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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1./2. Juliheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Das staatliche Bauhaus in Weimar / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Seltene Autographen / Ein Archiv für Ärztebriefe / Fünf Andersen-Manuskripte aufgefunden / Entwicklung der deutschen Bücherei / Zwei Rembrandt der Sammlung Six in Amsterdam versteigert / Das deutsche Buch auf der finnländischen Messe / Die Hagia Sophia in Gefahr / Moderne Graphik / Neues vom Kunstantiquariat / Der Hamburger Künstlerrat an dem Reichstag / Der Kunstsammler Fritz von Gans † / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0432

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Aus dev jvlufeumsz und Sa.mmlevwelL

Bode und die pt’eußi{cben Staatsmufeen.

Zu der von der Tagespresse veröffentlichten Meldung, daß
Geheimrat Dr. Wilhelm von Bode von seiner Stellung als Ge-
neraldirektor der Preußischen Staatsmuseen zurücktrete und daß
Geheimrat Dr. Otto von Falke, der Direktor des Berliner Kunst-
gewerbemuseums, sein Nachfolger werde, erfahren wir von kom-
petenter Stelle:

Geheimrat Dr. Wilhelm von Bode hatte am 3. Juli eine ver-
trauliche Besprechung mit dem Minister wegen Entlastung
in seiner Stellung als Generaldirektor. Bode hat
es ja seit Monaten stets ausgesprochen, daß sein Alter — er
begeht am 10. Dezember 1920 seinen 75. Geburtstag — und seine
zunehmende Kränklichkeit ihm die auch physisch sehr
anstrengende Tätigkeit als Generaldirektor nicht mehr voll
ermöglichten. Bode erbat deshalb eine wesentliche
Erleichterung auch im Interesse der Sache, und er hat,
wie wir hören, alle Aussicht, daß sie ihm nach seinen
Vorschlägen gewährt wird.

Inzwischen sind die Vorbereitungen zur Übersiedlung
des Kunstgewerbemuseums nach dem Schlosse
beendet worden. Geheimrat Dr. von Falke wurden alle für den
Umzug notwendigen Wagen zur Verfügung gestellt. Die Anord-
nung der Museumssammlungen im Schlosse, erfolgt genau nach
den von ihm entworfenen Plänen, und Falke hofft, daß die Auf-
stellung der Sammlungen mit dem Ende des Winters vollendet
sein werde, sodaß das Kunstgewerbemuseum im Berliner Schlosse
im Frühjahr wird eröffnet werden können. Bei der Aufstellung
der Sammlungen wird Geheimrat von Falke besonders von seinen
langjährigen Mitarbeitern Professor Dr. Hermann Schmitz und
Dr. Ludwig Schnorr von Carolsfeld unterstützt.

In das bisherige Kunstgewerbemuseum in der Prinz Albrecht-
straße übersiedelt Geheimrat Dr. Carl Schuchhardt mit
der von ihm geleiteten, vorgeschichtlichen Abteilung des Mu-
seums für Völkerkunde Die Aufstellung vollzieht
sich hier nach dem Plane Direktor Schuchhardts. Außerdem
wird im bisherigen Kunstgewerbemuseum Curt Sachs die histo-
rische Musiksammlung aufstellen.

Det? Genius im Kinde.

Unter dem Titel „Der Genius im Kinde“ bereitet die
Städtische Kunsthalle in Mannheim und der „Freie
Bund zur Einbürgerung der bildenden Kunst“ eine umfangreiche
Ausstellung vor, die das Verhältnis von Kind und Kunst behandeln
soll. Der Ausstellungsplan faßt vorläufig drei Hauptteile ins Auge.
Der erste Teil ist dem Kinde als Künstler gewidmet. Er
zeigt sowohl künstlerische Arbeiten heute bereits Erwachsener,
die es zu bedeutenden Künstlern gebracht haben, als solcher, in
denen die künstlerische Anlage später erlosch. Er zeigt ferner
eine große Auswahl von Arbeiten heute im Kindheitsalter stehender
Menschen, wobei möglichst viele Individualitäten von frühesten
Jahren an über längere Zeiträume der Kindheit hinaus verfolgt
werden sollen. Mannigfaches, für Psychologie und Pädagogik
sowie allgemeine Kunsterkenntnis richtiges Beobachtungsmaterial
soll hier unter verschiedensten Gesichtspunkten zusammengestellt
und eventuell später zu wissenschaftlichen Einzeldarstellungen
verarbeitet werden.

Der zweite Teil der Ausstellung gilt der Kunst in der
unmittelbaren Lebensumgebung des Kindes, also
vor allem in Haus und Schule. Hier soll ein gewähltes Material
au künstlerisch einwandfreien, d. h. zum eigenen künstlerischen
Mitgestalten anregenden Bilderbüchern, Anschauungsvorlagen,
Spielzeugen u. s. w. vorgeführt werden, die sich zum Gesamtbild
einer vorbildlichen „Kinderstube“ und „Schulklasse“ zusammen-
schließen.

