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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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2. Heft
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Boeheim, Wendelin: Ein Meisterwerk der Waffenschmiedekunst
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Hampel, József: Der sogenannte Säbel Karls des Großen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0055

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

45

In den Wochenzetteln von i6o3—1605 wird unter
Bl. 385 vom 22. October 1604 von einer Auszahlung
von 828 fl. 12 gr. berichtet, an «Heinrich Knopf von
Münster in Westfahlen vor einen getriebenen ver-
güteten kürass samnit einem satl, so der churfürst
zu Sachsen für s. churfürstlichen gnaden geliebten
bruder herzog Johann Georgen leib erkaufen lassen1)».
Wenn man nun die Autorschaft der Dresdener
Harnische auf alle diese Argumente hin annimmt, so
ist Einiges dazu zu bemerken: Es ist gar nicht voraus-
zusetzen, dass Heinrich den glatten Harnisch selbst
geschlagen hat; er konnte sich denselben ganz wohl
in Augsburg, Nürnberg oder anderswoher bezogen
haben; die correct handwerksgerechte Ausführung des-
selben spricht sehr dafür. Auch der Entwurf der Or-
namente muss nicht nothwendig seinem Geiste ent-
sprungen sein, und es kann die Zueignung v. Hefner’s
an Christof Schwarz ganz gut daneben bestehen,
wenn v. Hefner einen gültigen Beweis für seinen
Meister zu liefern im Stande ist. Das repousser aber,
die Ausführung in Treibarbeit, ist allen Anzeichen
nach ein Werk Heinrich Knopf’s, wenigstens steht
dieser Zuschreibung an ihn gar nichts, am aller-
wenigsten seine Beschäftigung als Medailleur, ent-
gegen.
Wenn nun selbst bei oberflächlicher Betrachtung
des herrlich schönen Prunkharnisches im Besitze
Seiner königlichen Hoheit des Grossherzogs Karl
Alexander von Sachsen-Weimar, welchen wir hier
in ganzer Gestalt (Fig. 1) und dessen Brust- und
Rückenstück in einigen Details (Fig. 2 und 3) unseren
Lesern vorführen, die volle Ueberzeugung aufleben

') Hettner, 1. c. Werthvolle Beiträge hat über Heinrich Knopf
auch Herr Professor Marc Rosenberg diesgelegentlich für mich ge-
sammelt, für welche collegiale Unterstützung ich hier meinen ver-
bindlichsten Dank ausspreche.

muss, dass derselbe der gleichen Meisterhand ent-
stammt, wie zum Wenigsten die beiden genannten
Dresdener Harnische, so ist damit auch ausgesprochen
und wohl nahezu erwiesen, dass er von Heinrich
Knopf, damals in Münster, gefertigt und erworben
wurde.
Um einen vollen Beweis zu schaffen, ist es un-
bedingt nöthig, die einschlägigen Urkunden im vollen
Wortlaute irgendwo zu bringen; das ist in dieser
Angelegenheit bisher nicht geschehen. So berichtet
Erbstein, dass «urkundlich» erscheint: es sei der
Harnisch Herzog Johann Georgs I. (Nr. 12) von
«Anthoni Pfeffern» zu Augsburg geschlagen worden.
Ehrenthal erwähnt diese Stelle nicht; aber gerade
sie ist wichtig, weil sie erkennen lässt, dass Peffen-
hauser doch an dieser Arbeit betheiligt gewesen sein
konnte. Heinrich Knopf und auch andere Gold-
schmiede, welche die decorative Ausstattung in Treib-
arbeit besorgten, waren eben keine zünftigen Plattner
und wohl kaum im Stande, einen glatten Harnisch
in handwerksmässiger Correctheit zu fertigen. Sie
Hessen sich daher entweder auf ihre Rechnung einen
glatten Harnisch von einem Plattner fertigen, um
selben in Tausia und Treibarbeit zu verzieren, oder
nahmen den Auftrag eines Plattners zu gleichem
Zwecke entgegen. Beides scheint da der Fall gewesen
zu sein. So konnte es kommen, dass in einem und
demselben Gegenstände zwei Meister betheiligt er-
scheinen, ein Plattner und ein Goldschmied, und es
kann an einem ersichtlich dem Knopf zuzuschreiben-
den Harnische der Name Peffenhauser’s ganz wohl
danebenstehen, wenn letzterer der Verkäufer des-
selben war.
Um den Beweisring vollends zu schliessen, wäre
freilich, wie eingangs erwähnt, eine fachliche Durch-
forschung der grossherzoglichen Archive und vorzüg-
lich der Rechnungsacten überaus wünschenswerth.

Der sogenannte Säbel Karls des Grossen.
Von Josef Hampel in Budapest.

Noch bis vor kurzer Zeit galt in der waffen-
geschichtlichen Literatur die Auffassung, dass der
orientalische Reitersäbel durch das Eindringen der
Türken im Osten Europas heimisch geworden sei.
Diese Auffassung erscheint seit den Forschungen der
letzten Jahrzehnte, besonders in ungarischen Reihen-
gräberfeldern des frühen Mittelalters, als überwunden.
Wir haben erkannt, dass bereits der hunnisch-
avarische Ansturm, also ein Zeitpunkt, der etwa um
tausend Jahre dem Eindringen der Türken in Europa
voraus liegt, uns den Reitersäbel gebracht.
Die typische Form desselben scheint am besten
in den beiden Exemplaren: von Kassa1) (Comitat
J) Abgebildet: A regibb közepkor emlekei I, 147, Tafel
(Denkmäler des frühen Mittelalters in Ungarn).

Baranya) im Nationalmuseum und von Kecskemet1) im
Museum derselben Stadt vertreten, und deshalb ver-
weisen wir auf diese Stücke, welche von der eigen-
thümlichen Form dieser Waffe einen richtigen Be-
griff vermitteln.
Durch die fränkisch-avarischen Kämpfe wird wohl
diese, von der occidentalen Schwertform so verschie-
dene Säbelform auch im Westen bekannt geworden
sein, und vermuthlich nannte man diesen orienta-
lischen Säbel «gladius huniscus», zum Unterschiede
von der fränkischen Spatha2).
*) Abgebildet: Ertesitö 1896, S. 157.
2) Im Jahre 796 schreibt Alcuin: ... dirigere studuimus
unum balteum et unum gladium huniscum et duo pallia sirica
(Schlosser, Schriftqu. z. Gesch. der kar. Kunst 1892, S. 19).
 
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