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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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der Bürgerschaft eine allgemeine Abschiedsfsier: siau. Aach
sinem Wortrag des Lehrergesangvereins brachte der Ge-.
feierte das Kaiserhoch aus, indem er gleichzeirig den Dank
ides Kaisers und der Kaiserin sür den ihnen, üei -der letzten
Anwesenheit bsreiteten Empfang aussprach. Nach wei-
teren Musik- und Gesangsvorträgen hielt der Stadtver-
ordnetenvorsteher Geh. Kommerzienrat Pfeifer die Fest-
rede. Er knüpfte an das Geleitswort S. Majestät an,
has dieser dem Grafen Zedlitz in die Provinz Hsssen-
Nassau mitgegeben habe, in dem er deren Wohl und die
Berücksichtigung der hessischen Eigenart besonders empfahl.
Graf Zedlitz-Trützschler habe diese Wünsche glänzend in
Erfüllung gebracht. Der Redner schloß mit dem Wunsche
für ferneres Wohlergehen des Oberpräsidenten und mit
einem Hoch auf ihn, das begeisterten Widerhall fand.
Graf Zedlitz dankte in bewegten Worten und hob hervor,
daß er in seiner Stellung als Oberpräsident nicht Habe
herrschen, sondern dienen wollen.

Elsaß-Lothringen.

Metz, 29. August. Jn A rs an der Mosel wurden
8 Depotsarbeiter, ein Depotsfeldwebel und ein Sergeant
unter dem Verdacht verhaftet, eine Granate neue-
ster Konstruktion und einen Zünder an Frankrsich
überliefert zu haben.

AuslauS.

England.

L o n d o n, 29. August. .,D.ü!» Mäil" zufolge ist am
Donnerstag in Birmingham einelBeratung von Anhängern
der Tarifreform abgehalten worden, der der Kolo-
nialminister Chamberlain beigewohnt hat. Das
Blatt erhält von einem Freunde der Chamberlainschen
Politik Mitteilungen über die V o r s ch l ä g e, die Ch a m-
berlain in der Herbstkampagne dem Lande zu unter-
breiten gedenkt. Danach soll auf Weizen ein Zoll von
2 bis 3 Schilling, ein höherer Zoll auf Mehl und ein
geringerer auf Fleisch, Eier und MolkereiprodMe gelegt
werden. Für Tee, Zucker und Tabak soll eins entspre-
chende Ermäßigung eintreten. Für Jndustrieerzeugnisse
soll ein Zollsatz von ungefähr 25 und ein zweiter von
tztwa 10 Prozenr in Beuackn kommen, die zur Errreichung
gulsk'WegeüseitkgtäiksöeArage dienen sollen. Der Ertrag
deriJndustriezölle foll zur i-Herabsetzung der Einkommen-
steuer - odsr-zü weiterert Nachlässen auf Tee und Tabak
verwendet' werden. Dies seien lediglich dis allgemeinen
Umrisse, die noch Aenderungen erfahren könnten. Auch die
Kvrnzölle sollen herabgesetzt werden, wenn die Kolonien
Len englischen Jndustrieerzeugnissen Vorzugsbehandlung
einräumen.

London, 29. August. Beredter als die Besprechungen
des unerwarteten Ausfa11s der Ersatzwahl für
Argyllshire durch die andersn Zeitungen ist das
Schwsigen der der Regierung am nächsten stehenden
Blätter „Daily Telegraph" und „Daily Graphie". Selbst
die konservativen Blätter geben zu, daß der überwäl-
tigende Erfolg des liberalen Bewerbsrs,
der nicht einmal ein Schotte ist, während sein Gegner
ein Hochländer alten Stavunbaums und auch sonst ein
höchst geeigneter Bewerber war, vor allem eine Ver-
werfung der Chamberlainschen Pläne be-
L-eutet. Die schwere Niederlage des konservativen Be-
werbers Stewart ist um so bezeichnender, als Argyll-
fhire seit einer Reihe von Fahren streng konservativ
wählte und der gewaltige Einfluß des Großgrundbesitzes
ganz auf Seiten der konservativen Partei war. Argyllshire
ist durchweg Ackerbaubezirk, und Stewart hatts vor den
Wählern seine Abneigung gegen Lebensmittelzölle wieder-
holt beteuert und sich für einen strenggläubigen Frei-
chändler ausgegeben. Er scheiterte dadurch, daß er sich
an die konservatiöe Formel klammerte, nach der es sich
vorläufig nur um eine klntersuchung der Zollfrage handelt.
Dsr Streit, ob Freihandel oder Schutzzoll, ist aber, wie
Ser „Standard" hervorhebt, nicht neu, und die Wähler
müssen selbstverständlich voraussetzen, daß die vor sü trc-
kenden B-ewerber eine bestimmte Meinung zur Sache
gefaßt haben.

