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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Aprilheft
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Sauerlandt, Max: Ernēstos Matthaēos
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0438

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Abb. 4.

Ernst Matthaei, Profilbrustbild des Apoll vom Belvedere
in Alabaster. Wirkliche Größe (vgl. Abb. 6)

galerie, so er als Direktor des zoologischen Museums.
Wie bei so mancher vielversprechenden künstlerischen
Begabung der Zeit, scheint bei beiden Brüdern
die Flamme des künstlerischen Talents früher erloschen
zu sein, als aie Flamme des Lebens.

*

Die Alabasterreliefs des Flamburgischen Museums
stammen alle drei sicher noch aus der ersten Zeit
frischen Aufstrebens — kein Zweifel. daß sie, wenn
auch nur eiues ein Jahresdatum trägt, vor der italie-
nischen Reise, also vermutlich vor dem Jahre 1802 ent-
standen sind.

In der äußeren Anlage sind sie einander nahe ver-
wandt. Auf glatter 3—6 mm starker Ovalfläche springt
das Relief kräftig vor, am stärksten, fast zu voller
Rundplastik des Kopfes bei dem Brustbild eines tänien-
geschmückten antikischen Jünglings vom Typus eines
Hermes Antinous (Abb.3). Bei diesem, wohl reifsten
Werk der kleinen Reihe ist dem Alabaster, dem ein
schützender verglaster und rückseitig mit gemuster-
tem Buntpapier staubdicht verklebter Rahmen mit
breiter spiegelnd vergoldeter Hohlkehle4) das ur-
sprüngliche reine und sanfte Weiß und allen Duft der
Oberfläche ungemiudert erhalten hat, alle Feinheiten
des Materials abgewonnen, das nach hundertjähriger
Verachtung eben jetzt wieder in einem jungen Bild-

4) Das oben erwähnte OM AXT signierte Porträtrelief ist in
eine ähnliche, aber metallene, Hohlkehle gefaßt (s. die Abb. bei
Dammann a. a. O. S. 154), die Hohlkehle des Matthaei’schen Reliefs
besteht aus über Kreidegrund vergoldetem Holz.

hauer unserer Tage einen begeisterten Lobredner ge-
funden hat. °)

Ob dieses Werk von graziöser Feinheit der Durch-
führung noch in Hamburg selbst entstanden ist, wissen
wir nicht, es wurde letzthin aus Berliner Besitz er-
worben.

Um so wahrscheinlicher macht die Provenienz des
zweiten antikischen Werkes, des Profilbrustbilds eines
Apoll nach dem Vorbilde der berühmtesten Statue des
Belvedere, seine Entstehung in Hamburg (Abb. 4).

Hier ist die Auilockerung der Form bis zum Letzten
getrieben: die apollinische Fülle der auf den Nacken in
Gelöstheit niederfallenden Locken ist vielfach frei
unterschnitten in wirkungsvollem und gewiß auf künst-
lerischer Berechnung beruhenden Gegensatz zu den
glatten Flächenformen des Gesichtes und der Brust.

Das im Jahr vor dem Krieg erworbene Bildwerk
stammt aus der Hamburgischen Sammlung Worlee —
mit größter Wahrscheinlichkeit aber läßt es sich noch
weiter in Hamburgischem Privatbesitz zurückver-
folgen, bis in das alte „Museum Röding“, bei dessen
öffentlicher Versteigerung im Jahre 1847 unter Nr. 247
ein mit unserem vermutlich identischer „Apoll von Bel-
vedere, Brustbild in Basrelief. Oval 4 und 5 Zoll. Gold-
Rahmen“ zum Verkauf kam. Damals wurde das Relief,
d.as in einer schriftlichen Notiz von alter Hand in
dem Auktionskatalog von 1847 als eine Arbeit Oh-
machts bezeichnet ist, von dem Sohne des Begründers

Abb. 5.

Ernst Matthaei, Profilbildnis in Alabaster, 1800
Wirkliche Größe (vgl. Abb. 6)

5) Gemeint ist der Aufsatz von Ludwig G i e s , Kunsthand-
werk. Bemerkungen zu meinen Arbeiten. Genius 1921, S. 98 f.

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