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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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6. Heft
DOI Artikel:
Thierbach, Moritz: Über die erste Entwicklung der Handfeuerwaffen
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Bogen und Armrust, [1]: eine vergleichende Studie über Gebrauch und Wirkung alter Fernwaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0147

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6. Heft

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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genau ausführen, was wieder die Folge hatte, dass
beim Einschneiden der Muttergewinde mit der so
gefertigten (gehärteten) Schraube die schon ge-
schnittenen Gewinde durch die geringste Unregel-
mässigkeit des Bohrers verdrückt werden und daher
weniger scharf und tief ausfallen mussten. Es scheint
daher fraglich, ob ein derartiger Verschluss sicherer
als der zeither angewendete war, und nur der ge-

nannte Vortheil, diesen Verschluss zeitweilig lösen
zu können, mag zunächst für den Schraubenverschluss
ausschlaggebend gewesen sein. Erst nachdem man
gelernt hatte, den Stahl auf der Drehbank zu be-
arbeiten, konnte man regelmässige Gewinde, sowie
als Werkzeuge Gewindbohrer und nach diesen
Schneidkluppen herstellen.

Bogen und Armrust.
Eine vergleichende Studie über Gebrauch und Wirkung alter Fernwaffen.
Von Wendelin Boeheim.

Die Thatsache, dass sich bis zur Stunde noch
Niemand in der Literatur mit dem Gebrauche und
der Wirkung der Waffen vor Einführung des Schiess-
pulvers eingehend beschäftigt hat; dass alle Materialien
dafür noch ganz vereinzelt und ungehoben in alten
Zeitchroniken, Poesien und wenigen Briefschaften des
Mittelalters stecken, mag ein Streiflicht auf den Werth
unserer Kriegsgeschichtschreibung in der Zeit von
der Völkerwanderung bis in’s 14. Jahrhundert werfen.
Wer es weiss, welchen grossen Einfluss die Waffen-
wirkung auf die Taktik und speciell auf die Gefechts-
führung hat und nur einen bestimmten Entwicklungs-
standpunkt im Waffenwesen in’s Auge fasst, wird
sich bei der Lectüre von Gefechtsschilderungen jener
Periode, selbst der besten Werke, eines Lächelns
nicht erwehren können und mit uns darüber einer
Meinung sein, dass alle diese Schlachtberichte Phan-
tasiebilder von Autoren sind, welchen entweder die
Kriegskunst an sich ganz fremd gewesen ist oder
den Krieg- mit dem Auge eines modernen Taktikers
betrachtet haben. Wir wollen hier die Strategie, in
deren Auffassung nicht weniger sonderbare Anschau-
ungen zu Tage treten, ganz aus dem Spiele lassen,
um unser Thema nicht zu verwirren.
Der Gegenstand, mit dem wir uns hier eingehen-
der befassen wollen, ist allerdings ein solcher, den
unsere modernen Taktiker im Allgemeinen nicht sehr
heiss anfassen. Die Leitung zwischen zwei formell in
den Kriegsschulen gepflegten Disciplinen: der Kriegs-
geschichte und der Taktik ist eben noch nicht her-
gestellt und darum kann auch ein regeres Interesse
für das Schulbeispiel eines Verhältnisses der Waffen-
wirkung zur Taktik aus älterer Zeit und seine in-
structive Bedeutung für die Gegenwart nicht voraus-
gesetzt werden. Ja wir sind uns bewusst, dass wir
autoritativ auftretenden Ansichten in besten P'ach-
kreisen entgegenstehen, die alle unsere Bestrebungen,
diese wichtige Verbindung zur Förderung der Ent-
wickelung unserer modernen Kriegskunst anzuknüpfen,
für müssige Zeitverschwendung erachten. Aber das
soll uns nicht abhalten, jede Gelegenheit zu ergreifen,
die hohe Wichtigkeit der vergleichenden Waffen-

wissenschaft zu betonen in der Floffnung, dass die
Ansicht doch einmal schwinden wird: es sei das
Gegenwärtige immer das Vortrefflichste und das Ver-
gangene sei, als ein für alle Mal abgethan, keiner
Beobachtung werth. Plünderte Beispiele freilich er-
wiesen schon das Irrige dieser Ansicht bis zur «plötz-
lichen» Entdeckung der Vortheile des kleinen Gewehr-
kalibers herab und dennoch wird es viele Mühe kosten,
dieselbe in die richtigen Bahnen zu leiten.
Wir haben es hier diesmal mit zwei der bedeu-
tendsten F'ernwaffen, ja, wenn wir von den Wurf-
waffen: Schleuder, Wurfspiess, Wurfhacke etc. ab-
sehen wollen, den einzigen Fernwaffen im Feldkriege
des Mittelalters, dem Handbogen und der Armrust
zu thun und möchten uns, bevor wir in diesen Gegen-
stand eingehen, im Hinblick auf das eingangs Be-
merkte, nur vor der irrigen Auffassung sichern, als
sei es unsere Absicht, diese Waffen an sich in ihrem
Wertlie hervorzuheben. Das sei uns ferne, denn wir
geriethen damit in den gegentheiligen Fehler der-
jenigen, die eine alte Waffe ohne Weiteres in die
Rumpelkammer verweisen. Was wir hier anstreben,
ist, den Werth jener Fernwaffen für sich selbst und
ihre Zeit festzustellen, ohne jeden Seitenblick auf
unsere modernen derlei Waffen, um daraufhin einen
richtigen Schluss auf die damalige Gefechtstaktik zu
ermöglichen. Das Verhältniss der Waffe zur Taktik
von einst im Hinblick auf die Gegenwart und die
allgemeinen Lehren, welche daraus erwachsen, wird
sich der geneigte Leser dann selbst herausziehen
können.
Dass der Gebrauch des Handbogens weit über
die geschichtliche Zeit hinaufreicht, darüber belehren
uns die Andeutungen im Plomer, die bildlichen Dar-
stellungen in ägyptischen Gräbern und die häufigen
Funde von Pfeilspitzen selbst in frühester Steinzeit.
Ein biegsamer Holzstab, eine Ruthe von eher
weniger denn mehr als Mannslänge im leicht ge-
bogenen Zustande durch eine an beiden Enden be-
festigte Thiersehne, Darmsaite oder Hanfschnur ver-
bunden, damit ist eine Waffe beschrieben, die durch
 
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