Ruslland.

L Petcrsbnrg, 30. August. Durch ein kaiserliches
Reskript von gestern wird der Finanzminister Witte zum
Präsidenten des Ministerkomitees ernannt und ihm gleich-
zeitig zur unverzögerten und erfolgreichen Beendigung
dsr russisch-deutschen Handelsvertragsverhandlungen und
um seine nahe Bekänntschaft mit allen Bediirfnissen des
Handels und der Jndnstrie Rußlands auch fernerhin zu
benutzen, die Weiterführung der im Finanzministerium
stattfindenden Verhandlungen mit Deutschland übertragen.

hegen, besonders nicht, wenn dieselben männlichen Ge-
schlechts sind. Dem Hausburschen liegt auch nicht viel
an der Erlaubnis,. des Abends auszngehen, er verbringt
viel lieber seine freie Zeit im Hause mit dem eisrigen
Studium der englischen Sprache, die er in erstaunlich
kurzer Zeit meistert. Es sind sogar viele Fälle bekännt
geworden, in denen die Kinder der Herrschaft nach und
nach von den männlichen Dienstboten deren Muttersprache
erlernt haben, obwohl das selbswerständlich mehr Zeit in
Anspruch nimmt. Tas schadet aber insofern auch nichts,
uls die Hausburschen keinen Ruhm darin suchen, mehr
als ein Dutzend Stellungen in einem Jahre gehabt zu
haben, im Gegenteil, wenn die Stellung einigermaßen
erträglich und die Behandlung eine gute ist, so verläßt er
ein Haus selten vor Ablauf von zwölf Rion.ateu, nach
welcher Zeit er dann des Englischen so weit mächtig isi,
daß er höher dotierte Stellungen bekleiden kann. Fn
solchem Falle nimmt es ihm natürlich keins vcrnünftige
Hausfrau Ubel, wenn er seine Temission einreicht.

O Petersburg, 30. Aug. Der „Regierungsbote" gibt
die Ernennung des Verwesers der Staatsbank, Geh. Rat
Plefke, zum Verweser des Finanzministeriums bekannt.

Delegiertentag des Reichsverbands jung-
liberaler Vereine.

cb. Mannheim, 30. August.

Zu Ehren der Delegierteu des Reichsverbands veranstaltete
der jungliberale Verein Mannheim am gestrigen Abend eine
Begrützungsfeier in der neuen städtischen Festhalle,
an welcher vom Zentralverband der nationalliberalen Partei
teilnahmen die Herren Abg. Dr. Deinhardt-Neustadt a. H.
und Generalsekretär Breithaupt-Berlin. Namens des jung-
liberalen Vereins begrützte Herr Amtsrichter Dr. Koch die De-
legierten vom Zentralverband der naionalliberalen Partei und
des Reichsverbandes der jungliberalen Vereine. Herr Dr.
Deinhardt toastete ans den jungliberalen Verein Mannheim.
Auf die jungliberalen Vereine in Baden brachte Herr Dr.
Goldschmit-München, 2. Borsitzender des Reichsverbands jung-
liberaler Vereine, ein dreifaches Hoch aus. Die Grüße -des
Zentralvorstandes der nationalliberalen Partei überbrachte
Herr Parteisekretär Breithaupt-Berlin, dessen Rede in ein Hoch
auf das deutsche Vaterland ansllang. Musikalische Vorträge
füllten den außerordentlich gut besuchten Abend in angeneh-
mer Weise aus.

