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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Septemberheft
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Regling, Kurt: Münzsammeln in alter und neuer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0028

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matischen Zeitschriften. Förmliche Medaillenverläge
kommen schon im frühen 17. Jahrhundert auf (C. Maler
cum privilegio Caesareo); um 1700 ist der von C. Wermuth
der bekannteste, er hat schon einen Verlagskatalog
drucken lassen.

Auch Suiten medaillen treten auf, d. h Folgen
von Medaillen auf alle Herrscher einer Dynastie oder
eines Staates, wie die römischen Kaiser, die baye-
rischen Fürsten, später dann auch Folgen „berühmter
Männer“, wobei man solche, für die keine Vorlagen vor-
handen waren, ebenso frei erfand, wie einst Goltz in seinen
Büchern nicht existierende Münzbildnisse römischer Kaiser
figurieren ließ. Damals — Gotha 1715 — fand auch
die erste deutsche Münzauktion statt. — Inzwischen hatte
sich schon eine neue Sammelspezialität herausgebildet,
die bestimmt war, im 18 Jahrhundert tonangebend zu
werden: die der Taler. Entstanden 1484 in Tirol als
grobe, einem Goldgulden wertgleiche Silbermünze, wird
der nach dem zeitweiligen Haupterzeugungsort Joachims-
thal in Böhmen benannte Taler sehr bald von den
silberreichen Herrschern von Österreich, Sachsen, Braun-
schweig, den Harzgrafen in Masse geprägt und schnell
überall beliebt. Wegen seiner Größe eignete er sich
besonders als Geschichtsmünze (Hochzeits-, Sieges-,
Ausbeute- und besonders Sterbe-Taler) wie auch zu
aufdringlicher Bekundung der Münzgerechtsame des
Prägenden oder der Selbständigkeit überhaupt. Beides,
die Größe und dieser häufige Nebenzweck, machen den
Taler zunächst als aufzubewahrendes Geschenkstück be-
liebt, wovon dann bis zum Sammelobjekt nur ein
Schritt ist.

So hören wir schon im 17. Jahrhundert in den Ver-
trägen mit den Münzmeistern, daß diesen die Ausprägung
von Talern, dann auch von Dukaten usw freigegeben
wird, mit deren Vertrieb sie sich einen Nebenverdienst
machen, und seit dem 18. Jahrhundert treten gedruckte
Verzeichnisse von Talern als Leitfaden für die Sammler
auf, sog. Talerkabinette (Lilienthal 1747, Madai, dann
Schultheß-Rechberg). Von da aus dehnt sich das Sammeln
auch aufs Gold (Dukatenkabinett von Köhler 1759), dann
auf die nächst kleinere Münzsorte, die Gulden ('/2 oder
2/3 Taler), aus, die in Weise 1780 auch ihren eigenen
Bearbeiter fanden. Dem Bescheideneren endlich dienten
die Groschenkabinette (Joachim 1761, Götz) als Leitfaden,
meist die Kleinmünzen unter Vierteltalergröße aufnehmend,
und im 19. Jahrhundert schlossen sich auch Kupfer-
kabinette (Reinhardt 1827, Neumann) an: man sieht an
den Erscheinungsjahren dieser Werke, wie im Laufe der
Zeit der Sammeleifer sich immer weiter nach unten bis
auf die kleinen und kleinsten Sorten erstreckt, wozu die
gelegentliche Verwendung auch der Kleinmünzen zu Er-
innerungsstücken, besonders seitens der Ernestiner, bei-
getragen haben mag. — Das Einteilungsprinzip dieser
Dukaten-, Taler- usw. Kabinette war freilich unhistorisch,
indem es alle zeitlichen und örtlichen Zusammenhänge
aufhob und die Münzen hierarchisch ordnete, nach dem
Titel, den die Münzherren führten. Die Kaiser gingen
voran, dann folgten die Könige (von West nach Ost, d. h.
von Spanien nach Polen und — Preußen fortschreitend),

