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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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1. Heft
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Boeheim, Wendelin: Vortrag des 2. Vorsitzenden, Custos Wendelin Boeheim, in der Versammlung des Vereins für historische Waffenkunde: im Vortragssaale des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie am 5. Juli 1896
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Boeheim, Wendelin: Eine militär-technische Studie über den Säbel Karls des Grossen in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0014

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6

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

gäbe gestellt hat, allen seinen Mitgliedern, und ins-
besondere unseren aufstrebenden jungen Talenten,
helfend und rathend zur Seite zu stehen.
Mit einhelligem Geiste, brüderlichem Einver-
nehmen und beseelt von dem aufrichtigen Streben,
unsere Wissenschaft zu der ihr gebührenden Bedeu-
tung zu erheben, hat die gegenwärtige Vereinsleitung
das schwierige Werk begonnen und die Wege auf

eine ansehnliche Strecke bereits geebnet, welche zu-
nächst rüstig beschritten werden sollen. Möge die
durch Ihre Wahl nächstfolgende tüchtig weiterstreben,
dann ist mit voller Sicherheit zu erwarten, dass der
Verein in Kurzem sich eine Weltstellung erringen
wird, und dass sich seine Erfolge klar und deutlich
in der Literatur wie im praktischen Leben aus-
sprechen werden.

Eine militär-technische Studie über den Säbel Karls des Grossen
in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien.
Von Wendelin Boeheim.

Wie in so vielen Dingen eine unrichtige Auf-
fassung der Werke der Vergangenheit sich entwickelt
hat, so hat sich auch in der Beurtheilung der Waffen
vergangener Perioden, und nicht zum wenigsten des
Mittelalters, die Ansicht festgewurzelt, als sei die
Formengebung, die Mechanik, die Verwendung der
alten Waffen ein ganz rohes Ergebniss der Empirie
und am allerwenigsten ein solches einer feineren Auf-
fassung, eines tieferen Studiums, einer scharfen wissen-
schaftlichen Berechnung gewesen. Von diesem Vorur-
theile stammt auch die mindere fachliche Schätzung,
welche alten Waffen in militärischen Kreisen in der
Regel noch entgegengebracht wird. Ganz abgesehen
von dem jeweiligen Stande der Industrie, von der na-
tionalen Eigenschaft der Völker, Factoren, welche ja
bekanntlich bei der Formengebung der Waffen nicht
unbedeutend mitspielen, ist jede der tausend verschie-
denen Formen, die uns vor Augen kommen, und die
nicht selten uns selbst unverständlich erscheinen, einer
vorsichtigen, verständigen und oft bewundernswerthen
Berechnung seines Meisters entsprungen, und schon
diese Beobachtung allein muss die alte Waffe dem Mili-
tär interessant machen. Können wir uns schon an
Waffen westeuropäischer Herkunft bei nur einiger
Aufmerksamkeit hiervon die volle Ueberzeugung ver-
schaffen, wie erst bei jenen des Orients, von wo uns
alle Gesittung herübergelangt, der unser erster und ein-
ziger Lehrmeister in allen Künsten und Wissenschaften
gewesen ist. Ein tieferes Eindringen in die Wege orien-
talischer Cultur, nur vom frühesten Mittelalter an, be-
lehrt uns sattsam darüber, mit welchem Scharfsinne,
welch’tiefem Studium der Mechanik des menschlichen
Körpers und seiner virilen Kräfte, mit welcher Kenntniss
der verwendeten Stoffe und ihrer bis ins Feinste aus-
genützten technischen Verwendbarkeit, welch’ prakti-
schem Verständniss der Kriegskunst und ihrer Forderun-
gen die orientalischen Meister in der Formenbildung,
sei es der Schutz-, sei es der Angriffswaffen, vorge-
gangen sind. Entschlagen wir uns aller Voreinge-
nommenheit für die Unübertrefflichkeit unserer mo-
dernen Waffen, die ja bei der steten Weiterentwicklung
schon morgen werthlos sein können, und studiren wir

alte — sehr alte — orientalische Waffen, welcher
Gattung immer, vorurtheilsfrei, so müssen wir ge-
stehen, dass sämmtliche mit Rücksicht auf den Stand
der allgemeinen Cultur, der Industrie insbesondere
und auf die noch viel zu wenig beachtete orientalische
Kampfweise uns zum Muster dienen können.
Wir sind in unserem langjährigen Studium der
historischen Waffenwissenschaft diesem Gedanken, auf-
richtig gestanden, anfänglich nicht nachgegangen; hi-
storische, archäologische und kunstwissenschaftliche
Betrachtungen hatten uns vom Beginne an auf andere
breite Studienpfade geleitet, die ja gewiss auch ihre
Berechtigung haben, aber gerade auf diesen Bahnen
haben sich uns plötzlich unübersehbare Ausblicke ge-
öffnet, auf ein Gebiet, das noch undurchforscht vor uns
sich ausbreitete: das Gebiet der «vergleichenden For-
schungvom militärischen Gesichtspunkte aus».
Längst hatten wir die Absicht gehegt, Streifzüge auf
dieses wichtige Gebiet zu unternehmen, die soldatische
Ader regte sich in uns, aber die Erwägung der Schwierig-
keit, allein auf unbekanntem Boden vorzudringen, ver-
anlasste uns, diese auf eine günstigere Zeit zu ver-
schieben. Nun ist aber ein ebenso überraschendes wie
erfreuliches Ereigniss eingetreten, das alle unsere zag-
haften Bedenken mit einem Schlage zerstreute. Schon
die ersten Aufrufe unseres jungen Vereins fanden in
den Reihen der Armeen unserer Staaten ein so theil-
nahmsvolles Entgegenkommen, dass schon die ersten
Listen zur vollen Hälfte und mehr mit den Namen der
Höchsten und Ausgezeichnetsten der Officierscorps
beider grossen Armeen angefüllt erschienen. Zu dieser
hoch erfreuenden Thatsache musste der Leiter unserer
Zeitschrift Stellung nehmen und sich die Frage stellen:
Was erwartet das militärische Mitglied unseres Vereines
von den Leistungen des letzteren? Die Antwort darauf
war rasch gegeben. Bei aller Empfänglichkeit des
gebildeten Officiers für archäologische, kunstwissen-
schaftliche und ja nicht zum Wenigsten historische
Fragen müssen, diesen zu allernächst, jene berühren,
welche, aus dem unerschöpflichen Borne der Vergan-
genheit gehoben, zu Vergleichen anregen und geeignet
sind, alte Ideen zur Weiterbildung des Waffenwesens,
 
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