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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 203 - 228 (1. September 1903 - 30. September 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0492

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luchen, eine internationale Regiernngskonferenz einznbe- ,
rufen. Wegen besseren Schutzes der in gesundcheitsfchäd-
lichen Betrieben beschäftigtcn Arbeiter wurde eine Reso-
lution angenommen, welche den Abschluß eines internatio-
nalen Bertrags betr. das Verbot der Verwendung von
weißem Phosphor in der Zündwarenindustrie verlangt.

Türkei.

KonstautinoPe1, 8. Sept. Die Unruhen in
Beirut zwischen Christen uNd Muselmanen, woüei 20
Personen getötet wurden, sind durch das Erscheinen des'
amerikanischen Geschwaders veranlaßt wordsn. Die Ame-
rikaner wollten beim Ausbruch der Unruhen Truppen
landen, der Wali ließ sie jedoch wissen, daß er sür nichts
einstehe, falls die Amerikaner ihre Absicht ausführten. —
Der Sultan ließ gestern den ersten Dragoman 3dr
französischen Botschaft in den Jildiskiosk bitten,
man nahm allgemein an, daß dies wegen der Vorgänge
in Syrien geschehen sei. Der Sultan ersuchte indessen die
Botschaft nur, ihm einen französischen Gärtner zu ver-
schaffen.

Kon st an tinopel, 9. Sept. Von dem Zusam -
msenstoße zwischen Chrishen und Mohamme-
d a ne r nin B e i r u t am 6. September gibt die Pforte
folgende Darstellung: Einige Personen, die noch nicht fest-
gestellt sind, grifsen vier Mohammedaner, die durch das
Stadtviertel Mezraa gingen, wie diese behaupten, oh.ne
jeden Grund an. Es entstand pine Schlägerei. Die
Truppen griffen ein und machten ihr ein Ende. Von den
Soldaten wurde einer getötet und vier verwundet; von
den Cinwohnern wurde einer getötet und einer verwundet.
Der englische Konsul selbst habe anerkannt, daß die Ur-
heber der Schlägerei auf Seiten der Christen zu suchen
feien. Die Pforte werde an die Botschafter im Auslande
in diesem Sinne ein Rundschreiben Fichten.

Ko n st a n t i n o p e l, 9. Sept. Die neuesten Kon-
sularmeldungen aus Beirut besagen, daß die Chri -
stenmorde in berschiedenen Stadtteilen fortdau-
e r n. Es herrscht große Verwirrung; Handel und Ver-
kehr seien gestört. Mohamrnedaner slüchten nach dem Li-
banon. Jn einer Versammlung der Mitglieder des Kon-
sularkorps wurde beschlossen, die sofortige Abberufung
des Vali Reschid Bey durch die Botschaftcr bei der Re-
-gierung zu beäntragen und seine Ersetzung durch den Bey
von Damaskus zu verlangeu. EbeNso wurde beschlossen,
von dem aknerikanischen-Muljral^DMsltz der fremden Kon-
suln zu verlangenf der Admiralstellte ein Landungskorps
von 500 Mann in Aussicht. Die amecikanischen Geschützs
sind gefechtsbereii. Andere Kriegsschiffe werden erwartet.
Die Spannung zwischen den M o h am m e d a n e r n
und C h r i st en in S y r i en, die aus geschichtlichen und
Lrtlichen Gründen von jeher herrschte, ist keineswegs als
Rückschlag der durch die mazedonischen Vorgänge erzeugten
Stimmung zn betrachten; die Verwaltung des jetzigen
Vali ist tatsächlich sehr schlecht. Die Pforte wurde bereits
vor 14 Tagen von mehreren diplomatischen Seiten auf
die kritische Lage in Beirut aufmerksam gemacht. Eine
Beruhigung ist in ihrem Jnteresse sehr nötig, damit die
Unruhen sich nicht in das Hinterland bis nach Damaskus
fortsetzen und etwa nach Smyrna gelangen, in dessen Um-
gebung griechische Auswanderer ein sehr unruhiges Ele-
ment bilden. Die Pforte hat in dieser Hinsicht von allen
Leiten Ratschläge echalten.

Afrika.

