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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 256 - 280 (2. November 1903 - 30. November 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#1016

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«lends richtete. Dr. M a r k u s e - Manrcheim sprach über
Betten- und Lagernot in den Städten und gab einige beher-
zigenswerte Vorschläge zur Abhilse. Ferner sprachen noch
Bürgermeister v. Hollander- Mannheim und Dr. Stö -
cke r t - Tauberbischofsheim, worauf Geh. Rat Dr. Batt-
lehner die Versammlung schlotz.

Die Abreise der Grotzherzogin erfolgte um 1^8 llhr.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 20. November.

X Von der Universität. Behufs ErlaWung der venia le-
gendi für die Fächer des Bürgerlichen Rechts nNd des Zivilpro-
zesses hat Landgerichtsrat Dr. Karl Heinsheimer, der
rühmlich bekannte Kommentator des Bürgerlichen Gesehbuchs,
der juristischen Fakultät unserer Universität eine Habilitations-
schrift eingereicht über das Thema: „Das Recht des Mannes
zum Vermögen der Frau bei dem ordentlichen gesetzlichen
Güterstande des Bürgerlichen Gefetzibuches für das deutsche
Reich."

-s- Durchreise. Prinz Max von Baden passierte gestern
Mittag 12.21 Uhr auf der Durchreise nach Darmstadt Lie
hiesige Station.

V Projektionsvortrag. Der dramatische Klub, welcher am
18. Dezember mit einer grötzeren theatralischen Aufführung
zu volkstümlichen Eintrittspreisen vor die Oeffentlichkeit treten
wird, veranstaltet ferner eine Reihe von populären Vorträgen
zur Belehrung und Fortbildung der Mitglieder. So findet
morgen Samstag Abend h-alb 9 Uhr ein Vortrag mit Licht-
bildervorführung statt über China und >J a p a n, Land und
Leute. Etwa 130 farbenprächtige, drei Quadratmeter grotze
projektierte Bilder werden zur Veranschaulichnng des Vorge-
tragenen dienen und nicht nur eine Reihe der schönsten Land-
schasten aus dem Reich der Mitte, sowie dem des Mikados,
sondern auch die bezopften Söhne des himmlischen Reiches in
ihren eigenartigen Kostümen, Sitten und Gebräuchen, die hüb-
schen Frauen Japans, -der Heimat der Chrysanthemrums, werden
vor unseren Augen Revue passieren. Bei dem grotzen Jntecesse,
das man Borträgen mit Lichtbilderdemonstrationen entgegen-
bringt, dürfte cin zahlreicher Besuch zu erwarten sein. Karten
sin-d an den im Jnseratenteil bezeichneten Vorverkaufsstellen
zu 30 Pfg. die Person zu erhalten. Für Schüler und Schü-
lerinnen der Hiesigen Lehranstalten wird der Vortrag bereits
Samstag Nachmitürg 5 Uhr stattfinden und zwar zur Hälfte
des Eintrittsgeldes.

-i- Boettge-Konzert. Boettge hat wieder ein neues
hervorragendes Programm ausgestellt, welches in Frankfurt,
Stratzburg usw. bereits seine Feuerprobe bestanden. Derselbe
bringt eine ausgesuchte interessante Zusammenstellung von
Kompositionen populärer französischer Meifter, an deren erster
Stelle Hector Berlioz anläßlich der Gedenkfeier seines 100.
Geburtstages steht. Wie aus dem Jnseratenteil evsichtlich,
findet das Konzert am kommenden Sonntag in der Stadthalle
statt. Um unliebsamem Drängen an der Kasse vorzu'beug-en,
ist für Samstag Abend von ö—9 Uhr an der Kasse der Stadt-
h-all-e ein Vorberkauf eingerichtet. Es wird daher ratsam sein,
sich schon vorher Karten zu verschaffey. Alles Nähere im Jn-
seratenteil.

