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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1903 - 30. September 1903)
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Mittmch, 16. September 196Z. Zwertes Matt. 4Z. ZührgW. — . 216.

Erschernt täglich, Sonutags ansgcnommm. Preis mit Famüiendläticrn monatlich 50 Pfg. in's Hauk gebracht, bei der Expeditio» nnd den Zweigstationen abgeholt 4Y Pfg. Durch die Post

bezogen vierteljährlich 1,85 Mk. ausschließlich Zusteügebühr.

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnierate auf den Pla kattafcln der Heidelberger Zeitung und de» städtischen Anichlagstellcn. Fernsprecher 82.

Die Velasiimg des Arbeiterbudgets,durch
den Alkoholgeuus; Z

ist don den Hcrren Fabrikinspektor Dr. H. BIocher in
Basel und Dr. I. Landmann, wie kürzlich Dr. Paul Mom-
bert in diesem Blatte ausführte, in höchst dankenswerter
Weise bearbeitet wordcn,. aber die Verfasser jenes bei G.
Reinhardt in Basel erschienenen Buches sind sich selbst der
Unvollkommenheit ihrer Arbeiten wohl bewußt.

Schlüsse lassen sich aus den Untersuchungen nicht ziehen
und es weiß jeder, der sich selbst mit der Sammlung und
Bearbeitung von Arbeiterbudgets befaßt hat, ebenso wie
der Schreiber dieser Zeilen, der ja mehrfa-ch solche Vudgets
veröffsntlichte, daß schon deshalb keine zutrefsenden Schlüsse
möglich sind, weil die Budgets niemals von Personen stam-
men, welche mehr oder weniger zu dem Teil des Arbeiter-
standes gehören, der über den Durchschnitt Alkohol ge-
nießt.

Wo der Mann viel Alkohol genießt oder wo in der
Familie viel Alkoholisches getrunken wird, erhält man nie
öder nur ganz unzuverlässige Haushaltungsrechnungen.
Auch wo etwa die Frauen genau Rechnung sühren gibt der
Mann über seinen Alkoholverbrauch entweder gar nichts
Bestimmtes oder Ungenaues nnd zuweilen Unrichtiges für
die Buchführung an.

Es ist mir nnter sehr zahlrei-chen Haushaltungsrech-
nungen ordentlichec Familien keine einzige vorgekommen,
die genau den Moholöerbrauch erkennen ließe und man
ist stets aus Schätzungen angewiesen. ,

Mögsn nun solche auch wo-hl vielfach der Wirklichkeit
so nahe kommen, daß man sie wissenschaftlich verarbeiten
kann; so ist aber doch auch noch zu ermitteln, ob Brannt-
wein, Bier, Wein, Apfelwein örtlich und persönlich beliebt
ist, um aus den aufgewendeten Beträgen zu erkennen,
welche Alkoholmengen genossen worden sein können.

Jn meiner Sammlung von Haushaltungsrechnungen
unter dem Titel: Wie der Arbeitsr lebt (Berlin C. Hey-
mann), dis aus den verschisdensten Gegenden nnd aus
Stad: nnd Land stammen, war mir vollständig unmöglich,
ganz Genaues festzustellen, doch Haben mir in einigen
-F-ällen die Rechnnngsführer wohl gesagt, ob sie Bier öder
Brantwein genossen. Man kann als schlecht bezahlter
Arbeiter Brantwein genießen und bei steigendem Lohn dann
zu Mer übergehen, sodaß also bei steigendem Lohn auch
der Aufwand für Alkohol wesentlich höher erscheint und
tatsnchlich ist, aber man ist doch in der Menge des reinen
Alkohols zurückgegangen.

Es ist aber auch ein gemischtes System von mir be-
obachtet worden, wo man bei steigendem Einkommen zwar
Bier und Wein trank und also viel mehr für Alkohol auf-
wendete als früher, aber auch dem Schnapstrinken keines-
wsgs entsagte und sowohl große Mengen reinen Alkohol
genoß als auch hohe Beträge dafür auswendete.

