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§. 107. Labyrinth der Vierhänder.
Die vergleichende Anatomie der Gehörlabyrinthe hat nur morphologischen
Werth. Welche functionelle Verschiedenheiten durch die Veränderungen in
der Gestaltung der einzelnen Bestandteile des Labyrinthes bedungen werden,
können wir für jetzt nicht einmal vermuthen, und werden auch in alle Ewig-
keit nicht mehr von ihnen erfahren. Ich halte es deshalb nicht für nöthig,
mich in eine genaue und umständliche Beschreibung dieses Organes einzu-
lassen. Der Anblick der Abbildungen auf Tab. XVIII. giebt über die Form
der Labyrinthe weit besseren Aufschluss, als es die wortreichste Beschreibung
zu thun im Stande wäre. — Die Figuren sind 2 — 2 % mal vergrössert.
1. Troglödytes Gorilla.
Der Seltenheit wegen erwähne ich dieses Präparates. Es betrifft das
rechte Labyrinth. Foramen ovale und rotundwn, so wie die Stellung der
Canales semicirculares zu einander, weicht von der Configuration, wie sie
diese Gebilde bei Orang aufweisen, nicht in erkennbarer Weise ab. Auffallend
ist nur die Grösse des Canalis semicircularis posterior, dessen unterer Schenkel
in der eröffneten Trommelhöhle des Schläfebeins nicht so allseitig, wie bei
Orang, von der Felsenbeinmasse eingeschlossen erscheint, sondern sich aus
derselben etwas hervordrängt, und deshalb ohne alle Präparation schon abge-
sehen werden kann. Seine Ampulle übertrifft die beiden anderen um ein
volles Drittel des Durchmessers. — Die Schnecke jedoch unterscheidet sich
von jener des Orang dadurch, dass der Beginn der zweiten Windung nicht
an der vorderen Wand des Vorsaals ansteht, sondern ein tiefer einspringender
Winkel zwischen beiden frei bleibt.1) Die Schnecke macht zugleich nicht
mehr als zwei Windungen, und ihre Kuppel erscheint weiter als das Lumen
des Schneckenganges, dessen Durchmesser jenen der Canales semicirculares
nur um die Hälfte übertrifft, woraus sich zugleich die geringe Erhebung
des Promontorium erklärt. — Auffällig ist die schiefe Stellung des ovalen
Fensters, dessen Ambitus jenem des runden Fensters gleicht.
2. Ghiromys madagascariensis (Tab. XVIII. Fig. 2).
Ich stelle den Aye-Aye zu den Halbaffen, da sein Labyrinth ganz und
gar jenem der Lemuriden gleicht. Die eigenthümliche Stellung der Bogengänge,
') Tab. XVIII. Fig. 1. lit. a.
§. 107. Labyrinth der Vierhänder.
Die vergleichende Anatomie der Gehörlabyrinthe hat nur morphologischen
Werth. Welche functionelle Verschiedenheiten durch die Veränderungen in
der Gestaltung der einzelnen Bestandteile des Labyrinthes bedungen werden,
können wir für jetzt nicht einmal vermuthen, und werden auch in alle Ewig-
keit nicht mehr von ihnen erfahren. Ich halte es deshalb nicht für nöthig,
mich in eine genaue und umständliche Beschreibung dieses Organes einzu-
lassen. Der Anblick der Abbildungen auf Tab. XVIII. giebt über die Form
der Labyrinthe weit besseren Aufschluss, als es die wortreichste Beschreibung
zu thun im Stande wäre. — Die Figuren sind 2 — 2 % mal vergrössert.
1. Troglödytes Gorilla.
Der Seltenheit wegen erwähne ich dieses Präparates. Es betrifft das
rechte Labyrinth. Foramen ovale und rotundwn, so wie die Stellung der
Canales semicirculares zu einander, weicht von der Configuration, wie sie
diese Gebilde bei Orang aufweisen, nicht in erkennbarer Weise ab. Auffallend
ist nur die Grösse des Canalis semicircularis posterior, dessen unterer Schenkel
in der eröffneten Trommelhöhle des Schläfebeins nicht so allseitig, wie bei
Orang, von der Felsenbeinmasse eingeschlossen erscheint, sondern sich aus
derselben etwas hervordrängt, und deshalb ohne alle Präparation schon abge-
sehen werden kann. Seine Ampulle übertrifft die beiden anderen um ein
volles Drittel des Durchmessers. — Die Schnecke jedoch unterscheidet sich
von jener des Orang dadurch, dass der Beginn der zweiten Windung nicht
an der vorderen Wand des Vorsaals ansteht, sondern ein tiefer einspringender
Winkel zwischen beiden frei bleibt.1) Die Schnecke macht zugleich nicht
mehr als zwei Windungen, und ihre Kuppel erscheint weiter als das Lumen
des Schneckenganges, dessen Durchmesser jenen der Canales semicirculares
nur um die Hälfte übertrifft, woraus sich zugleich die geringe Erhebung
des Promontorium erklärt. — Auffällig ist die schiefe Stellung des ovalen
Fensters, dessen Ambitus jenem des runden Fensters gleicht.
2. Ghiromys madagascariensis (Tab. XVIII. Fig. 2).
Ich stelle den Aye-Aye zu den Halbaffen, da sein Labyrinth ganz und
gar jenem der Lemuriden gleicht. Die eigenthümliche Stellung der Bogengänge,
') Tab. XVIII. Fig. 1. lit. a.