-s- Konzert Sansson. Jm Gartcnsaal der „Harmonie"
veranstaltete der Tenorist Herr I. Sansson unter Mit-
wirkung der hiesigen Klaviervirtuosin Frl. S. Weinreiter einen
Konzertabend. Leider waren die Darbietungen des Konzert-
-gebers nicht solche, wie m-an sie von einem vor die Oeffentlich-
keit treteniden Sänger erwartet. Wir unterlassen es daher,
des Näheren auf die Veranstaltung einzugehen. Nicht un-
erwähnt wollen wir jedoch die Leistungen des Frl. Weinreiter
lassen, die durch vortreffliche Wiedergabe Chopin- und Liszt-
scher Kompositionen, sowie als gute Begleiterin bei Sologesän-
gen wiederum bewies, wie Schönes sie zu leisten schon im-
stande ist. — Das Konzert war sehr gut besucht, -doch verlietzen
die meisten der Zuhörer von Schlutz desselben das Lokal.

X Die Arbeiten zur Fortführung der elektrischen Straßen-
bahn nnch Handschuhsheim schreiten rüstig vorwärts. Der
Gleisanschluh am- Bismarckplatz ist bereits ausgeftihrt, der
Bismarckgarten ist v erschmälert worden, damit die Neben-
Lähn ihr Gleis etwas seitwärts legen kann. Auch der östliche
Gehweg der Brückenstrahe ist aufgebrochen und -wurde ca. 2
Meter schmäler. Gegenwärtig wird an dem Unterb-au zur
Vähn in der Brückenstrahe gearbeitet. Die Schienen sind
auch schon eingetroffen, so dah man, wenn die Arbeiten nicht
Lurch die Witterung unterbrochen werden, hoffen darf, um die
Weihnachtszeit nach der Kutzmaulstratze elektrisch zu fahren.

V Bon einer Ohnmacht befallen wurd-e gestern auf dem
hiefigen Bahnhof der Landtagsabgeordnete Wittum. H-err
Wittum mutzte nach dem Akademischen Krankenhaus verbracht
werden.

-i- Schöffengerichtssitzung vom 19. November. Karl Müller
von Sandhausen erhielt wegen Beleidigung und Widerstand
8 Mk. Geldstrafe. Peter Gund von Plankstadt und Wilhelm
Rempp von Rohrbach erhielten wegen Körperverletzung und
Sachbeschädigung ersterer 4 Wochen Gefängnis, letzterer 12
Tage Gefängnis. Georg Friedrich Müller von Ziegelhausen
erhielt wegen Betrugs 3 Monate Gefängnis. R. H. Siebenhaar
tzon hier wegen Rujhestörung, Beleidigung und Hausfrie-
Knsbruchs 18 Mk. Geldstrafe. Wilhelm v. Boh von Rappenau
wegen Hausfriedensbruchs 10 Mk. Geldstr-afe. Gg. Friedr.
Alb. Herb. Ratzel von Oberschefflenz -wegen Ruhestörung und
H-ausfriedensbruchs 13 Mk. Geld-strafe. Gustav Schiebel von
Berlin wegen Ruhestörung und Hausfriedensbruchs 13 Mk.
Geldstrafe. Jakob Treiber von Kirchheim weg-en Betrugs 6

friedigt zu Haben, wieder von dann-en zichen, da die Ange-
hörigen ertlärlicherweise niemanö zu ihr ließen, was auch
für die nächste Zeit geschehen soll.

— Ulm, 18. Nov. Hier h-at kürzlich, wie wir dem
„Schwäb. Merkur" entnehmen, die Berlegung einer
bewohnten Billa stattgefunden. Von nah und
fern, sogar aus Amerika, hatte sich eine großs Anzahl
Sachverständiger z-u dieser Meisterarbeit des Stuttgarter
Baumeisters E. Rückgauer eingefunden. Das 2i/^stöckige
Gebäude, welches ein Gewicht von 800 000 Kilogramm
charstellte, wurde auf eine tragsichere Unterlags gestellt
und auf einer Gleitbahn aus dicht anemaNdergefügten
Eis-enschienen durch Maschinen um 80 Metcr von seinem
Standort entfernt. Dabei mußte eine Drehung von 90
Grad und eine Senkung von 70 Zentimeter vorgenom-
men werden. Ohne Zwischenfall und ohne irgendwelche
Bes-chädigung des Hauses wurde diese bewunderungswür-
dige Leistung 'der modernen Technik ausgeführt.

