Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 229 - 255 (1. Oktober 1903 - 31. Oktober 1903)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0873

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
S amslag, 3!. Oltober 1903.

DcLttcs Binrt,

4o. IührMNg. — ^ 255

bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschlicßlich Zustellgebühr.

Anzetgenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Die Gewerkschaftsbewequng.

'Obwohl nur in zwei Ländern amtliche Daten uber die
^tärke der Gewerkschaften veröffentlicht werden, nämlich
^ Großbritanmen und Frankreich, so ist doch an der
Mnd der von den Gewerkschaften selbst veröffentlichten
^richte eine Schätzung des Mitgliederstandes der beruf-
Aen Arbeitervereins aller Länder gut möglich. Das
stktvyorker Arbeitsamt veröffentlicht eben in seinem neu-
?>ten Bulletin auf Grund verläßlicher Ouellen eine hierauf
?Mgliche Statistik. Bis zu diesem Jahre hatte Grotz-
^itannien die größte Anzahl von Gewerkschaftsmitgliedern
^szuweisen; doch stehen gegenwärtig die Vereinigten
^taaten obenan. Jn diesem Lande sind etwa 2 500 000
^iade Unionistell!, dagegen in Großbritannien nur
^11 979; Deutschland mit 1092 642 steht an dritter
Frankreich mit 614 204 an vierter Stelle; 'hierauf
>!"tgen Jtalien und Oesterreich. Relativ am stärksten im
»^rhältnis zur Einwohnerzahl ist die Gewerschaftsbewe-
E^Ng in Dänemark, das mehr als 100 000 organisierte
Ikbeiter aufweist. Jnsgesamt wird die Mitgliederzahl
^tler Gewerkschaften Europas und Nordamerikas mit
^nd 7 167 000 angegeben. Diese Zahlen beweisen, datz
^ Gewerkschaften ein mächtiger Faktor im Wirtschafts-

i-b

M der Völker geworden stnld.



DeuLsches Reich.

U — Erhebungen über das Handwerker -
^ s e tz. 11m Erhebungen über das Handwertergesetz vom
Juli 1897 anzustellen, sind unter Mitwirkung des
^chsstatistischen Amtes und unter Zuziehung von Sach-
^rständigen aus Handwerkerkreisen sieben Fragebogen
^sgearbeitet, die den freien Jnnungen, den Zwangs-
^hungen, den Jnnungsausschüssen, den Jnnungsver-
vnden, den höheren Verwaltungsbehörden und den Lan-
Azentralbehörden zur Beantwortung zugingen. Als
^tichtag für eine Reihe zahlenmäßiger Avgaben war ist
Z^sen Fragebogen der 25. Oktober d. I. gewählt wor-
Die Fragebogen im ganzen sollen aber erst beant-
^rtet und eingeschickt werden im nächsten Jahre, weil
r manche Einrichtung, die das Handwerkergesetz mit sich
'öracht hat, die abgelaufene Zeit noch zu kurz ist, um
^her ausreichende Erfahrungen zu sammekn.

— Die Beziehungen zwischcn Polen und Zentrum
Eern sich mehr und mchr, im Westen wie im Osten. Jetzt
! ^eine polnische Hauptversammlung für Rheinland und
, rstfalen eine Programmatische Entschließung gefatzt, in
^ -r es heißt: „1. Als Sohst eines Volkes, das die römisch-
ger- Eholische Religion freiwillig angenommen und ununtev-
dchen in der Ergebenheit zum Heiligen Stuhl ausge-
aui hat, das in Tausenden von Kämpfen sein Blut
s 'r den Glauben vergossen, und aus dessen Mitte nicht
nte'. sie einzige abtrünnige Sekte hervorgegangen ist, müssen
' ^ 'r niit der h ö ch st en Entr ii stung den ups durch
— 'r geiftlichen und weltlichen Zentrumslsute gemachten
Mk°rivurf, als ob wir gleichgültige und minderwertige
»> ^tholiken wären, mit Entschiedenheit zurückweisen. 2.
'k freie Bürger wollen wir unsere politische Unabhängig-
^ vor der Zentrumsfraktion und der deutschen Geist-
- Deit hüten. Wir sind mit der Vertretung der Jnteressen
'^r politischen Partei, die gleichzeitig Kirchenpartei ist,
i l^t einverstanden und Protestieren angesichts der ganzen
' ?holisch^n Kirche gegen das Verfahren der katholischen
jhistlichkeit, die die Polen es in der Kirche entgelten! lätzt,
>f. ,,?si sie in politischen Angelegenheiten sich dem Zentrum
At fügen wollen. 3. In der Kirche fordern wir völlige
seichberechtigung, vor allem aber polnische Beichtväter,
^nische Predigten und Polnischen Gesnng in der Kirche,
zwar auch vormittags während der Messe, sowie pol-
uchcn Katechisierunterricht. Der zu wählenden Kom-
bston empfehlen wir zunächst, die entsprechenden Schritts
. m Pfarrern und im Notfall in allen Jnstanzen zu
iin die Gerechtigkeit zu erzwingen."