O r a n, 8. Sept. Jn dem Gefccht bei E l Mu n-
g a r zählten die Marokkaner 3000 bis 4000 Mann.
Jhre ersten Salven richteten großs Verheerungen unter
den Mannschaften an, welchs, obgleich erschöpft und vor
Durst fast nnikommend, doch ihre Toten und Verwun-
deten heldenmütig verteidigten. Die Derluste der Marok-
kaner sind sehr groß. Das Schlachtfeld war fast einen
Kilometer von Toten und Verwundeten bedeckt, die die
Marokkaner bei ihrem Rückzug nicht mitnehmen konnten.
Leutnant Selchhausen und ein Unteroffizier sind an den
bei El Mungar erhaltensn Wunden geftorben. Sämtliche
nicht bei der Fahne weilenden Offiziers der Fremden-
legion haben Befehl erhalten, zu dem Korps zurückzu-
kehren. ^

Scrbicn.

— Auf Jntervention des Direktors der Ottomanüank
gewährte eine sevbische Gläubigergruppe in Paris dem
König Peter eine 3prozentige Privatanleihe
von 1 Million Franks.

Belgrad, 9. Sept. König Peter verlieh dem
7. Jnsanterie-Regiment den Namen „König Peter", dem
18. den Namen „Kronprinz", dem 6. „Prinz Alexander",
dem 11. „Karageorg" und dem .8. „Fürst Alerander".
Der König reihte heute srüh in dem Truppenlager von
Banjica den Kronprinzen als Fnfanteristen in das Heer
-ein.

Amcrika.

Newyork, 9. Sept. Die kolumbische Panama-
.Kanal-Kommission verlangt nach der „Frankf. Ztg." 20
Millionen Dollars bon den Vereinigten Staaten
und 10 Millionen von der neuen Panamakanal-Gesell-
schaft für die Verkaufsbewilligung. Ferner sollen die
Vereinigten Staaten nicht die Oberhoheit über den
Kanalstreifen erlangen. Die Vorschläge werden inWai -
hington als unannehmbar betrachtet, indessen wartet
man ab, ob der kolumbische Senat zustimmt.

Newyork, 9. Sept. Die Einwanderung hai
jetzt einen gewaltigen Umfang. Gestern sind
6000 Personsn gelandet.

Ruüel erfordern, die, wie man hofft, ihm ebenfalls dargebracht
werden. Außerdem sinnt man auf Mittel, um die Finanzlage
der Gesellschaft zu verbessern. Unter anderen haben bereits
die Schriftsteller Gorki und Tschechow ihre Mitwirkung zuge-
sagt. Auch hofft man auf die Beihilfe des Grafen Leo Tolstoi.

; Aus LtadL und Land.

Heidelbsrg, 10. Scptember.

-p Großherzogs Geburtstag. An dem Festessen, welches ge-
stern Nachmittag 2 Uhr im Tanzsaale der Stadthalle ab-
gehalten wurde, beteiligten sich 75 Herren, darunter Se. Ho-
heit PrinzWilhelm von Sachsen-Weimar und die Spitzen
der staatlichen und städtischen Behörden. Den Trinkspruch auf
Se. Königl. Hoheit den Großherzog brachte mit begeisterten
Worten der hiesige Amtsvorstand, Herr Geh. Regierungsrat
Becker, aus. Das Festmahl nahm einen sehr anregenden
Vcrlauf.

X Auszeichnung. Regierungsbaumeister Blum überreichte
in Vertrctnng des Hcrrn Baurat Schweinfurth das
Ehrenzeichen für treue Arbeit den gestern genannten Vorar-
beitern des bahnbautechnischen Dienstes der Strecke Heidelberg-
Bruchsal vor zahlreich anwesenden Beamten mit einer An-
sprache, welche in einem Hoch auf Se. Königl. Hoheit den Groß-
herzog ausklang.

