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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Novemberheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [1]: Buchkunst und Liebhaberausgabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0103

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den Ausdruck der Ehrfurcht vor dem Inhalte eines
Werkes in dessen Buchausstattung empfand, aus dem
ihr und vieler ihrer gebildeten Zeitgenossen Widerwillen
gegen eine gleichmachende Massenvervielfältigung,
gleichviel ob sie auf Drucker- oder Schreiberarbeit be-
ruhte, erregt wurde. An das gedruckte Buch gewöhnten
sich die Liebhaber des fünfzehnten Jahrhunderts bald,
da ihnen Abzüge, die ähnlich den besonderen Buchhand-
schriften ausgemalt waren, auf Pergament geboten wurden
und diese Abzüge sich durch solche Vorzüge weit vor
der ganzen übrigen Auflage auszeichneten. Hier ist der
Ursprung der Vorzugsausgabe, von der noch ausführlicher
die Rede sein soll. Die Bestrebungen des fünfzehnten
Jahrhunderts, die alte, ,echte“, edle Schrift zu gewinnen,
fanden natürlich auch bei
den Druckern Aufnahme.

Und mit den Bemühungen
um die Antiquaschriften ver-
banden sich andere, das
Bild im Buche dem Satz-
rahmen sinngemäß einzu-
fügen.

So hat das Druck-
werk bereits in dem ersten
Halbjahrhundert seines Be-
stehens das schöne Buch
auf einen doppelten Höhe-
punkt seiner Entwicklung
führen können, in den sich
an die Buchhandschriften
eng anschließenden goti-
schen Büchern, denen die
unvergleichlichen Drucke
der Gutenbergpressen zuge-
hören und in den illustrierten
venetianischen Holzschnitt-
Werken, wie sie um 1500
in reicher Zahl erschienen
sind. Beispiele, die alle
Elemente der Druckschönheit
von Büchern schon in der
Vollendung zeigten: Druck-
schriften und Satz, die
restlos die ästhetischen

Biedermann, Nürnberg, Geschlechtsregister.

Oswald Weigel, Leipzig.

Probleme einer schönen^
Schriftseite lösten, die Aufnahme des Bildes im Buche
in das Satzbild, die sich ohne jede Störung vollzogen
hatte. An alle beide dieser Vorbilder knüpfte dann auch
die bewußt die ästhetischen Elemente des Buchdrucks
in seinen technischen Voraussetzungen suchenden Be-
strebungen an, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts
der neuen Buchkunstbewegung ihre Richtungen gaben.

In Venedig war, auch noch im vierzehnten Jahr-
hundert, eine Werkstätte eröffnet worden, deren Meister
Aldus Manutius in vielfacher Weise der Schöpfer der
Buchform und Buchgestaltung, wie sie in ihren Grund-
zügen noch in unserer Gegenwart besteht, gewesen ist.
Ihm verdanken die Begriffe der Liebhaberausgabe, die
jetzt in oft seltsamen Verwirrungen ihre eigentlichen
Zweckgedanken verwischen, die erste großzügige ge-

schäftliche Anwendung. Das Bedürfnis eines breiten
Seitenrandes, um auf ihm für die neuveröffentlichten
Texte der antiken Klassiker bequem Lesarten und son-
stige Randbemerkungen unterbringen zu können, ver-
anlaßten ihn zur regelmäßigen Veranstaltung von Groß-
papieren. Und das Verlangen der Sammler nach sich
vor der allgemeinen Auflage auszeichnenden Abzügen
zur Drucklegung von Vorzugsausgaben, für die er wenige
Abzüge auf einem besonderem meist bläulichem Papier,
besorgen ließ. Der Unterschied zwischen Großpapier
und Vorzugsausgabe, wie er eben andeutend gekenn-
zeichnet wurde, soll uns am Ende unserer Betrachtungen
noch einmal beschäftigen, weil er von ganz verschiedener
Bedeutung für die Buchschönheit ist und erst in seinen

eigentlichen technischenVor-
aussetzungen für sie wesent-
lich wird. Den Liebhaber-
ausgaben, die Vorzugsaus-
gaben waren, das heißt, die
aus einem Durchschnitts-
drucke einzelne Abzüge
durch eine bessere Aus-
stattung zu vervollkommnen
suchten, die aber ein häß-
liches Buch nicht in ein
schönes umwandeln können,
schlossen sich dann im
sechzehnten Jahrhundert,
nachdem sich die Buch-
freunde mit den Druckern
versöhnt hatten, die Lieb-
haberauflagen an, die in
einem Druckwerk alle mög-
lichen Buchvorzüge zu ver-
einen strebten, ohne sich
dabei durch Rücksichten auf
dessen Herstellungskosten
und damit auf dessen Ver-
kaufspreis hemmen zu lassen.

Bezeichnenderweise ent-
standendiefrühen Liebhaber-
auflagen als Buchformen für
Griffelkunstblätter wie die
vielen großenteils unvollendet gebliebenen Holzschnitt-
prachtwerke KaiserMaximilians, der sie zum Ausdruck seiner
persönlichen Meinungen und Neigungen machte, womit
dann ebenfalls eine weitere Absicht der Liebhaberaus-
gabe, konzentrierte Buchgestaltung eines bestimmten
geistigen oder künstlerischen Werkes zu sein, hervortrat.
Die Auflagenbeschränkung solcher Bücher ergab sich
hier ohne weiteres aus der Forderung, nur in einem
kleinen Kreise Verbreitung zu finden und aus der Not-
wendigkeit, nur eine begrenzte Anzahl von Abzügen zu
nehmen, weil die beste Druckqualität nur das Erreichen
einer niedrigen Auflagenzahl zuließ. Sie wurden so aus
mehrfacher Ursache gegenüber den für den Handel be-
stimmten Veröffentlichungen Privatdrucke, eine Bezeich-
nung, die allerdings einer etwas späteren Zeit angehört.
Der Buchkupferstich, allmählich seit dem ausgehenden

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