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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Personalnachrichten - Denkmäler - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Bücherschau - Briefkasten
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Ausstelluiigen, §ainmlungen rc. — Vermisckte Nackrickten

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Zie glänzen auf dem Rennen und fahren in der mit Blumen
überschütteten Kutsche durch das Bois de Boulogne. Sie strahlen
aus dem Balle, nicht immer in einer Toilette, die auf die beste
Gesellschaft schliesten liißt, aber gerade deshalb um so siegreicher.
Uud allein, uubeachtet und sich selbst überlassen, träumen sie von
ilireu Erfolgen oder liegen gelaugweilt uud iu ihrer ganzen geistigeu
Leere charakterisiert ini Sessel. Die eine blickt gähnend mit halbem
Auge iu eiu Buch, während sich eine Andere in fieberhafler?lus-
regung auf dem als Teppich am Bodeu liegendeu Tigerfelle wälzt.
Deu AuSgangspuukt des Kvlorits bildet fast stets dieses Fell und
das oft hochrot blonde Haar der Schönen. Fast auf allen Bil-
dern fallen die nervös bewegten Hände auf, die Finger, welchc
sich zuckend nach autzen strecken, das Handgelenk, welches sich scharf
nach innen uinbiegt. Das sind nicht Hände, die sich verttauens-
voll dem geliebten Manne fürs Leben entgegen strecken, es sind
die Krallen von Sireueu, die ihr Opfer festhalten, so lange sie
ihre Freude daran haben. Einen Trauring wird man an diesen
Fingern freilich vergebens suchen. Das beste der hier ausgestellten
Gemülde ist die „Sirene". Das schon auf der Ausstellung in
Brüssei viel bewunderte Gemälde zeigt eine dieser Tamen, die doch
etwas zaghaft vou der Landungsbrücke in das Boot steigt, um
zu den Offizieren eines französischeu Kriegsschisies hiuüber zu
sahreu. Ter Kapitän lätzt bereits der erwarteten Dame zu Ehren
Salut schießen. Die landschaftlichen Studien desselben Malers
legeu vou dem reichen, aber sichtlich oft mitzleiteten Talent van
Beers' eine recht gute Probe ab. — Die Ilusstellung bringt feruer
drei neue Bilder von Arnold Böcklin. Das Größte zeigt ein
altrömisches Heiligtum am Meere. ?lus einer Ringmauer vou
hellem Marmor ragt eine riesenhafte Steineiche mit ihrem dnnklen
Wipfel gegen den Gewitterhimmel. Die Mauer bekrönt ein Bronzc-
standbild des Mars, desseu grüne Patina sich prachtvoll gegen
die Wolkeu abhebt. Bor dem Heiligtum siud römische Krieger
anbetend zu Boden gesunken. Also ein Bild, das dem Gemälde
im Museum zu Breslau vielfach verwandt ist.„ Ebenfalls grotz-
artig aufgesaßt, aber zugleich seltsam bis zum Äußersten ist Böck-
lins zweites Bild: Das Schweigen im Walde. Zwischen den
mächtigen Stämmen cines Waldes steht ein Einhoru, auf dem
ein weißgekleidetes Mädchen siyt. Wenige Handbreit darüber schlietzt
der Rahmen das Bild nach oben ab. Wahrhaft zauberisch ist das
Licht gemalt, das von dem blauen Himmel durch diese Stämme
hindnrch auf die lichte Frauengestalt, mit dem Kornblumenkranze
im Haare, fällt. Aber wer hat dem Maler die Form dieses Ein-
hoiiis eingegeben? Man weitz nicht, ob mau es in den Grund-
formeu dieses zottigeu Wesens mit einem Esel, mit einem Ziegen-
bock oder Lama zu thun hat. Von dem weitzen elegant gezeich-
neten Einhorn, das sich auf unsereu Kircheubildern in den Schooß
der heiligeu Juugfrau flüchtet, ist hier keine Rede. Es ist das
wilde Wesen der antiken Mhthe, von dem Plinius berichtet, datz
nur eine schuldlose Jungsrau es zu zähmen im Staude sei. llnd
dieses mürchenhaste Tier ist mit einer inneren Naturwahrheit ge-
malt, daß es in unserer Phantasie Lebeu gewinnt und sich tief in
unser Gedächnis eingräbt. Zuerst erscheint das Bild wild und
barock, und zuletzt tritt denuoch seine Schönheit so strahlend her-
vor, daß unser Widerspruch verstummen mutz. — Schön ist auch ein
drittes Bild des Meisters: eine Ruine im Gebirge. — Von den
Werkeu andererMeister sei aufzwei köstlicheAguarellevonPassini,
Köpfe italienischer Äiädcheu, ferner auf mehrere sehr schöne Ar-
beiten von Douzetle und Frau Begas-Parmentier und auf
einige Beiträge von Lenbach, Lutteroth, Nielsen, Wentscher
und Wuttke hingewiefen. »nter den plastischen Werken der Aus-
stellung besinden sich einige gute Arbeiten von Eberlein, nament-
lich elegante leicht bemalte Statuetten von Frauen im Kostüm
aus dem Anfang dieses Jahrhunderts.