Ausland.

Nfrika.

Tie „Times" veröffentlicht einen ausführlichen Bl
aus I o h a n n e s ü u r g , in dem es n. a. heisi
Itzt allen Ernstes mit ciner Politik der Sparsamkei
angen werden solle; natürlich werde das in manche
hung eine Einschränkung der Arbeit und damit ein
Ae Zeit für viele Arbeiter bedeutcn, aber schließlic
ooch das Wohl der Allgemcinheit vor. In drei Dc
inents seien die Ausgaben besondcrs kn! das Un
liche gewachsen. Tas sei in erster Linie die Polizei
das Landverteilungs- u. das Repatriierungskomitec
lolizei müsse ganz bedeutend eingeschränkt werden

. nicht weil sie sich nicht bewährt habe, sondern weit man
eben sparen müsse. Dann seien die Kapitalanlagen, die
man im Land gemacht habe, nicht profitabel gewesen und
es bleibe jetzt nichts anderes übrig, als die ganze Sache
aufzugeben, wenn auch alles bisher ausgegebene Kapital
damit unwiderruflich verloren sei. Man müsse jetzt zu-
geben, daß das System der Buren in dieser Beziehung
besssr gewirkt habe als das der Regierung. Endlich sei
es nur natllrlich, wenn man die Tätigkeit des Repatril-
ierungskomitees einstellen wolle, da sie ganz ungeheure
Kosten verursache, die betreffe'niden Anordnungen seien
von der Regierung auch schon getroffen worden. Das
Blatt gibt aber schließlich der Ansicht Ausdruck, daß es
eine kurzsichtige Politik von Seiten der Rsgierung sein
würde, auf cinmal alles in den Händen der Komitees
befindliche Material und Vish zu verkaufen, sondern hofft,
man werde Mittel und Wege finden, dasselbe nach und
nach aufzulösen.

Kleine Zeitrmfl.

—- London, 27. Okt. Sturm und Regen behaup-
teten auch gestern ihre Hsrrschaft über den größten Teil
der britischen Jnseln mit unumschränkter Gewalt, und fast
das ganzie Land ist von U e,b e r s ch wem m u n gd n
heimgesucht. Jm Süden Londbns dehnen sich förmliche
Seen meilenweit aus, die öffentlichen Anlagen
stehen unter Wasser und überall ist der Verkehr in bedenk-
licher Weise erschwert. Aus verschiedenen Vorstädten kön-
nen die Bewohner nur auf Umwegen zur Stadt gelangen,
und oberhalb Londons hat das Hochwasser in der Themse,
die während der Nacht von Dienstag zu Mittwoch über sie-
ben Zoll stieg, mchrere Brücken zerstört. Jn dem Städt-
chen Wrexham überraschte die Ueberschwemmung während
der vorigen Nacht die Vewohner derartig, daß viele nicht
aus ihren Häusern konnten, sondern in den oberen Stock-
werken, in denen sich in der Regel die Schlafzimmer be-
finden, gefangen sitzen. Jn der Grafschaft Cheshire ist
während der letzten dreißig Stunden vor Absendung des
Berichts ununterbrochen strömender Regen niedergegan-
gen, sodaß die ganzen Felder unter Wasser stehen. Dis
Herbstarbeit der Landwirte ist vollkommen Zum Stillstand
gebracht, und der Schaden nahezu unermeßIich.

