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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 229 - 255 (1. Oktober 1903 - 31. Oktober 1903)
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fahren gegen einen Zsitungsredaktsur
tvird aus deni Bertiner-Vororte Pankow berichtet. Die
„Pankower Zeitung hatte die Mitteitung gebracht, daß in-
folge eines Jrrtums eines Gemeindesekretärs die Gemeinde
Pankow im vergangenen Rechnungsjahr 15 000 Mk. zuviel
Steuern an den Kreis Niederbarnim gezahlt habe. Diese
Nachricht fand in einer geheimen Sitzung der Gemeinde-
vertretung ihre Bestätigung. Auf Veranlassung des
Landrats v. Treskow wurd'e darauf ein Verfahren wegen
Verletzung des Amtsgeheimnisses gegen Nnbekannt einge-
leitech und der Redakteur der „Pankower Zeitung", Salis,
da er sich weigerte, seinen Gewährsmann zu nennen, aus
einem Restaurant heraus öerhaftet. Äls er sich auch jetzt
noch weigerte, das Redaktionsgeheimnis zu brechen, wurde
er unter Androh'ung weiterer Zwangsmaßregeln entlassen.

Baden.

Karlsruhe, 2. Okt. Der hiesige national-
IiberaIe Verein wird von nun ab eine regere Tätig-
keit entfalten. Jn den verschiedenen Stadtteilsn sollen
regelmäßig Vorträge über Politische Tagesfragen mit nach-
folgender Besprechung veranstaltet und außerdem ab-
wschselnd im Schremppschen Saal 3 und ini Friedrichshof-
faal je am ersten und dritten Dienstag Abend eines Mo-
nats Voriräge gehalten werden. Zu letzteren sucht man
nur erste Redner zu gewinnen, und es haben zu sprechen
ZUgesagt: Geh. Hofrat Dr. Bunte über Beleuchtungswesen
und Wasserversorgung in den deutschen Stadten, Professor
Dr. Goldschmit über Babeuf, Geh. Hofrat Dr. Haid über
die Ergebnisse der Erdmessung, Hoftheaterdirektor Haucks
über .die moderne dramatischeDichtungskunst gegenüber den
Anforderungen der klassischen Dichtung, Bürgermeister
Siegrist über Sparkassenwesen und Geh. Regierungsrat
Straub über Arbeiterschutz. Uebsr >noch zu bestimmende
Themata werden Hofrat Professor Dr. v. Oechelhäuser,
Oberschulrat Dr. Rebmann und Oberbürgerineister
Schnetzler sprschen. Zu diesen Vorträgen haben auch die
Frauen der Mtglieder Zutritt. Daneben wird auch der
jungliberale Verein allmonatlich einen Vortragsabend ver-
anstalten, sodaß dje liberale Partei nach dieser Seite we-
'nigstens in' der Rührigkeit den anderen Parteien nicht
niebr nachslchsn wird,

Bayern.

M ü n ch 'e'nj 3, Dkt. Der Entwurf des neuen Land-
t a g s w a h I g e s e tz e s bestimmt, daß im Durchschnitt
'MfÄ?M 000 Dmwohner ein Abgeordneter zu wählen ist
nndZwar nach dem Ergebnis der amtlichen Volkszählung
vom 1. Dezember 1900. Die 'GesamtzahI der Abgeord-
neten wird auf 163 festgssetzt. Wahlberechtigt ist jeder
bayrische Staatsangtzhörige,. der das 25. Lebensjahr zurück-
gelegt hat, seit niind'estens einem Jahre bayerische Staats-
angehörigkeit besjtzt und seit mindestens einem Jahre di-
rekte Steuern zahlt. Die Ausübung des Wahlrechts ist
bedingt durch die Ableistung. des Verfassungseides. Für
die Wählbarkeit zum.Abgeordneten ist außerdem erforder-
lich die Zurücklegung des 30. Lebensjähres. Me Wahl
ist direkt und gsheim. Sie erfolgt durch relative Mehrheit
der abgegebenen Stimmen mit der Einschränkung, daß
der Gewählte mindeftens ein Drittel der abgegebenen
Stimmen auf sich vereinigen muß. Das neue Gesetz, das
im ganzen 40 Artikel enthält, soll schon für die nächsten
Wahlen in Kraft treten. Einen integrierenden Bestandteil
des Gesetzes bildet die Einteilung der Wahlkreise. Für
30 Wahlkreise sind je 2 Abgeordnete, für 103 Wahlkreise
ist je 1 Abgeordneter vorgesehen. Unter der Untergrenze
für einen Abgeordneten mit 32 000 und für 2 Abgeord-
nete mit 64 000 Stimmen bleibt kein Wahlkrsis zurück.
Die Qberstgrenze mit 44 000 bezw. 88 000 wird nur von
wenigen städtischen Wahlkreisen um ein weniges überschrit-
cken, Oberbayern erhält 34, Niederbayern 18, die Pfalz
22, Oberpfalz 15, Oberfranken 16, Mittslfranken 21,
Unterfrankey 18, Schwaben 19 Abgeordnete. München-
Stadt und Land erhält statt 9 1i3, Nürnberg statt der
bisherigen 4 6 Abgeordnete.