Die Verhandlungen nahmen heute Vormittag 10
ühr in der Loge „Wilhelm zur Danlbarkeit" ihren Anfang.
Anwesend sind die Reichstagsabgeordneten Dr. Deinhardt, Dr.
Boettger, Leineweber, Beck und Generalsekretär Breithaupt.
Die Reichstagsabgeordneten Dr. Sattler und Dr. Hieber haben
ihr Erscheinen für die morgigen Verhandlungen in Aussicht
gestellt. Entschuldigt sind die Abgg. Sieg und Blankenhorn,
der Nestor der Partei Dr. Hammacher und Rechtsanwalt
Bassermann. Vertreten sind die Vereine Witten mit 4 Stim-
men, Zweibrücken (2), Aachen (7), Augsburg (6), Beeck (-2),
Berlin (2), Bochum (4), Cannstatt (3), Dürkheim (2), Eß-
lingen (2), Düsseldorf (5), Elberfeld (6), Frankfurt a. M.
(2), Freiburg (7), Homburg (1), Hoentrop (2), Kaiserslau-
tern (2), Kirchheimbolanden (2), Köln (10), Krefeld (8),
Landau (2), Leipzig (2), Ludwigshafen (4), Lndwigsburg
(2), Mannheim (5), München (7), Nürnberg (8), Oggers-
heim (1), Pirmasens (6), Pforzheim (6), Regensburg (3),
Schalke (3), Schweinfurt (2), Stnttgart (4), Billingen (3),
Weimar (1), mithin im ganzen 86 Vereine mit 135 Stimmen.
Bon den anßerhalb des Reichsverbandes stehenden Bereinen
Wohnen den Verhandlungen bei: Bruchsal (210 Mitglieder),
Grünstadt (60), Heidelberg (460), Karlsruhe (610), Kon-
stanz (400), Lahr (200), Lörrach (180), Offenburg (160),
Saarbrücken (470), im ganzen 9 Vereine.

Herr Dr. Hammacher hatte dem Vertretertag folgcndes
Telegramm gesandt:

„Ammerland, 80. August. Gesundheitsrücksichteä verhin-
dern mich leider, bei Jhnen zu sein. Jch bringe gbsrcgllen
politischen Freunden herzlichste Grüße. Mögen Jhre Berfltun-
gen den Verband der Jugendvereine immer stärker festigen
und dazu beitragen, daß der frische Geist nationalen und frei-
heitlichen Fühlens und Denkens in der deutschen Jugend mäch-
tig emporblüht. Dr. Hammacher."

Die Verhandlnngen eröffnete Herr Retchsanwalt Dr.
F i s ch e r - Köln, 1. Vorsitzender des Reichsverbands, nnter
herzlicher Begrüßung der erschienenen Abgeordneten, Delegier-
ten und Vertreter der anßerhalb des Reichsverbands stehenden
Vereine. Auf dem Katholikentag habe man von einer Liqui-
dation des Liberalismus gesprochen, er hoffe, daß die Verhand-
lungen des Delegiertentages so verlanfen würden, daß der
Mannheimer Taz jenes Wort zu schanden mache.

