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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Oktoberheft
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Zobeltitz, Fedor von: Der Luxusdruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0056

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gezogenen Ausgabe mit den von Anna Simons ein-
gemalten Initialen. Eine neue Privatpresse ist die Kleukens-
Presse in Frankfurt am Main, die sich insofern von den
übrigen unterscheidet, als sie auch Aufträge aus dem
Publikum entgegennimmt, aber immer unter der Bedin-
gung, daß die bestellten Druckwerke durchaus den
Grundsätzen über die innere Berechtigung der eigenen
Sonderdrucke entsprechen, von denen zunächst Goethes
„Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten“ in 250 Hand-
pressenabzügen auf Japan erscheinen sollen.

Die Begründung der Marees-Gesellschaft durch
Julius Meier-Graefe, die mit graphischen Mappenwerken
und schönen Neudrucken wechselt, war ein weiterer
Schritt in der Entwicklungsgeschichte der deutschen
Bibliophilie. Die Buchausgaben der Gesellschaft sind,
von einem ersten nicht recht geglückten Versuche ab-
gesehen, mustergültige Stilwerke in Bezug auf Papier,
Type und Satzbild und dem beigefügten „Buchschmuck“
in Steindruck oder Holzschnitt, der sich seiner inneren
und äußeren Auffassung nach harmonisch sowohl dem
Inhalt wie der typographischen Ausstattung anzupassen
sucht (wie beispielsweise Großmanns Bilder zu Dosto-
jewskis „Dummer Geschichte“ und Unolds archaisierende
Schnitte zu Flauberts „St. Julian“). Auch einen nied-
lichen Buchscherz der Vergangenheit hat man gelegentlich
in technisch vervollkommneter Weise nachgeahmt. Ovids
„Amores“ wurden von dem Dresdner Schriftkünstler
Heinrich Wieynck wunderschön in Antiqua geschrieben,
linksseitig lateinisch, rechtsseitig in der deutschen Über-
setzung von Rud. Schott mittels Heliogravüre auf Kupfer-
platten übertragen, in die Andr£ Lambert sodann seine
zierlichen Vignetten radierte.

Seltener tritt die Berliner Donnerstag-Gesellschaft
mit ihren Veröffentlichungen auf; sie zählt kaum ein
halbes hundert Mitglieder und weiß sich zu mäßigen.
Immer aber zeichnen ihre Publikationen sich durch eine
prachtvolle Harmonie der Verhältnisse aus, dabei ohne
jedwede illustrative Beigaben: es ist Buchkunst ohne

Buchschmuck. E. R. Weiß, den Berlin nun leider ver-
liert, ist der geschmackvolle Überwacher dieser Donners-
tags-Gaben. Von den Prospero-Drucken des Verlags
Erich Reiß konnte ich drei sehen, sehr verschieden von-
einander, biblische Paraphrasen neben Ballettbildern und
einer Mohammedlegende Klabunds. Das Ballett will ich
ausschalten, weil dies Bildwerk kaum als bibliophile
Veröffentlichung gelten kann, der Klabundsche „Moham-
med“ dagegen ist ein erfreuliches Druckwerk mit einer
flotten Umschlagzeichnung von Slevogt und einer ganz
prächtigen Titelradierung von Hans Meid. Illustrativ
noch reicher belebt sind Kahanes „Novellen aus der
Bibel“; die farbigen Litographien Buettners bilden zwar
keine „Architektur“ der Buchseite, sind aber ein reiz-
voller Textschmuck. In beiden Verausgabungen ist
übrigens auch die Druckanordnung wohlgelungen.

Seit den ausgezeichneten Veröffentlichungen der
Ernst Ludwig-Presse, der Pan-, Bremer und Janus-Presse
hat sich die Zahl der deutschen Privatpressen erheblich
vermehrt. Doch auch hier ist nicht alles echtes Gold, was
glänzt. Frei von Spekulativem hält sich die Münchener
Rupprecht-Presse. Schon ihr erstes Erzeugnis, ein Neu-
druck von Leodius’ Geschichte des Pfalzgrafen Friedrich II.
in der gekürzten Bearbeitung Eduard von Bülows, war
eine bibliophile Gemütserquickung. Ehmcke, der Druck-
leiter, hat für den Satz seine leichte, schlanke, vielleicht
allzu schlanke Fraktur gewählt, was den Vorzug hat, daß
das umfangreiche Werk in einem handlichen Quartbande
geboten werden konnte. Das Van Gelder-Papier mit
dem Wasserzeichen der Presse ist vortrefflich, an dem
Arrangement des Satzbildes läßt sich nichts aussetzen.
Fast besser noch hat mir der Neudruck der Vossischen
„Luise“ gefallen: in länglichem Oktavformat, mit der
zart gerundeten Ehmcke-Schwabacher, die für das Idyll
wie geschaffen ist, auf weichem Hadernbütten gedruckt.

Die Maximilians-Gesellschaft, sowieso etwas schweig-
sam, hat seit ihrer stattlichen „Wallenstein“-Ausgabe mit
den Steinzeichnungen Meids nichts wieder von sich
hören lassen. Die Gesellschaft der Bibliophilen brachte
letztjährig eine allerliebste, in der Reichsdruckerei her-
gestellte Faksimileausgabe der beiden Jahrgänge von
Nicolais „Feynem kleinem Almanach“ und bereitet neue
Sonderpublikationen vor. Zu Gottfried Kellers hundert-
stem Geburtstag veranstaltete der Verlag Seldwyla in
Bern eine in großer schöner Fraktur auf handgeschöpftem
Bütten gedrucktes, mit Initialen und sechs lebendigen
Radierungen von Adolf Hildenbrand geschmückter Monu-
mentalausgabe von „Romeo und Julia auf dem Dorfe“.
Auch Ankündigungen weiterer bibliophiler Ausgaben
gingen mir letzthin in Fülle zu, u. a. „Madonnen“, ein
Zyklus von A. de Nora mit zehn Originalradierungen von
Fritz Schwimbeck (Staackmann, Leipzig), Hermann Löns
„Wehrwolf“, sieben Originalholzschnitte von Walther
Klemm (Diederichs, Jena) und Goethes Balladen mit
zweiunddreißig Radierungen von Sepp Frank (Graupe,
Berlin). Daß aber auch wohlfeilere Werke mit buch-
künstlerischem Geschmack hergestellt werden können,
beweisen die Sonderhefte der Flugblätter rheinischer
Dichtung des Kölner Salm-Verlags, die billigen Drucke
des Munin-Verlags in Charlottenburg (der übrigens auch
kostbarere Hundertdrucke ankündigt) und die Serie der
„Zwölf Bücher“ des Verlags Tal & Co. in Wien. Von
den erwähnten Sonderheften rheinischer Dichtung liegt
mir eine poetische Erzählung Curt Morecks vor „Der
Bürger von Brügge und seine zwei Frauen“, in schöner
kräftiger, von Barlösius entworfener Type auf lichtgelbem
Bütten gedruckt und von Hans Wildermann mit vier
ganzseitigen Zeichnungen geschmückt — ein bescheidener
Bruder der großen Luxusdrucke, aber in seinem stimmungs-
vollen Charakter von sicherem Geschmack getragen.

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