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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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1. Heft
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Boeheim, Wendelin: Ein Prunkharnisch im königlichen Museum zu Stockholm
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Boeheim, Wendelin: Die Waffen auf der Millenniums-Ausstellung in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0018

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IO

Zeitschrift fiir historische Waffenkunde.

I. Band.

im Musee d’Artillerie in Paris (H. 52) und andere
Wechselstücke in der Sammlung W. H. Riggs. Ein
halber Harnisch1) des Niclas Christof von Radzi-
wil, Herzogs von Olyka (geh. 154g, gest. 1616),
in der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses zu
Wien (Saal XXXII, 716) ist ebenfalls ganz gleich den
vorgenannten Objecten ornamentirt, mit dem einzigen
Unterschiede, dass das übergelegte Band-Ornament
schwarz-roth und gold wechselt, durch welche Verän-
derung dasselbe coloristisch noch wirksamer erscheint.

*) Es war sicher einst ein ganzer Harnisch, dessen Bein-
zeug jedoch schon in alter Zeit in Verlust gerathen ist. Er kam
noch zu Lebzeiten Radziwil’s, vermuthlich 1582, in die Sammlung
nach Ambras und ist bereits in Schrenck’s Heldenbuch als halber
Harnisch dargestellt. In seiner jetzigen Gestalt ist er in dem
oben citirten Jahrbuche bei der angegebenen Abhandlung Boe-
heim’s abgebildet (Fig. 27).

Es wäre nun naheliegend, auch diesen Harnisch Kon-
rad Lochner zuzuschreiben. Die allgemeine Form
wäre den Arbeiten dieses Meisters nicht geradezu
widersprechend, ja es treten auch die Brechränder hier
wieder auf, an deren Beigabe Lochner mit vieler
Zähigkeit festhielt. Auch das Kalt-Email finden wir bei
Arbeiten Konrads wiederholt angewendet, aber das
Werk selbst ist doch bedenklich jung, es datirt frü-
hestens von 1570. Konrad ist aber schon 1567 ge-
storben und wurde nach dem Nürnberger Todten-
geläutbuche am 19. August begraben, damals zählte
Radziwil erst 18 Jahre. Es ist demnach nur an-
zunehmen, dass dieser letztere Harnisch, welcher
leider keine Marke trägt, von Konrads jüngerem
Bruder Hans gefertigt wurde, über dessen Lebens-
verhältnisse und Wirken wir noch zu wenig unter-
richtet sind.

Die Waffen auf der Millenniums-Ausstellung in Budapest.

Tausend Jahre sind in die Vergangenheit ge-
sunken, seit der erste Ungar jenen gesegneten Theil
Erde im Gebiete der Donau und Theiss zum ersten
Male erblickte und hier seinen Wohnsitz aufschlug.
Tausend Jahre! Und wir können uns den Einzug
dieses kräftigen und tapferen Volkes nicht anders vor-
stellen als in einer zahllosen Schaar gerüsteter Krieger,
die im Sonnenglanze über die fruchtreichen Ebenen
dahinzieht. Und wie diese aus dem fernen Osten
hereingewanderte eigenartige Nation sich ein neues
Heimatland mit wehrhafter Hand geschaffen hatte,
so hatte es im Laufe von zehn Jahrhunderten in
zahllosen ruhmreichen Kämpfen ihre Freiheit und
die Scholle mit der Waffe vertheidigt. Die Nation
hatte sich geeinigt, das Fest seines tausendjährigen
Sitzes auf pannonischer Erde durch eine Ausstellung
zu feiern, in welcher sich ebenso der heutige Erfolg
ihres culturellen Strebens, wie ihre glorwürdige Ver-
gangenheit wiederspiegeln sollte. Diese Vergangen-
heit ist reich an Bildern des Glanzes, aber auch reich
an erschütternden Scenen und blutigen Katastrophen,
in welchen die Nation am Rande des Abgrundes
gestanden war, und wo ihr in rabenschwarzer Nacht
nur ein einziger Stern geleuchtet hatte, um sie zu
erretten: «die Vaterlandsliebe».
In keinem Lande der Welt wird in der Vor-
führung der Vergangenheit die Waffe eine wichtigere
Rolle spielen als in Ungarn. Die Waffe ist es, die
seinen Söhnen das Vaterland errungen und sie bis
zur Stunde vor der Knechtschaft bewahrt und er-
halten hat. Es ist daher mit allem Rechte in dem
historischen Theile der Ausstellung, welche im Stadt-
wäldchen zu Budapest ihre Pforten geöffnet hatte,
der Waffe ein hervorragender, ausgedehnter Platz
eingeräumt gewesen, in welchem der Leiter und
Organisator sich frei und unbeeinflusst der Durch-
führung seiner Ideen widmen konnte. Mehr als drei

Jahre waren ihm Zeit gegeben, die hier wichtigsten
Objecte in allen Ländern zu sammeln, und es wurden
keine Kosten gescheut und alle moralischen Mittel
in"Anspruch genommen, um deren Erwerb zu sichern.
Diesem ersten und wichtigen Theile seiner Auf-
gabe hat sich der berufene Leiter der Waffenabthei-
lung, Ministerialsecretär Dr. Johann Szendrei, mit
anerkennenswerthem Erfolge hingegeben, und seinem
Eifer und seiner Kenntniss ist es zu danken, dass
in dieser Zeit ein so zahlreiches und ausgezeichnetes
Material gesammelt wurde, das vollkommen hin-
reichte, um durch die Anordnung desselben jenen
Gedanken zum vollsten Ausdrucke zu bringen, der
der Geschichte der Nation nach allen Richtungen
hin zu entsprechen vermochte.
Die historische Abtheilung der Millenniums-
Ausstellung war auf einer der anmuthigsten Stellen
des Stadtwäldchens, auf der sogenannten Szechenyi-
Insel, gelegen. Auf dieser erhoben sich, aneinander
sich reihend, Bauwerke vom 11. bis ins 18. Jahr-
hundert, mit denen in Ungarn wirklich bestehende
Kunstbauten getreu wiedergegeben waren. Der chrono-
logischen Reihung dieser Bauwerke entsprechend, war
auch die Waffenausstellung derart situirt worden,
dass der ältere Theil, bis etwa zur Schlacht bei
Mohäcs (1528) reichend, in einem ausgedehnten Saale
jenes Gebäudes aufgestellt wurde, mit welchem eine
Partie des unvergleichlich schönen siebenbürgischen
Schlosses Vayda-Hunyad dargestellt war, während die
Waffen der jüngeren Perioden in einem grossen Saale
eines palastähnlichen Bauwerkes untergebracht waren,
mit welchem das Schloss zu Gödöllö aus dem 18. Jahr-
hundert nachgebildet war. Nur einige wenige und
jene Waffenstücke, welche zu bestimmten historischen
Persönlichkeiten, wie etwa Stephan Bäthory, Apafi,
Räkoczy etc., in näheren Beziehungen stehen, wurden
aus der Gesammtabtheilung ausgeschieden, eine An-
 
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