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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Zum Preisausschreiben für "Pelikan"-Tuschen
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Die deutschen Katholiken und die Pflege der Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0024

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§8

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 2.

hinter lebensgroße Kirschblüten hervorwachsen, das Ganze
im Geiste der glücklicherweise nur noch sehr selten aus-
tauchenden seichtesten Verdünnung der deutschen Renaissance,
wie sie vor wenigen Jahren noch in den Gsterausstellungen
mancher Fortbildungsschulen hier und da zu finden war.
Doch man gehe hin und sehe selbst zu! Jedenfalls kann
ich den Besuch der „Pelikan"-Ausstellung allen denen aufs
wärmste empfehlen, die den Wunsch haben, von der Be-
teiligung an solchen umfangreichen (international!) Preis-
ausschreiben gründlich kuriert zu werden.
Ll. Q. WuStlNLNN.


Vie ckeullcken Ratkoliken
und ctie pflege der Rurilt


(Schluß aus Heft H8 des vor. Jahrgangs.)
Obwohl eigentlich nur beim flüchtigen Lesen
unserer Einleitung zum ersten Teil dieses Aufsatzes
die irrige Auffassung hätte entstehen dürfen, daß
wir eine gegensätzliche Stellung zu der Frage
„Christliche oder kirchliche Kunst" einnähmen, so
mußten wir ihr doch sogar an einer Stelle begegnen,
deren Urteil uns nicht gleichgültig sein darf. Ja,
man hat uns sogar die „Verschärfung konfessioneller
Gegensätze" vorgeworfen. Es kann und darf uns
nicht einerlei sein, ob man derart über uns denkt
oder nicht. Deshalb sei es uns gestattet, auf den
in unserem Blatte, auf unsere Bestellung, erschienenen
Aufsatz über die „Deutsche Gesellschaft für christliche
Kunst in München" aus der Feder des Herrn
Or. Hans Schmidkunz (in Heft 35 des vorigen Jahr-
gangs) und auf unsere eigene, einleitende Kritik der
„Düsseldorfer Ausstellung für christliche Kunst HHOd"
(in Heft HO des vorigen Jahrgangs) hinzuweisen,
die beide geeignet sind, jenen Vorwurf zu entkräften.
Ferner möchten wir erklären, daß wir vom künst-
lerischen Standpunkte konfessionelle Gegen-
sätze überhauxt nicht anerkennen und es des-
halb für bedingungslos unmöglich halten müssen,
daß durch die Besprechung von Dingen der kirchlichen,
christlichen oder allgemein-religiösen Kunst, oder
durch diese selbst, solche Gegensätze jemals „ver-
schärft" werden könnten. Das halten wir für so
durchaus selbstverständlich, daß wir eine Diskussion
dieser Frage an dieser Stelle unbedingt vermeiden
würden. Hat doch einer der höchsten Geistlichen
der Rheinprovinz beim Schluß der „Christlichen
Kunstausstellung" in Düsseldorf jetzt unter großem
Beifall öffentlich erklärt, die christliche Kunst sei
interkonfessionell.
was nun die Frage der Verquickung der Kunst
mit „Tendenzen" (welches Wort hier keinen üblen
Beigeschmack haben soll!) betrifft, so werden wir
demnächst unserem geschätzten Mitarbeiter Or. Hans
Schmidkunz hierzu noch das Wort erteilen und im
Anschluß daran unseren eigenen Standpunkt aus-
führlich darlegen. Man wird erkennen, wie sehr
weit entfernt wir von der Absicht sind, konfessionelle
Gegensätze verschärfen zu wollen.
Die Schriftleitung der „w. d. K."