Es wird meines Erachtens der Aufnahme von Arbei-
terludgets bedürfen, die lediglich für den Zweck der Pau-
sung deS Alloholgenusses und- Aufwandes für denselben ge-
macht werdsn und man wird solche Aufnahmen machen

: müfsen in Gegenden, wo Brantweintrunk auch bei dsn
s Bessergsstellten üblich ist, wie in Gegenden, wo da nur der
) Schnaps Getränke der Aermeren ist, man wird mehr oder
! weniger reinen Biergegenden und ebenso auch Most oder
s Apselweingebiete besondsrs untersuchen müsssn, um zu
r elnigermaßen- zutreffendeii Zablen ü-ber die Belastung des
f Arl-eiterbudgets durch dllkoholgenuß zu gelangen.

Bis dahin beftrebe man sich die Belehrung reichlich gu
^ geben, daß der Alkohol keine Kraft giebt und nur anregt,

; nicht slärkt und daß der Aufwand des Arbeiters für Alkohol
§ wohl als Genuß in mäßigsn Grsnzen, je nach dsr Auf-
j fassnng über Abstinenz und Mäßigkeit, bsstehen kann,

^ aber daß größersr Aufwand für Alkohol ni-cht nur das
E Budgct zu stark -belastet, sondern auch gesundheitlich, sittlich,
s moralisch und wirtschaftlich ruiniert.

Ma x M a y.

r

Derrtsches Reich.

GIeiwitz, 14. Sept. Auf das von dem ersten ober-
s schlesischen Gautag des d e n t s ch e n O st m a r k e n v e r-
s eins an den Reichskanzler abgesandte Telegramm
^ ist folgende Antwort eingelaufen: „Dem 1. oberschle-
r sischen Gautag des Deutschen Ostmarkenvereins danke ich
i aufrichüg für seine Kundgebung. Ener Hochwohlgeboren
^ und Jhre F-reunde bitte ich versichert zu sein, daß die
^ 'Pflege unseres Volkstums in Oberschlesien mir nicht min-
s der am Herzen liegt wie in Westpeußen und Posen. Jch
- bin überzeugt, daß der Oberpräsident Graf Zedlitz mit be-
E währter Sachkenntnis die richtigen Wege finden wird,
um die nationalen Gesichtspunkte, die für die Politik dsr
kgl. SLaatsregierung maßgebend sind, unter den beson-
deren Verhältnissen Oberschlestens erfolgreich durchzu-
führen. gez. Reichskanzler Graf Bülow."

Bndcn.

X Aus Baden, im Sept. Schon längst haben die Leser
über die Art und Weise, wie manche Schulvisttatoren ihre Prü-
fung abgehälten, geklagt. Die Lehrer fühlen sich schwer bedrückt
und die Schule mutzte Not leiden. Der derzeitige Leiter des
Grotzh. Oberschulrates, Herr Geh. Rat Dr. Arnsper-ger, der
von der ganzen Lehrerschaft als eifriger Förderer des
Schulwesens hochgehalten wird, und auf den jedes Glied des
Lehrerstandes vertrauensvoll blickt, nahm die vorgetragene
Sache nnt Wohlwollcn cntgegcn, und es erging an die Visita-
toren von Grotzh. Oberschulbehörde cin Crlatz, nach dem sie
nie unangemeldet eine Prüfung anberaumen, wie auch nichi
vor 1. Juni jeden Jahres mit denselben beginnen dürfen. Er-
mahnungen, oder Tadel dürfen dem Lehrer nur unter vicr
Aug-en ausgesprochen werden. Datz dics unter der ganzen
Lehrerschaft Freude herborrief, ist selbstverständlich. Jm Ju-
bcl aber würde sie geraten, wenn im nächsten Landtage 5 wei-
tere Kreisschulratsstellen errichtet werden solltcn und die
Ortsschulbehördcn (auf dem Lande) die schultechnische Leitung
verlieren, resp. dieser Teil aufgehoben würde. Den jetzigen
Zuständen wollen wir nicht zu nahe treten, aber die Volksschul-
lehrer sind die einzigen Beaniten, die durch „Nichtfachleute" be-
aufsichtigt werden. Die Unhaltbarkeit Lieses Zustandes wird
ja längst anerkannt. Sind die Kreisschulratsstellen vermehrt,
so sind die Lehrer direkt unter dieselben gestellt. — Der
j ganze Unterricht bedarf einer Umänderung und sollte nach zeit-
^ gemätzeu, zwcckentsprechenden Gesichtspunkten erteilt werden.
Die Lehrer arbeiten daher auf eine zeitgemäße Abänderung -