— London, 19. Nov. Dis: ehemalige Kronprin-
zessin von Sachsen traf Dienstag -hier ein und
stieg im Grosvenor-Hotel ab. Gestern reiste sie nach der
Jnsel Wight ab, wo sie von ihrer Freundin, Fran Bacon,
erwartet wurde. Sie bezog die für sie in dem auf der
Nordk-üste - der Jnsel gelegenen Städtchen Ryde bereit
gehaltenen Zimmer. Jhr Aufenthalt in Ryde wird über
den ganzen Winter dauern.

Mark Geldstrafe. Georg Sommer von Gaiberg wegen Belei-
digun-g 10 Mk. Geldstrafe. Peter Keil un-d Elisabetha Keil von
Leimen erhielten wegen Beleidigung ersterer 30 Mk. Geldstrafe,
letztere 1 Woche Gefän-gnis. Christof Schmitt Ehefvau bon
Rohrbach erhielt wegen Berg. g. § 10, 1 u. 2 d. N. M. G.
30 Mk. Geldstrafe. Josef Pfisterer von Eppelheim wnrde bon
der Anklage wegen Sachbeschädigun>g freig-esprochen. Joh-ann
Mathias Wipfler von Hamburg erhielt weg-en Sachbeschädi-gung
2 Wochcn Gefängnis. Johann Thomas Ullrich in Hafk wogen
Widerstands 2 Monate Gefängnis. Johann Debus und Anna
Wolf geb. Harck in Haft erhielten wegen Widerstands nnd Ge-
fangenenbefreiung ersterer 1 Monät und 2 Wochen Gefängms,
letztere 6 Wochen Gefängnis. Marie Jofefine Gasspörmon-t in
Haft erhielt wegen Sachbefchädigung 10 Mk. Geldstrafe.

— Unfall. Gestern Nachmittag wollte ein Hausbursche einen
Stotzkarren reinigen. Als er das R-crd herausnähm, fiel der
Karren um und zerquetschte ihm den Daumen der linken
Hand.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Fabrikarbci-
ter, ein Küfer un'd ein Bierbrauer wegen Bettelns, ein Maurer
wegen fortgesetzter Ruhestörnng und ein Frauenzimmer wegen
Uircherzichens.

Schwetzingen, 19. Nov. (Gegen Bürgermeister
Ullmer) von 'Oftersheim ist vom Grotzh. Bezirksamt
Schwetzin-gen abermals die einstwellige Enthebung voni Dienst
ausgesprochen worden.

Mannheim, 18. Nov. (Die H a n d e l s k a m me r)
für den Kreis M-annheim hat in ihrer gestrigen, zu diesem
Zwecke besonders einberufenen Plenarsitzung, eiüen Beschlutz-
antrag einstimmig angenommen, dcr sich aufs entsch-iedenste
gegen die Wiedereinführung von Schiff-
fahrtsabgaben auf den natürlichen Wasserstratzen
wendet

Eberbach, 19. Nov. , (VomiZuge überfahren und
getötet) wurde in Zwingenbevg die von dort -gsbürtige schon
bejahrte Witwe Juliana Faber. Sie war schwerhörig und
beachtete nicht den herankommenden Zug.

Karlsruhe, 19. Nov. (Spende.) Als Beitrag der
Stadtgcmeinde zu der Pensionsanstalt deutscher Journalisten
und Schriftsteller werden 300 Mk. im Entwurfe des nächst-
jährigen Gemeindevor-anschlags vorgesehen.

Karlsruhe, 19. Nov. (Das Ehrengericht der
badischenAnwaltskammer) setzt sich sür die nächsten
zwei Jahre zus-ammen aus den Rechtsan-wälten: Dr. Blum-
Karlsrühe, Vorsitzen'der, Dr. Binz-Karlsruhe, stellvertretender
Vorsitzender, G. Selb-Mannheim, Grumb-acher-Karlsruhe, Dr.
Friedberg-Karlsruhe. Zu Ersatzrichtern sin-d die übrigen Mit-
glieder des Vorstandes der badischen Anwaltskammer in nach-
stehender Reihenfol-ge bestimmt, 'die Rechtsanwält-e: Kusel-
Karlsruhe, Dr. Fr. Weill-Karlsruhe, Fischer-Karlsruhe, Fuchs-
Karlsruhe, Groh-Pforzheim, Dr. Hachenburg-Mannheim,
Muser-Osfenburg, Zutt-Mosbach, Sinauer-Freiburg, Beyerle-
Konstanz.

