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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Katsch, Hermann: Neue Götter
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Schulte: Ludwig Knaus
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Walther, Felix: Zum Kunstschutzgesetze: Urteil des Reichsgerichts
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0474

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§68

Die Werkstatt der Kunst.

heft 34-

viel schöner, wenn der Reim im dunklen Schoß der Erde
sich ungesehen bildet und dann das Wunder der Pflanze
an den Tag tritt?
Ludwig Rnaus
(Eine Festrede, gehalten von Prof. Schulte im Hofe beim
Eröffnungsbankett der „Großen Berliner Kunst-
ausstellung ldlo".)
„Es ist für die Veranstalter der ,Grobeka' und für die
aurstellenden Künstler eine große Freude und Ehre, daß
Sie alle, die Vertreter von Staat und Stadt, die Vertreter
unseres Volkes und der presse, hierher gekommen sind, um
die Eröffnung unserer Ausstellung, die wir für alle Künstler
und in erster Linie für alle Künstler Groß-Berlins veran-
stalten, mit uns nach deutscher Sitte zu feiern. Aber eine
besonders große Freude — da wird sich keiner von Ihnen
allen zurückgesetzt fühlen — ist es für uns, daß wir einen
hier begrüßen können, der lange Jahre hindurch verhindert
war, hier zu erscheinen, einen Wähler erster Klasse (Ober-
bürgermeister Kirschner hatte in der vorhergehenden Rede
in scherzhafter weise auf die Künstler als Kulturträger
und das Wahlsystem hingewiesen) einen, den wir alle
lieben und verehren, unseren Ludwig Knaus.
Er möge nicht erschrecken — ich will keinen Hymnus
anstimmen auf den Menschen. Durch hochtönende Worte
würde ich nur herabsetzen, weswegen wir ihn lieben und
weswegen wir uns so besonders freuen, daß er heute unter
uns ist.
wenn wir den Namen Knaus nennen, so verbinden
wir damit — nicht etwa ein Programm, sondern vielmehr
einen Begriff. Den Begriff eines Künstlers schlecht-
hin, d. h. einer Persönlichkeit, die in adäquater Form
wiedergeben kann, wie es ihr ums Herz ist — den Begriff
eines Menschen, der die Schönheit in der Wahrheit und
die Wahrheit in der Schönheit sieht — den Begriff eines
Künstlers, der durch ein ebenso bescheidenes wie künstle-
risch ernstes Leben uns zum Vorbild geworden ist.
Wenn wir uns ein solches Künstlerleben vergegen-
wärtigen, so zieht an unserem Auge vorüber das künstle-
rische Schaffen derer, die einst jung waren; ihr heißes
Mühen und Ringen um ihre Ideale, rein und klar wie
die göttliche Ouelle der Kunst, aus der sie tranken; heißes
Ringen mit sich selbst, nicht gegen andere.
Aber auch andere Bilder steigen auf: Künstlerische
Schlachten ziehen an uns vorüber, und nicht nur künstle-
rische Schlachten, sondern mehr noch die Schlachten von
Künstlern. Edel war scheinbar der Preis, um den man
kämpfte — häßlich war die Schlacht. . . .
wenn wir da den Namen Knaus nennen, fo wird es
uns offenbar, daß die wirkliche Größe eines Menschen erst
in einer höhe beginnt, wohinaus das Geschrei des Tages
nicht mehr dringt. Ehrfurcht beschleicht uns da vor der
Tendenz eines solchen Künstlerlebens.
Nein, ein Kampfplatz sind die Gefilde der Kunst nicht.
Lin heiliger Hain sind sie, ein blumiger Anger, der keinen
Aufseher braucht, der den Blumen vorschreibt, wie sie
wachsen müssen. Linen Gärtner braucht er, der fleißig
düngt und begießt. Gute wurzeln brauchen die Pflanzen,
Regen und Sonne, viel, viel Sonnenschein. Unsere
Großen gehören nicht einer Künstlergrupxe, sie
gehören der Kunst und der ganzen Künstlerschaft, wir
sind hier an einer Stätte, die die Künstlerschaft in weitestem
Maße vorurteilslos vertritt; die ohne lehrhafte Grundsätze