Nach Ueberreichung der Vollmachten der Vertreter, der
Bitdung des Bureaus und des Preßausschusses erstattete der
Vorsitzende den Geschäftsbericht. Jm Vorjähre zählte
der Rejchsverband 23 Vereine mit S102 ordentlichen Mitglie-
dern, in diesem Jahre weist der Verband 38 Vereine mit 6717
ordentlichen Mitgliedern auf. Außerhalb des Reichsverbands
stehen außer den bereits oben genannten vertretenen Vereinen:
Baden-Baden, Bonn, Erlangen, Gelsenkirchen, Germersheim,
Hamm i. W., Meßtirch, Pfullendorf, Stockach, St. Johann,
Malstatt-Bnrbach, Wiesbaden und Würzburg, im ganzen 23
Vereine. Eine große Reihe von Neugründungen
j u n g l i b e r a l e r V c r e i n e st e h t d c m n ä ch st b e v o r.
Sämtliche jungliberale Vereine sprechen sich günstig aus über
das Zusammenleben- und -wirken mit den alten Bereincn,
bis anf Kaiserslautern, welcher Verein lebhafte Klage führt,
daß der nationalliberale Verein Kaiserslautern mit dem jung-
liberalen Verein jegliches Zusammengehen ablehne. Trotzdem
sei zerade der jungliberale Verein seiner Tätigkeit wegen her-
vorzüheben. So sei er als erster Verein in der jungliberalen
Bcwegung der Arbeiterfrage näher getreten und habe in Kai-
serslantern einen liberalen Arbeiterverein gegründet, der jetzt
schon 100 Miiglieder zähle. Jm Berichtsjahr wurden 2 Wahl-
aufrufe erlassen und 8600 Flngblätter verschickt.

Die Beratungen über „d ie nächsten Landtags-
wahlen" werden auf Antrag des Generalsekretärs Breit-
haupt mit 101 gegen 33 Stimmen auf die Tagesordnung deis
morgigcn Vcrhandlungen abzesetzt, der Beginn der Montags-
verhandlungen auf vormittags halb 9 Uhr festgesetzt.

Hierauf referierte Herr Kaufmann Otto Struwe-
Stuttgart über „K a u f m ä n n i s ch e S ch i e d s g e r i ch t e",
wozu der Verein Stutgart mit Unterstützung der Vereine
Cannstatt, Ludwigsburg, Eßlingen folgenden Antrag ge-
stellt hatte:

„Der Reichsverband der Vereine der nationalliberalen
Jngend betrachtet die Schaffung von Kaufmanns-
gerichten unter Anschluß an die Gewerbe-
gerichte als eine dringende Notwendigkeit und eine berech-
tigtc Forderung der Handlungsgehilfen, weil der bisher für
Streitfälle im kaufmännischen Dienstverhältnis vorgeschriebene
ordentliche Rechtsweg seines umständlichen, langwierigen und
kostspieligen Verfahrens wegen nicht genügt. Der Vorstand
fordert daher die nationalliberale Reichstags-
fraktion auf, sorfort nach Zusammentritt des Reichstages
eine diesbezügliche Jnterpellation einznbringen
bezw. wenn nötig einen Jnitiativantrag zu stellen."

Jn der Diskusston sprach sich Reichstagsabzeordneter Beck -
Heidelberg für Anschlutz der Kaufmannsgerichte an die Ge-
werbegerichte, jedoch beantrage er, den Stuttgarter Antrag
dahin abzuändern, vor die Worte „Anschluß an die Gewerbe-
gerichte" zu sehen „tunlichst". Abg. Beck versprach, in der
neuen Reichstagssession dafür zu wirken, datz die natio-
nalliberale Fraktion an dem alten Basser-
mannschen Geist festhalten und anch erneut ein-
treten werde für die Errichtung von Kaufmannsgerichten.
Retchstagsabgeordneter Dr. Boettger ertlärte, daß er ganz
auf dem Standpunkt des Reichstagsabgeordneten Beck stehe.
Nach einem Schlußwort Les Referenten, welcher sich dem An-
trag des Reichstagsabgeordneten Beck anschloß, wurde der An-
trag Stu'ttgart mit der vom' Reichstagsabgeordneten Beck
beantragten Aenderung mit 132 gegen 2 Stimmen angenom-
men.

Einen breiten Raum der Verhandlnngen nahmen die
Verbandsangelegenheiten ein. Zunächst stand die
Frage zur Tagesordnung, -welche Mittel man ergreisen solle,
um die noch autzerhalb des Reichsverbandes stehenden ^Vereine
zum Anschlutz an diesen zu veranlassen. Mit 113 zu 17 Stim-

men wurde hierzu der Anirag Köln angenommcn, welcher
folzenden Wortlant trägt:'

„Der Reichsverband hält . grundsätzlich stn der Alters -
grenze von 40 Jahven'stür. opdeniliche Mitglieder fest. Um
aber den außcnstchenden Vcreinen den Änschluß an den Reichs-
verband zu ermöglichen, föll"es stätthaft sein, die zur Zeit des
Anschlusses an den Verband in den Bereinen befindlichen Mit-
glieder, soweit sie das 40. Lebensjähr erreicht haben, als
ordentliche Mitglieder weiterzuführen, bis diese das 48. Le-
bensjahr erreicht haben.