des Lehrplans und Entfernung des unnötigen Ballastes aus
demselben hin. Einer Erweiterung von mindestens vier
Stunden bedarf auch der für die heutige Jugend so wich -
tige Fortbildungsunterricht; andernfalls kann dieser Unter-
richt nicht fruchtbringend sein.

Sachscn.

Leipzig, 14. Z)ept. Der n a t i o n a I l i -b e r a I e
L a n de s v e r ei n sür das Königreich Sachsen hat in
seiner gestrigen Hauptversammlung, in der er sich haupt-
sächlich mit der Reform des sä-chfischen Landtagswahlrechts
befaßte, einen Antrag angenommen, in welchem gefordert
wird: 1. Direkte und gehsime Wahl, 2. Neuemteilung der
Wahlkreise unter Beseitigung der Trennung zwischen städti-
schen und ländlichen Bezirken, 3. Abstnfung des Wahl-
rechts, sei es naöch Klassen auf Grund Ler Einkommen-
fteuer oder nach einem Pluralsyftem oder durch Verbindung
beider Arten, 4. Aenderung der in der ersten Kammer
bestehenden berufsständischen Vertretungen nach der gegen-
wärtigen wirtschaftlicheii Bedeutung der verschiedenen Be-
rufe, 6. völlige Erneuerung der 2. Kammer nach Jnkraft-
treten der Reform.

Aus Stadt und Lattd,

O. Ferienstrafkammer - Sitzung vom 14. d. Ä. (Schlutz.)
4. Mitzhandlung der eigenen Mutter lag der Anklage
gegen Schreiner Joh. Gg. Weigel in Ziegelhausen zu Grunde^
Weil die Mutter mit der Verlobung ihres Sohnes nicht einver--
standen war, kam es am 2. Pfingstfeiertag d. I. auf ber Schlier-
bacherlandstratze zu einem Zusammenstotz, wobei Schwiegermut-
ter und künftige Schwiegertochter sich in wenig liebenswür-
digen Aeuherungcn ergingcn und der Angeklagte schlietzlich
seine Mutter ohrfeigte, sie würgte, mit dem -Kopf an ernen Stein-
pfosten stieß und, als sie zu Fall gekommen war, mit dem Futz
ins Gesicht trat, wobei er noch Drohungen ausstietz. Die Be-
rufung des Angeklagten gegen das auf 2 Monate 3 Tage e«»-
kennende schöffengerichtliche Urteil wird heute als unbegrüudet
znrückgewiescn.'— 5. Ebenfalls cin Vergehen gegen das 4.
Gebot war dem Händler Jos. Gg. Treiber von Edingen zur Last
gelegt worden. Wegen einer Kuh war der Angeklagte mit sei-
nem Vater in Streit geraten. Als er die Kuh, welche ihm vom
Gericht zuerkannt worden war, aus dem Stalle seines VaterS
abholen und fortführen wollte, folgte ihm der letztere und suchte
sie ihm wieder abzunehmen. Da fchlug cr mit eincm Stock
scinem Vater mchrcre Male auf den Kopf. Vom Schöffcngericht
war er wcgen crschwerter Körperverletzung zu 3 Wochen Ge-
fängnis verurteilt worden. Auf seine Berufung wird dieses Ur-
tcil aufgehobcn und der Angcklagte, der in Notwehr gehandelt
habe, freigesprochen. — 6. W-egen beleidigcnder Aeutzerungen
über den Verwalter der städt. Mfuhraustalt war dcr Maschinist.
.Karl Friedr. Wolf von Helmstadt schöffengerichtlich zu 30 Mk.
Geldstmfe ev. 6 Tage Gefängnis verurteilt wordcn. Scine Be-
rufung wird als unbegründet zurückgewiesen. — 7. Um die
Lciftungsfähigkeit cincs Automobils fcstzustellen. wählte dcr
Mechaniker einer Mannheimer Automobilfabrik Wilh. iu d.
Beeck als Fahrstraße den Philosophenweg hiev. Autzerdem das; er
den für einen solchen Zweck völlig ungeeigneten Weg benützte„
überschritt er die durch Verordnung bestimmte Schnelligkeits-
grcnze. Er wurde vom Schöffengericht wegen Uebertretung des
Z 366 R.-Str.-G.-B. zu 50 Mark Geldftrafe ev. 10 Tage Haft
vernrteilr. Hiergcgen legte der Angeklagte Berufung ein, wird
heute aber kostenfällig damit abgewiesen.