O. V. Berlin. Wandmalereien im Berliner Rat-
hause. Die Aussührung der Gruppe von 5 Wandgemälden im
Vorjaal des Magistratssitzungssaales, zu denen, wie wir im
vorigen Heft berichtet hatten, die Maler Bleibtreu, A. vou
Hehdeu uud Scheureuberg im Auftrage des Magistrates Ent-
würfe eingereicht hatten, ist dem Maler Scheurenberg über-
tragen. Tie Prämiierung dieser wesentlich genrehaften Entwürfe
beweist wiederum, welche autzerordentliche F-örderung in Berlin
die Einführuug einer realistischen Auffassung in unsere nionu-
mentale Kunst erfährt. Glücklicherweise ist indessen von einer
?lnsführung der von Scheurenberg eingereichten Entwürse Abstand
genommen. Die beiden Hauptbilder desselben sollen von ihm
erst vollständig umgearbeitet werden. Aus dem ersteren, die
Vernrteilung Thle Werdenbcrgs, soll die Szeue, uicht wie Scheuren-
berg dargestellt hatte, im Saale, sondern im Freien oder in einer
osieneu Hnlle staltfinden. Bei dem zweiteu Bilde, der Nieder-

werfung der Raubritter, soll der Künstler mehr der geschichtlicheu
Wahrheit Rechnung tragen. Jn Betteff der Supraporten, in deren
Koinposition Scheurenberg die empfindlichsten Schwächen zeigte,
ist eine weitere Entscheiduug noch vorbehalten.
Für die zweite zu demselbeu Raume gehörende Gruppe von
4 Wandgemäldeu waren die Maler Kuackfptz, Scholz und
Vogel mit der Nnsertigung vvn Eiitwürfen beauftragt. Nach
dem jetzt ausgesprochenen »rteil des Preisgerichtes ist der Maler
Vogel zur Ausführuug gewählt. Das Thema für sümtliche
4 Bilder war bestimmt. Jn dem einen Hauptgemälde sollte dar-
gestellt werden: der Empfang des Ilbendmahls in betderlei Ge-
stalt durch den Bürgermeister uud Ratmanii von Berlin. Scholz
und Vogel habeu den Bvrgang wie eiu alltägliches Ereiguis auf-
gefatzt. Sie stellen ein Abendmahl dar, bei welchem ein paar
beliebigeu Ratsherren für irgend welche Lappalien ihre Sünden
vergebeu weröen. Knackfutz hat mehr die geschichtliche Bedeutuiig
des Ereignisses im Auge. Er schildert Geistliche, welche erfüllt
sinö vou dem Bewußtseiu des Wertes der Gabe, die sie hier zum
ersten Male dem Volke reichen. Den aiisdrucksvollen Gestalten dcr
RatSmünner, welche hier vor dem dlltar kuieen, sieht mail an,
mit welcher Beweguug sie das eutgegeniiehmeii, was den Gegen-
stand der heiligsten Sehnsucht der gauzeu Bcvölkerung bildete.
