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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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6. Heft
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Thierbach, Moritz: Über die erste Entwicklung der Handfeuerwaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0146

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132

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

Ende des 14. bis Anfang des 15. Jahrhunderts an-
nehmen. General Köhler gibt, wenn auch anfecht-
bar, als Maassstab an, dass die Büchsen mit Haken
zuerst 1410 Vorkommen, die Abnahme der Metall-
stärke nach der Mündung zu erst 1440 nachweisbar
sei. Zu gleicher Zeit vertauschte man den Schaftstab
am Handrohre mit einem, der Säule der Armrust
nachgebildeten Schafte, in welchem man das Rohr
halb einlegte und rückwärts, behufs Zielens, zum
Anlegen an die Wange des Schützen einrichtete.
Das Schmieden des eisernen Laufs des
Handrohrs geschah aus einer Platte, die warm über
einen Dorn gebogen oder gerollt und dann ge-
schweisst wurde, so dass der Lauf schon bei der
ersten Herstellung die Seele erhielt. Zur grossem
Genauigkeit der letztem, fand auch schon ein Nach-
bohren statt, um sie regelmässiger und glatter hervor-
zubringen , als durch das Schmieden möglich war.
Durch dieses Verfahren war aber die Seele an beiden
Enden offen. Das hintere Ende verschloss man zu-
nächst dadurch, dass man entweder nach dem Rollen
der Platte ein passendes Stück Rundeisen mit ein-
schweisste, oder in das rothwarm gemachte Ende
des geschweissten Rohrs einen nicht erwärmten
eisernen Zapfen eintrieb. In diesem letztem Falle
zogen sich bei dem Erkalten die durch die Erwär-
mung ausgedehnten Wände wieder zusammen und
umspannten den Zapfen so fest, dass er den Schuss
auszuhalten vermochte.
Im historischen Museum zu Dresden befindet
sich ein solches Feuerrohr, dessen genaue Nach-
bildung in der Sammlung des Arsenals enthalten ist
und wahrscheinlich aus der Mitte des iS - Jahrhunderts
stammt. Fig. 7 zeigt dasselbe. Der Lauf ist 822 Mm.
lang, äusserlich achtkantig geschmiedet. Das hintere
Ende trägt eine gepunzte bandartige Verzierung. Das
Kaliber beträgt 29'7 Mm., der Durchmesser des
Laufs am hinteren Ende jcrg vorn, hinter einem
schmalen Kopffries 6o-5 Mm. Das rückwärtige Ende
des Laufs ist durch einen, hinten 62 Mm. starken
kegelförmigen Eisenzapfen verschlossen, welcher
46 Mm. in die Seele hineinragt und 144 Mm. rück-
wärts hervorsteht. Die auf der oberen Seite befind-
liche Zündpfanne mit entsprechender Bohrung ist
mit einem drehbaren Deckel verschlossen; unterhalb
des Laufs, kurz hinter der Mündung, ist ein Flaken
angeschweisst. Der Lauf ist bereits mit einem
vollständigen Plolzschaft versehen, der ihn von
unten halb umschliesst und rückwärts einen Kolben
mit Backenanlage nach Art der Armrust hat. In
diesem Schafte ist der Lauf durch zwei Querstifte
festgehalten, welche durch Oesen an der untern
Laufseite und das Schaftholz geführt sind. Zum
Auffangen des Rückstosses stützt sich die hintere
Fläche des Schlusszapfens gegen die Stirnseite der
Laufeinlassung im Schafte, doch wirkt in dieser
Beziehung auch noch der, durch den Vorderschaft
geführte, am Laufe angeschweisste Haken.
Diese Art Laufverschluss mochte aber auf die

Länge des Gebrauchs nicht genügende Sicherheit
bieten, weswegen man es vorzog, den eingesetzten
Zapfen mit dem Laufe zu verschweissen. Ein solcher
Lauf, aus dem Rathhause der Stadt Zwickau stam-
mend, befindet sich im Original in dem Arsenal zu
Dresden, gleichfalls aus der Mitte des 15. Jahr-
hunderts. Fig. 8 stellt denselben dar. Es unter-
scheidet sich hier der Laufverschluss von dem vorigen
dadurch, dass das rückwärts vorstehende Zapfenende
nach dem Schweissen zu einer Art Schiene aus-
geschmiedet ist, ähnlich dem Kreuztheile der spätem
Schwanzschraube; eine senkrecht durch das Ende
dieser Schiene geführte Schraube (Kreuzschraube)
dient zugleich zur Befestigung im Schafte. Der Lauf
ist äusserlich rund, hinten achtkantig geschmiedet,
bis an das Kreuztheil 123 6 Cm. lang, vom 54, hinten
59 Mm. stark. Die Bohrung ist io7'6 Cm. lang, so
dass der eingeschweisste Zapfen 160 Mm. Länge hat;
eine Pulverkammer ist nicht vorhanden. Der Boh-
rungsdurchmesser des Laufs beträgt vorn 28, am
Boden 26 Mm. Das senkrechte 2-5 Mm. weite Zünd-
loch mündet äusserlich in eine Auskesselung von
20 Mm. Weite als Pfanne aus. Gegen 45 Cm. von
der Mündung ist ein starker Haken an den Lauf
geschweisst und mit einem Querloche versehen,
welch letztere Einrichtung auf das Einhäng'en der
Waffe in ein Zapfenlager der Mauer etc. hinzudeuten
scheint. Ein Schaft ist zu diesem Laufe nicht mehr
vorhanden.
Mit dem Weglassen der engern Kammer im
Laufe war der Abschluss der Pulverladung durch
einen Pfropfen von Papier, Werg oder Stoff noth-
wendig, ebenso wurde durch ein gleiches Mittel die
Kugel im Laufe gehalten, oder man umgab auch
dieselbe mit einer Hülle von Stoff oder Leder als
eine Art Pflaster.
Die weitere Entwicklung dieser Handfeuerwaffen
kennzeichnet sich zunächst durch Anwendung einer
sogenannten Schwanzschraube, welche gestattete, den
Laufverschluss zu Wiederherstellungen bez. besserer
Reinigung der Bohrung zeitweilig lösen zu können;
eine Einrichtung, die ungefähr in die zweite Plälfte
des 15. Jahrhunderts zu setzen sein dürfte. Die
Zündpfanne, welche bisher oben am Laufe an-
gebracht war, rückte man noch vor dem Ende des
genannten Jahrhunderts an die rechte Seite des Laufs,
um die zündende Lunte, die bis dahin mit freier
Fland geführt werden musste, in eine Art Hahn ein-
geklemmt leicht und sicher nach dem Zündkraute
zu leiten.
Der Grund, weswegen man nicht früher zu der
Einrichtung gelangte, den Laufverschluss durch eine
Schwanzschraube zu bewirken, lag in der damals
bestehenden Unmöglichkeit der genauen Herstellung
der Schrauben überhaupt. Hülfswerkzeuge, das Ge-
winde zu schneiden, gab es noch nicht, sondern es
musste der Gang derselben aus freier Hand mit der
Feile hergestellt werden. Selbstverständlich liess
sich dies selbst bei grösster Fertigkeit nicht völlig
 
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