Aus der Karlsruher Zeitunq.

— Regierungsbaumeister Karl Schätzle in Freiburg ist
zur Kulturinspektion Waldshut mit dem dienstlichen Wohnsitz
in Lörrach versetzt worden.

Ausland.

Ocsterreich-Ungarn.

Wie n, 3. Qktober. Der Kaiser Franz Josef
bleibtchorläufig in Schönbrunn. Er feiert am Sonntag
sein Namensfest. Die Beratungen der Grafen Lams -
dorff und Goluchowski wurdsn gestern beendet und
die Zustimmung der beiden Kaiser wurde eingeholt.

Wien, 3. Okt. Bei dem heute Abend von der Zen-
tralstelle zur Vorbereitung der Handelsverträge
Veranstalteten Bankett betonte der Ministerprästdent die
Gründe, weshalb die Regierung das wünschenwerte raschere
Tempo der Förderung von Jndustrie und Handsl nicht
einhalten konnte, und verwies auf die Gegensätze zwischen
den verschiedenen Erwerbskategorien, die nur durch Kom-
promisse gemildert werden kömiten. Der Jndustrie stän-
ben sowohl eine organisierte Arbeiters-chaft, deren Lebens-
haltung sich erfreulicherweise gebessert hätte, als auch die
Landwirtschaft in schroffem Gegensatz gegenüber. Auch
hier sei sin Kvmpromiß nötig. Die Vertreter der Jn-
dustrie und des Handels dürften von- der Regierung nicht
mehr verlangen, als sie jeweilig geben könne. Er bitte
Üie Versammlung, die wirtschaftlichen Verhält-
nisse zuUngarn mit aller Energie festzuhalten.
Könne es auch geschehen, daß die politische Agitation, durch
Ereignisss aufgestachelt oder von bestimmten Zieleu dazu
veranlaßt, eine Lösung des bewährten Bimdes zu ihrem
Schlagwort erhebe, so würden die versammetten Vertreter
niemals zu diesem betrübenden Ergebnis kommen, wenn

sie die natürlichen Verhältnisse und Jnteressen der Mo-
nar-chie, so-wie die cisleithanischen Bedürfnisse in Rech-
nung stellten. Die Besonnenen würden zum Worte kom-
men, wekche den Politischen wie wirtschaftlichen Frieden
auf lange Zeit begründen würden, dessen beide Teite
so fehr bedürften. Die wirtschaftliche Gemeinsamkeit sei
durch die natürlichen Verhältnisse geboten.

Frankrrich.

