbst nicht recht!"
crwiderte der Förster kläglich. „Jch war —"

„Knüll betrunken!" fiel ihm der Oberverwalter in die Rede.
„Jhr witzt doch ganz gut, daß Jhr nichts vertragen könnt."

„Und ich mache mir auch gar nichts aus dem Zeuge, habe sel-
ten cinen Tropfen Branntwein im Hause, trinke in der Regcl
nichts als meinen Krug einfaches Bier!" fuhr der Förster im
mer noch in seinem kläglichen Ton fort. „Aber sie haben
mich mitgeschleppt, ich tounte mich nicht los machen, und als
nun die Rede auf den Tod dcs Hcrrn Wilhclm von Nohr kam,
und datz sein Bruder ihn umgebracht hüttc, da habe ich in mei-
ner Herzensangst getrunkcn, was mir untcr die Fingcr gekom-
men ist."

„Und dann habt Jhr gesägt, Wolf bon Rohr sei unschuldig.
Jhr hättet den Mord begnngcn."

„Nein, nein, so war's nicht", verteidigte sich der Förster.
„Sie stürmten auf mich ein und sagten, ich müffe es wissen, da
ich schon zu der Zeit hier Förster gewesen wäre, und da — und
— da —"

„Habt Jhr dummes Zeug gcschwatzt!" fiel ihm Hartung in
die Rede. „Menhold, Menhold, seht Euch vor, Jhr könntet Euch
um den Hals reden. Dic Sachc ist noch nicht verjährt."

„Jch habe mich all' die Jahre so in Acht genommen, und
nun mutz mir so ctwas passicren!" stöhnte Mcnhold, die Hände
ringend.

(Fortsetzung folgt.)
 
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