Bankett der freiwilligen Feuerwehr. Jn der Rose zu
Neuenheim versammelten sich gestern Abend sämtliche Kom-
panien der freiwilligen Feuerwehr, um gemeinschaftlich den
Geburtstag des Landesfürsten zn feiern. Herr Edel begrüßte
die Kameraden und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß
auch die Bahnhofsfeuerwehr nnd die Handschuhsheimer Fcuer-
wehr erschienen seien. Sodann gedachte Ratschreiber Kauf -
mann in warm cmpfundencn Worten des geliebten Landes-
herrn und des Protektors der freiwilligen Feuerwehr, des Erb-
großherzogs, und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch
auf dieselben aus. Herr Georz Ueberle toastete auf die
Stadtverwaltung, sodann überreichte er dem Zugführer A.
Müller cin von desscn Zug gestifteten Lorbeerkranz. Hicraus
fand durch den Kammandanten der Feuerwehr, Herrn Stadt-
rat Müller, unter einer Ansprache die Ueberreichung von
Diplomen für 10jährige Dienstzeit bei der freiwilligen Feuer-
wehr statt. Alle ausgezeichneten Mitglieder wurden von den
Kameraden noch besonders beschenkt. Hiermit hatte die offi-
zielle Feier ihr Ende erreicht.

Der dritte internationale Matheinatiker-Kongreß wird vom

8. bis 13. Augnst 1904 hier in Heidelberg tagen und in Ver-
bindung damit eine Feier zu Ehren des großen Mathematikers
C. G. I. Jacobi veranstaltet, dessen 100. Geburtstag im näch-
sten Jahre bevorsteht. Es soll auch eine Festschrift über Ja-
cobi herausgegeben werden. Ferner ist eine Ausstellung ma-
thematischer Modelle und mathematischer Literatur geplant,
die sich auf die wichtigsten Erscheinungen der letzten zehn Jahre
beschränken soll. Es werden sechs ALteilungen des Kongresses
gebildet: Arithmetik und Algebra, Analysis, Geometrie, ange-
wandte Mathematik, Geschichte der Mathematik, Pädagogik.
Dem Ausschuß zur Vorbereitung des Kongresses gehören die
angesehensten Mathematiker der Gegenwart an.

V Monatsbericht der städtischen Arbeitsnachweis-Anstalt.
Nach amtlicher Zufammenstellung wurden im Monat August
1903 im ganzcn 1072 Gesuche eingetragen, 448 von Arbeitge-
bern, 346 sür männl., 110 für weibl. Personen, welche 647 Ars
beitskräfte, 537 männl., 110 weibl., verlangten und die 684
Arbeitskräfte, 612 männl., 72 weibl., zugewiesen erhielten.
Arbeitnehmer wurden 624 eingetragen, 664 männl., 60 weibl.,
von denen 610 sofort Arbeit nachgewiesen' werden konnte, 554
männl., 56 weibl. Befriedigt wurden im ganzen 859, darunter
355 Arbeitgeber, 318 männl., 37 weibl., und 494 Arbeitneh-
mer, 465 männl., 39 weibl. Personen. Außerdem haben noch
819 Arbeitnehmer, 794 männl., 25 weibl., bei der Anstalt um
ArLeit nachgesucht, welche aber, da ihnen nicht sofort passende
Arbeit nachgewiesen werden konnte, auf einen Eintrag verzich-
teten. Leider wird von Scitcn der Arüeitgeber die Anstalt bei
Bedarf von Arbeitskräften nicht immer in Anspruch genommen,
und ist es somit nicht möglich, ein genaues Bild über die Lage
des Arbeitsmarktes geben zu können. Wir wollen es daher
nicht unterlassen, auch an dieser Stelle die Arbeitgeber wie die
Arbcitnehmer auf die Gemeinnützigkeit dcr Anstalt ausmcrksam
zu machen.

S Wieülittgen, 10. Scpt. (V c r s ch w unde n.) Am letz-
tcn Freitag beglciteten zwci Mädchen von hicr, die 18jährige
Tochter des Gastwirts Jakob Wolf zum „Zähringer Hof" und
die 21jährige Tochter des Zimmermeisters Philipp Zimmer, den
bei ihren Eltern aus Amerika auf Besuch weilenden hier gebo-
renen 26jährigen Georg Müller nach Heidelberz, bon wo aus
derselbe die Rückreise, wic cr angab, über dic Schweiz, Frank-
reich, England nach Amerika antreten wolle. Die Mädchen sind
indessen bis heute nicht wieder zurückgekehrt. Das Vorkomm-
nis ist der Behörde angezeigt worden. Möglicherweise hat man
es hier mit einem Fall von Mädchenhandel zu tun.

