„H y m n e n a n d i e K i r ch e"*. Die Verfasserin haLLe ersi in den Iahren der
Reise zur Feder gegrissen, und so brachLe ihre erste VeröffenLlichung schon ein
voll ausgereisLes Meisterwerk. (Das Buch wurde seinerzeit bereiLs hier gewür-
digL, jedoch muß um des Gesamtbildes willen noch einmal von ihm die Nede
sein.) Die künstlerische Form dieser Hymnen sindeL ihr ßärkstes Vorbild an
der Lyrik des AlLen TestamenLes. Der sogenannLe para1l6Ü8mu8 ineiubroruru,
wonach der Gedanke eines Verses in dem solgenden, eng damiL zusammengehö-
rigen miL leichLer Abwandlung noch ein zweiLes Mal gebrachL wird, so daß
der ForLgang der Rede eLwas höchst PomphafLes, Feierliches, Eindrückliches
erhälL, wird von der DichLerin miL großer MrLuosiLäL gehandhabL. Dabei wirkt
diese yoeLische Form bei ihr keineswegs in einem spielerischen Sinne archa-
istisch, sondern sie weiß deren überlieferungsschweres SchreiLen miL einem voll
gegenwärLigen JnhalL zu ersüllen, und erweist damit, daß es sich hier um eine
der großen und ewigen Formen der DichLkunst handelL, welche, unLer den be-
sonderen Llmständen eines Volkes entstanden, dennoch durch ZeiLen und Räume
hin immer neue LebendigkeiL zu gewinnen wissen. Allerdings ist dazu ersorder-
lich, daß man den ungeheuren FalLenwurs dieser Form einem Köryer überzu-
werfen wisse, um den die yrunkhafL niederrauschenden RhyLhmen nichL schloL-
Lern. Die KühnheiL, WuchL und Tiefe der Gedanken findeL hier ihr Gegen-
gewichL in der glühenden GewalL und Größe der Bilder. Schon damit LriLL
hervor, wie sehr bei dieser DichLerin AbstrakLion und Versinnlichung, Vergei-
stigung und Verinnigung, Bertiefung und BerbreiLung gleichen Fußes fork-
schreiten, was vielleichL ein besonderes Kenuzeichen des deutschen Geistes in seinen
großen Ausformungen ist. Die Bildersprache, in welcher der Gedanke unmiLLel-
bar aus sich selbst GeßalL wird, ist der N'erv dieses Werksz sie kanu sich viel-
leichL nirgends so ausleben wie in dieser Verssorm. Und obwohl die Glaubens-
sprache des KaLholizismus eine unerschüLLerliche ArchiLekLonik von Bildern
bereits miLzubringen scheinL, ist in diesem Verhältnis von Gedanke und GestalL
nichts von LoLer KonvenLionaliLäL — nichts von künstlich aufgedrehter Originali-
LäLssuchL. Nirgends werden die überkommenen Symbole zu leblosen Formeln,
nirgends werden sie stimmungshasL erweichL. Es ist einfach die Tiefe unter die-
sen alten Heiligtümern neu ausgegraben, und das Lebendige antworkeL dem Le-
bendigen als etwas ganz Neues. Der ideelle Trieb, der durch diese Lyrik geht,
ist der Weg der Seele durch die Kirche zu GoLL. Die Seele redeL zur Kirche,
und nach einer Weile antwortet diese ihr. Die Seele begehrL nach etwas, was
nichL bloß wiederum sie selbst ist, sondern, ohne ihr durchaus fremd zu sein, doch
aus einer anderen, eigenen und höheren Wurzel sich herschreibL, und ist bereiL,
dafür auch harke Berleugnungen ihres Vesten auf sich zu nehmen. Sie erkennt
dieses Wesen in der Kirche und geht schließlich ganz in sie ein; damit bleibL
die SLimme der Kirche allein vor GoLL. Die Kirche ist hier die welkweiL pro-
blemgespannte und lebensersüllte, ganz individuellzusammengefaßteBerpersön-
lichung von allem, was an göLLlicher InkarnaLion in der Welt ist, und zugleich
wiederum die eine geschichLliche GestalL.
Es sind diese GedichLe ein großes, leuchtend schönes und von echLem Tiefsinn er-
fülltes Werk. Es sind Berse, denen sich in ihrer 2lrL aus der ZeiL seiL NL'eHsche
vielleichL nur die stärksten Dinge Stesan Georges an die Seite stellen lassen.
* Erschienen ig2Z iin Theatinerverlag, München; nun auch in einer billigen Dolksausgabe
bei Kösel Li Puhet.
