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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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Karlsruhe, 13. August. Gestern, Mittwoch den
12., früh 3 Uhr, sind d^r Großherzog und die Großher-
poip KarlsxlHe Ätzereist und haben nm halb 8 Uhr
Lie StLtionDeterzell erreicht, wo dieselben bon dem Amts-
vorüand vorr Äillingen, Oberamtmann Dr. Cron, dsm
Bürgermeister von Königsfeld und dem Prediger der
Brüdergemeinde begrüßt wurden. Jhre Königliichen Ho-
heiten bestiegen daselbst die bereitstehenden Wagen und
fuhren nach Königsfeld bis zum Kirchensaal, wo der Ge-
meinderat und die Kilrchenältesten den Höchsten Herrschaf-
len vorgestellt wurden. Vor der-Kirchentreppe waren die
Schulkinder aufgestellt, und ein Mädchen sprach unter
Ueberreichung eines Blumenstraußes an die Großherzogin
ein Gedicht. Beim Kintritt in das Haus wurdsn im
Nur der Aeltestenrat und die Frauen des Bürgermeisters,
des Predigers und der Direktoren vorgestellt. Hierauf
Murden Jhre Königlichen Hoheiten in den Kirchensaal
geführt, wo dih Brüdergemeinde in großer Zahl ver-
sammelt war und ein gemischter Chor einen Hymnus
fang. Der Prediger begvüßte die Großherzoglichen Herr-
schaften mit einer sehr warmen Ansprache, welche der
Großherzog dankend beantwortete. Jhre Königlichcn Ho-
heiten verlidßen danach das Haus, vor welchem die Krie-
gervereine der Umgegend aufgestellt waren, deren Front
der Kroßhjerzog entlang ging und besonders mit hen
Kriegsveteranen sprach. Die Großherzogin besuchte in-
zwischen das Schwesternhans, wohin der Großherzog spä-
1er nachfolgte. Daselbst wurden die Vorsteherinnen, dde
dekorierten Lehrerinnen und die Schülerinnen des Fort-
bild'ungspersonals vorgestellt. Das Mädchsninstitut wurde
sbenfalls von Jhren Königlichen Hoheiten besichtitzt^ ob-
gleich während der Ferien weder Lehrerinnen noch Schü-
lerinnm anwesend waren. Nach einem Besuch der Frau
Stapfer geb. von Froben, welche den Großherzoglichen
Herrschaften Tee und einige Erfrischungen anbot, fnhren
dieselben zum Schlusse nach dem Friedhof. Nach Be-
sichtigung desselben verließen Jhre Königlichen Hoheiten
Königsfeld unter 'lebhafter Begrüßnng der gesamten Ein-
wohnerschaft — eine äuherst herzliche Verabschiedung!
Der Grotzherzog und die Grotzherzogin refften sodann
mittels Sonderzuges von Peterzell mit kurzem Aufenthalt
rn Villingen nach Konstanz weiter, wo dieselben nach-
mittags halb 3 Uhr eintrafen nnd am Bahnhof von den
Spitzen der staatlühen nnd militärischen Behörden empfan-
gen wurden. Die Ankunft der Grotzherzoglichen Herr-
schaften auf Schloß Mainau erfolgte um 3 Uhr.

Auslaud.

Jtalien.

Benebig, 13. Aug. (Köln. Ztg.) Die-Schwester n des
Papstes werden im September nach Rom übersiedeln. Der
Kammerdiener des Papstes Lco XIII., den auch Pius X. in
femen Dienst genommen hat, ist hier eingetroffen, nm den
Damen, die, wie bekannt, bisher den Haushalt des Karoinal-
Patriarchen führten, bei der Auflösung des Haushaltes zn
helfen. Dic Tamen Sarto werden in der Nachbarschaft des
Vatikans eine Privatwohnung beziehen. P a p st Pius X.
hat dieser Tage cinen Frennd aus Venedig, dcr nach Rom ge-
reist war, ihn zu beglückwünschen, aufs freundlichste empfan-
gen und ihm beim Abschiede gesagt, er hoffe ihn noch
einmal in Venedig w i e d e r z u s e h e n. Ter Papst
Letonte in der Unterredung, er sei aus Venedig abgereist, ohne
auch nur einen Gedanken daran zu haben, er könne zum Papst
gewählt werden. Er habe, als die Stimmen auf seinen Na-
men sich mehrten, ernste Zweifel empfunden, sich aber dem
Willen Gottes unterworfen, der ihn, ohne sein Zutun, bishcr
von Würde zu Würde geführt. Er habe die päpstliche Wurde
nicht erstrebt, aber er sei fest entschlofsen, seine Pflicht zu tun,
nach bestem Wissen und Gewissen.