Doch gerade eine derartige Auffassuug ist jept in Berlin unbeliebt
und die Kommissiou hat sich sür die genrehafte illuffassung ent-
schiedeu. Nicht für die farbenreiche unö wariue Darstellung vvn
Scholz, sondern für die weitzlicheu und kalten, aber gerade deshalb
uin so moderueren Farben Vogels. Das nämliche gilt von sämt-
licheu übrigen Bildern derselben Gruppe. Das zweite dazugehörige
Hauptbild stellt den Empfang der sranzösischen Flüchtlinge unter
dem grotzeu Kurfürsteu dar. Auch hier hat die ungezwungene
Kompositiousweise Vogels und seine helle jonnige Farbe den Sieg
davou getragen. Der Entwurf vou Scholz, ebenfalls ohne die
strengere Anorduung eines Historienbildes, zeigt außerordentlich
schön enipfundene Einzel-Gruppen und Figuren. »nseres Erachtens
hat Kuackfutz auch in diesem Bilde eine ausdrucksvollere mvnu-
meutalere Lösung gefunden. Tie beiden auderen wesentlich kleinereu
Bilder dieser Gruppe stellen die Berherrlichung der dlrchitekteu
Schlüter und Schiukel dar. Vogel uud Knacksutz lassen die Büste
Schinkels und ein Porträt-Medaillon Schlüters — obwohl es
überhaupt kein nachweisbares Porträt' Schlüters giebt — von
Genien krönen. Scholz schildert statt dessen das Atelier Schlüters
in dem Augenblicke, wo die Kurfürstin Sophie Charlotte dem
Modell der Reiterstatue des grotzeu Kurfürsteu einen Besnch ab-
gestattet: ferner deu Baumeister Schinkel, wie er auf dem Baugerüst
die Ausführuug einer Säulenarchitektur besichtigl.
Auch dem Maler Mühlenbruch, der für seine Eittwürfe
zu den Gemälden im Treppenhause den I. Preis erhalteu hatte
konnte die zustündige Kommission die Ausführung dieser Werke
noch nicht übertragen. Das »rteil des Preisgerichts hebt hervor,
daß Mühlenbruchs Entwurf „wegen der sehr flüchtigen Behandlung
noch keiue volle Gewähr für die Fähigkeit des »rhebers giebt,
ein Werk von derartigem »mfang glücklich durchzuführen." Die
Kommission des Magistrats hat daher beschlosseu, Mühlenbruch
anheimzustellen, eine farbige Skizze des Hauptbildes in doppeltem
Matzstabe herzustelleu uud dsn übrigen Teil des dreiteiligen Ge
müldes zu zeichnen. Sobald die Skizze wie die Zeichnungen vor-
liegen, soll ein desinitiver Beschlutz gefaßt werden. Bon dem eben-
falls prämiierten Entwurfe Eberleius berichtet die Komissiou,
datz bei diesem Entwurfe „autzer einer unleugbaren Grotzartigkeil
des Wurfes im allgemeirien die Fülle der Motive und die teil-
weis sehr gelungene Anordnung der meist allegorisch gehalteueu
Gruppen hervorgehoben wurde, allein gleichzeittg mache sich das
»bermatz an Energie in den Beivegungen der Figuren schädlich
bemerkbar uud die nur andeutende Farbeiibehandlung deS Ent-
wurfes lätzt lebhaftem Zweifel darüber Raum, ob der »rheber die
malerische Durchführung desselben iu grotzem Matzstabe beherrschen
lverde."
Vermischie Nachrichien
4 »ber die Neuorganisalion der Museen von Athen
schreibt Landros im Londoner Alhenäum: Eiu königliches Dekret
organisiert dieselbe und regelt den Besuch der Akropolis. Dem-
gemätz solleu alle in Athen vorhandenen und aus der Proviuz
in die Hauptstadt gebrachteu Altertümer im Zeutralmuseuin auf-
gestellt werden, ausgenomnien die auf der Akropolis gefundenen,
die in dem dortigen Museum uiiterzubringen sind. Die Gegen-
stände sind nach den Epocheu der Kunstentwickluiig zu ordnen und
um die »bersicht vollständig zu machen, sollen Sammlungen von
 
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