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Reise zur Feder gegrissen, und so brachLe ihre erste VeröffenLlichung schon ein
voll ausgereisLes Meisterwerk. (Das Buch wurde seinerzeit bereiLs hier gewür-
digL, jedoch muß um des Gesamtbildes willen noch einmal von ihm die Nede
sein.) Die künstlerische Form dieser Hymnen sindeL ihr ßärkstes Vorbild an
der Lyrik des AlLen TestamenLes. Der sogenannLe para1l6Ü8mu8 ineiubroruru,
wonach der Gedanke eines Verses in dem solgenden, eng damiL zusammengehö-
rigen miL leichLer Abwandlung noch ein zweiLes Mal gebrachL wird, so daß
der ForLgang der Rede eLwas höchst PomphafLes, Feierliches, Eindrückliches
erhälL, wird von der DichLerin miL großer MrLuosiLäL gehandhabL. Dabei wirkt
diese yoeLische Form bei ihr keineswegs in einem spielerischen Sinne archa-
istisch, sondern sie weiß deren überlieferungsschweres SchreiLen miL einem voll
gegenwärLigen JnhalL zu ersüllen, und erweist damit, daß es sich hier um eine
der großen und ewigen Formen der DichLkunst handelL, welche, unLer den be-
sonderen Llmständen eines Volkes entstanden, dennoch durch ZeiLen und Räume
hin immer neue LebendigkeiL zu gewinnen wissen. Allerdings ist dazu ersorder-
lich, daß man den ungeheuren FalLenwurs dieser Form einem Köryer überzu-
werfen wisse, um den die yrunkhafL niederrauschenden RhyLhmen nichL schloL-
Lern. Die KühnheiL, WuchL und Tiefe der Gedanken findeL hier ihr Gegen-
gewichL in der glühenden GewalL und Größe der Bilder. Schon damit LriLL
hervor, wie sehr bei dieser DichLerin AbstrakLion und Versinnlichung, Vergei-
stigung und Verinnigung, Bertiefung und BerbreiLung gleichen Fußes fork-
schreiten, was vielleichL ein besonderes Kenuzeichen des deutschen Geistes in seinen
großen Ausformungen ist. Die Bildersprache, in welcher der Gedanke unmiLLel-
bar aus sich selbst GeßalL wird, ist der N'erv dieses Werksz sie kanu sich viel-
leichL nirgends so ausleben wie in dieser Verssorm. Und obwohl die Glaubens-
sprache des KaLholizismus eine unerschüLLerliche ArchiLekLonik von Bildern
bereits miLzubringen scheinL, ist in diesem Verhältnis von Gedanke und GestalL
nichts von LoLer KonvenLionaliLäL — nichts von künstlich aufgedrehter Originali-
LäLssuchL. Nirgends werden die überkommenen Symbole zu leblosen Formeln,
nirgends werden sie stimmungshasL erweichL. Es ist einfach die Tiefe unter die-
sen alten Heiligtümern neu ausgegraben, und das Lebendige antworkeL dem Le-
bendigen als etwas ganz Neues. Der ideelle Trieb, der durch diese Lyrik geht,
ist der Weg der Seele durch die Kirche zu GoLL. Die Seele redeL zur Kirche,
und nach einer Weile antwortet diese ihr. Die Seele begehrL nach etwas, was
nichL bloß wiederum sie selbst ist, sondern, ohne ihr durchaus fremd zu sein, doch
aus einer anderen, eigenen und höheren Wurzel sich herschreibL, und ist bereiL,
dafür auch harke Berleugnungen ihres Vesten auf sich zu nehmen. Sie erkennt
dieses Wesen in der Kirche und geht schließlich ganz in sie ein; damit bleibL
die SLimme der Kirche allein vor GoLL. Die Kirche ist hier die welkweiL pro-
blemgespannte und lebensersüllte, ganz individuellzusammengefaßteBerpersön-
lichung von allem, was an göLLlicher InkarnaLion in der Welt ist, und zugleich
wiederum die eine geschichLliche GestalL.
Es sind diese GedichLe ein großes, leuchtend schönes und von echLem Tiefsinn er-
fülltes Werk. Es sind Berse, denen sich in ihrer 2lrL aus der ZeiL seiL NL'eHsche
vielleichL nur die stärksten Dinge Stesan Georges an die Seite stellen lassen.
* Erschienen ig2Z iin Theatinerverlag, München; nun auch in einer billigen Dolksausgabe
bei Kösel Li Puhet.
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