Rußland.

Petersburg, 18. Aug. Ein gestern vom Kaiser unterzeich-
meter Ukas befiehlt, aus dem Amur - Generalgou -
vernement und deni Schönkinggcbiete eine be -
sondere Statthalterschaft zu bilden. Der Statthalter wird mit
der höchsten Gewalt in allen Zweigen der Zivilverwaltung des
Gebietes bekleidet, die gleichzeitig der Leitung der Ministerien
«ntzogen wird. Jhm liegt auch die Sorge ob für die Ruhe,
Sicherheit und Wohlsahrt sowohl der an der chinesischeu Ost-
bahn liegenden Gegenden auch der an die Statthalter-
schaft angrenzenden, jenseits der Grenze liegenden russischen
Besitzungen. Bis zum Erlatz eines Gesetzes über die Kompe-
tenz und Pflichten des Statthalters kommen für die Verwal-
tung des fernen Ostens die im Jahre 1845 für die kaukasische
Statthalterschaft erlassenen Bestimmungen zur Geltung. Die
diplomatischen Beziehungen im Verkchr dieser Gebiete mit
den Nachbarstaatcn sind in dcr Hand des Statthalters vere:-
nigt. Jhm wird auch das Konümando über die Kriegsflotte
im Stillen Ozcan sowie über alle Truppen des Gebietes über-
tragen. Ein besonderer Ausschutz unter dem Vorsitze des Kai-
fers wird die Anordnurigen des Statthalters mit den allgemei-
nen staatlichen Absichten und der Tätigkeit der Ministerien in
Einklang bringcn. Gencraladjutant Alexejew, der zum
Statthalter ernannt wird, crhält dcn Auftrag, die Vorlage
über die Verwaltung des ihm anvertrauten Gebietes dem
Kaiser znr Bestätigung zu unterbreitcn.

Aus Stadt uvd Land.

Heidelbsrg, 14. August.

X Der Firma Henkenhaf und Ebert ging nachfolgendcs
Dankschrciben der llniversität zu:

Heidelberg, 10. August 1908.
Ew. Hochwohlgeborcn

haben durch die pünktliche und kunstvolle Ausführung der
Stadthalle cinen präckstigen Raum für die Zcnteuarfeier
der Ruperto Carola geschaffen, welche dadurch einen glanz-
vollen Nahmcn für ihre bedeutsamcn Festakte und ein fcst-
liches Gewand für die zahlreichen Gäste erhalten hat.

Dank Jhrcr kunstgeübten Aufsicht ging der häufige Wcch-
sel der Einrichtungen für die verschiedenartigen Bedürfnisse
schnell und wie durch Geisterhand von statten. Sie haben

Petersburger Akademie der Künste weibliche Studenten
für das Baufach angenommett. Zwei Kandidatinneu,
die Frau eines St. Petersburger Architekten und eine
Russin, die bisher, in Berlin gelebt hat, haben sich bereits
gemeldet. WeibsiM' Baumeister gibt es gegenwärtig
schon in llngarn.

dadurch sehr wesentlich zu dem vorzüglichen Gelingen ün-
seres Jubelfestes beigctragen, wofür ich Jhnen im Namen
des Engeren Senates aufrichtig und wärmstens. danke'. s

gez.: Czerny.

zX Die Berlängerung der Elektrischen bis zum Stadtteil
Handschuhsheim. Jm Jnseratenteil unserer heütigen Nummer
befindet sich die amtliche Bekanntmachung, welche die Äbsicht
der Stadtverwaltung, die elektrische Straßenbahn bis Hand-
schuhsheim zu verlängern, amtlich kundgibt.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden zwei Arbeiter-
innen wegen Umherziehens, ein Händler u. ein Metzger wegen
Landstreicherei und ein Arbeiter wegen Vergehens gegen Pa-
ragraph 175 R.-St.-G.-B. — Zur Anzeige kamen 4 Per-
sonen wegen Unfugs.

