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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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6. Heft
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Thierbach, Moritz: Über die erste Entwicklung der Handfeuerwaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0143

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Ueber die erste Entwicklung der Handfeuerwaffen.
Von Oberst M. Thierbach in Dresden.

Die im königl. Arsenal zu Dresden befindliche
Sammlung, die geschichtliche Entwicklung der Hand-
feuerwaffen umfassend, hat in den letzten Jahren
wesentliche Vervollständigung erfahren, sowohl aus
der ältesten als aus der neuesten Zeit. Wenn hier
der erstere Theil dieser Neuerwerbungen behandelt
werden soll, so ist es Pflicht zu erwähnen, dass die
genannte Sammlung nicht durchgehend Originale
enthält. Bestimmt, als Lehrmittel zu Vorträgen über
obigen Gegenstand zu dienen, war es schon der
Kosten wegen ausgeschlossen, die Erwerbung der-
selben zu versuchen,
abgesehen davon, dass
gerade die wichtigsten
Stücke in grösseren
Sammlungen und so-
mit in festen Händen
sich befanden. Man
musste sich daher in
diesen Fällen mit ge-
nauen Nachbildungen
der Originale begnü-
gen, um ein anschau-
liches Bild der Ent-
wicklung zu gewinnen,
welches sich deutlicher
als Wort und Zeichnung
darstellte. Es betrifft
dies besonders die ältesten Feuerwaffen der ge-
nannten Sammlung, doch wird bei jeder derselben
der Ort angegeben werden, an welchem sich das
angeführte Original befindet.
Den eingehenden Forschungen des General
G. Köhler ist es hauptsächlich zu danken, dass
Klarheit über diesen Entwicklungsgang geschaffen
und manches Sagenhafte als solches nachgewiesen
ist. In seinem Werke: Die Entwicklung des Kriegs-
wesens und der Kriegführung des Mittelalters»,
III. Theil, sind diese Darlegungen enthalten. Als
Urbild des ältesten Feuerrohres führt derselbe eine
in der Handschrift No. 300 der Staatsbibliothek zu
München enthaltene Zeichnung wahrscheinlich vom
Ende des 14. Jahrhunderts an, welche eine kurze
Büchse im Durchschnitt geladen darstellt, deren
Kaliber gegen 35 Mm. beträgt. Die Länge der
Bohrung ist nur so gross, dass drei Bohrungs-
durchmesser die Pulverladung, ein vierter den Luft-
raum, der fünfte einen festgeschlagenen Holzpfropf
aufnimmt, auf welchem die Kugel zu liegen kam.
Dieser Holzpfropf war nöthig, um die nur langsam

aus dem noch ungekörnten, mehlförmigen Schiess-
pulver sich entwickelnden Gase bis zur vollen Kraft
zusammen zu halten. Der Kürze dieser Waffe wegen
war eine Art Stiel als Schaft nöthig, um dieselbe,
vielleicht mit einer Stütze versehen, im Winkel von
ungefähr 45 Grad aufzustellen und abzufeuern.
Ein diesem ähnliches Stück befand sich früher
in der Sammlung des Oberpostdirektors von Az
in Linz und ist gegenwärtig im dortigen Mu-
seum aufbewahrt. Im Arsenal zu Dresden befindet
sich eine genaue Nachbildung, welche Fig. 1 von
aussen und im Durch-
schnitte zeigt. Diese
Waffe ist von Eisen und
stammt wahrscheinlich
vom Ende des 14. Jahr-
hunderts; sie ist 190
Mm. lang, äusserlich
rund und am hintern
finde zur Befestigung in
einem Block etc. mit
einem vierseitigen py-
ramidalen Ansätze von
83 Mm. Flöhe versehen.
Die 153 Mm. lange,
ziemlichunregelmässige
Bohrung ist an der Mün-
dung 31—32, am Bo-
den 19-5 Mm. weit. Das Zündloch, äusserlich 4,
innerlich 3'5 Mm. weit, mündet am Boden der Boh-
rung, äusserlich in eine Art Pfanne aus, die so ge-
staltet ist, dass man daran die schräge Stellung der
Waffe beim Abfeuern erkennt. Das Rohr hat vor
59'5—6o'4 Mm., am Boden 52’5 Mm. im Durch-
messer.
Eine zweite Waffe dieser Art befindet sich im
Originale unter dem Namen Dresdner Büchse» (aus
dessen Zeughause sie stammt) im germanischen Mu-
seum zu Nürnberg und dürfte ebenfalls in das Ende
des 14. Jahrhunderts gehören. Fig. 2 zeigt die Nach-
bildung. Das Rohr ist von Schmiedeeisen, ganze
Länge 255 Mm., vorn 75 Mm. lang rund, hinten
181 Mm. lang achtkantig geschmiedet. Die Stärke
an der Mündung beträgt 69, am Ende der Rundung 58,
am achtkantigen Theile vorn 74'5, in der Mitte 72'3,
hinten 78 Mm. Die 225’6 Mm. lange Bohrung ist
an der Mündung 42, am Boden 34 Mm. weit. Das
Zündloch mündet 8 Mm. über dem Boden der Boh-
rung aus, ist innen 2, aussen 4 Mm. weit; als Pfanne
dient eine halbkugelförmige Auskesselung von 14 Mm.
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