Karlsruhe, 19. Nov. (Durch Selbstentzünd u n g)
ist am hiesigeN Rheinhafen ein Kohlenhaufen von ca. 28 000
Zentner in Brand geraten. Der angerichtete Schaden dürste
sich -auf ö—6000 Mark belaufen.

Aus Baden. Jn Roth können am nächsten Samst-ag die
Eheleute Nikolaus Hoftn-ann das seltene Kest der goldenen
Hoch-zeit begehen.

Theater- und Kunstnachrichten.

Heibelberg, 20. Nov. (Stadttheater.) Nächsten
Sonntag gelangt im Stadttheater neu einstndiert die roman-
tische Oper „D e r Fr-eischütz" znr Aufführung und wer-
den die Hauptparti-en gefungen von den Damen Koppenhöfer
und Sedmak und den Herren Rob. Becker, Kell-er, Lange, Mark,
Plank und Stauffert. Die Borstellung findet i m läusenden
Abonnement statt.

Heidelberger Vereinsangelegenheiten.

-tz Theosophische Gesellschaft. Morgen, Samstag, abends
halb 9 Uhr, findet im Saale 'des kaufmännifchen Vereins
(Hauptstrahe 4ö I) eine Vorlesnn-g statt über: „Religion und
Mythologie der alten Germanen." Zutritt für jedermann
frei.

Handel und Verkehr.

Mannsieim, 19. November. Obcrrheinische Bank —.— B.,
94.— G. Rhein. Creditbank —.— B, 140 00 G. Rhein. Hyp.-
Bank 190.25 G., —.— B., Branerei Kleinlein, Heidelberg, —.— B.,

173.50 G. Schroedl'sche Brauerei Heidelberg B., 190.— G.
Portland-Zemmtwerk Heidelberg —B., 116.50 G.

Mannheim. 19. Novbr.(Produktenb örse.) Per 100 Kilo.
Weizen hierländ. 17.25 bis —.—, rheinischer 18.— bis —.—.
Azima 17 50 bis 18.—, Theodosia 18.—bis —.—, Saxonska —
bis —Ulka 17.— bis 17.50, Taganrog 17.- bis 17.75. ru-
mänisch. 17.50 bis 18.—, anier. Winter I118.— bis —.—, amer.
Spring —.— bis —, Californier —bis —. La Plata

17.50 bis 18.—, Bahia blanka —.— bis —.—, Semence Russe
—.— bis —.—, Kernen 17.— bis —.—, Roggen Pfälzer
neuer 14.15 bis —.—, nordd. —.— bis —.—, russischer 14.50,
bis —, Gerste hies. Gegend 15.50 bis 16.25 Pfälz. 15.50 bis
16.50, Ungarische —.— bis —.—, Futtergerst 1l.50 bis—.—,
Hafer Bad. 13.— bis 14.50, württ. Alp. —bis —.—, Nord-
deutsch —. bis —.—, Hafer russ. neuer 13.75 bis 15.—, Mais
Amerik. mixed. 12.— bis —, La Plata 11.80 bis —, Donau

12.50 bis —.—, Kohlreps Deutscher 21?/« bis —, nngar.
—.— bis—, Wicken 18.— bis—, Kleesamen deutscher
120.— bis —.130, Amerikaner 110.— bis 115.—, Lucerne 115 bis
124.—, Provence 120.— bis 140.—, Esparsetts 30.— bis 34.—
Amerik. — — bis —, Leinöl nrit Faß 45.00 bis —, in
Waggon 42.50 bis —.—, Rüböl mit Faß 55.0 > bis —, in
Waggon 52.00 bis —, Petroleum Amerik. 20.50 bis —.—
in Fässern 25.— bis —, bei Waggon 24.30 bis —, russ.
Nobel 18.70 bis —.—, in Fässern 24,— bis —.—, bei Waggon
22.30 —.—, gew. russ. 18.40 bis —.—, in Fässern 22.50 bis—.—
bei Waggon 23.50 bis —, russ. Meteor 19.60 bis —, in
Fässern 23.40 bis —.—, bei Waggon 24.40 bis —, 70er
Rohsprit 56.50 bis —. 90er Rohsprit 40.50 bis —, Roh-
prit tzersteuert 123.50.