- - „Dcr bcstc Kaffcc". Ueber die Art und Weise, wie
am besten der Kaffee zubereitet wird, lätzt sich ein erst-
klassiger Fachmann, der Kaffeekoch des türkischsn! Gesandten
in London, E. Zampunis, folgendermaßen aus: „Eine
vollkommene Tasse türkischen Kaffees zu bereiten, ist zwar
eine Kunst, die aber sehr einfach ist, wenn man mein
Verfahren benutzt. Jch habe viele kleine Töpfe von ver-
schiedener Größe, die in der Form alle gleich sind, einen
Stiel und oben einen Rand und eine Tülle habe'ni. Je
nach der Anzahl der Tassen Kaffee, die ich zu kochen habe,
brauche ich einen größeren oder kleineren Topf. Wenn
das Wasser gekocht hat, fülle ich in den kleinen Topf„ fast
bis zum Rande mit Wasser, dcmn tue ich drei Stück Zucker
hinein, und setze den Tops zum Kochen auf das Feuer.
Jst das Wasser heiß, so schütte ich zwei Teelöffel sehr fein
gemahlenen Kaffees hinein und rühre um, bis der'Kaffee
mit dem Wasser gut vermischt ist. Jch mache es also ge-
rade umgekehrt wie gewöhnlich, ich tue erst den Zucker
und dann den Kaffee hinein. Dann stelle ich den Topf wie-
der auf das Feuer und passe gut auf 'bis der Kaffee siedet
und sich oben L>chaum bildet. Ehe der Schaum aber über-
fließt, nehme ich den Topf vom Feuer und stoße mit dem
Boden des Topfes auf den Herd auf, bis der Schaum
heruntergeht. Dieses Verfahren wird noch zweimal wie-
derholt. Kommt der Schaum zum vierte'nMal an die Ober-
fläche, so wird der Topf abgenommen, und der Kaffee in
zwei Tassen so eingegossen, daß jede Tasse einen Teil des
Schaumes oben enthält. Das wichtigste ist aber noch, daß
der Kaffee frisch geröstet und gem'ahlen ist. Er darf nicht
zu schwarz geröstet sein; ein dunkles Braun ist die ideale
Farbe. Es giebt noch viele andere Verfahren, die ich in
der Türkei erprobt habe, und es giebt natürlich GelegeU-
heiten, wo man die Art der Kaffeebereitung veränlderu
muß. Wer den echten türkischen Kaffee zu würdigen weiß,
daß scine Süße ein Teil seines Wohlgeschmackes ist, da da-
durch der ganze Duft des Kaffees herausgebracht wird,
aber einige Leute mögen keinen Zucker, und einige schme-
cken gern den Grund, der fast so fein wie Mehl ist. Jn
solchem Fall muß natürlich ein anderes Verfahren! ange-
wanot werden."

— Drahtlosc Tclcgrnphie. Wie eine Londoner Zei-
tnng aus absolut sicherer Ouelle erfahren haben will, hat
Professor Marconi letzthin eine Erfindung gemacht,
die cine bedentende V e r b e s s e r n n g seines Sy-
stcms drahtloser Telegraphie bedentet. Es ist nicht be-

kannt, worin diese Verbesserung eigentlich, es scheint aber
festzustehen, daß durch dieselbe die Uebertragungsfähigkeit
des Apparats um ein bedeutendes gehoben wird. Der Er-
sinder experimentiert gegenwärtig mit Erlaubnis der bri-
tischen Admiralität auf dem britischen Kriegsschiff „Dun-
can".