X Schöffengerichtssitzung vom 14. Sept. Karl Seifert vorr
DilSberg erhielt wegen Bedrohung und Körperverletzung 6 Mk.
Geldstrafe oder 2 Tage Gefängnis; Hermann Karl Ziegler
von Kaiserslautern wegen Beleidigung 6 Wochen Gefängnis;

Jm Labyrinth der Sünde.

Krirninalroman von A. K. Green.

Aus dem Amerikanischcn von M. Walter.

(Fortsetzung.)

„Ganz recht!" nickte RoLerts. „Die Tochter des FarmerZ
Murray in Hollowell."

„Woher weitzt du das?"

Roberts lachte. „War selbst an Ort und Stelle. Du
kennst ja meine Geschicklichkeit, ein altes Weib täuschend ähn-
lich nachzuahmen. Als Trödlerin verkleidet habe ich mir Ein-
gang in die Farm. verschafft, spiegelte dann Erkrankung vor
und nutzte die zwei Tage und Nächte, die sie mich dort behiel-
ten, gut aus. Was ich eutdeckt habe, ist ausreichend, die ganze
Farm in Beschlag zu nehmcn."

„Und was hast du cntdeckt?"

„Eine Falschmünzerwerkstätte. Als nämlich allcs im
Hause schlief, verließ ich meinen Platz in der Küche und schlich
mich in den Gang, der zu den Kellerräumen führte. Durch
eine verschlossene Tür fiel ein Lichtschein. Das machte mich
neugierig. Leise stieg ich durch das Küchenfenster in den Hof
und, da etwas Mondschein war, oricntierte ich mich leicht.
Nach einigem Such-en entdeckte ich an der einen Mauerseite
em rundes Loch, wie man es bei Pferdeställen stehtt Es war
ziemlich hoch vom Boden. Jch kletterte deshalb auf einen
nahestehenden Baum, von dem aus ich einen Blick in Len
Raum werfcn konnte. Es befanden sich drci Männer üarin,
deren Gesichter ich nicht zu erkennen vermochte. Jch sah ste
Nnt allerhand Werkzeugen hcmtiercn, und ihr ganzes Ge-
bahren war so verdüchtig — sie horchtcn zeitwcilig an der Tür
und dcm Fensterloch und arbeitetcn bei gedämpften Licht, datz
'ch wohl annchmcn durfte, hicr die Spur der gesuchten Falsch-
munzer gefundcn zu hnben. Natürlich möchte ich, daß mir
temer entwischt, es gilt daher vorsichtig zu Werke zu gehen."

„Hast du schon einen Plan gefatzt?" fragte Harrison mit
lebhaftem Jntercsse.

„Ja, und eben deshalb mußte ich dich sprechen. Morgen
ist der Geburtstag von Larettes Braut. Sie liebt ihy tiicht —
das Mädchen ist auch viel'zu gut für diesen Menschen — allein
ihr Vater besteht auf der Heirat. Die Hochzeit soll bald statt-
finden, aber ich denke, wir werden da noch rechtzeitig einen
Riegel vorschieben. Also morgen soll es in der Farm hoch
hergehen. Larette und seine Freunde wollen sich auf Mur-
rahs Kosten einen guten Täg machen. Jch höffe, daß es auch
für uns ein guter wird. Selbstredend bedarf ich dabei deiner
Hilfe. Laß dir vom Chef eine Verhaftungsbollmacht geben
und bcgieb dich mit zwei Kollegen in unauffälliger Weise nach
Hollowell. Sorge, daß du von zwei Uhr ab nahe der Farm
im Hinterhalt liegst. Es befindet sich dort ein kleines Gehölz,
da wollen wir uns treffen. Alles weitere übernehme ich."