nichts weiter will, als das der Vöffentlichkeit vorführen,
was unsere Künstler schaffen. Und da freuen wir uns so
besonders, daß Knaus unter uns ist.
Dieser Freude wollen wir Ausdruck geben, und ich
bitte Sie nach deutscher Sitte, Ihr Glas zu erheben und
in den Ruf einzustimmen: Unser Knaus lebe hoch!"
Tum Runsllchulzgesetze
Urteil des Reichsgerichts.
Bearbeitet von Rechtsanwalt Or. Felix Walther-Leipzig.
Ueber den Begriff „Vervielfältigung" im Sinne
des Kunstschutzgesetzes vom 9. Januar t9O7 bringt das
Reichsgericht anläßlich folgenden Falles bemerkenswerte
Ausführungen:
h. hatte eine Strichzeichnung nach einer Photographie
des Photographen D. Herstellen und dann vervielfäl-
tigen lassen. Vom LG. Stettin war er daraufhin ver-
urteilt worden. Seine beim Reichsgericht eingelegte
Revision war erfolglos. Der z. Strafsenat des
höchsten Gerichtshofs erklärte:
Die D.sche Photographie war als Werk der Photographie
nach tz 1 des Kunstschutzgesetzes vom 9. Januar t9O7 ge-
schützt. Nur der Urheber durfte das Werk vervielfältigen
und gewerbsmäßig verbreiten. Als Vervielfältigung gilt
nach K ^5 Abs. auch die Nachbildung, die zur Vermeidung
von Zweifeln ausdrücklich der Vervielfältigung gleichgestellt
ist. wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen
vorsätzlich ohne Einwilligung des Berechtigten die Photo-
graphie nachbildet, macht sich der Vervielfältigung schuldig
und damit nach tz 32 des genannten Gesetzes strafbar,
mochte auch die Herstellung der Nachbildung nicht auf rein
mechanischem Wege entstanden sein, sondern ihrerseits eine
eigene schöpferische Tätigkeit erkennen lassen. Der letzt-
erwähnte Umstand ist nach tz ^5 Abs. 2 geeignet, dem
Nachbildner ein verbietungsrecht gegenüber Dritten, die
seine Nachbildung vervielfältigen, gewerbsmäßig ver-
breiten usw., zu geben, enthebt ihn aber nicht seiner straf-
baren Verantwortlichkeit gegenüber dem Urheber des Dri-
ginalwerkes. Ls ist hiernach gleichgültig, ob das vom
Angeklagten selbst oder in seinem Auftrage von seinem Be-
diensteten hergestellte und von ihm gewerbsmäßig verbreitete
Bild eine auf rein mechanischem Wege entstandene Ver-
vielfältigung oder eine eigener schöpferischer Tätigkeit ent-
sprungene Nachbildung mittels eines anderen Verfahrens war.
Anders läge die Sache nur dann, wenn dem Ange-
klagten der tz Zur Seite stände, was die Strafkammer
rechtsirrtumsfrei mit prozessual ausreichender, von der
Revision ohne Grund bemängelter Feststellung verneint.
Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind nur dann ge-
geben, wenn lediglich eine fremde künstlerische Idee benutzt,
ausgestaltet und verarbeitet wird, einem fremden Werke
nur die Anregung entnommen, gleichzeitig aber ein auf
eigener, künstlerisch schaffender Tätigkeit beruhendes, sonach
neues Werk geschaffen wird. Ls muß ein in seiner charak-
teristischen Gesamtindividualität neues Werk vorliegen; ge-
ringfügige Abänderungen, denen kein neuer künstlerischer
Gedanke zugrunde liegt, genügen ebensowenig, wie bloße
Weglassung einzelner Teile, Veränderung in der Farbgebung,
dem Umfange, Beifügung neuer Zutaten.
Das RG. verwarf daher die Revision.
(Aktz.: 3 D 778/09.)

Vermisster Dachrichtenteil.

Geplante Ausstellungen

München. („Secession". Internationale Kunstausstellung
München t9lv, Königsplatz.) Die Jury besteht aus nach-
folgenden Herren des Ausschusses der „Secession": Maler
Prof. Hugo Frhr. von Habermann, I. Präsident; Maler

Prof. Albert von Keller, II. Präsident; Maler Richard
winternitz, I. Schriftführer; Bildhauer Prof. Lipri Adolf
Bermann, II. Schriftführer. Ferner die Herren: Maler
Prof. K. I. Becker-Gundahl, Maler Hans Borchardt, Maler
Josef Damberger, Maler Prof. Julius Diez, Maler Prof.
Ludwig Herterich, Maler Prof. Angelo Jank, Bildhauer
 
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