Paris, 3. Okt. Die „Politigue Coloniale", Organ
der französischen Kolonialpolitiker, bemerkt zu den Ab-
leugnungen des „Temps" und anderer B-Iätter, daß Frank-
reich eine militärische Expeditionnach Marokko
plane und diese Expedition unmittelbar bevorstehe, solgen-
des: „Alle diese klugen Beschönigungen werden keinen
Menschen über die für unsere Regieru«g bestehend-e Not-
wendigkeit täuschen, die Ereignisse in Marokko vorauszu-
sehen und sich zu rüften, um ihuen begegnen M köniieii.
Die Regierung hat die Ereignisse vorausgesehen und be-
reits gehandelt. Der Kommandant des 19. Armeekorps,
General Eaze, hat vor 12 bis 14 Tagen den Befehl er-
halten, eine Expebitionskolonne von 25 000 Mann zu
bilden, die in zwei Teile zerlegt werden soll. Der eine
Teil wird unter den Befehl des Genera-ls Bailloud ge-
stellt werden. Diese Truppen sind dazu bestimmt, im
Einvernehmen miteinander von Norden und Südm zu-
gleich vorzugehen, sobald die verzweifelte Lage des Sul-
tans vo-n Marokko eine Einmischung Europas, das in
diesem Falle durch Frankreich vertreten wäre, unvermeid-
lich macht". Jm Anschluß an diese Bemerkung erklärt
Jaures, er habe Grund, zu glauben, daß tatsächlich die
Verhandlungen zwischen Frankreich, England nnd
Spanien über die marokkanischen Aiigelegenheiten
noch nicht beendet seien uyd dgß Frankreich jedenfalls
zur Zeit keinen europäischen Auftrag für Marokko in der
Hand habe.

Sozialdemokratische Versammlung.

ch Heidelberg, 6. Okt.

Jn der Turnhalle im Klingenteich sand. äm Sätnstas.
Abend eine von der hiesigen sozi a i.d emo k ra t>j sch e n
Partei einberufene Versammlung fitatt, in der das Heid-el- -
berger KriegsgerichtsurteMzur Unterläge einer söztaW-i
mokratischsn Parteiaktion gemachr nmrde. Wohl >vär'
Jedermann geladen, allein'.Ae .jbürgerlichen Harteien:
hielten 'sich ihr sern, weil sie- iyi-sjÄln'-ivien-teEöWös-cdie z
Sozialdemokratie in solchen Fällen vorgeht.A'Der Verlauf
des Zlbends hat die Annahme bestätigt. Das Ganze tief
auf eine Empfehlung der sozialdemokratischen Partei und
des sazialdemokratischen Programms, daneben auf Errs-
gung eines möglichst starken Unwillsns gegen unser Mi-
litärwesen hinaus. Besucht war die Versammlung von
etwa 1000—1100 Personen.