Friedrichsfeld, 13. Aug. Gestern Nachmittag wurde beim
Aufdecken der Fundamentreste der neulich abgebrochenen altcn
evangelischen Kirche in einem ziemlich großen, vier-
seitig bearbeiteten ausgehöhlten Stein mit einem Steindeckel
verschlossen, eine aus zinnartigem Metall bestehende Platte
etwa 25:20 Ctm. unü 1 Ctm. dick gefunden, die beiderseitig
mit lateinischer Jnschrift und der Jahreszahl 1738 versehen
ist. Es handelt sich hier zweifellos um eine Art Grund -
steinlegungsnrkunde aus der Zeit des Wiederauf-
baues des bci der Verheerung der Pfalz durch die Franzosen
im 17. Jahrhundert zerstörten Kirchleins, welches sich die
Friedrichsfelder Refugies bei ihrer Ansiedlung im Jahre 1692
erstmals erbaut hatten. Eine im Gange befindliche Unter-
suchung der Platte wird nähere Anfklärung bringen.

0 Mlinnheim, 13. Aug. (Z u m Streik bei Lanz.)
Jn den einzelnen Werkstätten der Lanz'schen Fabriken wurde
gestern nach Feierabend eine Bekanntinachung der Firma an-
geschlagen, wonach diejenigen Arbeiter, welche keine Streik-
arbeit verrichten wollen, bis spätestens Freitag Mittag ihre
Kündignng einreichen möchten. Von dem Resultate dieser
Kündigung wcrde es abhängen, ob die Fabrikleitung in dcr
Lage sein werde, den Gesamtbeirieb weiter,zu führen oder
nicht. Diese Sprache ist deutlich genug. Die Arbeiter stehen
jetzt vor der Frage: Generalstreik oder bedingungsloses Nach-
geben. Sowohl die Kesselschmiede als die in der Gießerei be-
schäftigten Arbeiter wählten gestern Abend je eine dreigliedrige
Kommission, welche heute Morgen der Firma den Wunsch un-
terbreiteten, daß dieselbe die in Frage kommenden Arbeiter so-
fort wieder einstellen soll, und datz der oben genannte Anschlag
zurückgezogen wird. Geschieht dies nicht, so werden laut
„Volksstimme" die Kesselschmiede nnd die Gießereiarbsiter die
Fabrik verlassen.

0 Waibstadt, 13. Aug. Jn N e ck a r b i s ch o f s h e i m hat
sich Heute Nachmittag der Apotheker S., Schwiegersohn des
Apothekers Becker in Neckarbischofsheim, vermutlich in eineni
Anfall von geistiger Verirrung vergiftet. Jnfolge der Aufre-
gung über diese Tat ist Apotheker Becker sofort am Schlagfutz
gestorben. Ueber die Ursache des bedauernswerten Schrittes
des S. ist noch nichts bekannt.

V Ettlingen, 13. Aug. (B a d,, Päckerverban d.)
Unter Beteiligung von etwa 600 Bäckermeistern fand hier die
14. Versammlung des Badischen Bäckervexbandes statt. Be-
schlossen wurde, die noch LestehLnden iöäckergenossenschaften in
Jnnungen umzuwandelri, auf die Einrichtung von Fachschulen
für Bäcker Bedacht zu nehiifen oder auf den Bedürfnissen der
Bäcker entsprechende Einrichtungen in den Fortbildungsschulen
hinzuwirken. Weitere Gegenstände der Beratung waren: die
Abschaffung des Maximalarbeitstages, die Errichtung eines
Zcntralarbeitsnachweises und die Beschwerden über die Schä-
digung der an der schweizerischen Grenze wohnenden Bäcker
durch zollfreie Einfuhr von Brot und Mehl. Der Vorstand
Wilser-Karlsruhe wurde wiedergewühlt.