Harrison war danüt einverstanden. Er führte die An-
ordnungen Roberts so geschickt aus, daß niemaud in Hollo-
well die Anwesenheit der Detektivs ahnte.

Jn der Farm ging es inzwischen hoch her. Zwar verhielt
sich das Geburtstagskind auffallend still, doch das störte we-
der Larette noch die Freunde, die er mitgehracht hatte.

Als bereits tüchtig gezecht worden war, rief Larette, dör
Zufällig einen Blick durchs Fenfter geworfen: „Seht mal da
unten das Zigeunerweib! Die Mägde lassen stch von ihr weis-
sagcn. Wollen wir uns auch den Spatz machen?"

„Unsinn!" wehrte der alte Murray ab. „Bist doch kein
abergläubischer Tölpel, der an Altlveibergeschwätz glaubt."

„Oho!" warf einer der Burschen ein, „'s ist doch schon
vorgekömmen, datz so 'ne Währsagerin richtig prophezeit hat.
Einem Freunde von mir hatte eine gesagt, er werde höher
steigen als alle andern im Ort. 'ne Weile träumte er also,
Bürgermeistcr zu werden. Da das aber nicht geschah, so
konnte er nicht länger warten und vcrlegte sich darauf, Pferde
zu zähmen."

„Tie nicht ihm gehörten", lachte sein Nachbar.

„Nun ja. Er wurde dabei crwischt und kam an den Gal-
gen. So war er am Orte am höchsten gestiegen und die Wahr-
sagerin hatte doch Rccht behalten."

„Da siehst du's!" rief Larette seinem künstigen Schwie-
gcrvater zu. „Warum sollen wir uns also nicht den Spatz
machen, Anna?" wandte er sich zu seincr Brant, „wir wollen
mal sehen, ob das Zigeunerweib was versteht und merkt, datz
wir Brautlcute sind. Sie mag dir die Zukunft prophezeien."

Er trat ans Fenster und rief die Zigeunerin herein.

Nach einigen Minuten erschien eine phantastisch geklei-
dete Frau in mittleren Jahrcn mit scharfgeschnittenen fast
männlichen Zügen. „Hi, hi!" sagte sie, d:e leeren Flaschen
und Gläscr auf dem Tisch erblickend, „hier gehts fein zu! Ja„
wo'n Glückskind ist, kann man wohl lustig scin und 'ne Braut
im Haus macht Sonnenschein. Soll ich Euch die.Karten le-
gen? "

„Ja", nickte Larette, „aber macht uns keinen Humbug
vor!"

„Oho!" ricf die Alte beleidigt. „Die Cyrilla bersteht ihre
Kunst. Wenn Jhr aber nicht traut, so kann sie's auch Lleiben
lassen."

Troh ihrcs Uumuts zog sie ein abgegriffenes nicht über-
mätzig sauberes Spiel Karten aus der Tasche, und bcgann die
einzelnen Blätter auf dem Tisch auszubreiten. „Liegt gut!"
sagte sie, nachdcm sie eine Art Beschwörungsformel vor sich
hingcmnrmelt hatte, „der Bube legt sich an die Königin —-
das Geld schiebt sich dazwischen — hm — jetzt hackt es — 's
ist was nicht in Ordnung."

Sie warf dic Karten durcheinander, mischte sie und brei-
tete sie van neucni aus. „Kanns nicht verstehn", brummte sie
dann kopfschüttelnd, „mutz wo 'n Zauber drin stecken. Gebt
mir doch mal 'n paar Dollars, Herr!" wandte sie sich zu La-
rette. „Metall bricht den Zauber."

(Schlutz folgt.)
 
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