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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Februarheft
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Holländischer Kunstbrief / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Newyorker Kunstschau / Denkmünze zur Erinnerung an die deutsche Revolution / Moderne Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0264

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und Gruppen isoliert, in keinem Zusammenhang mit einander, bei
Steen trotz verschiedener Einzeiszenen im Vordergrund doch
vollkommene Einheit, bei Hals starke Lokalfarben, ja Buntheit,
bei Steen alle Farben einheitlich abgestimmt, bei Hals eine
gleichmäßige helle kalte Beleuchtung, die Formen und Linien der
Dinge sich scharf abzeichnen läßt, bei Steen ein nach dem
Hintergrund an sich dämpfendes Licht, das die Linie nicht akzen-
tuiert, aber dafür die Farbe in Aktion bringt, bei Hals wenig
Perspektive, keine Luft zwischen den einzelnen Figuren, daher
auch der dicke Küchenchef in der Mitte vor dem Kamin unmittel-
bar hinter der Tischgesellschaft zu stehen scheint und deshalb
im Vergleich mit derselben wie ein Riese wirkt, bei Steen da-
gegen gerade Tiefe mit allmählichen Übergängen; bei Hals sche-
matische Anordnung, berechnet und überlegt, bei Steen ein
wildes Durcheinander, scheinbar sie dem Leben abgeguckt und
in dieser Natürlichkeit gerade die höchste Kunst.

Auch die Landschaft war durch Proben der wichtigsten
Meister gut vertreten; verschiedene van Goyens, ein hübsches
Winterbild: die zugefrorene Maas, mit zahlreichen Figuren, von
S. Cuyp, mehrere van der Neers, einen schönen Waldeingang
mit weitem Panorama von Philips Konink und außerdem
gute Sachen von den beiden Ruysdaels. Die romantische Land-
schaft von Rembrandt haben wir schon oben erwähnt.

Von frühen Meistern verdient noch besonders Erwähnung
das sehr ernste, vergeistigte Bildnis einer Frau, das Willem
Key zugeschrieben wurde; dasselbe stammt aus dem Städelschen
Institut, ja es gehört zu dem Grundstock dieses Museums, da es
ursprünglich einen Teil ausmachte von der Sammlung des Stifters.
In Frankfurt galt es als das Werk eines unbekannten Holländers
aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts; die Zuweisung an Key hat
viel für sich.

Zum Schlüsse machen wir noch aufmerksam auf einen
niederländischen Primitiven, den Gondstikker auf
der Dezemberauktion bei Fred. Müller (No. 24 des Müllerschen
Kataloges und dort abgebildet) erworben, aber in seinen eigenen
Ausstellungskatalog noch nicht hatte aufnehmen können. Das
Werk ist ein Triptychon, auf dessen Mittelteil die Madonna mit
Joseph und zwei heiligen Frauen dargestellt ist; das Kind, das
Maria auf dem Schoße hält, blickt zu einer nur ihm sichtbaren
Vision auf, den Leidenswerkzeugen, die oben in einer Auslob
erscheinen. Auf den Flügeln sind die Stifter mit ihren Schutz-
heiligen abgebildet. Als durch die Schlichtheit und Innigkeit
der Auffassung, durch die verträumte Stimmung die Ruhe und
die Gelassenheit mit der die Figuren da sitzen und nichts tun,
durch und durch holländisches Werk — auch die Typen mit den
langweiligen, zum Teil wenig schlauen und unschönen Gesichtern
sind charakteristisch holländisch — wird von der Forschung in
Zusammenhang gebracht mit zwei Altarflügeln, die sich früher
als Leihgabe der Familie de Nerde van Babberich im Ryksmuseum
befanden (im Katalog von 1903 als Nr. 50 verzeichnet) und die
von Friedländer, weil auf denselben ein Bürgermeister von Delft
dargestellt ist, einem in Delft tätigen Maler, dem hypothetischen
„Meister von Delft“ zugeschrieben werden. Als weitere
Werke dieses Anonymus gelten ein Gemälde im Erzbischöflichen
Museum in Utrecht, eine Kreuzigung in der National Gallery in
London, die aus dem Besitze des Earl of Brownion stammt, und
ein wahrscheinlich späteres Triptychon im Kölner Museum, das
dort auf den Namen des Jacob Cornelisz stand.

