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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Februarheft
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Schweizerische Kunstchronik Londoner Kunstschau / Die Abwanderung der Kunstwerke aus England / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Eine Radierung nach einer verschollenen Cranach-Zeichnug / Die Deutsche Gewerbeschau / Neue Kataloge / Frankfurter Kunstmesse / Kleine Kunstchronik / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0332

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Julius C. Turner, Das Tor

Amsler und Rulhardt, Berlin

Berner Malern, Aimet, Boss, Brack Senn und anderen Werke er-
worben werden, ein Vorgehen, das ganz im Geiste Hodlers erfolgt
ist und zugleich das Bild der lebenden Kunst in der Heimat des
Meisters im Museum Bern aufs Glücklichste ergänzt. W.

Londonet’ Kun{f(cf)atu

Man scbreibt uns aus London: Bei einer Versteigerung
alter Möbel aus Privatbesitz wurde ein Sekretär, Queen
Anne-Epoche, verkauft, der nicht weniger als neunzehn Geheim-
fächer aufwies und wohl hauptsächlich wegen dieser Besonder-
heit 330 £ erzielte.

*

Im März soll in London eine Serie roter Kacheln aus
dem 13. oder 14. Jahrhundert bei Sothebys zum Verkauf gelangen.
Der Satz besteht aus acht Stück, die mit weißen Sgraffitto-
Figuren bedeckt sind und gelbe Glasur aufweisen. Die Figuren
stellen das Wunder zu Kanaa dar, wie auch Bilder aus Jesu
Jugend. Man nimmt an, daß sie die Arbeit der cisterzianischen
Mönche sind, deren Abtei zü Coggeshall im Jahre 1142 gegründet
wurde. Die Kacheln befanden sich seit Jahrhunderten in einer
Dorfkirche und gingen schließlich in den Besitz eines Geistlichen
über. Als Beispiel frühenglischer Kunst werden sie unbedingt
großes Interesse erregen.

*

In der ersten Februarwoche hielten Putticks eine Ver-
steigerung von Tapisserieen ab, die heiß umstritten waren.
Ein aus drei Stück bestehender Satz fiämischer Herkunft, 17. Jahr-
hundert, mit Waldlandschaften ging an Bailey für 990 £. De la
Rue kaufte vier Mortlake-Paneele, alle mit der Diana-Darstellung.
um 500 £. Zwei Vorhänge aus der Zeit König Jakobs nahm
Voung für 130 Guineen, der auch einen flämischen Gobelin mit
Jakob- und Esau-Motiv für 105 Guineen erwarb. Zu der Wilson-
Browne-Sammlung Baseler Farbdrucke sei bemerkt, daß 40 £ für
„The Teeth in Age“ und 37 £ für den „Luzerner See“ bezahlt
wurden.

*

Dr. Rosenbach, der amerikanische Sachverständige, ist wieder
in London gewesen, um weiteren Verkäufen der Britwell-
S a m rn 1 u n g beizuwohnen, die Sothebys als Schauplatz hatten.
Ein von uns bereits besprochenes „Charivari“ des elisabethanischen

Alters war eine der Trophäen, die er schließlich auch für 3100 £
gewann. Das von Robert Chester im Jahre 1601 unler dem
Namen „Love’s Martyr“ zusammengestellte Werkchen enthielt
außer eigenen Dichtungen Chesters auch Beiträge zeitgenössischer
Skribenten, wie Ben Jonson una William Shakespeare, der seinem
Kollegen auf inständiges Bitten das Manuskript des „Phoenix
and Turtle“ überließ, so daß Chester seinem Gönner Sir John
Salisbury schließlich ein interessantes Bändchen vorzulegen ver-
mochte. Das Exemplar ist das einzige vollständige Werk, das der
biophilen Welt bekannt ist und die Kampfeswogen gingen hoch.
Vermutlich kaufte es Dr. Rosenbach im Auftrage Mr. Huntingtons,
der sowieso ein, vielleicht auch vereinzeltes, unvollständiges
Exemplar besitzt. Im Jahre 1826 kaufte der Londoner Händler
Thorpe den vollständigen Band bei der Sykes-Veisteigerung um
61 £ und 19 Schilling, damals ein mehr als ungewöhnlicher Preis.
Dr. Rosenbach erwarb ferner für 620 £ das einzige bekannte
Exemplar von Drayton’s Neuausgabe vom Jahre 1610 der „Heavenly-
Harmonie of Spirituall Songes“ und Pynson’s Übersetzung der
„Conusance d’Amours“ (310 £). Quaritch gab 320 £ für Fitzherbert’s
„Tracte for all Husbande Men“ vom Jahre 1523. Gleichzeitig
wurden auch Halbfarbdrucke Romney’scher Porträts versteigert
James Walker’s „Lady Harriet Herbert“ ergab 420 Guineen (Harvey)
und sein „Lady Isabella Hamilton“ 340 Guineen (Ellis and Smith)