Der Referent, Herr Eichhorn aus Mann-Heim, gin-g in
seinem zweistündigen Vortrag von dem Satze aus, daß, wenn
Deutschland nicht angreifen wolle, es ein stehendes Heer nicht
Lrauche; für die Verteidigung sei ein Milizheer ausreichend.
Das ist der erste Jrrtum des Herrn Eichhorn, denn, wenn
wir angegriffen werden, müssen wir versuchen, sofort den
Krieg in das Land des Feindes herüberzutragen und das
eigene Vaterland vor den Unbilden der Kriegsfurie zu schützen.
Hierzu ist ab-er ein starles, stehendes Heer notwendig, das so-
fort marschieren kann, während eine Miliz bekanntlich lästgere
Zeit braucht, um in aktionsfähigen Zustand zu gelangen. Wei-
ter meinte Herr Eichhorn, ein Milizheer brauche nicht viel
Disziplin, da werde die Disziplin durch die Liebe zum Vater-
land und den Drang, das eigen-e Vaterlcmd zu verteidigen, er-
setzt. Auch hierin liegt ein schwerer Jrrtum; eine Miliz ohne
stramme Disziplin ist wertlos. Da nun bei einer Miliz der
einzelne Mann nicht zum Soldaten erzogen wird, so mutz
um so mehr bei einem solchen Heer die Disziplin durch strenge
Strafandrohungen, vielleicht noch strengere als bei einem stehen-
den Heer, gesichert werden. Dann sprach sich Herr Eichhorn sehr
abfällig und geringschätzig über den sogenannten Drill aus;
er meinte, der sei ganz unnötig, und gerade er sühre zu Quä-
lereien und diese wiederum zu Jnsubordinationen. Beseitige
man also den Drill, so werde sofort das schönste Leben im
Soldatenstand zu sinden sein.. Es ist klar, datz Herr Eichhorn
die Bedeutung dessen, was man den Drill nennt, abstchtlich
übersteht. Nur durch den Drill kann der Rekrut zum Soldäten
erzogen werden, zu einem Soldaten, der auch standhält, wenn
die Kugeln zu pfeifen anfangen und der vorgeht, selbst wenn
er seinen sicheren Tod vor Augen sieht. Mit einem anderen
Soldatenmaterial aber können wir einen Feind, der uns an
Zahl gleich ist, nicht zurückschlagen. Da kommen moralische
Oualitäten in Betracht. Wer die Geschichte des Krieges vom
Jahre 1870-71 kennt, der weitz, datz die deutsche Ueberlegen-
heit hauptsächlich von der besseren Zucht und Ordnung, vou 1er
Disziplin, die alle Chargen von der untersten bis zu der ober-
sten umfatzt, sich herschrieb. Mochte Herr Eichhorn auch noch
so sehr gegen die Disziplin wüten, und gegen die Strafen, die
auf Jnsubordination gesetzt stnd, und mochten auch zahlreiche
Zuhörer ihm demonstrativen Beifall dabei bezeugen, er stötzt
die Tatsache doch nicht um, datz in dem Heer strammste Dis-
ziplin herrschen mutz, und datz dieselbe durch strenge Gesetze
zu sichern ist. Vou dem Heidelberger llrteil, das den Anlatz
zu der Versammlung bildete, sprach Herr Eichhorn nur ganz
wenig. Er meinte, es mützten doch Gründe vorliegen, welche
die Subordination erklärlich machten, und dann meinte er so
obenhin: Nun, es wäre ja nicht schlimm, wenn ein Einjährig-
Freiwilliger Unteroffizier eimnal ein paar Hiebe von Soldaten
bekäme; die Leute seien im Manöver in der Jllusion der Frei-
heit befangen gewesen, und da hätten sie sich einen solchen
Streich erlaubt; bei den fürchterlichen Strafen, die auf solche
an sich geringe Verfehlungen gegen die Disziplin gesetzt seien,
müsse bei den Soldaten die Lust zum Militär und zur Vater-
landsverteidigung zum Teufel gehen. Wir glauben nicht, datz
biele unserer Leser sich derartigen Ausführungen anschließen
werden. Herr Eichhorn meinte dann auch, die herrschende
Klasse brauche das stehende große Heer gegen den „inneren
Feind". Auch hier liegt ein -grotzer Jrrtum vor; zur Aufrecht-
erhaltung der Ordnung im Lande würde der vierte oder fünste
Teil der Truppen genügen, die jetzt unter der Fahn-e stehen.
Gegen den inneren Feind braucht Deutschland absolut nicht ein
stehendes Heer von einer halben Million Menschen, ungerechnet
die Unteroffiziere und die Offiziere. Wenn aber alles, was
Herr Eichhorn gegen die Disziplin und ihre Aufrechterhaltung
sagte, hinfällig ist, so steht dies anders mit dem, was er über
Soldatenmitzhandlungen und Soldatenquälereien anführte.
Wir wollen davon absehen, datz er in beiden Richtungen autzer-
ordentlich tendenziös und aufreizend vorging. Wir wollen
hier vielmehr mit dem Referenten und der Versammlung fest-

halten, öatz dle vor kurzem eingeführte Oefsentlichkeit im s
tärgerichtsverfahren zanz schauderhafte Fälle an den Tag li
bracht hat. Wir halten es für eine Pslicht aller Parteien, aM-
entschiedenste dähin zu wirken, datz diese Mitzhandlungen kuws
tig sortfallen. Vor dreitzig und vierzig Jahren war die rhs
im allgemeinen etwas stumpfer wie jetzt; inzwischen ist uȊ 1
Kultur gcstiegen, wir sind feinfühliger geworden, unü >»
spricht sich auch in den Kreisen aus, die die Hauptmasse zus'
Heer stellen. Dagegen scheinen unsere militärischen Ko> '
mandobehörden noch in der alten Weise fortzumachen; sie >>»„
in dem Punkt hinter der Zeit zurückgeblieben, und es nun>
alles getan werden, damit sie sich auf den Stcmdpunkt steüe> -
welcher den Verhältnissen der Gegenwart entspricht.