Der letzte Teil der Ausstellung gilt dem schwierigen und
verzweigten Problem der künstlerischen Erziehung
des Kindes, also vor allem des Zeichen- und Modellier-
unterrichts.

Die Ausstellung kann nur zustande kommen bei tätiger und
beratender Mithilfe aller für die verschiedenen Gebiete in Frage
kommenden Kreise, vor allem also der Künstler, soweit sie Arbeiten
aus der Kinderzeit bewahrt haben, sodann überhanpt aller Eltern
und Erzieher künstlerisch irgendwie begabter Kinder, endlich aller
um die Kunsterziehung unserer Jugend bemühten Lehrer und
Erzieher. Alle werden um Ueberlassung ihres Materials, auch
um Erstattung von Anregungen und Vorschlägen freundlichst
ersucht.

Im Anbau der Städtischen Kunsthalle in Mann-
heim hat der „Freie Bund zur Einbürgerung der bildenden Kunst
in Mannheim“ seine 21. Ausstellung eröffnet, die einen Einblick in
den Lehrbetrieb und einen Querschnitt durch das gesamte künst-
lerische Schaffen der Handwerker - und Kunstgewerbe-
schule in Essen gibt. Diese erste Ausstellung größeren Stils,
die der Freie Bund nach dem Kriege veranstaltet, zeigt wie sich
das moderne Kunstgewerbe mit dem Expressionismus auseinander-
zusetzen versteht.

*

Der einstimmig zum ersten Direktor des Germanischen
Museums in Nürnberg ernannte Dr. Heinrich Zimmermann,
der bisher Assistent am Kunstgewerbemuseum in Berlin war, tritt,

wie wir hören, bereits am 1. August seine neue Stellung an.

*

Dr. Werner Noack, Gießen, der jetzt für den Deutschen
Verein für Kunstwissenschaft über die Bamberger Domskulpturen
schreibt, ist an das Städtische Museum in Erfurt als
Assistent berufen worden.

*

Der vor einigen Monaten in Chicago verstorbene Herr Otto
B a e r, der auch als Deutsch-Amerikaner die Anhänglichkeit an
seine Vaterstadt Mannheim bewahrte, hat wie man uns mitteilt,
letztwillig seine sehr wertvolle Sammlung von Taschen-
uhren dem Mannheimer Altertumsverein für das Vater-
ländische Museum in Mannheim (Schloß) vermacht.
Die Sammlung umfaßt 140 kunstgewerblich wertvolle Taschenuhren

aus der Zeit von etwa 1530 bis 1830.

*

Die Hamburger Kunsthalle erwarb zwei Arbeiten
des Frankfurter Bildhauers Benno E 1 k a n , eine Bronzebüste
des Feldmarschalls Haeseler und eine Porträtbüste Wilhelm
Trübners.

*

An jedem Sonnabend um 11 Uhr vorm, hält Professor
Schubart einen Vortrag in der Papyrus-Ausstellung (Neues
Museum, Berlin, eine Treppe.) Die Teilnahme ist frei.

Das ftaatltcbe Baubaus in IDeimat’*

Zu dem Kampf um das staatliche Bauhaus in Wei-
mar haben sich Leiter der bedeutendsten deutschen und öster-
reichischen Kunstgewerbe-Anstalten sowie Persönlichkeiten wie
Peter Behrens, Theodor Fischer, Adolf Hölzel, Hans Poelzig und
Prof. Strzygowski in einer gemeinsamen Kundgebung ge-
äußert, die folgenden Wortlaut hat: „Den Unterzeichneten ist es
Bedürfnis, auszusprechen, daß sie die heftigen Angriffe, die sich
gegen Gropius und seine Bestrebungen richten, die Kunsthoch-
schule und die Kunstgewerbeschule von Weimar in einem „Bau-
haus“ zusammenzufassen, entschieden verurteilen. Wenn einem
Mann eine so umfangreiche und bedeutungsvolle Aufgabe an-
vertraut worden ist und wenn er dann mit Ernst und idealer
Gesinnung an sie herangeht, so darf ihm auch das Recht nicht
verweigert werden, auf eine Zeitspanne zu ungestörter Arbeit,
groß genug, daß die Früchte seiner Tätigkeit sich zeigen und
heranreifen können. Wenn ihm Einseitigkeit vorenthalten wird,
so muß gesagt werden, daß seinen eigenen Weg zu gehen,
meistens Einseitigkeit bedeutet, zu gleicher Zeit aber auch mehr
Gewähr bietet, zu wertvollen Anregungen und zu neuen Gebieten
zu führen als das Einhalten der ausgetretenen Wege.“ Diese
Kundgebung hat zweifellos dazu beigetragen, daß der Weimarer
Landtag sich inzwischen mit erheblicher Mehrheit für das Fort-
bestehen der Gropius’schen Schöpfung aussprach.

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