X Wiesloch, 9. Sept. Grotzherzogs Geburtstag
— Liedertafel.) Die Feier des Geburtsfestes unseres
geliebten Landesfürsten hat in diesem Jahre insofern mancher-
lei Abwechslung erfahren, als z. Zt. der Stab und 3 Batterien
des Artillerie-Regiments der Garnison Gottesau dahier in
Quartier sind. ?lm Vorabend des Festes spielte beim Fackel-
und Lampionzug die Artilleriemusik abwechselnd mit der hiesi-
gen Stadtkapelle. Nach Beendigung des Zuges wurden die
Fackeln auf dem Marktplatz zusammengeworfen und der sogen.
kleine Zapfenstreich von der Militärmusik ausgeführt. Dieses
militärische Schauspiel hatte auch viele Auswärtize angelockt.
Heute — ani Hauptfesttage — war Festzug und Kirchgang
und nach demselben fand auf der Tuchbleiche Parade statt, wo-
bei die üblichen 21 Schüsse aus den Kanonen abgegeben wur-
den, nachdem der Kommandeur des Regiments eine dem Tage
entsprechende Rede gehalten und die Mannschaft ein dreifaches
Hoch ausgebracht hatte. Heute Mittag fand im Bahnhofhotel ein
Festessen statt, woran neben hiesigen Beamten auch viele Offi-
ziere teilnahmen. Gegen Abend werden die Soldaten in der
Festhalle „zum Erbprinzen" einige Faß Freibier erhalten. Mor-
gen früh werden dieselben uns wieder verlassen, um anderen
Truppenteilen Platz zu machen, die aber auf mehrere Tage hier
Quartier beziehen werden. — Anläßlich des am 6. September
in Untergrombach abgehaltenen Preiswettze-
sangs hat der hiesige Gesangverein „L i e d e r t a f e l" un-
ter der Direktion des Hauptlehrers Herbel dahier in der Ab-
teilung „Stadtvereine unter 40 Sänger" den Preis 1a, gol-
dene Medaille nebst Ehrenpreis, bestehend aus einem silbernen
Pokal, errungen. Es ist dies der erste Ehrenpreis, der von
einem Gesangverein in unsere Stadt gebracht wurde.

Karlsruhe, 9. Sept. (Einesehrerhebende Feier)
wurde gestern in der Johanneskirche begangen. Die Eltern des
Herrn Stadtpfarrer Ziegler, Herr Hauptlehrer a. D. Ziegler
und dessen Ehefrau, feierten das Fest ihrer goldenen Hochzeit
und wurden vom eigenen Sohne feierlich eingesegnet. Die
Kirche war festlich geschmückt und dicht besetzt. Der Großherzog
hatte das Jubelpaar mit einem huldvollen Schreiben, sowie mit
zwei prächtigen Bildern erfreut. Der Jubilar, welcher 47 Jahre
lang als Volksschullehrer tätig war, sowie seine Gattin erfreuen
sich noch der besten Gesundheit. Der Kirchenchor, sowic Frau
Stadtpfarrer Ziegler verschönten die Feier durch einige herr-
liche Lieder.

Epfenbach, 6. Sept. (Ein ergötzliches Mitzver-
st ä n d n i s) weiß mün von hier zu berichten: Die zur Zeit
hier einquartierte Bataillonsmusik des 2. Bataillons Grena-
dier-Regiments Nr. 110 brachte heute dem Herrn Bataillons-
komtnandeur ein Ständchen. U. a. wurde „Die Post im
Walde" gegeben. Ein Musiker mußte sich zum Blasen des in
einiger Entfernung zu spielenden Echos in den Garten einer
benachbarten Wirtschaft begeben. Ein biederer Landbewohner
sah dem Vorgäyg zu und bemerkte hierbei zu seinem Nach-
bar: „Da schau, der Musiker ist schon so voll, daß er wegge-

schickt werden muß, jetzt geht er in den Adler,, sauft weiter und
bläst für sich. Der hal recht."

