Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
1. Heft
DOI Artikel:
Fachliche Notizen
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0030

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

Das Stück wurde in Louvais in Brabant auf der Be-
sitzung eines Arztes aus Antwerpen im Felde gefunden,
von welchem vermuthlich es ins Museum nach Brüssel
gelangte.
Die Waffe verdankt ihre Form nur der individuellen
Anschauung eines Einzelnen und rangirt sohin in jene Kate-
gorie, die wir als Bauernwaffe bezeichnen, so solid sie
auch ausgeführt ist. Die Sechszahl der Spitzen weist
deutlich auf die Gothik. Wir würden sie in die Aufstands-
periode der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einreihen.

Glefe und Guisarme. Zur Geschichte der Glefe
sind in letzterer Zeit sichere Daten bekannt geworden,
welche den Ursprung dieser Stoss-
waffe in weit ältere Perioden zurück-
versetzen, als bisher angenommen
worden ist.1) Funde, welche in mero-
wingischen und karolingischen Grä-
bern gemacht wurden, erweisen ihre
Existenz schon im 8. Jahrhundert. So
wurde im Departement der Seine .
in einem merowingischen Grabe die
in nebenstehender Figur wiederge-
gebene Glefe gefunden, welche ganz
die Formen jener des 14. Jahrhunderts
besitzt. Dieselbe erscheint aus jener
Zeit keineswegs vereinzelt, man fand
solche nach Essen wein in Franken-
gräbern von Mertloch, eine andere
von demselben Gelehrten erwähnte in
einem Merowingergrabe zu Charnay,
eine dritte in dem Gräberfelde von

') Forrer R., Beiträge zur prähistorischen Archäologie, Strass-
burg 1892.

Niederbreisach gefundene besitzt jetzt die werthvolle
Sammlung Gimbel in Baden-Baden.
Diese Funde bieten uns eine ganz neue Lehre über
die Entwicklung der Formen, die wir, wie wir nun
sehen, viel zu spät angesetzt haben. Wir erblicken hier
eine Waffe, welche mehr zum Hieb als zum Stoss ge-
eignet ist und durch den charakteristischen Parirhaken
geeignet gemacht ist, Rüstungsstücke, wie Helme u. a.,
abzuheben.
Diese Glefen erhielten sich, wenn anfänglich auch
nicht allgemein, durch das ganze Mittelalter im Gebrauche.
Die Philippide beschreibt sie genau und bezeugt, dass sie
die deutschen Fussknechte in der Schlacht bei Bouvines
1214 geführt haben.1)

Im Verlage der Hof-Buchhandlung W. Moeser ist
soeben ein neues Werk des Herausgebers dieser Zeitschrift
Wendelin Boeheim: «Meister der Waffenschmiede-
kunst vom 14. bis ins 18. Jahrhundert», ausgestattet
mit zahlreichen Textillustrationen und 20 Tafeln in Licht-
druck, erschienen. Mit diesem Werke war der Verfasser
bestrebt, die in diesem Fache so eminent wichtige Meister-
frage in den Vordergrund zu stellen und die innige Ver-
bindung des Waffenschmiedes mit den Koriphäen der hö-
heren Kunst zu erweisen. Wie den Kunsthistorikern, so
wird auch den Sammlern hier ein Werk geboten, welches
darauf berechnet ist, den Werth eines Gegenstandes im
Gegenhalte zur Bedeutung seines Meisters zu beurtheilen
und so eine sicherere Grundlage für die Bewerthung kunst-
reicher alter Waffen zu bieten.

*) Philippide, v. 262, XI.
«Quarum cuspis erat longa et sabulae instar acuta,
Et nonnulla velut verubus dentata recurvis,
Cuspidis in medio uncinos emittit acutos.»


Glefe, gefunden in einem
merowingischen Grabe.
Nach Forrer.
Sammlung R. Forrer.

Literatur,

Musee d’Artillerie. Ueber Anordnung des franzö-
sischen Kriegsministeriums, ausgeführt durch das photo-
graphische Atelier der technischen Section der Artillerie,
I. Band 1892, II. Band 1895, III. und letzter Band soeben
vollendet. Jeder Band mit 50 Tafeln in Lichtdruck. Nicht
im Handel erschienen. Die Auflage besteht in nur i3o nu-
merirten Exemplaren.
Angesichts einer solchen kunstliterarischen Rarität
werden unsere verehrten Leser es für wünschenswerth
erachten, wenn wir zu selber einen kurzen Commentar
beibringen. Der Beginn dieser prachtvoll ausgestatteten
Publication fällt noch in die Zeit des genialen und kunst-
begeisterten Kriegsministers Freycinet; unter den fol-
genden Ministern wurde das Unternehmen nach Maassgabe
der verfügbaren amtlichen Zeit im Atelier fortgesetzt und
eben vollendet.
Wer und was die Veranlassung zu diesem Unterneh-
men gegeben hatte, darüber ist es nicht möglich, eine
nähere Auskunft zu ertheilen. Der I. Band war vollendet,
und mit einem Exemplare desselben, begleitet von einem
schmeichelhaften Schreiben, wurde der Schreiber dieser
Zeilen beehrt. Seither ist auch der II. und III. Band in

gleicher auszeichnender Weise in die Hände desselben ge-
kommen. Unzweifelhaft verdankt derselbe diese seltene
und überaus zu würdigende Auszeichnung seinem verewig-
ten unvergesslichen Freunde und Fachgenossen Conser-
vator Oberst L. Robert, die Fortsetzung derselben aber
seinem nicht minder gütigen Nachfolger Oberst Bernadac.
Wenn wir den Werth dieses ausgezeichneten Werkes
in Inhalt und Ausstaltung in Anschlag bringen, so regt
sich in uns ein lebhaftes Bedauern, dass dasselbe nicht
noch mehr dem grösseren Fachkreise zugänglich gemacht-
wurde, umsomehr, als dasselbe mit hoher Bewunderung
über*seinen Inhalt empfangen worden wäre.
Der I. Band beginnt mit drei Aufnahmen der Inte-
rieurs der Halle der Feldharnische und jener der Turnier-
harnische des Musee d’Artillerie, die anderen Tafeln ent-
halten der Reihe nach den Inhalt desselben in seinen her-
vorragendsten Stücken, zunächst die Helme, dann die
Schilde, endlich die Blankwaffen. Auch im II. und III.
Bande ist diese Eintheilung im Wesentlichen beibehalten
worden. Feuerwaffen erscheinen nur im letzten Bande be-
rücksichtigt, woraus wir ersehen, dass das Museum wahre
Wunderwerke an Ziergewehren besitzt.
 
Annotationen