Auch durch Ermätzigung der Bestiimnungen hinsichtlich des
Haltens der Verbandszeitung soll den aiißenstehenden Vereinen
der Eintritt in den Reichsverband erleichiert werden. HiLranf
erklären sich die autzenstehenden Vereine prinzipiell bereit, dem
Reichsverband beizutreten. ZwischM den außenstehenden Ver-
einen und dem Reichsverband sölten Anfang Ottober Verhand-
lungen wegen des Beitritts gepflägen werden.

Die verschiedenen Anträge wegen der V e r b a n d s z e i t-
schrift werden einer sünfgliedrigen Kommission überwiesen,
worauf die Vcrhandlungen um 7 Uhr abcnds auf Montag
Vormittag halb 9 Uhr vertagt werden.

An die Vcrhandlungen schloß sich ein Festessen, an dem
auch die anwesenden Reichstagsabgeordneten teilnahmen. Das-
selbe begann um 8 Uhr nnd nahm, gewürzt durch verschiedcne,
teils sehr humoristische Reden, einen anregeüden Verlauf.

Cin einmsnntliekes
K O Abonnement O O

anf die „H e i d e l b erg e r Zeitung"
beginnt mit dem 1. September.

Preis hei den Postanstalten 45 Psq.. durch den
Briefträger ins Haus gebracht. 14 Psg. mehr.
Postanstalten nnd Briefträger
nehmen Bestcllnngen entgegen.

Mc.n beranlaffe Freande und Vekannten zn einem Probe-
Abonncment.

Aus SLadt uud Land.

Heidelberg, 31. Augnst.

Der Verüand der Bahn- und Weichenwärter hielt jüngst
hier eine Versammlung ab. Jm Laufe derselben gab der Ver-
treter der Regierung, Regierungsbaumeister Blum, das Ver-
sprechen, sKin Möglichstes zu tun, zur Beseitigung der in der
Bersammlung vorgebrachten Mißstände in den Dienstverhält-
nissen der^.Weichenwärter. ' Die Mitglieder waren aus allen
Stationsbczirkcn erschienen.

Wie viele Wörter der deutschen Sprache sind in der Volks-
sprnche üblich? Die erste Beantwortung dieser für die Gc-
schichte der neuhochdeutschen Schriftsprachc wichtigen Frage,
hat B. Kahle in der „Zeitschrift des Mgem. deutschen Sprach-
vereins" im Jähre 1900 gegeben. Seitdem sind mehrere sol-
cher sprachstatistischen Arbeiten erschienen. Philipp Lenz in
Badcn-Baden, Herausgeber der „Zeitschrift für neuhochdeutsche
Mundarten", hat seine Zählungen sür seine engere Heimat
Handschuhsheirn durchgeführt und gefunden, daß von
6075 Wörtern der deutschen -Schriftsprache im Heidelberg-
Handschuhsheimer Dialekt 3638 .vorkommcn, also 61,37 v. H.

X Schöffengerichtssitznng vvin '29. August. Gustav Perino
in Haft erhiclt wegen Bettelns 4 Wochcn Haft. Michael
Schmitt von Wilhelmsfeld wegen Körperverletztung 1 Monat
Gefängnis. Johann Adam Hildenbeutel von Eiterbach wegen
Bedrohung 1 Woche Gefängnis. Die Verhandlung gegen Gg.
Busch von Ziegelhausen wegen Unterschlagung wurde vertagt.
Desgleichen die Verhandlung gegen Frsedrich Jsenbiel von hier
wegen groben Unfugs. Christian Ackermann von hier wurde
von der Anklage wegen Uebertretung der Gewerbeordnung
freigcsprochen. Die Verhandlung gcgen Peter Schlechter,
Glaser von Dossenheim wegen Beleidigung des Benjamin
Weinberger vost Schriesheim wurde vertagt. Desgleichen die
Vcrhandlung gegen Heinrich Grün II. Ehefrau geb. Spies
von Handschuhsheim wegen Beleidigung des Mich. Körbel III.
von Handschnhshcim.