Niefern, 9. Sept. (Blnttat.) Hler erstach der' 77
Jahre alte Gastwirt G. M. Karst in pergangener Nacht seine in
dcn 40er Jahren stehende E hefr a u. Der Bluttat war cin
Streit vorausgegangen. Dick Weleute, die beiÜL dem Trunke
ergeben waren, lebten in ständiger Zwistigkeit. Der Mörder
wurde noch in der Nacht verhaftet und näch dem Amtsgefängnis
in Pforzhcim vcrbracht.

Aus Baden. Aus Triberg wird der „Konst. Ztg." ge-
schrieben: Fünf Engländer, die in Königsfeld zur Kur weilten,
machten am Samstag einen Radausflug nach Tennenbronn,
badeten dort in einem Weiher, banden ihre Kleider auf die
Räder und fuhren in Adams Kostüm durch Tennenbronn. Die
Gendarmerie in Tennenbronn machte aber sofort telegraphische
Anzeige nach St. Georgen und schon unterwegs wurden die
leichten Ausflügler von der Gt. Georgener Gendarmerie, zu
der sich alsbald die Tennenbronner- gesellte, angehalten. Nach-
dem die Fünf zum Anziehen ihrer Kleider veranlaßt waren,
wurden sie zunächst in den Ortsarrest St. Georgen und von da
nach Feststellung der PersonalieN"tn däs Amtsgefängnis Tri-
berg abgeführt, wo sie ihrcr Bestrafung harren.

Eingesaiidt.

Heidelberg, 9. Sept.

Recht empfindlich wurde heute wieder einmal einer Kirchen-
besucherin die Andacht in der Peterskirche gestört. Ueber die
Frage, ob hochgradig Schwindsüchtige den Gottesdienst besuchen
sollten odcr nicht, möchte sich Einsenderin nicht äußern, zumal,
wenn wie im heutigen Fall die Person so rücksichtsvoll ist, das
Taschentuch zu gebrauchen, statt auf den Boden zu spucken;
gcmz entschieden verwerflich und ekelhaft aber ist, datz u. a.
selbst Männer in Uniform in der Kirche wie ini gewöhnlichsten
Wirtshaus auf den Boden spucken und den üblichen Fuhkratzer
nachfolgen lassen. Kein Munder, daß einander nahestehende
Kirchenbesucher sich gegenseitig vor jener „Spuckecke" und diesem
„Spuckplatz" in den verschiedenen Kirchenbänken warnen.

Könnten die Kirchendiener nicht angewiesen werden, „boden-
spuckverdächtige" Leute auf eine — allerdings nicht auffällig —-
anzubringende Warnungstafel aufmerksam zu machen? Oder
wie könnte einer so gesundheitswidrigen und anstößigen Ge-
wohnheit unerzogencr Mcnschen cntgegcngewirkt werden?

O.

Sport.

— Bei dem Dauermarsch Paris-Reims (170 Kilometer)
siegte Cibot, der die Stxecke in 20:06:00 zurücklegte, 2 An-
thoine 20:32:00, 8. Fleury 20:56:00. Neunzig starteten.

Handel und Verkehr.

Frankfurt, 9. Sept. (E f f e k t e n s o z i e t ä t.) Umsätze
bis 6:15 Uhr abends. Kreditaktien 202.50—40 bz., Diskonto-
Kommandit 186.80 üz.

Lombarden 16.80 bz.

Bproz., amort. M.exfkaner 41.40 B. 30 G., 3proz. Portugie-
sen 31 B. 30.90 G:, 4proz. Serben 70.10 bz. G-, 5proz. Bulga-
ren 85.40 bz.

Bochumer 186.20 bz„ Gelfenkirchen 187.10 bz„ Harpener
181.70 bz„ Oberschles. Eisen-Jndustrie 108.80 bz„ Concordia
299.30 B. 20 G„ Westeregeln 222.75 bz. G„ Kali Aschers-
lebcn 151.50 bz. G„ Wittcn. Stahlröhren 93.50 bz. G„ Röhren-
kefsel Dürr 109.50 bz. G„ Elcktriz. Allzem. (Edison) 194 bz.
G„ Elektriz. Lähmeyer 84 bz„ Elektriz. Zürich 116.75 bz. G„
Liöchster Farbwerke 381 bz. G„ Spinnerei Hüttenheim 93 bz.
G. 6.15 bis 6.30 Uhr: —

An der Abendbörse waren Jndustrie-Aktien ziemlich lcbhaft
und teilweise etwas fester, die übrigen Gebiete zeigten stille, un-
veränderte Haltung. Von Fönds notierten Bulgarien ca 1 Pro-
zent unter heute Mittag.