Nach dem Referenten sprach der sozialdemokratische ReE"
tagskandidat für Heidelberg, Herr Pfeiffle. Er braw„
das Heidelberzer ltxteil und dic Militärstrafrechtspflege >»^
den badischen Landtägswahlen in Verbindung und forderte va,
zu auf, mit dcm sozialdemokratischen Zettel in Heidelberg geg>>
das Heidelberger Urteil zu protestieren, das heitzt also mit .
deren Worten, Herrn Pfeiffle in dcn Landtag zu wählen.
sah die Mache etwas naiv aus der Toga der Entrüstung hera»-':

Es wurde eine Resolution vorgeschlagen, in welcher^ »>>>
Grund des Heidelbergcr Urteils gcgen das System unser^
Militärstrafrechtspflege protestiert wird, und in welcher die
kannten militärischen Programmforderungen der Sozialdettw'
kratie aufgestellt wurden, wie Abschaffung des stehenden Heere^-
Ersetzung desselbcn durch eine Miliz; in der Zroischeuz>s,
Stellung des Militärs unter die Ziviljustiz, Ausbau as
Beschwerderechts und Gestattung der Notwehr mißhandelte
Soldaten. Wie mcin fieht, rft da vevschiedenes zusammeugfi
bracht, von dcm eiu Teil für die bürgerlichcn Parteien gu'ss
unannehmbar ist, während ein cmderer, so insbesondere de
Ausbau des Beschwerderechts, alle Sympathie verdient.

Es folgte uun eme kleine Diskussion, in der zunächst »st
Hcrr Brecht für die'Aufrechterhaltung der Diszipliu spE>
und auf dcn Burenkrieg. hjnwies, der gezeigt habe, datz est .
undisziplinierte Miliz.fielhst wenn sie aus dem besten Materw
besteht, eincm disziplinicrten Feind nicht gewachsen ist.

Sodann sprach -Herr Curt Abel, den man hier schon gr'
legentlich mehrfach in öffentlichen Persammlungen hat spreche»
hören. Herr Abel erinnerte daran, daß s. Zt. sein Buch ül>e
seine Erlebnisse beim Militär erhebliches Aufsehen gemacv
habe. Er erscheine in demselben durchaus iiicht als eiu FrcPst
dessen, was man den Militarismus nenne, aber er fühle si^
doch gedrungen, hier das Wort gegen die Ausführungen
Neferenten zu ergreifen. Vor allen Dingen Ivolle er die »w
wesenden zahlreichen jungen Leute, die noch nicht gcdient häbew
aufs eindringlichste davor warnen, daß sie sich durch vie Revt
Les Herrn Eichhorn nicht versühren lietzen, Trotz oder UnboU
mähigkeit zu zeigen, es könnte sonst dieser Abend leicht vcr-'
hängnisvoll für sie werden. Mtt einem Milizheere könrites
wir nicht auskominen, wo wir Rußland und Frankreich zu ust'
lserlest Nachbarn haben, die gSwiß nicht zögern würden, ihr>-
-Ekrfichlüsse zu fassen, und ihrer Begehrlichkeit nachzugcbew
weitn wir uns durch Uebergang zum Milizheer schwächten.
die'- Quälereien anbetreffe, so müsse densel-ben aufs entsckst^
denste entgegengetreten werden. Er sei der Ansicht, dah stst
Hauptverantwortung die Offiziere treffe, und er sei fer»^
der Ansicht, daß die O-ffiziere allein die Ouälereien zu beseitigfi
vermöchten. Hierzu aber sei vor allem nötig, daß sie selbst >'
der Schule in der richtigen Weise erzogen werden und ds>>
Wert freien, aufrechten Menschentums schätzen lernten.
von solchen Jdeen ersülltes Offizierkorps werde von selbst dP
Aeutzerste tun, um die schändlichen Vorkommnisse, welche ew'
ehrend auf die Beteiligten wirkten, zu unterdrücken. Mit de>
Resolution, welche Utopistisches und durchaus Brauchbares z»^
sammenkoppele, werde man dcn Wert der ganzen Kundge-bu»v
in den Augen der Welt lediglich herabsetzen.

Es sprachen dann noch die H-erren Albicker , Matthes -
Philipp, Eichhorn und A b e l. Meistens waren es
kurze Sätze. Wir heben daraus hervor, datz ein Schweizer s>»>
dagcgcn verwahrte, däß das Schweizer Militär von einem des
Vorredner als unebenbürtig hingestellt wurdc. Sehr chacP-
teristisch war es nun, wie Hr. Eichhorn dem Schweizer zur H>>st
kani. Er führte aus, datz er Grund habe zu glauben, de>
Schweizer Soldat nähere sich dem Jdeal, denn als in Gsw
gelegentlich der Unruhen bei dem großen Streik' m'sitäriH
vcrgegangen werdcn sollte, da hätten Schtveizer Soldaten si^
dessen geweigert.