Karlsruhe, 13. Aug. (Verhaftet.) Der „württemberg.
Kneitzl" Fink, welcher vor einigcr Zeit in Stcinheim, O.-Ä.
Heidcnheim, den Landjäger, welcher ihn als steckbrieflich Ver-
folgten verhaften wollte, niederschotz und sich bis jetzt trotz
eifrigster Nachforschungen der Festnahme zu entziehen wußte,
ist heute in Leopoldshafen bei Karlsruhe durch die Gendarmecie
verhaftet worden. Auf seine Einbringung war eine Belohnung
von 300 Mk. ausgesetzt.

1 St. Blasien, 13. Aug. Eine junge Dame, die als Knr-
gast hier weilt, wurde auf einem Spaziergang, während sie im
Windbergtal auf einer Bank saß, plötzlich von einem Strolch
überfallen, der sich heimlich an sie herangeschlichen hatte und
ihr dann plötzlich mit einem schweren Stock mehrfach über den
Kopf schlug, sodaß sie eine blutige Wunde oberhalb der Stirne
davon trug. Der Umstand, datz der Attentäter sich darauf so-
fort zur Flucht wandte, ohne den Versuch zu machen, die Dame
zu berauben oder sie in irgend einer anderen Weise zu belästi-
gen, läßt darauf schließen, daß man es mit einem Geistesge-
storten zu tun hat, falls nicht vielleicht ein Racheakt vorliegt.

I< Billingen, 13. Aug. (B e r u f s b ü r g e r m e i st er.i
Jn der gestrigen Sitzung des Bürgerausschusses wurde, nach-
dcm Bürgermeister Osiander zu Anfang des Monats sein Amt
niedergelegt, einstimmig der Beschlutz gefaßt, die Stelle durch
einen akädemisch gebildeten Berufsbürgermeister zu besetzen,
für welchen ein Anfangsgehalt von jährlich 6—7000 Mark mit
Aussicht auf Pensionsberechtigung ausgeworfen werden foll.
Einer aus 7 Mitgliedern des Gemeinderats und Bürgeraus-
schusses bestchcnden Kommipion ist die Ergreifung der weitc-
rcn Schritte übertragcn.

8 Kchl, 13. Aug. (E i n e n guten F a n g) schcint die
hiesige Gendarmerie am Sonntag Nachmittag gemacht zu ha-
ben. Als dieselbe auf der Hauptstraße einen durchreisenden
Handwerksburschen kontrollierte, fand sic bei demselben meh-
rere Ausweisschriften und zwar auf verschiedene Namen lau-
tend. Hierwegen zur Rede gestellt, ergriff der Bursche, statt
Antwort zu geben, die Flucht, wurde aber alsbald wieder ein-
geholt und festgcnommen. Jn seinem Besitze fand man zwci
Zylinderuhren, vier goldene Ringe, einc goldene Damenühr-
kctte mit goldencm Medaillon, zwci weitere goldene Damen-
uhrketten, drei goldcne Broschen und ein Opernglas. Er
hatte außerdcm drei Geldbeutel, drei Gemeindestempel und
was nicht fehlen durfte, eine scharf geladene Doppelpistolr. Ein
früherer „Reisegefährte" soll die Sachen „gcstohlcn" und in
einem Walde versteckt haben und als der „Reisegefährte" ver-
haftet worden sei, habe er die Sachen im Bersteck geholt und
an sich genommen. Der Bursche wurde einstweilen hinter
Schlotz und Niegel gesetzt.

O Frcilmrg, 14. Aug. (H i n r i ch t u n g.) Dcr viclfach
erwähnte Lustmörder Heinrich Pfister, der die Tat hactnäckig
leugnete, aber in der Gerichtsverhandlung hinreichend über-
führt wordcn war, wnrde heute früh halb 0 Uhr hingcrichtet.
Die Guillotine war von der kürzlich vorgenommenen drei-
fachen Hinrichtung her in Freiburg verblicben.

Heidelberger Vereinsanqelegenheiten.