Brauereien-Dividenden-Schlitzungeii. Wie man der „Neuen
Bad. Ldsztg." mitteilt, wird die Dividende der Heidelberger
Aktienbrauerci vorm. Kleinlcin in Heidelberg für das am 30.
September schließende Geschäftsjahr 1902—03 wieder auf 10
Prozent (wie im Vorjahre) geschätzt. — Bei der Brauerei zum
Storchen in Speyer a. Rh- dürslen wieder 6 Prozent (wie im
Vorjahre) ausgefchüttet werdent

Wiesloch, 8. Sept. Dje Hopfenernte nähert sich ihrem
Ende. Größere Quantitäten tvyrden in den letzten Tagen für
140—150 Mark verkauft.

Schwetzingen, 8. Sept.? - Her Hopfenhandel ist jetzt hier in
vollem Gange. Gestern wrtvden auf der hiesigen Stadtwage
113 Bällen abgewogen. Preie- 150—160 Mark nebst Trink-
geld. _

N e ck a r.

Heidelberg 10.. 1.13, gest. O.Ostip
tzeilbrsnn 9-, 0.45. geßO.03 m
Mannbei«, 9., 3.74, gcf. 0.04 m

Rvei n.

Lauterburg 9., 4 02, gef. 0.04m
Maxau 9. 4.20. gef. 0.16ä
Mannheim. 9.. 3.70.,gef. 011 w

Kre.Ue, Zeituna.

— Darmstadt, 9. Sevj^ Bei der Abgangsprüfung att
der hessischen Landssbaügewerkfchnle zu Darmstadt haben
sich jüngst ll n r e g e l m ä ß i g k e i t e n ereignet, die wohl
noch weitere Folgen nach sich ziehen werden und es wahr-
scheinlich machen, daß das ganze staatliche Examen f ü r
nichtig erklärt werden muß. Soweit bis jetzt feststeht,
sind zwei Schüler der Anstalt nachts in das Prüfungslokal
in der Neckarstraße emgebrochen und haben die von ihnen
am Tage zuvor angefertigten Probeavbeiten und diejeni-
gen solcher Mitschüler, die als besonders begäbt galten,
gestohlen. Die guten Arbeiten haben sie dann schnell zu
Hause kopiert uud in der Morgensrühe durch erneuten
Einbruch mit den Kopien wieder an Ort und Stelle ge-
schafft.

— Bcrlin, 9. Sept. Ein großer Fehlbetrag
ist dem „Berliner Tageblatt"zusolge bei dem Konsum -
verein „Vorwärts" in Köpenik festgestellt worden-
Durch eineu gerichtlichen Bücher-Revisor ist ein Defizit
von 30 000 Mark ermittelt, worden. Jedoch ist eine ge-
naue Uebersicht über die g,eschäftliche und Vermögenslage
des Verems bei der mangelhaften Führung der Büchek
unmöglich. Es scheint, daß die llnterschleife durch falsche
Eintragungen verschleiert. worden sind. Die Hauptschuld
trifft den seit kurzem schwer erkrankten langjährigen
Kassterer des Vereins, Kaüfmanns Larsen, der sich bereits
zum Ersatz des größten Teiles der fehlenden Summe ver-
pflichtet hat.

— Berlin, 9. Sept. Wie dem „Lokalanzeiger" aus
München-Gladbach berichtet wird, ist in Rheydt eiü
Aerztestreik ausgebrocksen, weil die OrtskrankeN-
kassen einen Naturheikkundigen ohne die satzunzsgemäß^
Karenzzeit eingestellt haötzN. Die Aerzte werden künftig-
hin Krankenkassen-AngehöriPe nur in besonders dringeN-
den Fällen behandeln. . ' ^
 
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