Bei der weiteren Britwell-Versteigerung zanlte der Amerikaner
3600 £ für ein winziges Büchlein von 136 Seiten, auf denen sich
vier Dichter des Mittelalters verewigt hatten. Hartnäckig kämpfte
Quaritch um den Preis, aber umsonst. Es enthält „Fidessa“,
„Cynthia“, „Laura“ und „Emaricdulfe“, die soweit nicht wieder in
einem Einband vorkommen. Das Britische Museum und Bodleian
besitzen je ein Exemplar von Griffin’s „Fidessa“ vom Jahre 1596,
während von den anderen nur Einzelexemplare bekannt sind
Tofte’s „Laura“ (1597) ist eine unzulängliche Nachahmung der
Sonnetten des Petrarchs und ist sonst nur im Britischen Museum
zu finden. „Emaricdulfe“ ist anonym, C. E. gezeichnet und be-
schäftigt sich mit einer Hofdame der Königin Maria von England.
Als ein Einzelexemplar im März 1920 bei der Longner Hall-
Versteigerung gesichtet wurde, kaufte es die Firma Quaritch
privatim auf Der wertvollste Teil des Buches ist Richard Barn-
Üeld’s „Cynthia“ (1598), Lobpreisungen Königin Elisabeths, die
jängere Zeit Shakespeare zugesprochen wurden. Von Barnfield
gelangte ferner „The Affecfionale Shepherd“ (1594) zum Verkauf,
das Rosenbach für 6 0£ erwaib. Das einzige andere Exemplar
befindet sich zu Sion College. Nach Amerika gingen ferner zwei
Unika: Chancer’s „Love and Complayntes bytwene Mars and
Venus“ (1510) aus der Presse Julian Notary’s, ein Werkchen von
14 Seiten, das Rosenbach aber 1250 £ kostete, und desselben
Dichters „Assemble of Foules“, ein Wyndyn de Worde-Druck
vom Jahre 1530 (860 £). Ferner Wandern aus England ab Breton’s
„Brittons Bowie of Delights“, 1591 (755 £) und Barksteo’s „Mirrha
Mother of Adonis“ (755 £). Schließlich kaufte Sabin Chapman’s
»Shadow of Night“ (1594) für 275 £.

*

Das „Glück von Woodsome Hall“, das uns an
Edenhall erinnert, wurde in Gestalt der berühmten Trompete in
London auf Wunsch des Besitzers Lord Dartmouih durch
Puttick & Simpson versteigert. „Simon Beale, Londini, 1667“ ge-
zeichnet, fiel das wundervoll ziselierte, silberbeschlagene In-
strument Gore um 75 £ zu. Eine Louis Seize-Goldtabatiere, mit
außerordentlich schöner Emailleaibeit, die Dodin’s Signatur und
die Jahreszahl 1786, sowie das königliche Monogramm trug, er-
warb Grant für 380 £.

Für eine schottische Pistole aus vergoldetem Metall, einst-
mals das Eigentum des vierten Lord Montrose, gab Williams
500 £. Ein Teppich aus dem 16. Jahrhundert mit Jagdmotiven In
jndischer Arbeit fiel Fimming für 720 £ zu. Bei Christies erwarb
Mr. Smith zwei Gobelins aus der im Jahre 1633 von Cardinal
Barberini zu Rom gegründeten Schule für 440 Guineen. Antike
Möbel werden in England außerordentlich begehrt; bei der Auf-
lösung eines Privathauses in Kent wurden 1210 £ für ein altes
Chippendale-Sopha und vier chinesische Aimstühle bezahlt.

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