darauf die Kurfürsten, die Päpste und übrigen geistlichen
Fürsten vom Erzbischof bis zum Abt, dann die weltlichen
Fürsten des heiligen römischen Reiches, diese aber in
zwei Reihen zerrissen, die sogen, alt- und neufürstlichen
Häuser, je nachdem sie vor oder nach 1648 zur Fürsten-
würde gelangt waren; darauf kamen dann noch die Grafen,
Freiherren usw. Es folgten, ohne daß der Grund dieser
Einschiebung ersichtlich ist, drei geographische Gruppen:
Italien, Schweiz und die Niederlande, endlich die deutschen
Stadtrepubliken. Diese Abfolge wird leider von den
sogen. Generalsammlern bis auf den heutigen Tag oft
noch beibehalten und man hat die neue Entwicklung
der europäischen Staaten seit dem Erscheinen der diese
Ordnung begründenden Talerkabinette wohl oder übel
in dies System hineingezwängt. Empfehlenswerter wäre
eine Ordnung, die entweder zeitlich die Sammlung nach
großen Perioden gliederte oder örtlich vorginge, jedes
große europäische Land eine Gruppe bilden ließe, die
dann nach den einzelnen, historisch-geographisch zu-
sammengehörigen Landesteilen in Untergruppen zerfällt.

Neben die Generalsammler, die ihrem Sammelgebiete
keine Grenzen stecken oder nur in der Richtung, daß
sie nur Gold und Taler, manch’ einer nur Gulden, wieder
ein anderer gar nur Vierteltaler, andere nur Kleinmünzen,
Notmünzen, Kupfermünzen sammeln, treten dann schon
im 18. Jahrhundert die Spezialsammler, die nur Münzen
eines bestimmten Gebietes sammeln. Zwar hat es auch
da solche Käuze gegeben, die das innerhalb jenes alten
Rangordnungsprinzipes taten, also nur „Geistliche“ oder
nur „Neufürsten“ oder „Städte“ sammelten, meist aber
waren die Spezialsammler verständig genug, die Grenzen
ihres Gebietes nicht danach, sondern nach Ort oder Zeit
abzustecken. Die früheste Spezialität scheint die der
B r a k t e a t e n Sammler gewesen zu sein, wenigstens
haben wir hierfür schon früh eine Spezialliteratur, (z. B.
Leuckfeld 1721, Schlegel 1723, Seeländer 1743 — dieser
zugleich der erste Fälscher auf diesem Gebiete —,
dann Mader als erster wirklich kritisch arbeitender Kopf).
Brakteaten sind dünne, mit nur einem Stempel durch-
geschlagene Silbermünzen, die, von vereinzelten Ausnahmen
abgesehen, nur in der Zeit von etwa 1125—1300 und nicht in
allen Teilen Deutschlands (besonders in Niedersachsen,
Thüringen, Hessen, Bodenseegebiet) Vorkommen und durch
die Eigenart der einseitigen Prägetechnik wie durch die
dabei zur Geltung kommende Besonderheit des Stiles
zum Sondersammeln reizten. Bald aber traten im Zu-
sammenhang mit der sonstigen Lokalforschung, die durch
das wachsende Interesse an geschichtlicher Forschung
überhaupt im 18. Jahrhundert wachgerufen wurde, auch
andere Spezialsammlungen örtlich oder seltener zeitlich
umgrenzter Gebiete auf, ohne Zweifel die wissen-
schaftlich am meisten gerechtfertigte Art.

Diese örtlichen Spezialsammlungen bewirken und be-
dingen dann eine reiche Spezialliteratur, für die (nach
einem Vorläufer im Anfang des 19. Jahrhunderts, nämlich
Schlichtegrolls Annalen) sich seit den 30er Jahren eigene
Zeitschriften auftun, besonders von den inzwischen
gebildeten numismatischen Vereinen aus-
gehend, deren ältester zu London 1703 gegründet ward.

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