— Der Bundesrat als Sprachrciniger. Bei Abfassung
des neuen deutschen Zolltarifs vom 25. Dezember 1902
ist der erste größere und sehr löbliche Versuch gemacht wor-
den, die auf dem Gebiete des indirekten Steuerwesens
noch. vielfach üblichen Fremdwörter zwar „schonend", aber
immerhin nach festen und durchgreifeUdsn Grundsätzen
auszumerzen. Einen weiteren Schritt auf diesem Ge-
biete hat jetzt der Bundesrat in den Ausführungsvor-
schriften zum neue'n! Zuckersteuergesetze getan. Diese am
18. Juni d. I. erlassenen Vorschristen lehnen sich an die
früheren im Jahre 1896 ergangenen eng an — eine Ver-
gleichung ergiebt jedoch, daß in die neuen Bestimmungen
ein neuer Geist gezogen ist. Sie unterscheiden stch von den
früheren vorteilhaft durch größers Sprachenreinheit. Diese
Verdeutschungen einzeln anzugeben, würde zu weit fühi-
ren. Es sei nur, nach einer Mitteilung in Nr. 10 deu
Zeitschrift des Allgemeinen deutschen Sprachvereins, fol-
gendes erwähnt: abgesehen von den in der Amtsspracho
neuerdings schon vielfach üblichen Verdeutschungen, wie
vom Hundert für Prozent, Herstellung für Fabrikation,
Vieteljahr für Ouartal, Amtsort oder Stcmdort für Sta-
tionsort, Stosfe für Materialien, Befundsbescheinigung-
für Revisionsbefund, Ausfuhr für Export, Raummenge für
Volumen, Einnahmebuch für Heberegister, Reihe für
Serie, gestundet für kreditiert nsw. findvnlwir auch weitere,
bis her nicht übliche Verdeutschnngen, die da sie der
Bundesrat jetzt anwendet, bahnbrechend wirken werden, z.
B. Kontrollen — Aufsichtsmaßüahmen, Konsumzucket,
— Verbrauchszucker, Sirupraffinerie — Sirupreini-
gungsanstalt, Notizregister — Merkbuch, Kolli — Pack-
'stücke, partrenweise — gruppenweise, Lichtisiitensität —
Li-chtstärke, Konditorware — Zuckerwerk, Marmelade —
Schachtelmus, -Gelee — Gallerte, Formular — Vordruck,
Liquidation ^ Aufrechnung, Vruttosolleinnahme — Ro'h-
solleinnahme, Aktionär — Gesellschafter usw. Auch die
Ausd-rucksweise ist vielfach des „Bureaustils" entkleidet
worden. „Die Vorlegung der Baupläne hat nicht mehr zu
'erfolgen"; ,„das Hauptamt unterzieht nicht mchr die
Pläne einsr Prüstmg"; „die Vornahme der Abfertigung
soll nicht mehr stattfinden" — sondern dis Baupläne sind
vorzulegen, das Hauptamt prüft die Pläne, die Abferkst
gung soll stattfinden; für „die stattgehabte Abfertignng",
„deü vorhan-denen Lagerbestand" genügt jetzt „die Abfer-
tigung und der Lagerbestand".

Verantwortlich für den redaktionellen Teil F. Montua, für
den Inseratenteil Th. Berkenbufch, beide in Heidelberg.

Wo die Wntsckaftskasse

nur erlaubt, einen billigeren Bohucmkaffee zu kaufen, hat
es die Hausfr-au in der Hand-, dieses Getränk durch einen
Zusatz von Kathreiners Akalzkaffee wesentlich zn ver-
bessern. Kathreiners Malzkaffee gibt nämlich, abgesehen
von seinen anderen guten und gesundheitsfördernden
Eigenschaften, dem schwächsten Bohnenkaffee
einen angenehmen, vollenGeschmack, den
man baId nicht mehr entbehren> m a g. Man
gcht dann ganz von selbst zu immsr größeren Quantitäten
Malzkaffee über, 'bis man schließlich die Entdeckung macht,
daß Kathrein'ers Malzkaffee selbst, ohne jede Beimischung
von Bohnenkaffee, allein und' rein genossen,
das vortreffli-chste und wo'hlbekömmlichste Frühstücks- und-
Vesper-Geträ'nk ist.

M V^etktein Mckjotger.

WerIu»SIllllg.

ZllckSrllÄerei IiicMnSerer
HLllpirtrsrre 161.

FkUsls Zopkiemstrssss 15.

Mdvl-, Lvtteii-, Kpivxo!- VvppiedlüZv?

V0Q

Lvi888!.nv

21 m vi--L!»r»! o L1 u» gs ».

Liilixjjt«; llcel«« 6cö»N« .Ac»vvu>ci llecUo Leäisllicvx.
 
Annotationen