Wir glauben, es würde dcn Eindruck abschwächen, we»>
wir dieser reizenden Aeußcrung eine kritische Bemerkung be»
fügen wollten. Wie ein Blitz hat sie für einen Augenblick d»'s
Dunkel erhellt un-d gezeigt, welches eigentlich die Absickit des
Sozialdemokratie ist, wenn sie stch des deutschen Heeres in ihrsc
Art mit einem grotzen Aufwand von Entrüstung gegen »>>-
schlcchte Menschen und besonders gegen alle schlechte Vorgesetz^
annimmt. Es war Mitternacht, als mit Annahme der' Res»^
lution die Versammlung ihren Abschluß fand.

Aus Stadt uud Land.

Heide! berg, 5. Oktober,

— Durchgereist. Am Samstag Abend 6 Uhr 35 Minure»
passierte der Grotzherzog und die Grotzherzogin, vow Kö>>
kommend, unsere Stadt. Der Erbgrohherzog traf in derselbe»
Nacht um 12 Uhr 51 Minuten hier ein nnd fuhr 1 Uhr »»
Miuuten nach Karlsruhe weiter.

Von dcr Universität. Hofrat Professor Dr. Fritz Ne » ^
m ann , Ordinarius für romanische Philologie, hat den »»
ihn ergangenen Ruf, auf dem nüchstjährigen internationale»
Gelehrten-Kongretz gelegentlich der Weltausstellung in S»
Louis eincn Vortrag zu halten, abgelehnt.

-I- Ehrung. Der laugjährige Vorstand des hiefigen Rudc>'
klubs, Prof. Dr. E. Ullrich, wurde in Anerkennung sei»K
großcn Vcrdienste um dest Rugby-Fußballsport in Deutschla»»
vou dem „Deutschen Futzballverein in Hannover", einem d>N
angesehensten Vereine Deutschlands, anlützlich seines am 3. u»»
4. d. M. abgchaltcnen 25jährigen Jubiläums zum Ehre »^
mitglied ernannt.

^ Polterabend. Jm Hotel „Prinz Carl", das untcr dc»
jetzigen Leitung einen ncuen Aufschwung gewonncn hat, dP
an die Glanzzeitcn des Hotels erinnert, wurde gestern dc>
Poltera-bend der Prinzessin Amelie von L ö w e n st e i »
Wertheim und des Grafen Otto zu Castell gefeiei't'
tvelchem heute die Vermählung auf Schlotz Lcmgenzell folgfi
Jn der Gesellschaft, die sich in dem vornehmen, prachtvoll ausfi
goschmückten Räumen des „Prinz Carl" zusammcnfcmd, ware»
autzer den Eltern des Bräutiganis u. a. anwesend: Prinz u»>
Prinzessin Wilh. v. Löwenstein, Prinz Friedrich v. Löwenstei»'
Prinz und Prinzessin Heinrich v. Schönberg-Waldenbertz'
Prinz un-d Prinzessin Ulrich v. Schönberg-Waldenberg, AüE
und Fürstin zu Erbach-Schönberg, Gras Friedrich zu CasW»:
Graf Wolfzan-g zu Castell, Graf Franz von Ortenberg, Gr»>
Kuno zu Solms, Graf und Gräfin Oberndorf-Neckarhause»'
Gräsin zu Solms-Wildenfels, Graf und Gräfin Neipperö'
Erbgraf zu Castell-Rüdenhausen, Erbgraf von Rechtern, Frfi'
herr und Freifrau v. Goeler, Freiherr v. Pöllnitz, Baroi»»
und Baronesse von Dorth, Freiherr und Freifrau von Menzr»'
gen, Freiherr Wilh. von Dorth, Freiherr und Freifrau v»»
Degenfeld, Freiherr und Freifrau von Gemmingen.

r Vom Heidelberger Schloß. Es dürfte unsere Leser >»'
teressieren zu erfahren, datz die von Prof. Dr. Julius Rode»j
bcrg geleitete „Deutsche Rundschau", dic vornehmste unscre>-
Monatsschriften, demnächst einen Essay über „Das HeidelbergV»
Schloß" bringen wird, aus der Feder von Prof. Dr. Cart
 
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