Für das eigenartige Werkchen hat Gondstikker inzwischen
schon wieder einen Käufer gefunden und zwar in dem Sammler
Onnes van Nyenrode, der seinerzeit auf der Versteigerung der
Sammlung von Kaufmann in Berlin die schöne Heilige Nacht von
Geertgen erstanden hat. — Ein Wort der Anerkennung gebührt
an dieser Stelle noch der Firma Gondstikker für die vorbildliche
Weise, mit der die großen Ausstellungs-Kataloge bearbeitet und
ausgestattet sind. Die Lichtdrucke sind vortrefflich, und Be-
schreibungen und Herkunftsangabe sind von seltener Vollständig-
keit und Zuverlässigkeit. Doch wäre eine Steigerung der Voll-
ständigkeit noch möglich, wenn man nämlich noch die Auktionen
angeben wollte, auf denen die Gemälde vorgekommen sind.

B a t a v u s.

Scf)ioefeetHXcf)e Kunßcbt?onik.

6ine Künftlec=Demonftpation.

Unser Zürcher Kunstreferent schreibt uns: Seit
Monaten schon wird Zürich mit einer gewaltigen Menge aus-
ländischer Kunstware überschwemmt, die zum größten Teil aus
dem offenbar fast unerschöpflichen Wien stammt. Da und dort
wird plötzlich ein „Kunstgeschäft“ eröffnet, das zu einem un-
glaublich niederen Preise „Originialwerke in Rahmen“ feil hält,
die natürlich zumeist guten Absatz finden. Da es sich dabei fast
ausnahmslos um Ware handelt, die mit Kunst sozusagen nichts
zu tun hat, und da bei der Not, die in den Kreisen zürcherischer
Künstler herrscht, eine solche Konkurrenz doppelt lästig em-
pfunden wird — von der Verseuchung des Geschmacks der Be-
völkerung ist gar nicht zu reden — hat schon seit einigen Wochen
eine sehr gereizte Stimmung unter der Künstlerschaft Platz ge-
griffen. Als nun jüngst der Wiener W i r t s c h a f t s v e r b a n d
ehemaliger Berufsoffiziere Oesterreichs in der
früheren Galerie Henneberg eine Ausstellung von größtenteils
recht minderwertigen Bildern aus Offiziersbesitz (zahlreiche Werke
von Kriegsmalern und von andern dem Verband nahestehenden
Künstlern waren dabei) veranstaltete und hierauf diesen Segen in
einer Auktion sehr billig loszuschlagen versuchte, da setzten sich
die Zürcher Künstler zur Wehr. Eine von 120 Mann besuchte Ver-
sammlung protestierte in einem Telegramm an den Schweiz.
Bundesrat gegen diese Veranstaltung und ersuchte die oberste
Landesbehörde dringend, Maßnahmen gegen die Überschwemmung
der Schweiz mit fallender Kunstware zu treffen. Hierauf erschienen
die Künstler auf der Auktion, wo sie durch ihre bloße Anwesenheit
eindrucksvoll demonstrierten. Die Folge dieses Vorgehens war,
daß die Auktion abgebrochen wurde.

Wenn man auch bedauern muß, daß dieser Künstlerdemon-
stration gerade ein Unternehmen zum Opfer fiel, daß die Unter-
stützung einer Gesellschaftsklasse bezweckte, die heute in tiefster
Not lebt, so muß doch gesagt werden, daß damit endlich der
erste Schritt zur Lösung der leidigen Lage getan wurde, in der
sich die Schweiz infolge dieses beängstigenden Bilderimportes
befindet. Zudem war das Unternehmen von den Oesterreichern
inszeniert worden, ohne daß sie sich vorher in Zürich an kompe-
tenter Stelle über die Lage auf dem Kunstmarkt erkundigt hatten.
Die Schweiz hat wiederholt freiwillig bewiesen, daß sie für
das hungernde Wien ein offenes Herz und freigebige Hände hat.
Wenn aber die unerwünschte Gegenleistung aus traurigem Kunst-
kitsch besteht, so wird man mit der Zürcher Künstlerschaft sagen
müssen: sunt denique fines. W—ti.

*

ln Zürich ist Dr. A d o 1 f Frey, Professor der Deutschen
Literatur an der Universität, gestorben. (*1855). Neben seiner
literarhistorischen und poetischen Lebensarbeit ist er als Künstler-
biograph und Kunsttheoretiker von Bedeutung gewesen. Man ver-
dankt ihm auf diesem Gebiete tatsachenschwere und feinsinnige

j|liiiiiiiMiiiiiiiiMniiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiMiiiiiiiiMiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii<iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimimiiiimiii|L

ADOLF HESS NACHFOLGER

1 FRANKFURT A. M. Mainzer Landstr. 40 §

Münzen und Medaillen

Antike — Mittelalter — Neuzeit
- Alte und moderne Kunst — Medaillen

1 Jährlich mehrere Münz-Versteigerungen. I

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