Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
8. Heft
DOI Artikel:
Fachliche Notizen
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0231

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8.. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

213

im Gefechte die Bügel zu verlieren. Dem wurde durch
die Verlängerung des Eisenschuhes, der in der Regel
erst nach Besteigung des Pferdes über den Lederschuh
gelegt und angesteckt wurde, vorgebeugt.
Der Harnisch von korrekter Ausführung ist deutscher
Herkunft, wie man an den in Fig. 1 sichtbaren spitzen
Knöchelauftrieben an der Handwurzel ersehen kann. Im
Detail zeigt er den Nürnberger Typus und ist in Nürn-
berg selbst oder doch von einem Meister geschlagen
worden, der länger in dieser Stadt gearbeitet hat. Lei-
der trägt er keine Marke. Seine Vollständigkeit trägt
nicht wenig zu seinem Werthe bei. Sein Alter spannt
sich zwischen 1480 und 1490. Wendelin Boeheim.

Mittel gegen den Wurmfrass. Es ist uns die
Nachricht zugekommen, dass der hochwerthvolle Schild
aus der St. Katharinenkirche in Marburg, aus der vor-
trefflichen Abbildung in von Hefners Trachten des
christlichen Mittelalters (1, Tafel 82) bekannt, in Folge der
Zersetzung des Holzes nunmehr dem völligen Ruine
nahe sei.
Es wäre gewiss ein herber Verlust, wenn dieser
seltene Rest alter Mannesrüstung aus dem 13. Jahrhundert
zu Grunde ginge; wir wollen demnach, um dieses ganz :
zu verhüten, oder doch um wenigstens den Verfall hin-
auszuschicben, einige Hilfsmittel an die Hand geben.
Der Schild, von Lindenholz, ist beiderseits mit
Pergament überzogen und an der Vorderseite in alter
Schilderarbeit plastisch gebildet und geschnitten; es ist
aus diesem Grunde dem Holze schwer beizukommen.
Die Ursache der Vernichtung des Holzes kann eine zwei- j
fache sein. Entweder ist dieses der sogenannten «Trocken-
fäule» verfallen, die überall auftritt, wo ein Holzgegen- |
stand bei Mangel an Luft und entsprechender Feuchtig-
keit Jahrzehnte lang aufbewahrt wird, oder in das Holz
ist der »Holzwurm« (Anobium Striatum) gerathen, der [
unbedingt getödtet werden muss.
Wir würden ersteren Fall für wahrscheinlicher halten,
weil der Holzwurm unter der Pergamenthülle leicht er-
stickt. Erkennbar ist das Übel dadurch, dass bei massigem
Schütteln kleine Holztheile abfallen, welche, nicht wie
bei dem Abfalle des Holzwurmes, ein mehliges Pulver [
darstellen, sondern unter der Lupe noch das Gefüge er-
kennen lassen. Die Abhülfe ist je nach dem Grade des
Schadens je schwieriger. Das sicherste Mittel liegt in
der Petrificirung, und da giebt es verschiedene bekannte
Verfahrensarten; ein anderes von uns schon mit Erfolg
angewendetes Mittel bietet sich in der Durchtränkung
des Holzes mit reinem Kupfervitriol, das aber mit Vor-

sicht angewendet werden muss, um nicht die bemalte,
vergoldete und versilberte Bildseite zu beschädigen. Zu
dem Zwecke muss der Schild senkrecht aufgestellt und
das Pergament vom oberen Rande der Länge nach auf-
geschnitten werden. Dieser operative Eingriff ist bedauer-
lich, aber unerlässlich. Nun wird in Intervallen von je
einer Woche die Lösung aus kleinem, mit dünner Aus-
gussrohre versehenen Kännchen eingetropft und damit
fortgefahren, bis muthmasslich das ganze Holz mit dem
Stoffe durchtränkt ist. Der Schild bleibt da Monate lang
unverändert in seiner Stellung.
Auch beim Wurmfrasse ist das Verfahren ein ähn-
liches, nur wird in die Spalte eine Sublimatlösung ein-
gegossen. Wo sich an freien Stellen Bohrlöcher zeigen,
werden diese dann mit Wachs verklebt, nur um zu er-
sehen, ob der Wurm noch weiter thätig ist oder nicht,
was sich aus dem mehligen Abfall erkennen lässt. Ver-
mindert sich dieser Abfall, dann ist der Organismus des
Thieres angegriffen; hört er gänzlich auf, dann ist das
Thier getödtet und der Gegenstand gerettet.
Wie überhaupt auf dem Gebiete der Conservirung,
erfordert die Vornahme Reinheit, Nettigkeit, eine minu-
tiöse Beobachtung und Aufmerksamkeit, endlich eine Un-
summe von Geduld. Was in Jahrhunderten sich aus
Nachlässigkeit herausgebildet hat, muss man nicht in
wenigen Stunden aus der Welt schaffen oder beheben
wollen. W. B.

Alte Rüstkammer. Die alte und hoch werthvolle
alte Rüstkammer im Schlosse Engelstein bei Weitra in
Niederösterreich, die bisher der Fachwelt ganz unbekannt
geblieben war, ist durch Kauf in den Besitz Sr. K. und K.
Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Eugen,
Hoch- und Deutschmeisters, übergegangen. Der künftige
Aufstellungsort ist noch nicht bestimmt, wir werden den-
selben später bekannt geben.
Die Rüstkammer enthält in etwas über 100 Nummern
Waffen und Kriegsgeräthe, zumeist aus der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts, aber auch werthvolle Einzelstücke
aus dem 15. und dem Beginne des 16. Jahrhunderts, so
eine Reiterspiessklinge von c. 1460, aus Messing, mit
gravirten Inschriften, eine ungarische Tartsche von c.
1520 mit schöner Malerei, eine überaus seltene Lafette
älterer Form mit «Lade und Bank», eine Kanone mit
vollständiger Lafette von 1582, drei leichte Reiterharnische,
Morions, Schützenhauben, darunter mehrere mit schönen
Aetzungen, aber auch Geräthe, die überaus selten mehr
vor Augen treten, zu welchen auch die alten Gestelle
und gewisse Utensilien, wie Laternen und Feuerständer etc.,
zu zählen sind. W. B.

Literatur.

Buttin Ch. A propos d’un casque a trois cretes
Annecy, Imprimerie Abey. 8°, 16 Seiten. 1898.
In der Einleitung zu dieser kleinen lehrreichen Studie
betont der Verfasser, dass im Beginne des 16. Jahr-
hundertes die Plattner die höchste Stufe ihrer Kunst er-
reicht hatten, dass damals die Meister dieses Gewerbes
spielend Schwierigkeiten lösten, welchen die Waffen-
schmiede unserer Zeit rathlos gegenüber stehen würden,

obwohl sich die technischen Hilfsmittel bedeutend ver-
vollkommneten, weil das Streben der modernen Con-
structeure dahin geht, nicht >so sehr künstlerisch form-
vollendete Schutzwaffen, als vielmehr Präcisionswaffen zu
ersinnen, deren zerstörende Wirkung wohl die kühnsten
Träume eines Mitgliedes der ehrsamen Plattnergilde weit
überflügelt. Besondere Sorgfalt hatten die Waffenschmiede
stets darauf verwendet, das vornehmste Stück der Rüstung,
 
Annotationen