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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Personalnachrichten - Denkmäler - Ausstellungen, Sammlungen, etc. - Kunstliteratur - Vom Kunstmarkt - Briefkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0414

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Knnst-Litteratnr — l)om Kunstmarkt — Briefkasteit

Reichshauptstadt bekannt machen miistte, ermachte das eigentliche
Jnteresse an diesen seinen Arbeilen in der Nation erst seit den
letzten großen Kriegen, wo das deutsche Vvlk sich von dem tiich-
tigen Kerne zu iiberzeugen vollauf Gelegenheit hatte, den die harte
nnd ost schiver genießbare preustische Schale uinschloß. Und da
die kiinstlerische Thätigkeit Menzels fast ausschließlich sich der Dar-
stellung preustischer Geschichte und in ihr zuineist desjenigen
Helden, der anch austerhalb seines Königreichs sich nnsterblichen
Ruhin errungen, gewidmet, so konnte es nicht ausbleiben, dast
auch die knnstlerische Verklärung dieser Tugendeii, welche Preusten
grost geniacht, ihre Bemunderer von Tag zn Tag machsen sehen
inustte. Dieser Enthusiasinus aber mürde im Lanfe der Zeit
gleich den erwähnten Ereignissen einmal in der Erinnerung der
Menschen wiederum verblassen, so mit ihnen an Begeisterung und
Stärke ohne Zweifel verlieren, läge nicht in den Werken des
Meisters selbst eine nnverwiistliche Frische und Originalität der
Anschauung und der unvergängliche Reiz seines ihin ganz eigen-
tiimlichen kiinstlerischen Könnens. Jn letzter Zeit nnd besonders
anläßlich des 70. Geburtstages Menzels ist iiber den Gefeierten
so viel geschrieben worden, dast neues wenigstens kauni iiber ihn
gesagt werden kann. Ilnd was das vorliegende Werk anlangt,
dessen vor -l Jahren veranstaltete Liebhaber-Ausgabe trotz ihres
hohen Preises vollständig vergriffen, eine nene und zwar, mit
richtiger Einsicht und Würdigung der Zeichnungen wie der Ver-
hältnisse, Volksauslage zur Nvtwendigkeit inachte, so lobt that-
sächlich das Werk den Meistcr derart, daß jedes weitere Wort
iiberflüssig erscheinen must. Zndem erklären sich die Zeichnungen,
deren historische Grundlagen übrigens jedem gebildeten Kunst-
freunde als bekannte vorauszusetzen sind, ganz von selbst nnd
gemähren auch ohne weiteren Koinmentarballast einen rein künst-
lerischen und ebendaruin desto ungetrübteren Gennst. Wie sich
der Genius des großen und einzigen Königs in seinen Schriften,
im Ernst und in der Empfindiing sowohl, als wie im Scherz und
in der Satire von seiner glänzendstcn nnd liebenswürdigsten Seite
zeigt, so konnte der „Philosoph von Sanssouci" einen kongenialeren
t'Iusleger und Veriniltler seiner Gedanken, in künstlerische Forinen