X Theosophische Gesellschaft. Morgen, Samstag, abends
halb 9 Uhr, findet im kaufm. Vercinslokal, Hauptstratze 45 I
eine Vorlesung statt über das Thema: „Jst eine allgemeine
Verbrüderung der Menschheit durchführbar?" Diese für alle
Kreise interessante Frage dürfte zu zahlreicher Beteiligung an
der Versammlung bcitragen; dcr Zutritt ist frei.

Handel und Verkelir.

Frankfnrt, 13. Aug. (Effektensozietät.) Umsätzs
bis 0.15 Uhr abcnds. Kreditakticn 207.90 bz.

Lombardcn 10.70 B. 60 G.

Hamburg-Amerik. Packet 102.90 bz., Nordd. Llohd 99.90
bis 100.10 bz. ult. 100 bz. G. cpt.

5proz. amort. Mexikaner 40.70 B. 60 G„ 4proz. Serben
74i2v bz.

Laura 225.50 bz„ Bochurner 183.10 bz. G„ Harpener
181.25 bz. G„ Hibernia 179.50 bz„ Oberschles. Eisen-Jndu-
strie 106.80 bz. G„ Concordia 299.80 B. 70 G„ Bergbau-Ges.
Maßen 125.50 bz„ Röhrenkessel Dürr u. Co. 107 bz. G„ Wit-
tener Stahlröhren 75.75 bz. G„ Blei- nnd Silberhütte Brau-
bach 109.20 bz. G.

Elektr. Schuckert 96.30 bz„ Elektr. Lahmeyer 83.10 h-
G. 6.15 Uhr bis 6.30 Uhr: —.—. Bei fester Gesamthaltuug
wnrden namentlich Jndustriewerte und Schiffahrtsaktien zu
größtenteils etwas höheren Kursen umgesetzt.

Kleine Zeitung.

-— Berlin, 13. Hug. Das Tageblatt meldet: JuleS
Verne ist, wie dcniffZaulois aus Amiens berichtet wird, jetzt
fast vollständig blind geworden. Der Operation des grauen
Star, dic dringend nötig wäre, will sich der Schriftstcllcr nicht
unterziehcn, da er glaübt, bei seinen 75 Jahrcn sich einem sol-
chen chirurgischen Emgriffe nicht ohne Gesahr unterwerfcn zn
können. Dabei hat Vcrne soeben seinen hundertsten Rowon
vollendet.

— BraunschwelA, 12:,August. Nach amtlicher Mit-
teilung sind iu dec Wochs vom 2. bis 8. Augusl iu hiesiger
Stadt 127 Ty p h u s e'r krankungen augemeldet.
'Jn der Woche vorher löareu es 27. Ileber die Anmel-
dungeu in der lausenden Woche liegen noch keine Ziffern
vor, doch sind auch einzÄne neue Erkrankungen wieder
vorgekommen.

— Londvn, 13. Augnsi. Mie die St. Hames-Gazette
mitteilt, wird für das Jahr 1907 eine internatio-
nale Ausstell u n g in London geplant.

— Newyork, 13. Auguft. lleber den Cyclon in
Westindien wird noch berichle:, daß derselbe nicht nur aus
Jameika ffondern anch ans dsn Antillen großen Schaden
angerichtet hat. Dampser äns Kuba melden, daß nament-
lich auf dem südlichen Teilc der Fnsel der angerichtete
Schaden ein bedeutender ist. Derselbe wird auf wenig-
stens 3 Millionen Dollar geschätzt. Bei Norfolk ist in-
folge des Sturmes ein Dampfer gescheitert.

