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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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2. Heft
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Duyse, Hermann: Die Streitkolben in der Leibwache Kaiser Karls V.
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Ein historisches Museum der Armee in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0049

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffeiikunde.

3g

sehen Tradition betrachten, welche vermöge der im
Laufe der Zeit erfolgten Veränderung in der ritter-
lichen Bewaffnung abgeschafft worden ist; vielmehr
verdient die Waffe in Eloy Goisset’s Hand allen Re-
spect. Infolge der Abnutzung der Grabplatte ist
eine Reihe der scharfen Spitzen unsichtbar geworden,
welche den oberen Theil des Streitkolbens be- :
schwerten und die Wuchtigkeit der zerschmetternden
Hiebe verstärkten. Die Waffe war ein plumpes Werk-
zeug, wahrscheinlich aus sehr hartem Holz, um-
schlossen von einem Reifen oder Gitter aus Metall.
Am Stiel befindet sich ein Gefäss (Handschutz-
scheibe) mit dickem Knauf und nach innen ge-
bogenen Stäben, welches, wenn es breiter wäre, an
den Korb eines zweihändigen Schwertes erinnern
würde. Dies war also eine Waffe, welche zu ihrer
geschickten Handhabung einer gewissen Uebung be-
durfte, dafür aber auch in der Hand eines kraft-
vollen Kämpen in weitem Umkreise zu wirken und
tödtliche Streiche auf Kopf und Schultern auszu-
theilen vermochte.

In ihrer Construction und Handhabung, ab-
gesehen davon, dass an dem schweren oberen Theile
der Spiess fehlt, zeigt die Waffe der Leibwache
Karls V. eine sehr nahe Verwandtschaft mit dem
flämischen «Goeden-Dag»; sie ist jedoch künstlicher
zusammengesetzt und entspricht folglich weniger
dem Begriff einer Waffe, welche aus dem Stegreif
geschaffen wurde, als i3o2 der Aufruhr der Nieder-
länder gegen Philipp den Schönen mit der Schlacht
von Groeninghe zum Ausbruch kam, wobei der Graf
von Artois und die Blüthe der Ritterschaft zu Grunde
gingen.
Ob noch irgendwo eine Waffe existirt, dem Vor-
bilde gleichend, welches der Bildhauer dargestellt hat,
als ihm der Auftrag ward, das Andenken Messire
Eloy Goisset’s zu ehren? — Ich hoffe es, allein mir
selber ist nie eine solche vorgekommen; daher ist
es einigermassen von Werth, die getreue Abbildung
dieser Waffe denjenigen vorzuführen, welche sich
für Forschungen auf dem Gebiete des Waffenwesens
interessiren.

Ein historisches Museum der Armee in Paris.

Wir erhalten die bedeutsame Nachricht, dass der
Präsident der Republik mit Decret vom 3i. October
v. J. über Vortrag des Kriegsministers Billot die Er-
richtung eines historischen Museums der Armee in
den Räumen des Palastes der Invaliden angeordnet
und die Durchführung des Programms einem über
Vorschlag des Generalstabschefs vom Minister zu be-
stellenden Comite übertragen hat. Der Wortlaut der
Decrete ist in unseren fachlichen Notizen wieder-
gegeben.
Diese für die historische Fachwelt hochinteres-
sante Nachricht war eigentlich seit längerer Zeit
schon eine Art öffentliches Geheimniss in Paris; die
Idee dazu lag ja schon seit dem verdienten Er-
folge der famosen «Exposition retrospective de l’ar-
mee francaise 1891» in der Luft, und es bedurfte
nur einer geringen Friction, um den Gedanken frei-
zumachen.
Das anerkennenswerthe Verdienst, die erste An-
regung zu diesem Unternehmen gegeben zu haben,
gebührt dem rührigen, seit 1890 bestehenden militär-
historischen Verein «La Sabretache», dessen Präsident,
der Künstler M. E. Detaille, in aller Welt zu bekannt
ist, um des Näheren hier auf dessen Bedeutung ein-
gehen zu müssen.
Die Wissenschaft ist eine internationale Ange-
legenheit, und ein historisches Museum des ruhm-
bedeckten französischen Heeres eine Institution, die
ihre Lichtstrahlen weit über die Grenzen Frankreichs
hinaus wirft; man wird es in Frankreich daher nicht
als eine lästige Einmischung in fremde Angelegen-
heiten ansehen, wenn wir an dieser Stelle dem schönen,

nun lebendig gewordenen Gedanken lediglich vom
fachwissenschaftlichen Gesichtspunkte näher treten.
* *
Derjenige, welcher die Verhältnisse in der fran-
zösischen Armee nicht näher kennt und das ausge-
sprochene Selbstgefühl ihrer drei Hauptwaffengattungen
nicht in Erwägung zieht, endlich über den Zweck und
die Aufgaben eines derlei Museums nie schärfer nach-
gedacht hat, wird sich die Anregung der Sabretache
kaum erklären können; ihm wird nach der Lectüre
der officiellen Verlautbarungen augenblicklich das
Musee d’Artillerie in Erinnerung kommen. Ungeachtet
seines Titels, der aus einer mehr als zweihundert-
jährigen Tradition erwachsen ist, war er gewohnt,
dasselbe als das Musee de la grande armee in optima
forma zu betrachten, ohne weiter darüber nachzu-
denken, dass es zu einem solchen nach seinem
Zwecke viel zu viel und viel zu wenig in sich fasst
und keineswegs unter der Oberleitung der Central-
behörde der Armee, sondern einer Section, jener der
Artillerie, steht, von welcher eine gleichmässige Be-
rücksichtigung der anderen Hauptwaffen billigerweise
nicht zu verlangen ist.
Wir haben in unserem Werke «Handbuch der
Waffenkunde» 1S90, das zu unserer Freude auch in
Frankreich sich manche Freunde erworben hat, nicht
unterlassen zu betonen, dass das Musee d’Artillerie
nebst ethnographischen Gegenständen auch Andenken
an den alten Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen,
Trophäen, moderne Waffen und Modelle, nebstdem
auch noch Darstellungen der Kriegertracht in Frank-
 
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