Weizenm. 00 0 1 2 3 4 Roggenm. 00 01

27.50 25.50 23.50 22.50 21.50 19.50 22.25 19.25

Tendenz: Weizen höher, alles andere uiwer-ändert.

— Am 1. Dezember d. I. wird in Hörde (Westfalen)
eine R e i ch sb a nk n e b e n st e l l e eröffnet.

Zum Hinscheiden der Prinzessin Elisabeth
von Hessen

wird von einer mit Darmstädter Verhältnissen betranten
Persönlich'keit geschrieben: Der an Vrechrnhr erfolgte
Tod unserss Prinzeßchens tHsft hen Großherzog als
schwerster Schlag seines Lebens. Das muntere Kind war
seine ganze Wonne. Emst Ludwigs Leben wurde nie von
militärischen Jnteressen ausgesüllt, sondern er lebte der
Kunst und — seinem Kinde. Jm Garten hatte er der
Kleinen ein vollständig eingerichtetes Miniaturhäuschen
aufbauen lassen, in 'dem sie mit ihrsn Gespielinnen, der

Tochter des Hofpredigers, des Jägermeisters und anderer
Darmstä-dter Famiken, fröhlich schaltete und waltetel
auch eine Wasserrutschbahn war da und die würdevollsteü
Flügeladjutanten mußten sich dazu bequemen, mit eineM
der Kinder zwischen den gespreizten Knieen hinabzusauseH
machte es doch der Großherzog ihnen vor. Es war ein
Paradies der Kinder, wie es sich selten wo findet. ikno
der Großher-zog selbst war in diesem Reiche, wo
Majesty the Baby" regierte, nnr der oberste Vezier.
Märchenerzähler, wie es kaum einen besseren geben karw,
ein Spielkamerad, wie man ihn sich nur wünschen maS'
war er im Herzen seines Kindes so festgewurzelt, düp
das Prinzeßchen von ihm sich nie losreißen ließ und' WeiM
krämpfe bekam, wenn es hieß: nun sei die Darmstädt^
Zeit wieder einmal zu Ende und es müsse zur Mutter naw
Koburg. Um dieser jedesmal erschütternden Szene anm
zuweichen, wurde das Kind darum in letzter Z-eit imn>^
— schlafend von Darmstadt weggebracht; behutsam, gn'lS
b-ehutsam, damit es ja nicht erwache. Die Hessen hatten
ihre kleine Prinzessin sehr lieb. Einst hob sie ein H^
aus dem Publikum ho-ch in die Luft und rief begeistert-
„Unsere Prinzessin soll leben hoch!" woranf die kleins
Elisabeth aber prompt erwiderte: „Jch will garnicht HE
leben, ich will anf der Erde leben!" Bei der Erziehnng,
die ihr der Großherzog angedeihen ließ, wäre sie a»cy
keine Ilnnahbare hoch über allem Volk geworden, sondely
ein schlichtes, herziges Menschenkind mitten unter ihr^
lieben Hessen. Nun sind alle diese Hoffnungen jäh g^
knickt. Und der Großherzog beneidet den ärmsten seinr
Untertanen, der ein Kind auf den Armen wiegen darf- „

Darmstadt, 19. Nov. Die „Darmstädter ZeituE
meldet: Von dem Kaiser von RußIand ist dem
Staatsminister Rothe h-eute folgendes Telegramn^
gegangen: Tief betrübt, daß die Krankheit der Kaiserü
uns verhindert, nach Darmstadt z-r kommen, um deM
Großherzog in seinsm Kummer beizustehen, sind wir aM
Tage der Beisetzung der zu früh entschlasenen, geliebM>
Prinzessin Elisabeth von ganzem Herzen bei der BetM"
kernng von Hessen und bitten Gott den Allmächtig^'
uns allen seinen Trost zn gewähren. Nikolaus.