Mannheim, 30. Aug. (T o l g e st ü r z t.) Vom Amts-
gerichtsneubau ist der 19 Jahrp alte Zimmergeselle Ludwig
Hermann aus Ohlshausen (bei Offenburg), welcher bei Zim-
mermeister Holzner in Arbeit stcmd, beim Lagern des Gebälkes
abgcstürzt und war sofort tot.

Offenburg, 30. Auz. (Verhaftet.) Ein Maler na-
mens Jsidor Schmidt von Hausach, welcher verdächtig ist, den
Taglöhner Fränkle in Schnttertal ermordet zu habcn, wurde
gestcrn Nachmittag vcrhaftet.

Lörrach, 30. Aug. (Dlls rasende Tempo der
A u t o m o b i l f a h r e r) hat in Hirltingen zu einem schwe-
ren Unfall geführt und ein armes Mädchen zeitlebens unglück-
lich gemacht. Ein 18jährigcs Mädchen aus Binzcn, namens
Zandt, das ihren auf der Schusterinsel beschäftigten Brüdern
und andern Arbeitcrn auf eincm Kinderwagen das Essen
übcrbringt, wurde auf der Landstraße von cinem in Schncll-
zngsgeschwindigleit däherrasenden Automobil überfahren. Es
erlitt, dem „Oberl. Bote" zufolge, einen Beinbruch, auch wur-
den ihin die Kleider teilweise vom Leibe gerisfen. Nach An-
sicht des Arztes dürfte das Mädchen ein steifes Bein als An-
denken an den Fall behalten. Die drei Jnsassen des Auto-
mobils fuhrcn schnell davon, wurden abcr auf sofortige tele-
graphische Meldung an die Gendarmeriestation Leopoldshöhe
noch rechtzeitig aufgehalten und ihre Personalien ermittelt.
Dann ließ man die Herren, welche aus Frankreich sind, weiter
fahren. (!) Die Erbitkerung ßegen die Automobilisten wird
in unserer Bevölkerung immer größer.

Freiburg, 30. Aug. (K r a n k e n h ä u s e r.) Der Stadt-
rat genehmigte in seiner jüngsten Sitzung die Pläne und
Kostenvoranschläge über den Neubau ztveier Krankenhäuser
beim klinischen Hospital mit einem Baukostenanfwand von
190 000 Mk. und 175 000 Mk., zusammen 365 000 Mk„ unter
Vorbchalt dcr Zustimmung des Bürgerausschusses.

Oberharmeitsvach, 80. Aug. Der unter dem Verdachte der
Brandstiftung verhaftete Josef Lehmann wurde wieder auf
freien Fuß gesetzt.

Ueberlingcn, 30. Aug. (Etrunken.) Fri,eur Jopcf
Alexander Jauch, ein geborener Ueberlinger, der aber in
London lebte und seit einiger Zeit zu Besuch hier weilte, ist
beim Baden im See ertrunken. - -Seine Leiche konnte noch nicht
aufgefunden werden. Der Verunglückte, der im 32. Lebens-
jahr stand, Hinterläßt in London eine junge Frau (aus Nessel-
wangen gebürtig) und zwei kleine Kinder.

Sport.

Rennen zu Baden-Baden, 29. Aug.

1. Schwarzwald - Han d i-cn p. Preis 4000 Mark.
Für Zweijährige. Entfernung 1200 Meter. Es liefen zwei
Pferde: Herrn W. v. Tiele-Winckler's Sliker und Herrn A.
v. Kaulla's Lucca liefen totes Rennen. Tot.: 8 und 6:10.

2. Preis von K'arlsruhe. 4000 Mark. Entfer-
nung 2000 Metcr. Es licfcn vicr Pferde: Herrn Wcinberg's
 
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