uingegossen, nicht wünschen und finden. Menzel war nnd bleibt
der Äpelles diejes Alexauder. Die alldurchdringende geistige
K larheit, der schlagfertige schneidende Witz, die bleudeude Frappanz
des Ausdrucks, das sind die charakteristischen Eigenschaften der
Schriststiicke FriedrichS sowohl wie der Jllustrationeii Menzels,
die schon auf den ersten Blick hin eine packende Wirkung aus-
üben, deren eigentlicher Wert jedoch sich erst der eingehenden
Vertiefung ofienbart. Nicht auf den äußern Schein, so sehr auch
die pikante inalerijche, oft an Rembrandt gemahnende Wirkung
die Hauptursache des fesseliideu Eindinckes dieser Blätter auszu-
machen scheint, noch mehr — und das ist das bsi weitem
Wichtigere, weil das weitaus Schwerere — httlt die gedicgene,
bis zur äußersten Ausfeilung gehende Durcharbeitung der Form
auch der strengsten Untersuchung Stich und kein Strich ist zu
finden, der nicht zum Ausdruck der beabsichtigten Jdee, zur
Charakterisierung der sie zur Erscheinung bringenden Dinge absolut
nolwendig wäre. Wie er hier aufiritt, ist der Realismus voll
aber auch einzig nur berechtigt, und hier ist genau zu erfahren,
zu was er gegenüber seinen modernen Ausschreitungen eigentlich
in der Kunjt berufen ist. Wie hier nicht jedeS gernde beliebige
Mvdell sklavisch nachgestüinpert wurde, um bloß den Raum zu
siillen, sondern jeder Mensch als solcher haarscharf in seiner Jn-
dividualilät erfaßt ist, als der er fungiert, der Held, der Diplomat,
der Theologe, der Gelehrte, der Dichter, der Künstler, die
Königin und die Mntresse, der Bürger, der Aristokrat, der
Bauer, der General und der Rekrut gerade das sind, was sie
sein sollen, wie jedes Stück Kostüni, jedes Beiwerk hier ganz
speziell nur zum Zwecke der Tarsteliung, zur präzisen Bezeichnuug
der Situalion verarbeitet ist, das ist mit eminentester Sicherheil
der Meisterschaft, mit epigrammatischer Schärfe des Ausdrucks
nnd zwar nach allen Richtungen hin vollkommen gegeben.
Darauf hin betrachte man u. a. den auf dem Totenbett ruhenden
Voltaire, eine wahre dlpotheose der den Tod iiberwindenden Un-
sterblichkeit, oder den aus seinem Fenster auf die Straße hinaus-
schauenden Forscher, den nachts in der Bauenistube dichtenden
König, ferner den die Truppen anfeuernden Klirfürsten, das
Bildnis der Pompadour in dem die Laszivität des Hofes
Ludwig XV. in scharfer Anzllglichkeit schildernden Barockrahmen.
Lder weiterhin den zur Rettung eines ertrinkenden Kindes sich
der Kleidung enlledigenden jungen Mann, die zwei jungen Leute
in dem Rokokosenster — alles, bis aus die kleinste Bignette, wie
z. B. die mit Edelsteinen geschmückte blendende, nach iunen mit
Stacheln besetzte Krone, der nervige, mit einem Lvrbeerbusche