Darmstadt, 19. Nov. Die Beisetzung der P r i^
zessin Elisabeth von Hessen fanid heute Naä!"
mittag 34/2 Uhr statt. Pünktlich um' 3 Uhr, so beriäM
dis „Frankf. Ztg.", rollte langsam der Hofzug h-eraü-
Zuerst entsteigen öem mittleren Wagen Großsürst rch,
Großfürstin Sergius, dann Prinz und Prinzesstn Hoinb>^
von Preußen, die Herzogin von Koburg, Kronprinzew
von Rumänien, Prinz und Prinzessin Friedrich Karl vo^
Hessen. Dann der G r o ß h e r z o g. Er scheint gefab
und führt die G r o ß h- erzogi n, seine geschiedene
tin, die sehr blsich ist. Nach einer kurzen, ernsten Begr^
ßung zwischen den soeben angekommenen und den a>
dem Bahnsteige bereits versam'melten Fürstlichkeiten heb^
acht Gardeunteroffiziere aus dem Wagen, den der G4vv
herzog und seine frühere Gema-Hlin soeben verlassen, ^
kleinen silbernen Sarg, der die Leiche der so fvüh verb
chenen Prinzessin Elisabet-H birgt. Der Großherzog
selbst die Hand an die metallene Hülle, in der sein Töchm
chen verwahrt liegt und hilst sie hinauf aus den
hofsplatz tragen. Dort wartet 'der niedrige, slache, ^
weiße -Seide gehüllte, mit weißen Chrysanthemen S
schmückte Leichenwagen. Von denMrchen läuten die G
cken. Militärmusik spielt „Jesus meine Zuversicht",
Ehrengarde präsentiert. Die Offiziere grüßen 'MÜ
risch, Diener legen Kränze auf den Sarg, nnd der Le>ä)0 ^
zug setzt sich langsam in Vewegung. Als Erster
hinter dem Lsichenwagen zwischen dem Prmzen Heiuv' '
und dem Großfürsten Sergius der Großherzog. ^
folgen Prinz Eitel Friedrich von Preußen, der ju»g
Herzög von Koburg, der Prinzregent und weiterhin
übrigen fürstlichen Tranergäste, einige hessische staü
herrn nnd das Gefolge. Die Reihe der Wagen, in deu^
sich 'die sürstlichen Damen besinden, schließt sich an. ^
ersten sieht nian die Prinzessin Heinrich von ,

und die 'Großfürstin Sergius, im zweiten die GroW
zogin von Hessen. Das Publikum hält in tiefem SäM
gen alle Straßen, d-ie der Zug Passiert, besetzt.

Oben ans der Rosenhöhs langt der Zug um 14H . y^
an. Der Sarg wird vom Großherzog, dem Großfüil
Sergius, dem Prinzen Heinrich, Prinz Max von Bade '
Prinz Friedrich Karl von Hessen, dem Regenten don ^ <
burg, Exzellenz von Westerweller, Exzellenz von Riede!
Mci,,sr,spnm pinem- kleinen ariecbiicbeni Tewp ^

errlg^

zum Mausoleum, einem kleinen griechischen
hinaufgetragen. Der Mittelranm vermag nur wvn>»-
der Leidtragenden aufzunshmen, 'die meisten bleiberr v
der geöffneten Tür. Dann spricht Hofprediger Ehvhov
ein langeres Gebet. Die dranßen stehenden vernehr»
die Wvrte nicht, die im Ranschen des Herbstwindes vo
loren gehen. Eine weitere Weile ist es still in dem klens
Gewölbe. Dann treten nach und nach die Fürstlichk^sb
ins Ferie hinaus. Der Großherzog bringt feine oinw-
Gattin zum Wagen. Die Eltern des so früh gestorben
Fürstenkindes nehmen herzlich Abschied von einande '
und bald liegt der Mansoleumspark auf der RosenkPb
wieder in stiller Herbsteinsam-keit. ^

Die Großherzogin von Hessen, die Herzogin von ^ ^
burg nnd die Kronprinzessin von Rumänien sind sol^
nach beendeter Beisetzung nach Koburg abgefabren.
vor 6 Uhr reiste der junge Herzog von Koburg nach P'-"
und ebendahin um 8 Ühr Prinz Eitel F-riedrich ^
Prenßen. Prinz Max von Baden trat die Heimreise na
Karlsruhe mn ^9 Uhr an. Jm Neuen Palais w
abends Familientasel statt. Prinz und Prinzessin H^Z
rich von Preußen un-d das Großfürstenpaar Serg^
haben dort Wohnnng genommen.
 
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