— Schnrfrichter Rcindel hak seine „Erinnerungen" süc
180 000 Mark an A. Weichert's Verlag in Berlin ver-
kauft, der daraus einen. grotzen Schauer- und Hinter-
treppen-Roman, die „Opfer des Schaffots", backen ließ.
Diese 180 000 und das Doppelte an Gewinn dazn müssen
nnn die Aermsten der Armen bezahlen, nämlich die geistig
Armen und die Besitzlosen, denn leider finden die Ver-
breiter derartig plumper nnd wüster Machwerke untec
Dienstmädchen, Arbeiterfrauen und jugendlichen Arbeitern
noch zahllose begierige Abnehmer. Diese Elemente, denen
ihre soziale Lage nnd eine mangelhafte Volksschulbildung
die Fähigkeit des Genusses wirklich lesenswerter Litera-
turwerke vorenthalten hat, finden in den kindischen, meist
blutigen Schauergsschichten der Kolportage-Literatur eine
Welt voll greller Sensation. Daß diese Welt lächerlich
verzerrt ist, daß schon der Stil dieser „Geschichtchen" auf
jeden gebildeten Leser ndben dem ästhetischen Ekel den
unbezwingbarsten Lachreiz ausüben niuß, empfinden did
Bedauernwerten nicht. Dnrch Jeremiaden über die
Kolportage-Literatur wird nichts erreicht, nur durch Vsr-
breitnng besseren Lesestosfes kann der Pest der Schund-
romane entgegengewirkt werden.

— Tie Hochzcit cincs Riescn. Der zur Zeit als grösp
ter lebender Mensch der Welt geltende Riese Ehmke ist
dieser Tage mit seiner Buchhalterin aus dem StandesaMt
zu Groß-Flintbek ehelich verbunden worden. Der glück-
liche Gatte, der seinerzeit als der größte Soldat der deut-
schen Armee den Kaiser auf mehreren Anslandsreisen
begleitete, mißt 2,18 Meter; er reist seit einigen Jahrett
als „Sehenswürdigkeit" und macht mit diesem Metieff'
zweifellos weit bessere Geschäste als während seiner frin
heren Stellung als Bierfahreit einer Kieler Brauerei.

— Woran ist Pnpst Leo XHI. gcstoröen? Auf diese
viel aufgeworfene Frage gibt jetzt Dr. Jäger in Stuttgart,
der „Wollen-Jäger", eine originelle Antwort. Da dec
Papst in Kleidung und 'Bettung bis anf die Handschuhe
reinwollen, ja weißwollen „war", so hatte er nach Tr.
Jäger Anspruch auf den Tod aus Altersschwäche, ein
Lebensende, das jedenfalls nach dem hundertsten Fahrs
liegt. „Mit Recht", schreibt Dr. Iäger, „hat auch eitt
römischer Arzt die Frage nach eincr Krankheitsursache
aufgeworsen und die Malaria, die bei dem Besuch iin
Vatikangarten geholt worden sei, als solche beschuldigt.
Die Sache scheint näher zn liegent Die illustrierten
Blätter haben das Schlafzimmer Leos XIII. abgebildet.
Wenn die Leibärzte Seiner Heiligkeit von der Hygiene
des Schlafens, von der Gefahr der Selbstgiste gerade
für den Schlafenden, von den Verhältnissen der Ziminer-
luft etwas verstanden hätten, so durften sie den ihrer
Obhut Befohlenen so, wie hier abgebildet, unbedingt nicht
schlafen lassen. Die schlechteste Luff innerhalb eines
Zimmers befindet sich an den Ziminerwänden nnd ins-
besondsre in den Ecken des Zimmers. Das lehrt schon die
Trocknung nasser Zimmerwände, denn die Ecken wider-
stehen dieser am längsten. weil in ihnen.der Luftwechsel
am trägsten ist, und die Zimmerwände sind es, an die sich
die üblen Riechstoffe des Zimmers anhängen, namentlich
falls sie ans ungeeignetem Material bestehen. Des'wegen
soll ein Bett nie in einer Zimmerecke stehen, wie das des
Papstes, und das Kopfende auch nicht an der Wand haben,
sondern inmitten der freien Zimmerluft, entweder stehe
es ganz frei oder nur mit dem Fußende an der Wand-
Wer diese Regel nicht befolgt, mag er in der Wolle sein,
wie er will, der wird eines Tages in den Zustand chro-
nischer Selbstvergiftung verfallen, selbst wenn er irgend-
wo ein Fenster offen hat. Damit ist die Disposition M
irgend einer Ansteckung, heiße sie Malaria oder Liingem
entzündung, gegeben. Wir möchten glauben, daß diese
Ansteckung nicht im Garten des Vatikans stattgefundett
hat, sondern im Zimmer. Die Lungenentzündung ist
eine der gewöhnlichsten Zinnnerkrankheiten."
 
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