das blutgetränkte Schwert reinigende Älrin, zeigt den Künstler
nicht blost als Materialisten, der die geringfügigsten Gegenstände
blost stupid nbschreibt, sondern als Denker, der sie zur Fixierung
geistreicher Beziehungen und gedankentiefer Jdee zu verweudeu
versteht und so mit ihnen einen ebenso eindringlichen wie nnaus-
löschlichen Eindruck hervorzuruien gewiß ist. Und somit sichern
diese Blätter, welche aus des Meisters bester Zeit, d. h. aus der
Vollkraft des ausgereiften, iu sich vollendeten Mannes stammen
und seinen Bildern zu „Kuglers Biographie Friedrichs des Grosten"
ebenbürlig sind, in ihrer Schneidigkeit der Zeichnung, der Fülle
der Erfindung, der Kraft, Wahrheit und des Ernstes des sich in ihnen
offenbaienden Lebens ihrem Urheber den ersten Rang unter allen
Verlretern der malerisch-realistischen lliichtung und somit einen
für alle Zeiten und übcr alle Wandlnngen der Anschauungen
hinauS gesiclierten Nichm.
P: Lebenserinnernngeu eines Deutschen Malers.
Von Ludwig Richter. Prcis M. 8 (geb. M. 8.7ä resp.
M. ll.kO u. M. l l.—.) Franksnrt, Berlag von Joh. Alt. Zu
nnserer Freude köiinen wii hiermit das Erscheinen bereits der
vierten sehr vermehrten Auslage dieses irefflichen Werkes anzeigen,
aus dessen reichcin Jnhalt wir unsern Lesern demnächst ini Än-
schlust an nnseren Artikel in Hest 4 und 6 noch einige weitere
Proben zu bieten gedenken.
Vom Kunftmarkk
vm. Jn London fand kürzlich die Versteigernng einer
gröstcren Anznhl vvn Gemälden ans der Galerie des Herzogs
von Marlbvivngh in Schlvst Blenheim statt. 70 Bilder, darunter
Werke von Rnbens, van Dpck, Gonzales, Teniers u. a., welche
am eistcn Tage nnter den Hammer kamen, ergaben zusammen
gcgen 700,000 M. Die relativ höchsten Preise erzielten achtzehn
Rnbens, darunter ein Hauptwerk: Venus uud Ülmor in dein
Bemühen, Adonis von der Jagd zurückzuhalten, welches einst
Kaiser Levpold I. dem ersten Herzoge von Marlborough, dem
Siegcr Vvn Blenheim (Höchstedt) geschenkt, allein t4i,000 M.
Nm zweitcn Tage gingen 117 Gemälde von David Teniers d. j.
für 40,000 M. fort. Diese Bilder haben ihre eigene Geschichte.
Tenici s ivar von Georg Wilhelm, dem Svhne Kaiser Ferdiuand II.,
als dieser Gouveriicur der Niederlande ivar, zu seinem Hofmaler
ernaiint und mit der Aussicht über seine an Werken der hervor-
ragendsten italienischen und vlänüschen Meister reichen Galerie
betrant worden. Jn derselben ferligte er von den bedentendereu
Bildern kleine Kopien an und brachte es dabei in der Nach-
ahmung der Malweise eines jeden Meisters zu einer solchen Ge-
schicklichkeit, dast er der Proleus der Malerei genannt wurde.
Dicse Kopien, von denen nun l 17 versteigert worden sind, wurden
graviert und in einem Foliobande als Teniers-Galerie heraus-
gegeben, die meistcn der Originale dagegen, nach denen sie ge-
macht waren, gelangten nach dem Rücktritt Georg Wilbelms von
der Regierung der Niederlande nach Wien, lvo sie sich noch in
der Galerie des Belvedere befinden.
Vriesksften
Fungb. kiainburg. Wir wollen Jhren Vorschlag erwägen;
siir die bisherige Anordnung spricht das infolge der durchlaufen-
d:n Zeilen sehr erleichterte Jllustralionsarrangement. Nbrigens
sind gerade in dem durchlaufenden Texte des ersten Bogens die
Jllnstrationeii so zahlreich, dast die Zahl der thatsächlich durch-
lciufeiiden Zeilen jehr genündert wird. Besten Dank fiir Jhr
frenndliches Jnteresse.
Lttb. Belg. Da ist schwer zu raten. Daß Sie sür eine
Mvnographie iiber genannten Gegenstand in Deutschland keinen
Verleger finden, ist unschwer begreiflich. Der beste und eigent-
lich wohl einzige Absatzmarkt für Jhre Werke bleiben immer
gröstere illustrierte Blätter, als da sindi JUustrierle Zeitung,
Leipzig, Deutsche Jllustrierte Zeitung, Berlin und in Stuttgart
„llber Land und Meer", „Vom Fels zum Meer" „Buch für
Alle" :c.
<8. B. Hannover. Wir haben nnserer Auffassung nber das
Neide'sche Bild bereits in der vorigen Nuniiner (S. 29k nnten)
l'lnsdruck gegeben: Iie sehen, dast wir mit Jhnen vollständig
übereinstimmen, wodurch sich Jhre frdl. Einsendung erledigt.
k. T. Lllwangen. Die großen Schöpfungen der Kunst
und daS innige Verständnis derselben sind cben nicht jedermanns
Sache. Diese Sphäre ist, Gott sei Dank, noch die einzige, in
welche dem Pöbcl — ob mit oder ohne Krawatte und Lackstiefel —
der Eintritt sür ewig verweigert ist.

Redigiert unter verantwortlichkeit der verlagsanstalt für Aunst und U)isscnschast vorni. Fr. Bruckinann (Vorstand: A. Bruckinann)
 
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