Ls ist notwendig, wollen wir tiefgehend und weitsichtig
Kunst pflegen und eine starke, eigenbeseelte, aus der Kraft
der Individualität und des Temperaments geborene Kunst
schassen helfen, sich über derartige wesentliche grundsätzliche
Fragen klar zu werden und für deren klares Erkennen vor
allem auch in den maßgebenden Kreisen der Besteller und
Auftraggeber zu wirken, nicht zuletzt, sondern vielmehr zu-
vörderst auch in den Kreisen des Klerus, in dessen Hand
ja in erster Linie die Ausschmückung unserer Kirchen ge-
legt und dem damit die Möglichkeit direkter Einwirkung
auf die Entfaltung einer monumentalen kirchlichen Kunst
gegeben ist. Darin stellt sich uns bereits auch ein sehr
wichtiges Mittel der Kunstpflege vor, speziell auch der Pflege
christlicher Kunst, nicht bloß im rechten christlichen, sondern
auch im rechten künstlerischen Geiste. Dieser christliche und
dieser künstlerische Geist dürfen nun allerdings ihre Auf-
gabe nicht darin sehen, gewissermaßen eifersüchtig auf ihre
Selbständigkeit bedacht, lediglich nebeneinander herzugehen;
sie müssen sich vielmehr bei voller Wahrung ihrer Selbst-
ständigkeitsrechte im christlichen Kunstwerk auf das innigste
gegenseitig durchdringen, unlöslich miteinander sich ver-
schmelzen. Nur dann kann das christlich-künstlerische Voll-
werk entstehen, welches das christliche Herz und den künst-
lerisch empfindenden Sinn in gleicher Stärke ergreift und
mit sich aufwärts, himmelwärts führt.
Lin weiterer wesentlicher und wichtiger Grundsatz, den
wir bei der Kunstpflege zu beachten haben, ist: auch die
christliche Kunst muß moderne Kunst sein. Das heißt,
sie muß nicht bloß die Sprache unserer Zeit sprechen, in
ihr muß auch der Geist unserer Tage, das Empfinden und
Denken, Streben und Ringen der gegenwärtigen Gene-
ration sich ausprägen, welch anderer gleichgearteter mensch-
licher Geistesbetätigung, sei es Poesie oder Tonkunst, sei
es Wissenschaft, wollte man zumuten, lediglich den Geist
vergangener Tage zu spiegeln und in Formen, die eine
vergangene Zeit sich geschaffen, Ausdruck zu suchen? Auch
der christliche Künstler, der mit seiner Kunst Gottesdienst
tut und tun will, er will diesen Gottesdienst verrichten
unter lebenden Menschen, denen dieselbe Sonne wie ihm
noch scheint und die gleichen Blumen blühen, nicht unter
Särgen ferner, längst modernder Geschlechter.
Ls ist das nicht immer im vollen Maße aus unserer
Seite erkannt und geübt worden. Man hat der Gegen-
wart oft viel zu wenig Recht einräumen wollen. Man
hat sich im starren Rückblick auf die alte Kunst völlig be-
schießen. Und heute noch, wie oft werden Künstler förm-
lich gezwungen, zu malen und zu meißeln, als ob sie nicht
in unseren Tagen, sondern in früheren Jahrhunderten
lebten, gezwungen, das, was und wie sie selbst empfinden
und was sie als Errungenschaften der Jetztzeit sich ange-
eignet, zurückzustellen, ja möglichst zu vergessen, damit das
Werk ihrer Hände ja recht „echt" erscheine. Seien wir
uns doch klar darüber: das ist keine lebendige, selbstschöxfe-
rische Kunst, das ist altertümelnde Liebhaberei, ist
imitierende Kunstfertigkeit, wir sollen gewiß in
die Kunst der alten Meister uns liebevoll vertiefen, sie
gründlich studieren und von ihnen gerne lernen. Aber
dann müssen wir das tun, was auch jene getan haben:
selbständig, aus eigenem Geiste und aus eigenem Empfinden
heraus schaffen. Jede große Kunst und alle großen Künstler
sind in ihrer Zeit modern gewesen, haben alle im Boden
ihrer Zeitkultur gewurzelt und haben, anstatt nur immer
rückblickend, vielmehr ihrer Zeit nicht selten voraus-
eilend, die Kunst und damit die Kultur ihrer Zeit weiter-
gefördert.
Die Kunstgeschichte, richtig verstanden, lehrt nicht,
lediglich Vorbilder aus ihr zu entnehmen: sie ermuntert
vielmehr, indem sie uns die ständig im Fluß befindliche
Kunstentwicklung zeigt, unsererseits selbst wieder Kunst-
geschichte zu machen, die vorhandene, überkommene Kunst
selbständig und kraftvoll weiter zu entwickeln, wo wären
wir deutschen Katholiken auf politischem Gebiete hinge-
kommen, wenn wir mit einem träumerischen Rückblick in
die Vergangenheit es hätten bewenden lassen, wenn wir
 
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